Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zu dem Fakultativprotokoll vom 13. Dezember 2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zu dem Fakultativprotokoll vom 13. Dezember 2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 17. Oktober 2008
Die Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates Hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen

Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zu dem Fakultativprotokoll vom 13. Dezember 2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen


mit Begründung und Vorblatt.
Der Gesetzentwurf ist besonders eilbedürftig, da er zum 1. Januar 2009 in Kraft treten soll.
Federführend ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.


Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 28. 11. 08
Besonders eilbedürftige Vorlage gemäß Artikel 76 Abs. 2 Satz 4 GG.

Entwurf
Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zu dem Fakultativprotokoll vom 13. Dezember 2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen

Vom ...

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Artikel 2

Begründung zum Vertragsgesetz

Zu Artikel 1

Auf das Übereinkommen und das Fakultativprotokoll findet Artikel 59 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes Anwendung, da sie sich, soweit sie in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften fallen, auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen. Die Zustimmung des Bundesrates ist gemäß Artikel 84 Abs. 1 Satz 5 und 6 des Grundgesetzes erforderlich, da das Vertragsgesetz in Verbindung mit dem Übereinkommen Regelungen des Verwaltungsverfahrens von Landesbehörden enthält, von denen die Länder keine abweichende Regelung treffen können.

Zu Artikel 2

Die Bestimmung des Absatzes 1 entspricht dem Erfordernis des Artikels 82 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes.

Nach Absatz 2 ist der Zeitpunkt, zu dem das Übereinkommen nach seinem Artikel 45 Abs. 2 sowie das Fakultativprotokoll nach seinem Artikel 13 Abs. 2 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft treten, im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.

Schlussbemerkung

Durch das Gesetz entstehen für Bund, Länder und Gemeinden keine weiteren Kosten.

Auswirkungen auf die Einzelpreise, das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, oder die Umwelt sind ebenfalls nicht zu erwarten.

Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen

(Übersetzung)

Präambel

Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens -

Artikel 1
Zweck

Artikel 2
Begriffsbestimmungen

Artikel 3
Allgemeine Grundsätze

Artikel 4
Allgemeine Verpflichtungen

Artikel 5
Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung

Artikel 6
Frauen mit Behinderungen

Artikel 7
Kinder mit Behinderungen

Artikel 8
Bewusstseinsbildung

Artikel 9
Zugänglichkeit

Artikel 10
Recht auf Leben

Artikel 11
Gefahrensituationen und humanitäre Notlagen

Artikel 12
Gleiche Anerkennung vor dem Recht

Artikel 13
Zugang zur Justiz

Artikel 14
Freiheit und Sicherheit der Person

Artikel 15
Freiheit von Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe

Artikel 16
Freiheit von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch

Artikel 17
Schutz der Unversehrtheit der Person

Artikel 18
Freizügigkeit und Staatsangehörigkeit

Artikel 19
Unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft

Artikel 20
Persönliche Mobilität

Artikel 21
Recht der freien Meinungsäußerung, Meinungsfreiheit und Zugang zu Informationen

Artikel 22
Achtung der Privatsphäre

Artikel 23
Achtung der Wohnung und der Familie

Artikel 24
Bildung

Artikel 25
Gesundheit

Artikel 26
Habilitation und Rehabilitation

Artikel 27
Arbeit und Beschäftigung

Artikel 28
Angemessener Lebensstandard und sozialer Schutz

Artikel 29
Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben

Artikel 30
Teilhabe am kulturellen Leben sowie an Erholung, Freizeit und Sport

Artikel 31
Statistik und Datensammlung

Artikel 32
Internationale Zusammenarbeit

Artikel 33
Innerstaatliche Durchführung und Überwachung

Artikel 34
Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen

Artikel 35
Berichte der Vertragsstaaten

Artikel 36
Prüfung der Berichte

Artikel 37
Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten und dem Ausschuss

Artikel 38
Beziehungen des Ausschusses zu anderen Organen

Artikel 39
Bericht des Ausschusses

Artikel 40
Konferenz der Vertragsstaaten

Artikel 41
Verwahrer

Artikel 42
Unterzeichnung

Artikel 43
Zustimmung, gebunden zu sein

Artikel 44
Organisationen der regionalen Integration

Artikel 45
Inkrafttreten

Artikel 46
Vorbehalte

Artikel 47
Änderungen

Artikel 48
Kündigung

Artikel 49
Zugängliches Format

Artikel 50
Verbindliche Wortlaute

Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen

(Übersetzung)

Die Vertragsstaaten dieses Protokolls haben Folgendes vereinbart:

Artikel 1

Artikel 2

Artikel 3

Artikel 4

Artikel 5

Artikel 6

Artikel 7

Artikel 8

Artikel 9

Artikel 10

Artikel 11

Artikel 12

Artikel 13

Artikel 14

Artikel 15

Artikel 16

Artikel 17

Artikel 18

A. Denkschrift zu dem Übereinkommen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen

A. Allgemeines

Das Übereinkommen ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der bereits bestehende Menschenrechte für die Lebenssituation behinderter Menschen konkretisiert. Daher finden sich grundlegende Menschenrechte, wie das Recht auf Leben oder das Recht auf Freizügigkeit, im Vertragstext wieder. Ziel des Übereinkommens ist, die Chancengleichheit behinderter Menschen zu fördern und ihre Diskriminierung in der Gesellschaft zu unterbinden. Der Text sieht vor, dass ein Vertragsausschuss eingerichtet wird, der die Umsetzung des Übereinkommens in den Vertragsstaaten beobachtet. Die Vertragsstaaten sind verpflichtet, dem Vertragsausschuss in einem regelmäßigen Turnus Staatenberichte vorzulegen. Der Vertragsausschuss prüft die Berichte und ist berechtigt, Stellungnahmen und Empfehlungen dazu abzugeben. Die Kompetenzen des Vertragsausschusses werden um das Individualbeschwerdeverfahren und das Untersuchungsverfahren erweitert sofern der Vertragsstaat das Fakultativprotokoll unterzeichnet und ratifiziert. Das Fakultativprotokoll ist neben dem Übereinkommen ein eigenständiger völkerrechtlicher Vertrag.

I. Entstehungsgeschichte

1. Behinderungsthematik im Kontext der Vereinten Nationen

Das Übereinkommen tritt als dritte Säule neben die zwei wichtigsten Instrumente zur Förderung der Teilhabe behinderter Menschen auf der Ebene der Vereinten Nationen - das "Weltaktionsprogramm für Menschen mit Behinderungen" (1982) und die "Rahmenbestimmungen für die Herstellung der Chancengleichheit von Menschen mit Behinderungen" (1993). Das Weltaktionsprogramm für Menschen mit Behinderungen wurde am 3. Dezember 1982 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommen (Res. 037/52 ). Es bietet einen umfassenden politischen Rahmen, um die volle Teilhabe und Gleichbehandlung von behinderten Menschen im gesellschaftlichen Leben zu fördern. Das Weltaktionsprogramm war ein bedeutender Schritt, um sich weltweit vom Ansatz zu lösen, Behinderung nur als Frage der Prävention und Rehabilitation zu begreifen, indem es einen rechtebasierten Ansatz verankerte. Für die Jahre von 1983 bis 1992 rief die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Dekade der Menschen mit Behinderungen aus und forderte die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen auf das Weltaktionsprogramm in diesem Zeitraum umzusetzen. Im Anschluss an die Dekade der Menschen mit Behinderungen nahm die Generalversammlung am 20. Dezember 1993 die Rahmenbestimmungen für die Herstellung der Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen an (Res. 048/96 ). Die Rahmenbestimmungen enthalten behindertenpolitische Empfehlungen für 22 Bereiche mit dem Ziel der vollen Teilhabe von behinderten Menschen an der Gesellschaft. Die Rahmenbestimmungen sehen die Funktion einer Sonderberichterstatterin oder eines Sonderberichterstatters vor, der die Umsetzung der Rahmenbestimmungen in den Mitgliedstaaten beobachtet. Beim Weltaktionsplan und den Rahmenbestimmungen handelt es sich um rechtlich nicht verbindliche Instrumente.

Die rechtlich verbindlichen Menschenrechtsverträge der Vereinten Nationen gelten zwar für jeden Menschen, einschließlich der Menschen mit Behinderungen. Eine von den Vereinten Nationen in Auftrag gegebene Studie zeigte jedoch auf, dass die bereits bestehenden Menschenrechtsverträge Menschen mit Behinderungen nicht ausreichend schützen (Gerard Quinn/Theresia Degener, Menschenrechte und Behinderungen, 2002). Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die Vertragsstaaten und die Ausschüsse die besondere Menschenrechtssituation von Menschen mit Behinderungen nur ungenügend berücksichtigen. Bei der innerstaatlichen Umsetzung von Menschenrechtsverträgen würden Menschen mit Behinderungen nicht oder nur in sozial- bzw. gesundheitspolitischen Zusammenhängen berücksichtigt.

2. Verhandlung des Übereinkommens

Die Generalversammlung entschied mit ihrer Resolution vom 19. Dezember 2001 (56/168), ein Adhoc-Komitee einzurichten das Vorschläge für ein umfassendes und in sich geschlossenes internationales Übereinkommen zur Förderung und zum Schutz der Rechte und der Würde von Menschen mit Behinderungen erwägen sollte. Die erste Sitzung des Adhoc-Komitees fand vom 29. Juli bis zum 9. August 2002 statt. Im Rahmen der zweiten Sitzung im August 2003 entschied das Adhoc-Komitee, eine Arbeitsgruppe einzurichten, die den Entwurf eines Textes eines Übereinkommens erarbeiten sollte. Die Arbeitsgruppe bestand aus ausgewählten Vertreterinnen und Vertretern der Mitgliedstaaten, von Nichtregierungsorganisationen und eines nationalen Menschenrechtsinstituts.

Die Arbeitsgruppe tagte vom 5. bis 16. Januar 2004 und entwickelte einen ersten Entwurf, der die zahlreich eingereichten Vorschläge berücksichtigte. Die Verhandlungen über den Entwurf des Übereinkommens begann das Adhoc-Komitee auf seiner dritten Sitzung vom 24. Mai bis zum 4. Juni 2004 auf der Basis des Vorschlags der Arbeitsgruppe. Auf der vierten (2004), der fünften und der sechsten (2005) Sitzung wurden Verhandlungen über den Text geführt. Im Januar 2006 wurde über den revidierten Text, den der Vorsitzende des Adhoc-Komitees auf der Grundlage der Diskussionen entwickelt hatte, verhandelt. Auf seiner achten Sitzung vom 14. bis zum 25. August 2006 nahm das Adhoc-Komitee den Entwurf des Textes des Übereinkommens und des dazugehörigen Fakultativprotokolls an. Das Adhoc-Komitee setzte im Anschluss eine Redaktionsgruppe unter der Leitung Liechtensteins ein, die die Einheitlichkeit der Terminologie im Text sicherstellen und die offiziellen Sprachversionen der Vereinten Nationen abstimmen sollte. Die offiziellen Sprachversionen sind nach Artikel 50 des Übereinkommens der arabische, der chinesische der englische, der französische, der russische und der spanische Wortlaut. Die Generalversammlung nahm am 13. Dezember 2006 den Text des Übereinkommens und des Fakultativprotokolls an. Das Übereinkommen und das Fakultativprotokoll liegen seit dem 30. März 2007 in New York den Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen zur Zeichnung und Ratifikation aus.

II. Sachstand

Das Übereinkommen ist am 3. Mai 2008 nach der zwanzigsten Ratifikation in Kraft getreten. Deutschland hat das Übereinkommen und das Fakultativprotokoll am 30. März 2007 in New York, vertreten durch den Ständigen Vertreter Deutschlands bei den Vereinten Nationen, unterzeichnet.

III. Würdigung des Übereinkommens

Das Vertragswerk stellt einen wichtigen Schritt zur Stärkung der Rechte behinderter Menschen weltweit dar. Es ist das erste universelle Rechtsinstrument, das bestehende Menschenrechte, bezogen auf die Lebenssituation behinderter Menschen, konkretisiert. Es würdigt Behinderung als Teil der Vielfalt menschlichen Lebens und überwindet damit das noch in vielen Ländern vorherrschende defizitorientierte Verständnis. Dem Großteil der weltweit rund 650 Millionen behinderten Menschen wird das Übereinkommen erstmalig einen Zugang zu universell verbrieften Rechten verschaffen. Die Vereinten Nationen schätzen dass nur etwa 40 Staaten, zumeist Industrienationen, eine nationale behindertenpolitische Gesetzgebung haben. Zwei Drittel der etwa 650 Millionen Menschen mit Behinderungen leben in Entwicklungsländern.

Zwischen Behinderung einerseits sowie Armut und sozialem Ausschluss andererseits besteht in weiten Teilen der Welt ein unmittelbarer Zusammenhang.

Während das Weltaktionsprogramm für Menschen mit Behinderungen und die Rahmenbestimmungen für die Herstellung der Chancengleichheit von Menschen mit Behinderungen einen lediglich empfehlenden Charakter haben wird das Übereinkommen für alle Staaten, die es ratifizieren verbindlich.

Deutschland setzte sich auf der Grundlage seiner innerstaatlichen Gesetzgebung von Anfang an für die Erarbeitung eines modernen Menschenrechtsübereinkommens für Menschen mit Behinderungen ein und gehörte zu den Schrittmachern des Projektes innerhalb der Europäischen Gemeinschaft. Während des gesamten Verhandlungsprozesses waren Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft stets eng mit eingebunden. Eine Vertreterin des Deutschen Behindertenrates wirkte als Mitglied der deutschen Regierungsdelegation bei den Verhandlungen aktiv mit. Zum Thema Frauen agierte Deutschland erfolgreich als Vermittler des Vorsitzes des Adhoc-Komitees.

Mit dem Übereinkommen wird der in der Bundesrepublik Deutschland mit dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch eingeleitete Paradigmenwechsel weiter vollzogen werden.

Das Übereinkommen stärkt die Rechte von Menschen mit Behinderungen und wird damit wichtige Impulse für die weiteren Veränderungsprozesse setzen mit dem Ziel der vollen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an der Gesellschaft.

Ziel des Übereinkommens ist es, den gleichberechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten durch Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten. Mit dieser Zielsetzung bezieht sich das Übereinkommen auf die universellen Menschenrechte, wie sie in anderen menschenrechtlichen Übereinkommen der Vereinten Nationen anerkannt sind, und steht im engen Zusammenhang mit diesen Übereinkommen. Das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen greift auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte sowie auf die wichtigsten Menschenrechtsverträge der Vereinten Nationen zurück und formuliert zentrale Bestimmungen dieser Dokumente für die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen.

Somit schafft das Übereinkommen keine Sonderrechte, sondern konkretisiert und spezifiziert die universellen Menschenrechte aus der Perspektive der Menschen mit Behinderungen und vor dem Hintergrund ihrer spezifischen Lebenslagen, die im Menschenrechtsschutz systematische Beachtung finden müssen. Zu den in Bezug genommenen Menschenrechtsverträgen zählen im Wesentlichen der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19. Dezember 1966 (Sozialpakt), der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966 (Zivilpakt), das Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung vom 7. März 1966 (VN-Konvention gegen Rassismus), das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau vom 18. Dezember 1979 (Frauenrechtskonvention), das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984 (VN-Konvention gegen Folter), das Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989 (Kinderrechtskonvention).

Deutschland hat diese Übereinkommen unterzeichnet und ratifiziert.

IV. Verhältnis des Übereinkommens zur Europäischen Gemeinschaft

Die Unterzeichnung durch Deutschland während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft war ein politisch wichtiges Signal für die anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und trug dazu bei, dass bereits am 30. März 2007 der Großteil der EU-Mitgliedstaaten das Abkommen zeichnete. Daneben hat auch die Europäische Gemeinschaft das Übereinkommen auf der Grundlage des Beschlusses des Rates der Europäischen Union vom 20. März 2007 (7404/07) unterschrieben und zeichnete damit erstmalig einen menschenrechtlichen Vertrag. Die Europäische Kommission plant, dem Rat der Europäischen Union in der ersten Jahreshälfte 2008 den Entwurf eines Beschlusses zur Bestätigung des Übereinkommens vorzulegen der zum Inkrafttreten des Übereinkommens für die Europäische Gemeinschaft führen wird.

Die Zeichnung und spätere Bestätigung wirkt nicht für den gesamten Vertrag, sondern nur im Umfang der Zuständigkeit der Europäischen Gemeinschaft. Es handelt sich um einen gemischten Vertrag, bei dem die Zuständigkeiten für den Abschluss und die Umsetzung des Übereinkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten geteilt sind. Die Europäische Gemeinschaft ist insbesondere für die Umsetzung von Teilen des Artikels 27 des Übereinkommens (Arbeit und Beschäftigung) im Umfang des Artikels 13 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in Verbindung mit der Richtlinie 2000/78/EG zur Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf zuständig.

Zur allgemeinen Bewusstseinsbildung über das Übereinkommen fand während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft am 11./12. Juni 2007 in Berlin eine "Europäische Konferenz zur Integration behinderter Menschen" statt während der sich die fachlich zuständigen Regierungsvertreterinnen und -vertreter auch erstmals zu Fragen der Umsetzung des Übereinkommens austauschten.

Der Teilnehmerkreis war hochrangig und setzte sich aus EU-Ministerinnen und -Ministern, Staatssekretärinnen und Staatssekretären und hohen ministeriellen Vertreterinnen und Vertretern der Arbeitsebene sowie dem EU-Kommissar für Beschäftigung, soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit und der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen zusammen. Sowohl das European Disability Forum als auch der Deutsche Behindertenrat waren bei dem Treffen präsent. Die Regierungsdelegationen bestätigten die grundlegende Bedeutung des Übereinkommens für den besseren Schutz der Menschenrechte behinderter Menschen und waren sich einig, eine schnelle Ratifikation anzustreben. Weiterhin wurde Einigkeit darüber erzielt, bei der Umsetzung des Übereinkommens auf europäischer Ebene eng zu kooperieren. Die Initiative der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, hochrangige Regierungsdelegationen für den Austausch über das Übereinkommen zusammenzubringen wird sich bei Konferenzen nachfolgender Präsidentschaften verstetigen. Die hochrangigen Arbeitstreffen werden dazu beitragen, die Umsetzung auf europäischer und nationaler Ebene zu fördern.

B. Zu den einzelnen Bestimmungen

I. Vorbemerkung

Das Übereinkommen besteht aus der Präambel und 50 Artikeln.

II. Zu den einzelnen Artikeln des Übereinkommens

Artikel 1 (Zweck)

Satz 1 beschreibt den Zweck des Übereinkommens.

Danach will das Übereinkommen den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch Menschen mit Behinderungen fördern, schützen und gewährleisten.

Satz 2 erläutert den Begriff "Menschen mit Behinderungen".

Dieser bezieht sich auf Menschen, die langfristige körperliche seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. Damit umschreibt Satz 2 die Personengruppe, die in den Schutz des Übereinkommens fällt. Bereits in der Präambel Buchstabe e wird auf den Begriff "Behinderung" Bezug genommen. Dort wird beschrieben, dass sich das Verständnis von Behinderung ständig weiterentwickelt und dass Behinderung aus der Wechselwirkung zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen und einstellungs-und umweltbedingten Barrieren entsteht, die sie an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern. Diese Erläuterung verdeutlicht, dass ein Verständnis von "Behinderung" nicht als fest definiertes Konzept verstanden wird, sondern von gesellschaftlichen Entwicklungen abhängig ist. Dafür spricht auch, dass die Erläuterung von "Menschen mit Behinderungen" nicht als eine technische Definition in Artikel 2 aufgenommen wurde.

Artikel 1 enthält die Begriffserläuterung "Menschen mit Behinderungen", um den Zugang zu den im Übereinkommen formulierten Rechten zu beschreiben. Auf innerstaatlicher Ebene sind die rechtlichen Definitionen von "Behinderungen" zu beachten, für die die spezifischen innerstaatlichen Rechtsordnungen maßgebend sind.

Artikel 2 (Begriffsbestimmungen)

Artikel 2 enthält Definitionen, die für die Auslegung und das Verständnis der entsprechenden Begriffe in den jeweiligen Artikeln des Vertrages heranzuziehen sind. Im Einzelnen zählen folgende Begriffe dazu:

Artikel 3 (Allgemeine Grundsätze)

Artikel 3 bestimmt die für das Übereinkommen geltenden allgemeinen Grundsätze. Sie dienen dem Verständnis der Vorschriften des Übereinkommens und sind bei der Umsetzung des Übereinkommens heranzuziehen. Die Grundsätze des Übereinkommens sind im Einzelnen:

Artikel 4 (Allgemeine Verpflichtungen)

Nach Absatz 1 verpflichten sich die Vertragsstaaten, die volle Verwirklichung aller Menschenrechte und Grundrechte für alle Menschen mit Behinderungen ohne jede Diskriminierung aufgrund von Behinderung zu gewährleisten und zu fördern. Diskriminierungsverbote sind ein Kernbestandteil von Menschenrechtsverträgen.

Das Übereinkommen definiert in Artikel 2 bereichsspezifisch den Begriff der "Diskriminierung aufgrund von Behinderung". Danach ist Diskriminierung aufgrund von Behinderung jede Unterscheidung, Ausschließung oder Beschränkung aufgrund von Behinderung, die zum Ziel oder zur Folge hat, dass das auf die Gleichberechtigung mit anderen gegründete Anerkennen, Beanspruchen oder Ausüben aller Menschenrechte und Grundfreiheiten im politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen, bürgerlichen oder jedem anderen Bereich beeinträchtigt oder vereitelt wird. Umfasst sind hierbei auch die Fälle der mittelbaren Diskriminierung. Angemessene Vorkehrungen zur Verhinderung von Diskriminierung sind nach Artikel 2 notwendige und geeignete Änderungen und Anpassungen, die keine unverhältnismäßige oder unbillige Belastung darstellen und die, wenn sie in einem bestimmten Fall erforderlich sind, vorgenommen werden, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen alle Menschenrechte und Grundfreiheiten beanspruchen oder ausüben können.

Das Übereinkommen enthält keine ausdrücklichen Gründe für die Rechtfertigung unterschiedlicher Behandlungen aufgrund von Behinderung. Nach Artikel 4 Abs. 1 Buchstabe a sind die Vertragsstaaten verpflichtet, alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und sonstigen Maßnahmen zur Umsetzung der in diesem Übereinkommen anerkannten Rechte zu treffen. Diese Verpflichtung entspricht üblichen Regelungen in anderen Menschenrechtsverträgen. Mit der Ratifizierung werden die Staatenverpflichtungen zur Erreichung des beschriebenen Ziels, der Verwirklichung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten, begründet. Diese Staatenverpflichtungen müssen in innerstaatliches Recht überführt werden.

Subjektive Ansprüche begründet das Übereinkommen nicht. Sie ergeben sich erst aufgrund innerstaatlicher Regelungen. In Absatz 1 Buchstabe b bis i benennt das Übereinkommen spezifische Maßnahmen, die geeignete Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und sonstige Maßnahmen darstellen. Dazu zählen z.B. die Berücksichtigung des Disability Mainstreamings, das Betreiben oder die Förderung der Forschung und Entwicklung im Bereich des universellen Designs und die Förderung der Schulung von Fachkräften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitenden Personal über die im Übereinkommen anerkannten Rechte.

Absatz 2 enthält den Vorbehalt der progressiven Realisierung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte. Hinsichtlich dieser Rechte verpflichtet sich der Vertragsstaat, unter Ausschöpfung seiner verfügbaren Mittel und erforderlichenfalls im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit Maßnahmen zu treffen, um progressiv die volle Verwirklichung dieser Rechte zu erreichen.

Davon unberührt bleiben die Verpflichtungen aus dem Übereinkommen, die sofort anwendbar sind.

Absatz 2 entspricht Artikel 2 Abs. 1 Sozialpakt und Artikel 4 Satz 2 Kinderrechtskonvention. Die Verpflichtung der progressiven Realisierung trägt der Tatsache Rechnung, dass die Verwirklichung aller wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte nicht innerhalb eines kurzen Zeitraums erreicht werden kann. Der Vertragsstaat ist dennoch verpflichtet, so schnell und wirksam wie möglich Schritte zur Verwirklichung dieser Rechte einzuleiten.

Zu den Verpflichtungen, die nach Absatz 2 unberührt bleiben zählen die Diskriminierungsvorschriften des Übereinkommens. Die Pflicht zur rechtlichen Gleichbehandlung besteht unmittelbar für die Vertragsstaaten.

Dies gilt auch in Anbetracht der Tatsache, das die tatsächliche Gleichbehandlung nur nach und nach zu verwirklichen ist.

Absatz 3 bestimmt, dass die Vertragsstaaten Menschen mit Behinderungen, einschließlich Kindern mit Behinderungen, über die sie vertretenden Organisationen bei der Ausarbeitung und Umsetzung von Rechtsvorschriften und politischen Konzepten zur Durchführung des Übereinkommens eng beteiligen und sie aktiv mit einbeziehen. Über den Verweis in Artikel 34 Abs. 3 und in Artikel 35 Abs. 4 gilt diese Regelung ebenfalls bei der Benennung von Kandidatinnen oder Kandidaten für den Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen und bei Erstellung der Staatenberichte durch die Vertragsstaaten. Zudem bestimmt Artikel 33 Abs. 3, dass die Zivilgesellschaft, insbesondere Menschen mit Behinderungen und die sie vertretenden Organisationen, in den Überwachungsprozess einbezogen werden und in vollem Umfang daran teilnehmen.

Absatz 4 bestimmt, dass das Übereinkommen Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts eines Vertragsstaates oder des für ihn geltenden Völkerrechts, die besser für die Verwirklichung der Rechte von Menschen mit Behinderungen geeignet sind, unberührt lässt. Ferner wird das Verbot ausgesprochen, die in einem Vertragsstaat anerkannten oder bestehenden Menschenrechte und Grundfreiheiten nicht mit der Begründung zu beschränken oder außer Kraft zu setzen, dass dieses Übereinkommen derartige Rechte oder Freiheiten nicht oder nur in geringerem Maß anerkennt. Das Verbot wiederholt damit die entsprechenden Regelungen aus Artikel 5 Abs. 2 Sozialpakt und Artikel 5 Abs. 2 Zivilpakt.

Absatz 5 stellt klar, dass die Bestimmungen des Übereinkommens ohne Einschränkung oder Ausnahme für alle Teile eines Bundesstaates und somit in Deutschland auch für die Bundesländer gelten.

Artikel 5 (Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung)

Nach Absatz 1 anerkennen die Vertragsstaaten, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, vom Gesetz gleich zu behandeln sind, ohne Diskriminierung Anspruch auf den gleichen Schutz durch das Gesetz und gleiche Vorteile durch das Gesetz haben. Diese Vorschrift wiederholt und bekräftigt die entsprechenden Regelungen in Artikel 26 Zivilpakt und Artikel 7 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Absatz 2 wiederholt das Verbot der Diskriminierung aufgrund von Behinderung, das bereits in Artikel 4 Abs. 1 verankert ist und verlangt einen gleichen und wirksamen rechtlichen Schutz vor Diskriminierung, unabhängig auf welchem Grund sie beruht. Absatz 3 verpflichtet die Vertragsstaaten ausdrücklich zu geeigneten Schritten, um angemessene Vorkehrungen mit dem Ziel der Förderung der Gleichberechtigung und zur Beseitigung von Diskriminierungen zu treffen. Bereits nach der Definition von "Diskriminierung aufgrund von Behinderung" in Artikel 2 wird das Versagen von angemessenen Vorkehrungen als eine Form der Diskriminierung gewertet, die nach Absatz 2 und Artikel 4 Abs. 1 verboten ist. Nach Absatz 4 werden besondere Maßnahmen, die zur Beschleunigung oder Herbeiführung der tatsächlichen Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderungen erforderlich sind nicht als Diskriminierung angesehen. Eine ähnliche Regelung mit Bezug zur Herbeiführung der Defacto-Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau findet sich in Artikel 4 Abs. 1 der Frauenrechtskonvention.

In der Bundesrepublik Deutschland sehen zahlreiche Vorschriften einen Schutz vor Diskriminierungen vor.

Nach Artikel 3 Abs. 3 Satz 2 des Grundgesetzes darf niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Diese Vorschrift bindet in erster Linie die öffentliche Gewalt, entfaltet aber über Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe eine mittelbare Rechtswirkung für das Privatrecht.

Nach § 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) erhalten behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen Leistungen, um ihre Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken. Ziel des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) ist es nach § 1 BGG, die Benachteiligungen von behinderten Menschen zu beseitigen und zu verhindern sowie die gleichberechtigte Teilhabe von behinderten Menschen am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Teilhabe zu ermöglichen. Das Benachteiligungsverbot wird in § 7 BGG für die Träger öffentlicher Gewalt wiederholt.

Nach § 33c des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) darf niemand bei der Inanspruchnahme sozialer Rechte aus Gründen einer Behinderung benachteiligt werden. Diese Vorschriften setzen das verfassungsrechtliche Benachteiligungsverbot für den sozialrechtlichen bzw. öffentlichrechtlichen Bereich auf der einfachgesetzlichen Ebene um.

Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber dürfen nach § 81 Abs. 2 SGB IX schwerbehinderte Menschen nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Nach § 1 AGG ist es unter anderem Ziel des Gesetzes, Benachteiligungen aus Gründen einer Behinderung im sachlichen Anwendungsbereich (§ 2 Abs. 1 AGG) zu verhindern oder zu beseitigen. Insbesondere enthält das Gesetz in § 7 AGG ein arbeitsrechtliches und in § 19 AGG ein zivilrechtliches Benachteiligungsverbot.

Artikel 6 (Frauen mit Behinderungen)

Mit Artikel 6 Abs. 1 anerkennen die Vertragsstaaten, dass Frauen und Mädchen mit Behinderungen mehrfachen Diskriminierungen ausgesetzt sind. In diesem Artikel macht das Übereinkommen deutlich, dass Frauen mit Behinderungen aufgrund des Kriteriums der Behinderung und des Kriteriums des Geschlechts mehrfach benachteiligt werden. Die Vorschrift dient dazu, die Aufmerksamkeit auf diese spezifische Benachteiligung zu richten und ihr entsprechend entgegenzuwirken. Die Vertragsstaaten sind verpflichtet in dieser Hinsicht Maßnahmen zu ergreifen und zu gewährleisten, dass Frauen und Mädchen mit Behinderungen alle Menschenrechte und Grundfreiheiten voll und gleichberechtigt beanspruchen können. Dazu zählen nach Absatz 2 auch alle geeigneten Maßnahmen zur Sicherung der vollen Entfaltung, der Förderung und der Stärkung der Autonomie der Frauen, hier verstanden als Empowerment der Frauen.

Die Vertragsstaaten sind auf der Grundlage von Artikel 6 verpflichtet die Geschlechterperspektive bei der Umsetzung der Vorschriften des Übereinkommens zu berücksichtigen.

Um Frauen und Mädchen mit Behinderungen jedoch möglichst effektiv vor Diskriminierungen zu schützen werden sie neben dem eigenständigen Artikel 6 in einzelnen Vorschriften des Übereinkommens nochmals ausdrücklich erwähnt. Bereits die Präambel Buchstabe p macht auf die besondere Gefährdungslage von Menschen mit Behinderungen, bei denen weitere Statusmerkmale hinzutreten, aufmerksam. Zu diesen weiteren Statusmerkmalen wird unter anderem das Geschlecht gezählt. Nach Präambel Buchstabe s wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es notwendig ist, bei der Förderung der Menschenrechte und Grundfreiheiten die Geschlechterperspektive einzubeziehen. Nach Artikel 3 Buchstabe g zählt die Gleichberechtigung von Mann und Frau zu den Grundsätzen des Übereinkommens.

Klischees, Vorurteile und schädliche Praktiken gegenüber Menschen mit Behinderungen, einschließlich derjenigen aufgrund des Geschlechts, sollen in allen Lebensbereichen nach Artikel 8 Abs. 1 Buchstabe b bekämpft werden.

Die Präambel Buchstabe q anerkennt, dass Frauen und Mädchen mit Behinderungen sowohl innerhalb als auch außerhalb ihres häuslichen Umfelds oft in stärkerem Maße durch Gewalt, Verletzung oder Missbrauch, Nichtbeachtung oder Vernachlässigung, Misshandlung oder Ausbeutung gefährdet sind. Artikel 16 Abs. 1 fordert, Menschen mit Behinderungen vor jeder Form von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch, einschließlich ihrer geschlechtsspezifischen Aspekte, zu schützen. Nach Artikel 16 Abs. 2 sollen Hilfe, Unterstützung und Schutzdienste gewährleistet werden, die das Alter, das Geschlecht und die Behinderung berücksichtigen.

Rechtsvorschriften und politische Konzepte für das Erkennen, Untersuchen und strafrechtliche Verfolgen von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch sollen nach Artikel 16 Abs. 5 auch auf Frauen und Kinder ausgerichtet sein. Nach Artikel 25 soll der Zugang zu Gesundheitsdiensten, einschließlich gesundheitlicher Rehabilitation, die die unterschiedlichen Bedürfnisse von Frauen und Männern berücksichtigen, gesichert werden. Nach Artikel 28 Abs. 2 Buchstabe b soll Menschen mit Behinderungen, insbesondere Frauen und Mädchen, der Zugang zu Programmen für sozialen Schutz und der Armutsbekämpfung gesichert werden. Bei der Wahl der Mitglieder des Ausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen soll nach Artikel 34 Abs. 4 unter anderem auf eine ausgewogene, geschlechtergerechte Besetzung geachtet werden.

In der Bundesrepublik Deutschland gibt es neben den garantierten Grund- und Menschenrechten als spezielle Regelungen zum Abbau von Benachteiligungen behinderter Frauen die Verpflichtung nach § 1 Satz 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, den besonderen Bedürfnissen behinderter und von Behinderung bedrohter Frauen Rechnung zu tragen. Die Verpflichtung gilt für alle Rehabilitationsträger. Ebenso regelt § 2 des Behindertengleichstellungsgesetzes, dass die besonderen Belange behinderter Frauen zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu berücksichtigen und bestehende Benachteiligungen zu beseitigen sind. Dabei sind besondere Maßnahmen zur Förderung der tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von behinderten Frauen und zur Beseitigung bestehender Benachteiligungen zulässig. Um Artikel 6 Abs. 2 zu erfüllen, ist im deutschen Rechtssystem die durchgängige Beachtung des Gender-Mainstreaming-Prinzips erforderlich.

Durch Artikel 6 Abs. 2 soll die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Mädchen mit Behinderungen erreicht werden. Die Vorschrift enthält eine Querschnittsverpflichtung, die mit jedem im Übereinkommen genannten Recht zu lesen und umzusetzen ist. Dies erfordert, dass bei zukünftigen Gesetzen, Politiken und Programmen sicherzustellen ist, dass Frauen und Mädchen mit Behinderungen die im Übereinkommen genannten Menschenrechte und Grundfreiheiten ausüben und genießen können. Negative Effekte sind auszuschließen. Dabei ist darauf zu achten, dass Artikel 6 nicht nur auf der Benachteiligung von Frauen gegenüber Männern beruht, sondern der mehrfachen Diskriminierung behinderter Frauen und Mädchen entgegenwirken soll, die sich insbesondere aus dem Zusammenwirken der Merkmale Geschlecht und Behinderung ergibt. Zur Umsetzung des Übereinkommens ist jeweils das Ausmaß der Inanspruchnahme eines im Übereinkommen genannten Rechts durch Frauen und Mädchen mit Behinderungen zu untersuchen. Wird dabei eine tatsächliche Benachteiligung festgestellt, muss der Vertragsstaat Maßnahmen zu deren Beseitigung ergreifen. Zu diesen Maßnahmen zählen insbesondere die besonderen Maßnahmen nach Artikel 5 Abs. 4.

Artikel 7 (Kinder mit Behinderungen)

Artikel 7 anerkennt, dass Kinder mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen Kindern alle Menschenrechte und Grundfreiheiten beanspruchen können, und verpflichtet die Vertragsstaaten, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um dies zu gewährleisten.

Absatz 1 basiert auf Artikel 2 Abs. 1 Kinderrechtskonvention.

Bereits durch die Kinderrechtskonvention ist anerkannt dass Kinder eines besonderen Schutzes bedürfen. Dies gilt in besonderer Weise für Kinder mit Behinderungen. Aus diesem Grund sieht Artikel 23 Kinderrechtskonvention einen eigenständigen Artikel für die Rechte von Kindern mit Behinderungen vor.

Absatz 2 bestimmt das Kindeswohl zum vorrangigen Kriterium für alle Maßnahmen, die Kinder betreffen. Die Regelung wiederholt und bekräftigt die Regelung des Artikels 3 Abs. 1 Kinderrechtskonvention.

Um Kinder mit Behinderungen möglichst effektiv vor Diskriminierungen zu schützen, werden sie neben dem eigenständigen Artikel 7 in einzelnen Vorschriften des Übereinkommens nochmals ausdrücklich erwähnt. Die Präambel Buchstabe r anerkennt, dass Kinder mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen Kindern alle Menschenrechte und Grundfreiheiten in vollem Umfang beanspruchen sollen, und weist auf die zu diesem Zweck eingegangenen Verpflichtungen der Vertragsstaaten der Kinderrechtskonvention hin. Zu den Grundsätzen des Übereinkommens gehört nach Artikel 3 Buchstabe h die Achtung vor den sich entwickelnden Fähigkeiten von Kindern mit Behinderungen und die Achtung ihres Rechts auf Wahrung ihrer Identität. Zu den allgemeinen Verpflichtungen der Vertragsstaaten gehört nach Artikel 4 Abs. 3, dass die Vertragsstaaten bei der Umsetzung des Übereinkommens enge Beteiligungen mit Menschen mit Behinderungen, einschließlich Kindern mit Behinderungen, über die sie vertretenden Organisationen führen und sie aktiv mit einbeziehen. Über den Verweis in Artikel 34 Abs. 3 und in Artikel 35 Abs. 4 gilt diese Regelung ebenfalls bei der Benennung von Kandidatinnen oder Kandidaten für den Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen und bei Erstellung der Staatenberichte durch die Vertragsstaaten. Rechtsvorschriften und politische Konzepte für das Erkennen, Untersuchen und strafrechtliche Verfolgen von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch sollen nach Artikel 16 Abs. 5 auch auf Frauen und Kinder ausgerichtet sein.

Nach Artikel 18 Abs. 2 sind Kinder mit Behinderungen unverzüglich nach ihrer Geburt in ein Register einzutragen.

Weiterhin haben Kinder mit Behinderungen das Recht auf einen Namen von Geburt an und das Recht, eine Staatsangehörigkeit zu erwerben. Ebenso verbürgt Artikel 18 Abs. 2 das Recht von Kindern mit Behinderungen, ihre Eltern zu kennen und von ihnen betreut zu werden. Diese Regelungen wiederholen und bekräftigen die Regelungen des Artikels 24 Abs. 2 und 3 Zivilpakt sowie des Artikels 7 Kinderrechtskonvention. Die Vertragsstaaten gewährleisten nach Artikel 23 Abs. 1 Buchstabe c dass Menschen mit Behinderungen, einschließlich Kinder, ihre Fruchtbarkeit behalten. Weiterhin sollen nach Artikel 23 Abs. 2 Rechte und Pflichten von Menschen mit Behinderungen in Rechtsbeziehungen zwischen Eltern und Kindern gewahrt werden, wobei das Wohl des Kindes ausschlaggebend ist. Artikel 23 Abs. 3 gewährleistet die gleichen Rechte von Kindern mit Behinderungen in Bezug auf das Familienleben. Dafür sollen die Vertragsstaaten unter anderem frühzeitig Informationen, Dienste und Unterstützung zur Verfügung stellen, um zu vermeiden dass Kinder vernachlässigt oder abgesondert werden. Artikel 23 Abs. 4 verbietet, dass eine Behinderung des Kindes oder der Eltern ein Grund für eine Trennung des Kindes von seinen Eltern ist, sofern sie nicht auf einer nachprüfbaren gerichtlichen Entscheidung der zuständigen Behörden zum Wohle des Kindes beruht. Artikel 23 Abs. 5 enthält den Grundsatz der weitestgehenden familiären, soweit dies nicht möglich ist der familienähnlichen Betreuung. Sofern nahe Familienangehörige nicht für das Kind sorgen können, soll mit allen Anstrengungen die Betreuung innerhalb der weiteren Familie gesichert werden. Wenn das nicht möglich ist soll die Betreuung innerhalb der Gemeinschaft in einem familienähnlichen Umfeld gewährleistet werden.

Artikel 24 bestätigt und konkretisiert das Recht von Kindern mit Behinderung auf Bildung. Nach Artikel 25 Buchstabe b sind die Vertragsstaaten verpflichtet, Gesundheitsleistungen anzubieten, durch die bei Kindern weitere Behinderungen möglichst gering gehalten oder vermieden werden sollen. Die Vertragsstaaten sind nach Artikel 30 Abs. 5 Buchstabe d verpflichtet sicherzustellen, dass Kinder mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen Kindern an Spiel-, Erholungs-, Freizeit- und Sportaktivitäten teilnehmen können, einschließlich im schulischen Bereich.

Mit Blick auf Kinder mit Behinderungen geht in der Bundesrepublik Deutschland das Neunte Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) an mehreren Stellen ausdrücklich auf die Situation behinderter oder von Behinderung bedrohter Kinder ein und verankert gesetzlich, die Bedürfnisse behinderter Kinder zu respektieren und ihnen so weit wie möglich ein Leben in ihrem familiären Umfeld zu ermöglichen.

Kinder mit Behinderungen sollen gemäß ihrem Alter und ihrer Entwicklung an der Planung und Gestaltung der einzelnen Hilfen beteiligt werden. Auch die Eltern sollen intensiv in Planung und Gestaltung der Hilfen einbezogen werden. Dabei soll den besonderen Bedürfnissen der Eltern und Kinder Rechnung getragen werden.

Das SGB IX strebt ausdrücklich ein gemeinsames Aufwachsen von behinderten und nicht behinderten Kindern an. Diese Grundsätze gelten für alle Rehabilitationsträger.

Artikel 8 (Bewusstseinsbildung)

Artikel 8 verpflichtet die Vertragsstaaten zu sofortigen, wirksamen und geeigneten Maßnahmen der Bewusstseinsbildung.

Ziel ist es, in der Gesellschaft das Bewusstsein für Menschen mit Behinderungen zu schärfen und die Achtung ihrer Rechte und ihrer Würde zu fördern.

Die Maßnahmen sollen dazu beitragen, dass Klischees, Vorurteile und schädliche Praktiken gegenüber Menschen mit Behinderungen, auch aufgrund des Geschlechts oder des Alters, in allen Lebensbereichen bekämpft werden und dass das Bewusstsein für die Fähigkeiten und den Beitrag von Menschen mit Behinderungen gefördert wird. Absatz 2 konkretisiert die zu treffenden Maßnahmen und konzentriert sich dabei auf vier Bereiche.

Dazu gehören die dauerhafte Durchführung wirksamer Öffentlichkeitskampagnen, die Förderung einer respektvollen Einstellung auf allen Ebenen des Bildungssystems, die Aufforderung an die Medien, Menschen mit Behinderungen in einer dem Zweck des Übereinkommens entsprechenden Weise darzustellen und die Förderung von Schulungsprogrammen zur Schärfung des Bewusstseins für Menschen mit Behinderungen und für deren Rechte.

Artikel 9 (Zugänglichkeit)

Absatz 1 verpflichtet die Vertragsstaaten, geeignete Maßnahmen zu treffen, um für Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen den Zugang zur physischen Umwelt, zu Transportmitteln, Information und Kommunikation, einschließlich Informations- und Kommunikationstechnologien und -systemen, sowie zu anderen Einrichtungen und Diensten, die der Öffentlichkeit in städtischen und ländlichen Gebieten offen stehen oder für sie bereit gestellt werden, zu gewährleisten. Die Maßnahmen schließen nach Absatz 1 Satz 2 die Feststellung und Beseitigung von Zugangshindernissen und -barrieren ein. Absatz 2 konkretisiert die zu treffenden Maßnahmen.

Danach treffen die Vertragsstaaten zum Beispiel geeignete Maßnahmen, um Mindeststandards und Leitlinien zur Zugänglichkeit von öffentlichen Einrichtungen zu schaffen oder um den Zugang von Menschen mit Behinderungen zu den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien zu fördern. Der eigenständige Artikel 9 zur Zugänglichkeit verdeutlicht, dass die Verwirklichung der Menschenrechte für behinderte Menschen entscheidend von einer zugänglichen Umwelt abhängt.

Bei der Verwirklichung der Teilhabe behinderter Menschen in der Gesellschaft steht in Deutschland die Herstellung von Barrierefreiheit im Vordergrund. Mit dem am 1. Mai 2002 in Kraft getretenen Behindertengleichstellungsgesetz des Bundes (BGG) wurde die Grundlage für eine allgemeine, umfassende barrierefreie Umweltgestaltung geschaffen. Demnach sind insbesondere in den Bereichen Bauen, Wohnen und Verkehr wichtige Gesetze geändert worden, die auf die Herstellung einer weitreichenden Barrierefreiheit abzielen. Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind. Das BGG wird flankiert von den Gleichstellungsgesetzen der Länder, die für ihren Bereich vergleichbare Regelungen in Kraft gesetzt haben.

Die Herstellung der Barrierefreiheit ist ein dynamischer Prozess, der nur schrittweise und unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vollzogen werden kann. Barrierefreiheit ist eine Zielvorgabe für die Gestaltung aller Lebensbereiche. Die einzufordernden Standards der Barrierefreiheit sind einem ständigen Wandel unterworfen. Spezifisch für einzelne Regelungsbereiche werden sie durch DIN-Normen, allgemeine technische Standards und auf der Grundlage des Gleichstellungsgesetzes auch über Programme, Pläne und Zielvereinbarungen festgelegt. Obwohl aufgrund der langen Lebensdauer vorhandener (vor Inkrafttreten des Behindertengleichstellungsgesetzes noch nicht barrierefrei konzipierter) Infrastruktureinrichtungen und Fahrzeuge der Nachholbedarf nur schrittweise erfüllt werden kann, werden sukzessive bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, Systeme der Informationsverarbeitung und Kommunikationseinrichtungen so gestaltet, dass sie für behinderte Menschen ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe nutzbar sind.

Artikel 10 (Recht auf Leben)

Nach Artikel 10 bekräftigen die Vertragsstaaten, dass jeder Mensch ein angeborenes Recht auf Leben hat.

Diese Vorschrift greift Artikel 6 Zivilpakt und Artikel 3 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte auf und bekräftigt diese. Ausdrücklich fordert Artikel 10 die Vertragsstaaten auf alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen um den wirksamen Genuss dieses Rechts durch Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen zu gewährleisten.

Nach dem geltenden deutschen Recht ist dieser Schutz schon auf verfassungsrechtlicher Ebene durch Artikel 2 Abs. 2 des Grundgesetzes umfassend gewährleistet.

Strafrechtlich ist das Recht auf Leben durch die §§ 211 ff. des Strafgesetzbuches (StGB) geschützt.

Artikel 11 (Gefahrensituationen und humanitäre Notlagen)

Artikel 11 verpflichtet die Vertragsstaaten, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um in Gefahrensituationen, einschließlich bewaffneter Konflikte, humanitärer Notlagen und Naturkatastrophen, den Schutz und die Sicherheit von Menschen mit Behinderungen im Einklang mit ihren Verpflichtungen nach dem Völkerrecht zu gewährleisten.

Die Regelungen über den Schutz der Bevölkerung im Zivilschutzfall erfassen ohne Unterscheidung Menschen mit wie ohne Behinderung. Insoweit entspricht die bestehende Rechtslage dem Artikel 11. Gleiches gilt für den Bereich des Schutzes der Bevölkerung im Katastrophenfall oder bei sonstigen schweren Unglücksfällen, der im Zuständigkeitsbereich der Länder liegt.

Artikel 12 (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Nach Absatz 1 bekräftigen die Vertragsstaaten, dass Menschen mit Behinderungen das Recht haben, überall als Rechtssubjekt anerkannt zu werden. Damit wird ausdrücklich das Recht von Menschen mit Behinderungen anerkannt Träger von Rechten und Pflichten zu sein.

Diese Regelung wiederholt und bekräftigt die Regelungen des Artikels 16 Zivilpakt und des Artikels 6 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Mit Absatz 2 anerkennen die Vertragsstaaten, dass Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen gleichberechtigt mit anderen Rechts- und Handlungsfähigkeit beanspruchen können. Absatz 2 findet ein Vorbild in Artikel 15 Abs. 2 und 3 der Frauenrechtskonvention.

Mit Rechts- und Handlungsfähigkeit beschreibt Absatz 2 die Fähigkeit von Menschen mit Behinderungen, rechtswirksam zu handeln. Dies gilt für alle Lebensbereiche.

Gleichberechtigt mit anderen bedeutet, dass Menschen mit Behinderungen unter denselben Voraussetzungen wie Menschen ohne Behinderungen Rechtsund Handlungsfähigkeit beanspruchen können. Sie sind uneingeschränkt rechtsfähig. Sie können aber wie Menschen ohne Behinderung aufgrund ihres jugendlichen Alters oder wegen fehlender Willens- und Einsichtsfähigkeit in ihrer Handlungsfähigkeit beschränkt sein. Sowohl die Geschäftsfähigkeit als auch die Deliktsfähigkeit setzen voraus, dass ein Mensch in der Lage ist, die Bedeutung eines Verhaltens zu beurteilen und auch nach dieser Einsicht zu handeln. Nur dann kann ihm die Rechtsordnung auch die Folgen seines Verhaltens zurechnen d. h. ihn als geschäfts- oder deliktsfähig ansehen. Absatz 5 nennt Beispiele für die Rechts- und Handlungsfähigkeit. Dazu zählen das Recht, Eigentum innezuhaben und durch Erbfall zu erwerben, das Recht, die eigenen finanziellen Angelegenheiten zu regeln und der Zugang zu Bankdarlehen, Hypotheken und anderen Finanzkrediten. Absatz 5 enthält darüber hinaus das ausdrückliche Verbot, Menschen mit Behinderungen willkürlich ihr Eigentum zu entziehen. Das Recht, Eigentum zu haben und das Verbot des willkürlichen Entzugs finden sich bereits in Artikel 17 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Absatz 3 verpflichtet die Vertragsstaaten zu geeigneten Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstützung zu verschaffen, die sie bei der Ausübung ihrer Rechts- und Handlungsfähigkeit gegebenenfalls benötigen. Nach Absatz 4 stellen die Vertragsstaaten sicher, dass für Maßnahmen, die die Ausübung der Rechts- und Handlungsfähigkeit betreffen, im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsnormen geeignete und wirksame Sicherungen vorgesehen werden, um Missbräuche zu verhindern. Diese Sicherungen sollen gewährleisten, dass die Rechte, der Wille und die Präferenzen der betreffenden Person geachtet werden, Interessenkonflikte und missbräuchliche Einflussnahme verhindert werden und dass die Maßnahmen verhältnismäßig, auf die Umstände der betreffenden Person zugeschnitten sowie von möglichst kurzer Dauer sind und dass sie einer regelmäßigen Überprüfung durch eine zuständige unabhängige und unparteiische Behörde oder gerichtliche Stelle unterliegen.

Artikel 13 (Zugang zur Justiz)

Absatz 1 verpflichtet die Vertragsstaaten, Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen einen wirksamen Zugang zur Justiz zu gewährleisten. Ausdrücklich benennt Absatz 1 dafür verfahrens- und das Alter berücksichtigende Vorkehrungen, um die wirksame unmittelbare und mittelbare Teilnahme in allen vorgerichtlichen Verfahren und Gerichtsverfahren zu erleichtern.

Weiterhin sollen nach Absatz 2 die Vertragsstaaten geeignete Schulungen für Personen, die im Justizwesen tätig sind, fördern.

Entsprechende Vorschriften sind im deutschen Recht bereits enthalten. So können etwa blinde oder sehbehinderte Personen nach § 191a des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) verlangen, dass Gerichtsdokumente ihnen in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden, soweit das für die Wahrnehmung ihrer Rechte erforderlich ist. § 186 GVG stellt sicher, dass die Verständigung mit einer hör- oder sprachbehinderten Person in der Verhandlung gegebenenfalls auch mit den erforderlichen Hilfsmitteln ermöglicht wird.

Artikel 14 (Freiheit und Sicherheit der Person)

Nach Absatz 1 Buchstabe a gewährleisten die Vertragsstaaten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen das Recht auf persönliche Freiheit und Sicherheit genießen. Diese Regelung wiederholt und bekräftigt die Regelungen des Artikels 9 Zivilpakt und des Artikels 3 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Nach Absatz 1 Buchstabe b gewährleisten die Vertragsstaaten, dass Menschen mit Behinderungen die Freiheit nicht rechtswidrig oder willkürlich entzogen wird und dass jede Freiheitsentziehung im Einklang mit dem Gesetz erfolgt. Diese Vorschrift bezieht sich auf Artikel 9 Abs. 1 Satz 2 Zivilpakt. Absatz 1 Buchstabe b stellt dabei ausdrücklich fest, dass eine Freiheitsentziehung allein aufgrund des Vorliegens einer Behinderung in keinem Fall gerechtfertigt ist. Sowohl aus Absatz 1 Buchstabe b als auch aus Absatz 2 ergibt sich, dass eine Freiheitsentziehung auch bei behinderten Menschen nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist. Voraussetzung ist allerdings, dass zur Behinderung besondere Umstände hinzutreten müssen die die Entziehung der Freiheit erforderlich machen. Das ist etwa der Fall, wenn nur mittels der Freiheitsentziehung eine Selbst- oder Fremdgefährdung vermieden werden kann. Sofern also zusätzliche Umstände vorliegen die eine Freiheitsentziehung rechtfertigen, kann diese auch dann zulässig sein, wenn die die Freiheitsentziehung begründenden Umstände mit einer Behinderung zusammenhängen.

Diesen Vorgaben entspricht die Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland. Die Unterbringung einer betreuten Person nach § 1906 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) setzt voraus, dass entweder eine erhebliche Selbstgefährdung besteht oder die Unterbringung aus medizinischen Gründen notwendig ist und die betreute Person dies nicht erkennen kann. Für eine Unterbringung nach § 63 des Strafgesetzbuches (StGB) ist erforderlich, dass von der betroffenen Person erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind und sie deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Entsprechende Voraussetzungen bestehen für die Unterbringung aufgrund derjenigen Landesgesetze, die Schutz und Hilfe für psychisch kranke Menschen regeln.

Nach Absatz 2 gewährleisten die Vertragsstaaten, dass Menschen mit Behinderungen bei einem Freiheitsentzug gleichberechtigt mit anderen einen Anspruch auf die in internationalen Menschenrechtsnormen vorgesehenen Garantien haben. Diese Regelung nimmt Bezug auf die in den Artikeln 9 und 10 Zivilpakt vorgesehenen Verfahrensgarantien. Ausdrücklich verlangt Absatz 2, dass Menschen mit Behinderungen bei einem Freiheitsentzug im Einklang mit den Zielen und Grundsätzen dieses Übereinkommens, einschließlich der Bereitstellung angemessener Vorkehrungen, behandelt werden.

Artikel 15 (Freiheit von Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe)

Artikel 15 wiederholt und bekräftigt das bereits in Artikel 7 Zivilpakt, in Artikel 5 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie in der VN-Konvention gegen Folter festgeschriebene Verbot der Folter und der grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung.

Artikel 15 statuiert allgemein, dass niemand der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden darf. Mit der Bestimmung des Artikels 15 Abs. 1 Satz 2 wird wie bereits im Zivilpakt insbesondere klargestellt, dass niemand ohne seine freiwillige Zustimmung medizinischen oder wissenschaftlichen Experimenten unterworfen werden darf die Folter oder grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe im Sinne des Artikels 15 Abs. 1 Satz 1 darstellen. Die in der Bundesrepublik Deutschland in engen Grenzen gesetzlich zulässigen

Forschungsmaßnahmen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 15 Abs. 1 Satz 2. Die Vertragsstaaten sind nach Artikel 15 Abs. 2 ausdrücklich verpflichtet, alle wirksamen Maßnahmen zu treffen, um Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen Schutz vor Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe zu gewähren.

Artikel 16 (Freiheit von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch)

Nach Absatz 1 sind die Vertragsstaaten verpflichtet, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um Menschen mit Behinderungen vor jeder Form von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch, einschließlich ihrer geschlechtsspezifischen Aspekte, zu schützen. Zu den Maßnahmen werden unter anderem Gesetzgebungs-, Verwaltungs-, Sozial- und Bildungsmaßnahmen gezählt. Absatz 2 konkretisiert geeignete Maßnahmen. So sollen die Vertragsstaaten geeignete Formen von Hilfe und Unterstützung für Menschen mit Behinderungen, ihre Familien und Betreuungspersonen gewährleisten. Dies schließt auch die Bereitstellung von Information und Aufklärung darüber ein, wie Fälle von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch verhindert, erkannt und angezeigt werden können. Die Formen von Hilfe und Unterstützung sollen das Geschlecht und das Alter berücksichtigen. Ebenfalls sollen Schutzdienste das Alter, das Geschlecht und die Behinderung der betroffenen Personen berücksichtigen. Nach Absatz 3 sind die Vertragsstaaten verpflichtet, mit dem Ziel der Verhinderung von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch sicherzustellen dass alle Einrichtungen und Programme, die für Menschen mit Behinderungen bestimmt sind, von unabhängigen Behörden überwacht werden. Nach Absatz 4 sind die Vertragsstaaten zu geeigneten Maßnahmen verpflichtet, um die Genesung, die Rehabilitation und die soziale Wiedereingliederung von Menschen mit Behinderungen, die Opfer von Ausbeutung, Gewalt oder Missbrauch geworden sind, zu fördern.

Dazu zählt auch die Bereitstellung von Schutzeinrichtungen.

Die Genesung und Wiedereingliederung muss in einer Umgebung stattfinden, die der Gesundheit, dem Wohlergehen, der Selbstachtung, der Würde und der Autonomie des Menschen förderlich ist. Diese Umgebung soll geschlechts- und altersspezifischen Bedürfnissen Rechnung tragen. Absatz 5 verpflichtet die Vertragsstaaten zur Schaffung wirksamer Rechtsvorschriften und politischer Konzepte, die sicherstellen, dass Fälle von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch gegenüber Menschen mit Behinderungen erkannt, untersucht und gegebenenfalls strafrechtlich verfolgt werden. Die Rechtsvorschriften und Programme sollen dabei auch auf Frauen und Kinder ausgerichtet sein.

Nach dem deutschen Strafrecht werden die Verletzung der körperlichen Unversehrtheit oder der sexuellen Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen gleichermaßen geahndet wie bei anderen Personen.

Darüber hinaus existieren besondere Strafvorschriften, die speziell dem Schutz dieser besonders verletzlichen Personengruppe dienen. Insbesondere werden in § 174a des Strafgesetzbuches (StGB) der sexuelle Missbrauch von Gefangenen, behördlich Verwahrten, Kranken oder Hilfsbedürftigen in Einrichtungen, in § 174c StGB der sexuelle Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses, in § 179 StGB der sexuelle Missbrauch widerstandsunfähiger Personen und in § 225 StGB die Misshandlung von Schutzbefohlenen, zu denen auch betreute Personen gehören können, unter Strafe gestellt.

Weiterhin ist das Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) zu beachten. Dieses Gesetz regelt eine eigenständige staatliche Entschädigung über die allgemeinen sozialen Sicherungssysteme und die Sozialhilfe hinaus für diejenigen, die der deutsche Staat mit seinen Polizeiorganen nicht vor einer vorsätzlichen Gewalttat hat schützen können. Ziel des OEG ist es, die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen von Gewalttaten auszugleichen. Anspruchsberechtigt nach diesem Gesetz sind Personen, die durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen Angriff eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben (Geschädigte) oder die Hinterbliebene von Personen sind, die infolge der gesundheitlichen Schädigung gestorben sind. Durch den umfangreichen Leistungskatalog des OEG ist sichergestellt, dass den besonderen Bedürfnissen von Frauen und Männern bei der Heilbehandlung, während der Rehabilitation und der Wiedereingliederung Rechnung getragen wird. Auch ausländische Staatsangehörige können OEG-Leistungen erhalten wobei Staatsangehörige von EU-Mitgliedstaaten dieselben Leistungen wie Deutsche erhalten, während bei anderen Ausländern der Leistungsumfang grundsätzlich von der Dauer ihres Aufenthalts in Deutschland abhängig ist.

Durch Artikel 16 wird anerkannt, dass Frauen und Mädchen mit Behinderungen in besonderem Maße durch Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch in allen Formen gefährdet sind. Dieser Erkenntnis trägt auch der Aktionsplan II der Bundesregierung zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen Rechnung. Der Aktionsplan II thematisiert alle Formen von Gewalt und setzt da an, wo nach dem ersten Aktionsplan besondere Handlungsnotwendigkeiten bestehen wie bei der Berücksichtigung von Frauen mit Migrationshintergrund, Frauen mit Behinderungen oder im Bereich der medizinischen Versorgung. Vor diesem Hintergrund nimmt der Aktionsplan II den Schutz von Frauen und Mädchen mit Behinderungen vor Gewalt durch eine Reihe von Maßnahmen verstärkt in den Blick.

Ein weiterer Schwerpunkt ist, eine möglichst früh ansetzende Prävention zu verstärken und Maßnahmen des Kinder-, Jugend- und Frauenschutzes effektiv miteinander zu verbinden. Neben dem verbesserten Schutz geht es auch darum, Frauen und Kinder darin zu stärken, ihre Rechte wahrzunehmen.

Artikel 17 (Schutz der Unversehrtheit der Person)

Artikel 17 bekräftigt, dass jeder Mensch mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen das Recht auf Achtung seiner körperlichen und seelischen Unversehrtheit hat.

Diese Regelung bezieht sich auf Behandlungen von Menschen mit Behinderungen ohne ihre Einwilligung. Nach den Prinzipien des Übereinkommens darf eine Behandlung ohne Einwilligung nicht allein aufgrund einer Behinderung erfolgen. Hierzu gelten die Ausführungen zu Artikel 14 Abs. 1 entsprechend.

Artikel 18 (Freizügigkeit und Staatsangehörigkeit)

Nach Absatz 1 anerkennen die Vertragsstaaten das Recht von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen auf Freizügigkeit, auf freie Wahl ihres Aufenthaltsortes und auf eine Staatsangehörigkeit. Absatz 1 wiederholt und bekräftigt die Regelungen des Artikels 12 Zivilpakt sowie der Artikel 13 und 15 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Nach Absatz 1 Buchstabe a gewährleisten die Vertragsstaaten, dass Menschen mit Behinderungen das Recht haben, eine Staatsangehörigkeit zu erwerben oder diese zu wechseln. Sie gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen ihre Staatsangehörigkeit nicht willkürlich oder aufgrund von Behinderung entzogen wird.

Dies entspricht Artikel 15 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und betont ausdrücklich, dass das Vorliegen einer Behinderung nicht den Entzug der Staatsbürgerschaft rechtfertigt. Das Recht auf Staatsangehörigkeit wird durch Absatz 1 Buchstabe b ergänzt, nach dem die Vertragsstaaten gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung die Möglichkeit versagt wird, Dokumente zum Nachweis ihrer Staatsangehörigkeit oder andere Identitätsdokumente zu erhalten, zu besitzen und zu verwenden.

Weiterhin darf Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung versagt werden, einschlägige Verfahren, wie etwa Einwanderungsverfahren in Anspruch zu nehmen, die gegebenenfalls erforderlich sind, um die Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit zu erleichtern. Nach Absatz 1 Buchstabe c gewährleisten die Vertragsstaaten, dass Menschen mit Behinderungen die Freiheit haben, jedes Land einschließlich ihres eigenen zu verlassen. Diese Vorschrift wiederholt und bekräftigt die Regelungen des Artikels 12 Abs. 2 Zivilpakt und des Artikels 13 Nr. 2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Nach Absatz 1 Buchstabe d gewährleisten die Vertragsstaaten, dass Menschen mit Behinderungen nicht willkürlich oder aufgrund von Behinderung das Recht entzogen wird, in ihr eigenes Land einzureisen. Dies entspricht Artikel 12 Abs. 4 Zivilpakt und betont ausdrücklich, dass das Vorliegen einer Behinderung nicht ein Verbot der Einreise rechtfertigt.

Nach Absatz 2 sind Kinder mit Behinderungen unverzüglich nach ihrer Geburt in ein Register einzutragen.

Weiterhin haben Kinder mit Behinderungen das Recht auf einen Namen von Geburt an und das Recht, eine Staatsangehörigkeit zu erwerben. Ebenso verbürgt Absatz 2 das Recht von Kindern mit Behinderungen, ihre Eltern zu kennen und von ihnen betreut zu werden. Diese Regelungen wiederholen und bekräftigen die Regelungen des Artikels 24 Abs. 2 und 3 Zivilpakt sowie des Artikels 7 Kinderrechtskonvention.

Die Bundesrepublik Deutschland erfüllt das Übereinkommen zu Artikel 18 in Bezug auf Erwerb und Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit bei Menschen mit Behinderungen.

So erleichtert Deutschland den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit bei der Einbürgerung, in dem es gesetzliche Ausnahmeregelungen für behinderte Menschen vorsieht, wenn die Behinderung die Einbürgerung erschweren oder ausschließen würde, z.B. beim Erwerb der deutschen Sprache und beim Nachweis staatsbürgerlicher Kenntnisse (vgl. § 10 Abs. 6 Staatsangehörigkeitsgesetz - StAG). Für Kinder und Jugendliche bis zum Alter von 16 Jahren gelten weitere Ausnahmeregelungen (§ 10 Abs. 1 Satz 2 StAG). Ein Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit aufgrund einer Behinderung ist schon verfassungsrechtlich ausgeschlossen, da dies eine Entziehung der deutschen Staatsangehörigkeit darstellt, die das Grundgesetz untersagt (Artikel 16 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz).

Die Bundesrepublik Deutschland erfüllt das Übereinkommen zu Artikel 18 in Bezug auf die Registrierung der Geburt von Kindern mit Behinderungen. Jede Geburt eines in der Bundesrepublik geborenen Kindes ist unabhängig von einer Behinderung und der Staatsangehörigkeit binnen einer Woche dem Standesamt anzuzeigen und von diesem daraufhin zu beurkunden. Zur Anzeige sind die Eltern, Krankenhäuser und andere Einrichtungen verpflichtet sowie alle sonstigen Personen, die von der Geburt Kenntnis erlangt haben. Es bestehen keine spezifischen Regelungen für behinderte Menschen. Die existierenden Regeln erfassen diese jedoch und führen weder direkt noch indirekt zu einer Diskriminierung aufgrund des Merkmals der Behinderung.

Artikel 19 (Unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft)

Nach Artikel 19 anerkennen die Vertragsstaaten das Recht von Menschen mit Behinderungen, mit den gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der Gemeinschaft zu leben. Dabei ist unabhängige Lebensführung im Sinne von selbstbestimmter Lebensführung zu verstehen. Die Vertragsstaaten sind verpflichtet, für die Verwirklichung dieses Rechts und die volle Einbeziehung in die Gemeinschaft und Teilhabe an der Gemeinschaft wirksame und geeignete Maßnahmen zu treffen.

Diese Maßnahmen sollen unter anderem gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen die Möglichkeit haben, ihren Aufenthaltsort zu wählen. Sie sollen weiterhin entscheiden dürfen, wo und mit wem sie leben und sind nicht verpflichtet, in besonderen Wohnformen zu leben. Weiterhin soll gewährleistet werden dass Menschen mit Behinderungen Zugang zu gemeindenahen Unterstützungsdiensten zu Hause und in Einrichtungen haben. Dies schließt auch die persönliche Assistenz ein, die das Leben in der Gemeinschaft und die Einbeziehung in die Gemeinschaft unterstützt und Isolation und Ausgrenzung verhindert. Gemeindenahe Dienstleistungen und Einrichtungen, die der Allgemeinheit offen stehen, sollen Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt zur Verfügung stehen und ihren Bedürfnissen Rechnung tragen.

Das Neunte Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) unterstützt mit seinen Grundsätzen das Ziel des Artikels 19. So bestimmt § 9 Abs. 3 SGB IX, dass Leistungen und Dienste und Einrichtungen den Leistungsberechtigten möglichst viel Raum zu eigenverantwortlicher Gestaltung ihrer Lebensumstände lassen und ihre Selbstbestimmung fördern. Bei der Entscheidung über Leistungen und bei der Ausführung von Leistungen zur Teilhabe sind nach § 9 Abs. 1 SGB IX berechtigten Wünschen der Leistungsberechtigten zu entsprechen. Unter Berücksichtigung der Interessen der Leistungsberechtigten und der Umstände des Einzelfalls verfolgt das SGB IX das Prinzip, ambulante Leistungen vor stationären Leistungen zu erbringen.

Ein wichtiges Instrument zur selbstbestimmten Teilhabe und Einbeziehung in die Gesellschaft ist das Persönliche Budget nach § 17 SGB IX. Leistungsberechtigte haben einen Anspruch, dass Leistungen zur Teilhabe anstelle von Dienst- und Sachleistungen in Form eines Persönlichen Budgets erbracht werden. Persönliche Budgets werden grundsätzlich als Geldleistung und trägerübergreifend als Komplexleistung erbracht. Das Persönliche Budget unterstützt die Leistungsberechtigten, in eigener Verantwortung ein möglichst selbständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen.

Artikel 20 (Persönliche Mobilität)

Artikel 20 zielt darauf, die persönliche Mobilität von Menschen mit Behinderungen mit größtmöglicher Unabhängigkeit im Sinne von Selbstbestimmung sicherzustellen und verpflichtet die Vertragsstaaten mit Blick darauf zu wirksamen Maßnahmen. Beispielhaft zählt Artikel 20 einzelne Maßnahmen auf. So sollen die Vertragsstaaten die persönliche Mobilität zu erschwinglichen Kosten und mit Wahlmöglichkeiten, die sich auf die Art und Weise sowie den Zeitpunkt beziehen, erleichtern. Weiterhin soll der Zugang zu hochwertigen Mobilitätshilfen, Geräten, unterstützenden Technologien, menschlicher und tierischer Hilfe sowie zu Mittelspersonen erleichtert werden; auch dadurch dass die vorgenannte Unterstützung zu erschwinglichen Preisen erfolgt. Für Menschen mit Behinderungen und für Fachkräfte, die mit Menschen mit Behinderungen arbeiten, sollen Schulungen in Mobilitätsfertigkeiten angeboten werden. Hersteller von Mobilitätshilfen, Geräten und unterstützenden Technologien sollen ermutigt werden, alle Aspekte der Mobilität für Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen.

Der Verbesserung der Mobilität dienen die Regelungen über die unentgeltliche Beförderung schwerbehinderter Menschen im öffentlichen Personennahverkehr nach §§ 145 ff des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX). Schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, hilflos oder gehörlos sind, haben Anspruch auf unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personenverkehr.

Behinderte Menschen, die wegen Art oder Schwere ihrer Behinderung auf die regelmäßige Nutzung eines Kraftfahrzeugs zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft angewiesen sind, können im Rahmen der Eingliederungshilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) Hilfen zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs, zur Erlangung einer Fahrerlaubnis sowie zum Betrieb und zur Unterhaltung eines Kraftfahrzeugs erhalten. Kraftfahrzeughilfen für die Teilhabe am Arbeitsleben werden nach der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung erbracht. Die Versorgung mit Hilfsmitteln und technischen Hilfen nach dem SGB IX unterstützt die möglichst weitgehende Selbstständigkeit und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen. Um pflegebedürftigen behinderten Menschen ihre Mobilität im Alltag zu sichern, werden auch im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben erbracht; dies schließt auch notwendige Mobilitätshilfen ein. Insbesondere werden auch im Rahmen einer Rund-umdie-Uhr-Versorgung die notwendigen Mobilitätshilfen erbracht.

Soweit diese Assistenzleistungen von unterschiedlichen Leistungsträgern erbracht werden, sichert die neue Leistungsform des trägerübergreifenden Persönlichen Budgets, dass die Leistungen wie aus einer Hand erbracht werden.

Wesentlich für die persönliche Mobilität von Menschen mit Behinderungen ist auch die Schaffung einer barrierefreien Umwelt und der damit verbundene Abbau von Hindernissen für die Mobilität. Insoweit wird auf die Begründung zu Artikel 9 verwiesen.

Artikel 21 (Recht der freien Meinungsäußerung, Meinungsfreiheit und Zugang zu Informationen)

Nach Artikel 21 anerkennen die Vertragsstaaten das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Meinungsäußerung und Meinungsfreiheit, einschließlich der Freiheit, sich Informationen und Gedankengut zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben. Diese Regelung wiederholt und bekräftigt die Regelungen des Artikels 19 Zivilpakt und des Artikels 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Die Vertragsstaaten sind nach Artikel 21 verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu treffen, damit Menschen mit Behinderungen ihr Recht auf Meinungsäußerung und Meinungsfreiheit gleichberechtigt mit anderen durch die von ihnen gewählten Formen der Kommunikation ausüben können. Die Buchstaben a bis e zählen beispielhaft geeignete Maßnahmen auf.

So sollen Informationen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind, rechtzeitig und ohne zusätzliche Kosten in zugänglichen Formaten und Technologien zur Verfügung gestellt werden. Die Verwendung von Gebärdensprache, Braille, ergänzenden oder alternativen Kommunikationsformen soll im Umgang mit Behörden akzeptiert und erleichtert werden. Private Rechtsträger sollen aufgefordert werden Informationen und Dienstleistungen in Formaten zur Verfügung zu stellen, die für Menschen mit Behinderungen zugänglich und nutzbar sind. Massenmedien, einschließlich Anbieter von Informationen über das Internet, sollen dazu aufgefordert werden, ihre Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen zugänglich zu gestalten. Die Verwendung von Gebärdensprache soll anerkannt und gefördert werden.

Grundlage für eine gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen ist eine möglichst umfassend barrierefrei gestaltete Umwelt. Die Herstellung umfassender Barrierefreiheit bildet das Kernstück des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG).

Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen sowie Kommunikationseinrichtungen sind barrierefrei, wenn sie für behinderte Menschen, in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind. Für die Behörden des Bundes und der Länder, soweit sie Bundesrecht ausführen, wurde die barrierefreie Gestaltung in der Kommunikationshilfenverordnung, der Verordnung über barrierefreie Dokumente in der Bundesverwaltung und der Barrierefreien Informationstechnik-Verordnung (BITV) konkretisiert.

Die Bestimmungen der Verordnungen werden flankiert von vergleichbaren Regelungen, die die Bundesländer für ihren Zuständigkeitsbereich erlassen haben.

Die Deutsche Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt. Hör- und sprachbehinderte Menschen haben das Recht, im Verwaltungsverfahren mit Bundesbehörden in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere Kommunikationshilfen zu kommunizieren. Die Kosten hierfür sind von den Behörden zu tragen. An einem Verwaltungsverfahren beteiligte blinde und sehbehinderte Menschen haben einen Anspruch darauf, dass ihnen Dokumente zur Wahrnehmung eigener Rechte in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden.

Die Zugänglichmachung der Dokumente orientiert sich dabei an den Wahrnehmungsmöglichkeiten der oder des Beteiligten. Dokumente können u. a. durch Vorlesen, mit Hilfe von Tonträgern, in Brailleschrift, als Großdruck, in elektronischer Form oder in sonstiger Weise zugänglich gemacht werden. Zusätzliche Kosten, die ausschließlich durch die Behinderung begründet werden, sind von den Beteiligten nicht zu erheben. Um zu gewährleisten dass Menschen mit Behinderungen die Informationen öffentlicher Internetauftritte und -angebote von Einrichtungen des Bundes grundsätzlich uneingeschränkt nutzen können, wurden die für die Bundesverwaltung anzuwendenden Standards für Angebote im Internet in der Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (BITV) festgeschrieben. Diese basieren grundsätzlich auf den international anerkannten Zugangsrichtlinien für Webinhalte (Web Content Accessibility Guidelines). Die BITV konkretisiert damit die Anforderungen für die Darstellung von Webinhalten insbesondere für blinde und sehbehinderte Menschen, aber auch für Menschen mit Lernbehinderung oder motorischen Einschränkungen.

Das Internet und moderne Informations- und Kommunikationstechnologien werden für alle Menschen, nicht nur für Menschen mit Behinderungen, immer bedeutsamer. Es entwickelt sich zu einem zentralen Kommunikationsmittel und eröffnet Nutzerinnen und Nutzern neue Möglichkeiten, in den Genuss von Produkten und Dienstleistungen zu kommen. Angesichts dessen und der Schnelllebigkeit dieses Mediums sollen über die gesetzliche Verpflichtung der Behörden hinaus zwischen Verbänden behinderter Menschen einerseits und privaten Unternehmen, wie z.B. Anbietern von Internetdiensten, andererseits Zielvereinbarungen über die barrierefreie Gestaltung der Angebote abgeschlossen werden.

Da bei der barrierefreien Gestaltung viele Faktoren eine Rolle spielen, bieten Zielvereinbarungen den Beteiligten die Möglichkeit, flexible und verhältnismäßige Lösungen zu treffen, die den Bedürfnissen und konkreten Umständen angepasst sind.

Zur Unterstützung der Verwirklichung der Freiheit, sich Informationen zu beschaffen, sind im Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben vorgesehen.

Menschen mit Behinderungen können u. a. Hilfen zum Besuch von Veranstaltungen und Hilfsmittel, die der Information über das Zeitgeschehen oder über kulturelle Ereignisse dienen, gewährt werden. Insoweit kommt beispielsweise die Übernahme der Kosten für Eintrittskarten, auch für eine Begleitperson, in Betracht. Zu diesem Zweck enthält der Rundfunkgebührenstaatsvertrag auch einen Befreiungstatbestand für Menschen mit Behinderungen von der Pflicht, Rundfunkgebühren zu zahlen.

Ergänzend zu den Regelungen des BGG, der Verordnungen und des SGB IX müssen die Mitgliedstaaten bis Ende des Jahres 2009 die im Dezember 2007 in Kraft getretene EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste umsetzen nach der die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Anbieter audiovisueller Mediendienste darin zu bestärken sind, ihre Dienste schrittweise für hör- und sehbehinderte Menschen zugänglich zu machen. In Umsetzung dieser Richtlinie beabsichtigen die deutschen Länder, eine Regelung zum Ausbau der bestehenden barrierefreien Angebote des öffentlichrechtlichen Rundfunks für behinderte Menschen in den Rundfunkstaatsvertrag aufzunehmen.

Artikel 22 (Achtung der Privatsphäre)

Nach Artikel 22 anerkennen die Vertragsstaaten das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Privatsphäre.

Nach Absatz 1 dürfen Menschen mit Behinderungen keinen willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen in ihr Privatleben, ihre Familie, ihre Wohnung, ihren Schriftverkehr oder andere Arten der Kommunikation oder in ihre Ehre oder ihres Rufes ausgesetzt werden. Gegen rechtswidrige Eingriffe haben Menschen mit Behinderungen Anspruch auf rechtlichen Schutz. Artikel 22 findet sein Vorbild in Artikel 17 Zivilpakt und Artikel 12 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Diese Regelungen zum Schutz der Privatsphäre sind für die Situation von Menschen mit Behinderungen konkretisiert worden, und zwar im Hinblick auf den Schutz vor Eingriffen in andere Arten der Kommunikation und die Feststellung, dass der Schutz der Privatsphäre unabhängig vom Aufenthaltsort oder der Wohnform, in der Menschen mit Behinderungen leben, gilt. Weiterhin wurde ergänzend aufgenommen dass die Vertragsstaaten nach Absatz 2 verpflichtet sind, die Vertraulichkeit von Informationen über die Person, die Gesundheit oder die Rehabilitation von Menschen mit Behinderungen auf der Grundlage der Gleichberechtigung mit anderen zu schützen.

Nach dem geltenden deutschen Recht ist der Schutz der Privatsphäre auf verfassungsrechtlicher Ebene durch Artikel 2 Abs. 1, Artikel 10 und 13 des Grundgesetzes umfassend gewährleistet. Strafrechtlich ist das Rechtsgut der Ehre durch die §§ 185 ff. und der persönliche Lebens- und Geheimbereich durch die §§ 201 ff. des Strafgesetzbuches (StGB) geschützt.

Dass der besondere Schutz der Privatsphäre im deutschen Recht gerade auch für betreute Personen gilt, findet seinen Ausdruck in der Vorschrift des § 1896 Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), wonach Eingriffe durch den Betreuer in die Kommunikationsfreiheit der betreuten Person stets einer ausdrücklichen gerichtlichen Anordnung bedürfen.

In Umsetzung der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutzrichtlinie) und des Europaratsübereinkommens Nr. 108 zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten vom 28. Januar 1981 gewährleistet Deutschland den Schutz der Privatsphäre natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten (Datenschutzübereinkommen), insbesondere durch das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und die allgemeinen Datenschutzgesetze der Länder sowie in zahlreichen fachspezifischen Datenschutzgesetzen.

Gesundheitsdaten unterliegen als besondere Arten personenbezogener Daten nach § 3 Abs. 9 BDSG und entsprechenden Vorschriften in den Datenschutzgesetzen der Länder in Umsetzung des Artikels 8 der Datenschutzrichtlinie und des Artikels 6 des Datenschutzübereinkommens sowie insbesondere durch die §§ 67 ff. des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) und § 35

Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) einem gesteigerten Schutz. Die Vorschriften über den Datenschutz treffen keine spezifischen Regelungen für behinderte Menschen, erfassen diese jedoch und führen weder direkt noch indirekt zu einer Diskriminierung aufgrund des Merkmals der Behinderung.

Artikel 23 (Achtung der Wohnung und der Familie)

Artikel 23 verpflichtet die Vertragsstaaten wirksame und geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Diskriminierungen von Menschen mit Behinderungen auf der Grundlage der Gleichberechtigung mit anderen in Fragen der Ehe, Familie, Elternschaft und Partnerschaft zu beseitigen.

Damit soll gewährleistet sein, dass Menschen mit Behinderungen die in Artikel 23 genannten Rechte gleichberechtigt mit anderen in Anspruch nehmen können.

Absatz 1 Buchstabe a schützt das Recht von Menschen mit Behinderungen, eine Ehe zu schließen und eine Familie zu gründen. Diese Regelung wiederholt und bekräftigt die Regelungen des Artikels 23 Abs. 2 Zivilpakt und des Artikels 16 Nr. 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Absatz 1 Buchstabe b schützt das Recht von Menschen mit Behinderungen auf eine freie und verantwortungsbewusste Entscheidung darüber, ob, wann und wie viele Kinder sie bekommen möchten. Zur Verwirklichung dieser Entscheidungsfreiheit zählt das Recht auf Zugang zu altersgemäßer Information und Aufklärung.

Die notwendigen Mittel zur Ausübung dieser Rechte sollen zur Verfügung gestellt werden. Die Vertragsstaaten gewährleisten nach Absatz 1 Buchstabe c , dass Menschen mit Behinderungen, einschließlich Kindern, gleichberechtigt mit anderen ihre Fruchtbarkeit behalten. Weiterhin sollen nach Absatz 2 Rechte und Pflichten von Menschen mit Behinderungen in familienrechtlichen Beziehungen zwischen Eltern und Kindern gewahrt werden, wobei das Wohl des Kindes ausschlaggebend ist. Dazu zählt das Übereinkommen beispielhaft Fragen der Vormundschaft, Pflegschaft, Personen-und Vermögenssorge und der Adoption von Kindern. Die Vertragsstaaten unterstützen Menschen mit Behinderungen angemessen in der Wahrnehmung ihrer elterlichen Verantwortung. Absatz 3 gewährleistet die gleichen Rechte von Kindern mit Behinderungen in Bezug auf das Familienleben. Dafür sollen die Vertragsstaaten unter anderem frühzeitig Informationen, Dienste, und Unterstützung zur Verfügung stellen, um zu vermeiden, dass Kinder vernachlässigt oder ausgegrenzt werden.

Absatz 4 verbietet, dass eine Behinderung des Kindes oder der Eltern ein Grund für eine Trennung des Kindes von seinen Eltern ist, sofern sie nicht auf einer nachprüfbaren gerichtlichen Entscheidung der zuständigen Behörden zum Wohle des Kindes beruht. Absatz 5 enthält den Grundsatz der weitestgehenden familiären, soweit dies nicht möglich ist, der familienähnlichen Betreuung. Sofern nahe Familienangehörige nicht für das Kind sorgen können, soll mit allen Anstrengungen die Betreuung innerhalb der weiteren Familie gesichert werden.

Wenn das nicht möglich ist, soll die Betreuung innerhalb der Gemeinschaft in einem familienähnlichen Umfeld gewährleistet werden.

In der Bundesrepublik Deutschland stehen nach Artikel 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (allgemeigg_ges.htm ) Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Artikel 6 Abs. 2 GG bestimmt, dass die Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern ist und in erster Linie ihnen obliegt. Auf einfachgesetzlicher Ebene gelten für die Fragen der Familie und Ehe die Vorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch. Weiterhin ist das Gesetz über eingetragene Lebenspartnerschaften zu beachten.

Im Rechtsverhältnis zwischen Kindern und Eltern ist nach den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches das Wohl des Kindes entscheidend. Diese Vorschriften erfassen Menschen mit und ohne Behinderungen gleichermaßen.

Das Neunte Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) geht an mehreren Stellen ausdrücklich auf die Situation behinderter Kinder ein und verankert gesetzlich, die Bedürfnisse behinderter Kinder zu respektieren und ihnen so weit wie möglich ein Leben in ihrem familiären Umfeld zu ermöglichen. Kinder sollen gemäß ihrem Alter und ihrer Entwicklung an der Planung und Gestaltung der einzelnen Hilfen beteiligt werden. Dies gilt ebenso für ihre Eltern. Dabei soll den besonderen Bedürfnissen der Eltern und Kinder Rechnung getragen werden. Die jeweiligen speziellen Sozialgesetzbücher sehen vielfältige Leistungen vor, die Familien mit behinderten Kindern unterstützen und den Kindern ermöglichen, in ihrem sozialen Umfeld zu verbleiben.

Artikel 24 (Bildung)

In Artikel 24 anerkennen die Vertragsstaaten das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung. Diese Regelung wiederholt und bekräftigt die Regelungen des Artikels 13 Sozialpakt, der Artikel 28 und 29 Kinderrechtskonvention sowie des Artikels 26 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Ausgehend vom Prinzip der Gleichberechtigung gewährleisten die Vertragsstaaten ein einbeziehendes Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen. Die Vertragsstaaten stellen dabei sicher, dass Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund einer Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden.

Kinder mit einer Behinderung dürfen nicht vom Besuch einer Grundschule oder einer weiterführenden Schule aufgrund ihrer Behinderung ausgeschlossen werden, sondern ihnen soll gleichberechtigt mit anderen der Zugang zu einem einbeziehenden, hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht ermöglicht werden. Ebenso soll der Zugang zur allgemeinen Hochschulbildung, Berufsausbildung, Erwachsenenbildung und zu lebenslangem Lernen gleichberechtigt mit anderen gewährleistet werden. Innerhalb des allgemeinen Bildungssystems sollen angemessene Vorkehrungen getroffen und die notwendige Unterstützung geleistet werden, um eine erfolgreiche Bildung zu erleichtern. Weiterhin treffen die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen den Erwerb lebenspraktischer Fertigkeiten und sozialer Kompetenzen zu ermöglichen. Dazu soll das Erlernen verschiedener Formen der Kommunikation, wie Braille, der Erwerb von Orientierungs- und Mobilitätsfertigkeiten und die Unterstützung durch andere Menschen mit Behinderungen und das Mentoring erleichtert werden. Ebenso soll das Erlernen der Gebärdensprache und die Förderung der sprachlichen Identität von gehörlosen Menschen erleichtert werden. Dafür sollen die Vertragsstaaten auf allen Ebenen des Bildungswesens geeignete Maßnahmen zur Einstellung von Lehrkräften treffen einschließlich solcher mit Behinderungen, die in Gebärdensprache und Braille ausgebildet sind.

Ebenso sollen auf allen Ebenen des Bildungssystems die Fachkräfte und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschult werden. Weiterhin stellen die Vertragsstaaten sicher, dass durch wirksame individuell angepasste Unterstützungsmaßnahmen ein Umfeld mit dem Ziel der vollständigen Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen angeboten wird, das die bestmögliche schulische und soziale Entwicklung gestattet. Mit Blick auf den Erwerb von lebenspraktischen Fähigkeiten und sozialen Kompetenzen stellen die Vertragsstaaten sicher, dass die Bildung von gehörlosen oder taubblinden Menschen, insbesondere von Kindern, in den Sprachen und Kommunikationsformen und mit den Kommunikationsmitteln, die für den Einzelnen am besten geeignet sind, bereitgestellt sowie in einem Umfeld vermittelt wird, das die bestmögliche schulische und soziale Entwicklung gestattet.

Die vorhandene Vielfalt der Organisationsformen und der Vorgehensweisen in der pädagogischen Förderung, die Pluralität der Förderorte, die Erfahrungen mit gemeinsamem Unterricht behinderter und nichtbehinderter Kinder, erziehungswissenschaftliche Denkanstöße und schulpolitische Schwerpunktsetzungen in den einzelnen Ländern der Bundesrepublik Deutschland lassen heute vielfältige Übereinstimmungen erkennen; sie sind insgesamt Kennzeichen für eine eher personenbezogene, individualisierende und nicht mehr vorrangig institutionsbezogene Sichtweise sonderpädagogischer Förderung und integrativer Bildung. Zu den unbedingten Voraussetzungen eines integrativen Bildungssystems für Menschen mit Behinderungen gehört die Bereitstellung fachlich abgesicherter, bedarfsgerechter qualifizierter Unterstützung - insbesondere das Angebot sonderpädagogischer Förderung.

Anspruch auf sonderpädagogische Förderung ist z.B. bei den Kindern und Jugendlichen anzunehmen, die in ihren Bildungs-, Entwicklungs- und Lernmöglichkeiten so beeinträchtigt sind, dass sie im Unterricht der allgemeinen Schule ohne sonderpädagogische Unterstützung nicht hinreichend gefördert werden können. Dabei können auch therapeutische und soziale Hilfen weiterer außerschulischer Maßnahmeträger notwendig sein. Sonderpädagogische Förderung in der integrativen Bildung soll das Recht der behinderten und von Behinderung bedrohten Kinder und Jugendlichen auf eine ihren persönlichen Möglichkeiten entsprechende schulische Bildung und Erziehung verwirklichen. Sie unterstützt und begleitet diese Kinder und Jugendlichen durch individuelle Hilfen, um für diese ein möglichst hohes Maß an schulischer und beruflicher Eingliederung, gesellschaftlicher Teilhabe und selbstständiger Lebensgestaltung zu erlangen. Sonderpädagogische Förderung als unabdingbarer Bestandteil integrativer Bildung geschieht in vielfältigen Aufgabenfeldern und Handlungsformen. Sie erfordert den Einsatz unterschiedlicher Berufsgruppen mit entsprechenden Fachkompetenzen. Sonderpädagogische Förderung orientiert sich daher an der individuellen und sozialen Situation des behinderten oder von Behinderung bedrohten Kindes bzw. Jugendlichen ("Kind-Umfeld-Analyse") und schließt die persönlichkeits- und entwicklungsorientierte Vorbereitung auf zukünftige Lebenssituationen ein. Im Rahmen der integrativen Bildung ist eine intensive vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Erziehungsberechtigten und der Schule erforderlich. Die gemeinsame Verantwortung der allgemeinen Schulen und der Förderschulen für die integrative Bildung und sonderpädagogische Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen macht vor allem eine verbindliche und qualifizierte Zusammenarbeit der Lehrkräfte aller Schulformen unverzichtbar. Die Zusammenarbeit der Pädagoginnen und Pädagogen und weiterer Fachkräfte verlangt ein gemeinsames Grundverständnis der Aufgaben und eine klare Zuordnung von Kompetenz- und Verantwortungsbereichen für jeden Beteiligten in Unterricht und Schulleben. Kinder und Jugendliche mit Behinderungen bzw. sonderpädagogischem Förderbedarf sollen im Rahmen integrativer Bildung allgemeine Schulen besuchen, wenn dort die notwendige sonderpädagogische und auch sächliche Unterstützung sowie die räumlichen Voraussetzungen gewährleistet sind; die Förderung aller Schülerinnen und Schüler muss sichergestellt sein. Zu den notwendigen Voraussetzungen gehören neben den äußeren Rahmenbedingungen sonderpädagogisch qualifizierte Lehrkräfte, individualisierende Formen der Planung, Durchführung und Bewertung der Unterrichtsprozesse und eine abgestimmte Zusammenarbeit der beteiligten Lehr- und Fachkräfte.

Dabei ist eine inhaltliche, methodische und organisatorische Einbeziehung pädagogischer Maßnahmen, auch individueller Unterrichtsziele und -inhalte, in die Unterrichtsvorhaben für die gesamte Schulklasse vorzunehmen.

Die für den Schulbereich geltenden Rahmenbedingungen integrativer Bildung finden ihre Fortführung in Unterstützungsangeboten für den Zugang zu Hochschulbildung, zur beruflichen Qualifizierung und zur Erwachsenenbildung.

Das Präsidium der Konferenz der Kultusministerinnen und Kultusminister hat am 12. Juni 2008 beschlossen, eine Arbeitsgruppe einzurichten, die die Empfehlungen zur sonderpädagogischen Förderung in den Schulen der Bundesrepublik Deutschland vom 6. Mai 1994 fortschreibt und aktuellen Entwicklungen damit Rechnung tragen wird.

Artikel 25 (Gesundheit)

In Artikel 25 anerkennen die Vertragsstaaten das Recht von Menschen mit Behinderungen auf den Genuss des erreichbaren Höchstmaßes an Gesundheit ohne Diskriminierung aufgrund von Behinderung. Diese Regelungen wiederholen und bekräftigen die Regelungen des Artikels 12 Sozialpakt, des Artikels 24 Kinderrechtskonvention und des Artikels 12 Frauenrechtskonvention. Die Vertragsstaaten sind verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen Zugang zu Gesundheitsdiensten, einschließlich gesundheitlicher Rehabilitation, die die unterschiedlichen Bedürfnisse von Frauen und Männern berücksichtigen, haben. In den Buchstaben a bis f zählt das Übereinkommen beispielhaft zu treffende Maßnahmen auf.

Die Vertragsstaaten stellen eine unentgeltliche oder erschwingliche Gesundheitsversorgung wie anderen Menschen auch zur Verfügung, einschließlich sexual- und fortpflanzungsmedizinischer Gesundheitsleistungen und der Gesamtbevölkerung zur Verfügung stehender Programme des öffentlichen Gesundheitswesens. Weiterhin bieten sie Gesundheitsleistungen an, die von Menschen mit Behinderungen speziell wegen ihrer Behinderung benötigt werden, einschließlich Früherkennung und Frühintervention, sowie Leistungen, durch die, auch bei Kindern und älteren Menschen, weitere Behinderungen möglichst gering gehalten oder vermieden werden sollen.

Gesundheitsleistungen sollen so gemeindenah wie möglich angeboten werden, auch in ländlichen Gebieten.

Angehörige der Gesundheitsberufe sollen Menschen mit Behinderungen eine Versorgung von gleicher Qualität wie anderen Menschen angedeihen lassen auf der Grundlage der freien und informierten Einwilligung. Die Vertragsstaaten verbieten die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen in der Krankenversicherung und in der Lebensversicherung. Sie verbieten weiterhin die diskriminierende Vorenthaltung von Gesundheitsversorgung oder -leistungen oder von Nahrungsmitteln und Flüssigkeiten aufgrund von Behinderung.

In der Bundesrepublik Deutschland liegt die soziale und gesundheitliche Sicherung in der gemeinsamen Verantwortung einer Vielzahl von Beteiligten. Dazu zählen insbesondere neben dem Bund die Bundesländer, die gesetzliche Krankenversicherung, die soziale Pflegeversicherung, die gesetzliche Unfallversicherung und die gesetzliche Rentenversicherung sowie die private Krankenbzw. Pflegeversicherung. Die rechtlichen Grundlagen für den Zugang zu den jeweiligen Zweigen der Sozialversicherungen und ihren Leistungen finden sich in den jeweiligen Sozialgesetzbüchern. Mit Blick auf den Zugang zu einer privaten Krankenversicherung bestimmt § 19 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), dass eine Benachteiligung aus Gründen einer Behinderung bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse, die eine privatrechtliche Versicherung zum Gegenstand haben, unzulässig ist. Eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität ist im Falle des § 19 Abs. 1 Nr. 2 AGG nur zulässig, wenn diese auf anerkannten Prinzipien risikoadäquater Kalkulation beruht, insbesondere auf einer versicherungsmathematisch ermittelten Risikobewertung unter Heranziehung statistischer Erhebungen. Ab dem 1. Januar 2009 haben behinderte Menschen, die dem Personenkreis der privat zu Versichernden zuzurechnen sind, die Möglichkeit, sich in der privaten Krankenversicherung im sog. Basistarif zu versichern. Leistungsausschlüsse oder Risikozuschläge sind in diesem Tarif nicht zulässig. Die Leistungen müssen in Art, Umfang und Höhe mit jenen der gesetzlichen Krankenversicherung vergleichbar sein.

Die gesetzliche Krankenversicherung nimmt eine entscheidende Rolle im System der gesundheitlichen Sicherung ein. Sie stellt allen Versicherten umfassend Sachleistungen zur Krankenbehandlung zur Verfügung, die dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen und den medizinischen Fortschritt berücksichtigen. Für Menschen mit Behinderungen gilt dies gleichermaßen. Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) enthält eine eigenständige Regelung, die ausschließlich die Belange behinderter und chronisch kranker Menschen in den Mittelpunkt stellt (§ 2a SGB V).

Diese Regelung beinhaltet, dass den besonderen Belangen behinderter und chronisch kranker Menschen Rechnung zu tragen ist. Es gilt, die Belange chronisch kranker und behinderter Menschen im Sinne von mehr Teilhabe zu berücksichtigen, ihnen Selbstbestimmung zu ermöglichen und durch Behinderungen bzw. chronische Krankheit bedingte Nachteile auszugleichen. Diese Regelung ist wegweisend für das gesamte SGB V und entspricht dem im Grundgesetz in Artikel 3 Abs. 3 Satz 2 GG bestimmten Benachteiligungsverbot behinderter Menschen.

Nach dem SGB V haben Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung Anspruch auf die erforderlichen Leistungen, insbesondere zur medizinischen Rehabilitation, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. Die Früherkennungsangebote der gesetzlichen Krankenkassen richten sich auch an Menschen mit Behinderungen. Hierzu gehören die Leistungen zur Früherkennung und Frühförderung für behinderte und von Behinderung bedrohte Kinder. Diese umfassen die ärztliche Behandlung und Heilmittel sowie nichtärztliche sozialpädiatrische psychologische, heilpädagogische und psychosoziale Leistungen zur Frühdiagnostik und Behandlungsplanung. Zur Früherkennung und Frühförderung zählen daneben auch heilpädagogische Leistungen.

Diese Leistungen werden nicht von der Krankenkasse, sondern von den Trägern der Sozial- und Jugendhilfe erbracht. Die individuell erforderlichen Leistungen werden in Zusammenarbeit mit den Eltern in einem interdisziplinär entwickelten Förder- und Behandlungsplan zusammengestellt. Auf dieser Grundlage erbringen die Träger der Krankenversicherung und die Träger der Sozialbzw. Jugendhilfe die Leistungen zuständigkeitsübergreifend als Komplexleistung. Leistungen zur Früherkennung und Frühförderung werden von interdisziplinären Frühförderstellen und sozialpädiatrischen Zentren ausgeführt. Die Leistungen erfolgen in ambulanter, einschließlich mobiler Form.

Eine gemeindenahe ambulante ärztliche und zahnärztliche Versorgung, auch in ländlichen Gebieten, soll durch die Regelungen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung (§§ 99 ff. SGB V) und die auf ihrer Grundlage erlassenen Bedarfsplanungs-Richtlinien erreicht werden.

Es sind zudem weitere Maßnahmen in Kraft getreten, die darauf ausgerichtet sind, die ärztliche und zahnärztliche Versorgung in der Fläche zu erhalten und zu verbessern.

Pflegebedürftige Menschen, zu denen viele Menschen mit Behinderungen zählen, haben einen Anspruch auf gute Pflege. Das in § 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) verankerte Leitbild der Pflegeversicherung ist eine menschenwürdige Pflege, die ein möglichst selbständiges Leben zum Ziel hat und dadurch auch mit dazu beiträgt eine selbstbestimmte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen. Mit der am 1. Januar 1995 eingeführten Pflegeversicherung ist die soziale Absicherung von Pflegebedürftigen umfassend verbessert und auf eine neue Grundlage gestellt worden. Mit der Pflegeversicherung wird das Risiko der Pflegebedürftigkeit vergleichbar den Versicherungen gegen Krankheit, Unfall und Arbeitslosigkeit sowie zur Sicherung des Alterseinkommens sozial abgesichert. Die Pflegeversicherung soll dazu beitragen, die aus der Pflegebedürftigkeit entstehenden physischen psychischen und finanziellen Belastungen für jeden Versicherten - unabhängig von Alter, Geschlecht oder Einkommen - zu mildern.

Im Rahmen der Pflegereform 2008 wurde eine Reihe von Maßnahmen auf den Weg gebracht. Hervorzuheben sind insbesondere Leistungsverbesserungen nach dem Grundsatz ambulanter vor stationärer Pflege sowie vielfältige strukturelle Anpassungen, durch die die Pflegeversicherung noch besser als bisher an die Bedürfnisse der Betroffenen angepasst wird. Daneben wurden Maßnahmen aufgenommen um die Qualität der Pflege zu verbessern, bestehende Qualitätsmängel abzustellen und Transparenz in der Pflege herzustellen. Zudem wurde die Entwicklung und Aktualisierung von Expertenstandards als wichtiges Instrument zur Qualitätssicherung in der Pflege gesetzlich verankert.

Artikel 26 (Habilitation und Rehabilitation)

Artikel 26 erlegt den Vertragsstaaten die Pflicht auf, umfassende Habilitations- und Rehabilitationsdienste und -programme zu organisieren, zu stärken und zu erweitern insbesondere auf dem Gebiet der Gesundheit, der Beschäftigung, der Bildung und der Sozialdienste.

Menschen mit Behinderungen sollen in die Lage versetzt werden ein Höchstmaß an Unabhängigkeit im Sinne von Selbstbestimmung, umfassende körperliche, geistige, soziale und berufliche Fähigkeiten sowie die volle Einbeziehung in alle Aspekte des Lebens und die volle Teilhabe an allen Aspekten des Lebens zu erreichen und zu bewahren. Dieses Ziel soll auch durch die Unterstützung durch andere Menschen mit Behinderungen (peer support) gefördert werden. Leistungen und Programme sollen im frühestmöglichen Stadium einsetzen und auf einer multidisziplinären Bewertung der individuellen Bedürfnisse und Stärken beruhen. Weiterhin sollen die Leistungen und Programme die Einbeziehung in und die Teilhabe an der Gesellschaft unterstützen, wohnortnah zur Verfügung stehen und auf Freiwilligkeit beruhen. Die Vertragsstaaten fördern die Entwicklung der Aus- und Fortbildung der Fachkräfte und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Habilitations- und Rehabilitationsdiensten.

Ebenso fördern die Vertragsstaaten die Verfügbarkeit, die Kenntnis und die Verwendung unterstützender Geräte und Technologien, die für Menschen mit Behinderungen bestimmt sind.

Die Grundlage für das Rehabilitations- und Teilhaberecht bildet in Deutschland das Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX). Das Ziel des SGB IX ist es, die Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern sowie Benachteiligungen zu vermeiden. Das SGB IX enthält Grundprinzipien, Verfahrensvorschriften und die Beschreibung von Leistungen.

In Deutschland sind Leistungen der Rehabilitation und Teilhabe jeweils die Aufgabe der verschiedenen Zweige der Sozialen Sicherung. Den Trägern der Sozialen Sicherung sind jeweils spezielle Sozialgesetzbücher zugeordnet, die die Zuständigkeiten und die Voraussetzungen der Leistungen regeln. Die Vorschriften des SGB IX gelten unmittelbar sofern in den speziellen Sozialgesetzbüchern keine abweichende Regelung getroffen worden ist.

Nach dem SGB IX werden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sowie unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen erbracht.

Rehabilitationsträger sollen im Rahmen ihrer Aufgabenstellung und ihrer Leistungsgesetze darauf hinwirken, dass der Eintritt einer Behinderung einschließlich einer chronischen Krankheit vermieden wird. Leistungen zur Teilhabe zielen unter anderem darauf, die persönliche Entwicklung ganzheitlich zu fördern und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sowie eine möglichst selbständige und selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen oder zu erleichtern. Bei der Entscheidung über Leistungen und bei der Ausführung von Leistungen wird berechtigten Wünschen der Leistungsberechtigten entsprochen.

Unter Berücksichtigung der Interessen der Leistungsberechtigten und der Umstände des Einzelfalles verfolgt das SGB IX das Prinzip, ambulante Leistungen vor stationären Leistungen zu erbringen.

Artikel 27 (Arbeit und Beschäftigung)

In Artikel 27 anerkennen die Vertragsstaaten das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Arbeit auf der Grundlage der Gleichberechtigung mit anderen. Dieses Recht schließt die Möglichkeit ein, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen, die frei gewählt oder frei angenommen wird. Durch geeignete Schritte sollen die Vertragsstaaten die Verwirklichung des Rechts auf Arbeit sichern und fördern. Dieser Regelungsgehalt wiederholt und bekräftigt die Regelungen des Artikels 6 Abs. 1 Sozialpakt, des Artikels 11 Frauenrechtskonvention und des Artikels 23 Nr. 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Konkretisierend stellt Artikel 27 fest, dass das Recht auf Arbeit für Menschen mit Behinderungen das Recht auf die Möglichkeit der Arbeit in einem offenen, einbeziehenden und zugänglichen Arbeitsmarkt und Arbeitsumfeld einschließt. Zudem legt Artikel 27 fest, dass die geeigneten Schritte der Vertragsstaaten auch Menschen umfassen sollen die eine Behinderung während der Beschäftigung erwerben. Die Vorschriften des Absatz e s 1

Buchstabe a bis k zählen beispielhaft auf, worauf die zu treffenden Maßnahmen zielen sollen. Eine Vielzahl dieser Maßnahmen greift Regelungen aus anderen zentralen Menschenrechtsverträgen auf und bekräftigt sie für Menschen mit Behinderungen. Nach Absatz 1 Buchstabe a soll die Diskriminierung aufgrund einer Behinderung in allen Angelegenheiten von Beschäftigung und Beruf verboten werden. Nach Absatz 1 Buchstabe b soll das Recht von Menschen mit Behinderungen auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen, einschließlich gleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit sowie sichere und gesunde Arbeitsbedingungen, gleichberechtigt mit anderen gefördert werden. Dies wiederholt und bekräftigt die Regelungen des Artikels 7 Buchstabe a und b Sozialpakt und des Artikels 23 Nr. 1 und 2 der Allgemeinen Erklärungen der Menschenrechte. Ergänzend nimmt Absatz 1 Buchstabe b den Aspekt der Chancengleichheit sowie den Schutz vor Belästigungen und Abhilfe bei Missständen auf. Nach Absatz 1 Buchstabe c sollen Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen ihre Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechte ausüben können. Damit nimmt Artikel 27 die Regelungen des Artikels 8 Sozialpakt und des Artikels 23 Nr. 4 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte auf. Nach Absatz 1 Buchstabe d soll der Zugang zu allgemeinen fachlichen und beruflichen Beratungsprogrammen, Stellenvermittlung sowie Berufsbildung und Weiterbildung ermöglicht werden. Grundlage dieser Vorschrift ist Artikel 6 Abs. 2 Sozialpakt. Nach Absatz 1 Buchstabe e sollen Beschäftigungsmöglichkeiten, beruflicher Aufstieg, Unterstützung beim Erhalt eines Arbeitsplatzes und beim Wiedereinstieg gefördert werden. Die Möglichkeiten für eine selbständige Beschäftigung sollen nach Absatz 1 Buchstabe f gefördert werden. Absatz 1 Buchstabe g sieht die Möglichkeit vor, dass Menschen mit Behinderungen im öffentlichen Sektor beschäftigt werden. Mit Blick auf private Arbeitgeber sollen gemäß Absatz 1 Buchstabe h geeignete Strategien und Maßnahmen, einschließlich positiver Maßnahmen, gefördert werden. Nach Absatz 1 Buchstabe i soll sichergestellt werden, dass am Arbeitsplatz angemessene Vorkehrungen für Menschen mit Behinderungen getroffen werden. Das Sammeln von Arbeitserfahrung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt soll nach Absatz 1 Buchstabe j gefördert werden. Nach Absatz 1 Buchstabe k sollen Programme für die berufliche Rehabilitation, den Erhalt des Arbeitsplatzes und den beruflichen Wiedereinstieg von Menschen mit Behinderungen gefördert werden. Absatz 2 verbietet, dass Menschen mit Behinderungen in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden und schützt sie gleichberechtigt mit anderen vor Zwangs- und Pflichtarbeit.

Diese Vorschrift wiederholt und bekräftigt die Regelungen von Artikel 8 Zivilpakt und Artikel 4 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Menschen mit Behinderungen haben in der Bundesrepublik Deutschland ebenso wie nicht behinderte Menschen die Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen die frei gewählt oder angenommen wird ( Artikel 12 Abs. 1 des Grundgesetzes). Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden (Artikel 3 Abs. 3 Satz 2 des Grundgesetzes). Daher gelten das Arbeitsrecht, das Arbeitsschutzrecht und auch das Grundrecht der Koalitionsfreiheit (Artikel 9 Abs. 1 des Grundgesetzes) unabhängig vom Vorliegen einer Behinderung.

Behinderte Menschen sind im Erwerbsleben vor Benachteiligungen wegen ihrer Behinderung geschützt (§ 7 i. V. m. § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes).

Davon sind unmittelbare und mittelbare Benachteiligungen sowie Belästigungen umfasst. Der Schutz gilt schon bei der Stellenausschreibung und der Auswahl von Bewerberinnen und Bewerbern. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind zudem verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligungen zu schaffen. Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot hat der Arbeitgeber den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Für den Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile gibt es verschiedene gesetzlich geregelte Nachteilsausgleiche. Zu nennen sind insbesondere die Eingliederungszuschüsse sowie Zuschüsse zu Probebeschäftigungen und Praktika, die behinderte und schwerbehinderte Menschen entsprechend Art oder Schwere ihrer Behinderung von der Bundesagentur für Arbeit oder den Trägern der Grundsicherung für Arbeitssuchende erhalten können. Für schwerbehinderte Menschen haben darüber hinaus die Integrationsämter der Länder die Möglichkeit, Leistungen zu erbringen (z.B. bei außergewöhnlichen Belastungen oder zur behinderungsgerechten Gestaltung von Arbeitsplätzen). Diese Möglichkeiten bestehen auch für behinderte Menschen, die schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind. Eine Gleichstellung erfolgt, wenn die behinderten Menschen ohne die Gleichstellung aufgrund ihrer Behinderung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder nicht behalten können. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit 20 und mehr Beschäftigten sind verpflichtet, auf fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze schwerbehinderte oder gleichgestellte behinderte Menschen zu beschäftigen. Erfüllen sie diese Pflicht nicht, müssen sie eine Ausgleichsabgabe zahlen deren Höhe je nach Erfüllungsgrad gestaffelt ist.

Öffentliche Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber haben zusätzliche Pflichten. Insbesondere haben sie frei werdende und neu zu besetzende Stellen frühzeitig an die Agenturen für Arbeit zu melden und schwerbehinderte Menschen, die sich bewerben, grundsätzlich zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen.

Auch Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf soll ermöglicht werden, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu arbeiten. Dies ist möglich, wenn man ihre individuellen Bedürfnisse an Unterstützung konsequent in den Mittelpunkt stellt und ihnen Möglichkeiten für die Teilhabe am Arbeitsleben unter Beachtung ihres Wunsch- und Wahlrechts schafft.

Das Dienstrecht in Deutschland liegt in der Zuständigkeit von Bund, Ländern und Kommunen. Das Beamtenrecht des Bundes sowie das Tarifrecht für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Bundes berücksichtigt das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Arbeit und Zugang zum öffentlichen Dienst und trägt bereits jetzt den Forderungen Rechnung. So bestimmt § 8 Abs. 1 Bundesbeamtengesetz (BBG), dass die Auslese von Bewerbern nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf eine Behinderung vorzunehmen ist. Dem stehen nach § 8 Abs. 1 Satz 2 BBG gesetzliche Maßnahmen zur Förderung von schwerbehinderten Menschen nicht entgegen.

§ 13 der Bundeslaufbahnverordnung konkretisiert dieses gesetzliche Gebot, indem bestimmt wird, dass von schwerbehinderten Menschen bei der Einstellung, Anstellung und Beförderung nur ein Mindestmaß an körperlicher Eignung verlangt werden darf. Bei der Beurteilung der Leistung schwerbehinderter Menschen ist eine etwaige Minderung der Arbeits- und Verwendungsfähigkeit durch die Behinderung zu berücksichtigen. Das Bundesbesoldungsrecht trägt den Anforderungen der Bestimmung Rechnung. Nach § 3 Abs. 1 Bundesbesoldungsgesetz steht Beamtinnen und Beamten des Bundes eine Besoldung zu, die sich nach dem verliehenen Amt richtet. In der Besoldungsordnung sind gleichwertige Ämter jeweils in derselben Besoldungsgruppe zusammengefasst.

Damit ist sichergestellt, dass für gleichwertige Ämter gleiches Entgelt gezahlt wird. Behinderte Beamtinnen und Beamte werden, genau wie nicht behinderte Beamtinnen und Beamte, nach dem verliehenen Amt bezahlt. Der Schutz des Rechtes von Menschen mit Behinderungen auf gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit ist für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Bundes durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und die ihn ergänzenden Tarifverträge gewährleistet. Die Regelungen zum monatlichen Tabellenentgelt erfassen die Tarifbeschäftigten ohne Einschränkungen mit der Folge der Entgeltgleichheit für alle.

Die diskriminierungsfreie Teilhabe behinderter Menschen an der zusätzlichen variablen und leistungsorientierten Bezahlung (Leistungsentgelt) trotz möglicher Leistungsminderungen ist gesichert durch die ausdrückliche Bestimmung, dass leistungsgeminderte Personen hiervon nicht ausgenommen werden dürfen und eine durch die Behinderung bedingte Minderung der Arbeitsleistung angemessen zu berücksichtigen ist. Die noch zu vereinbarende Entgeltordnung wird ebenfalls ohne Benachteiligung wegen einer Behinderung ausgestaltet werden. Es entspricht auch hier den grundlegenden Vorstellungen der Tarifvertragsparteien, dem Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit zentrale Bedeutung beizumessen und den Anspruch auf Entgeltgleichheit durchzusetzen. Nach § 91 BBG haben die Beamten das Recht aufgrund der Vereinsfreiheit, sich in Gewerkschaften oder Berufsverbänden zusammenzuschließen. Sie können die zuständigen Gewerkschaften oder Berufsverbände mit ihrer Vertretung beauftragen. Wegen der Betätigung für eine Gewerkschaft oder einen Berufsverband darf niemand dienstlich gemaßregelt oder benachteiligt werden. Diese Regelung ist ein hergebrachter Grundsatz des Beamtentums i. S. v. Artikel 33 Abs. 5 Grundgesetz und gilt in gleichem Umfang für Menschen mit Behinderungen. Für den Beamtenbereich gilt der Grundsatz "Rehabilitation vor Versorgung", der Maßnahmen zum Erhalt des Arbeitsplatzes, zur Weiterverwendung bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen bzw. zur Wiedereingliederung nach Wiederherstellung der Dienstfähigkeit vorsieht.

Der Schutz behinderter Menschen vor Zwangsarbeit ergibt sich aus Artikel 12 Abs. 3 des Grundgesetzes.

Artikel 28 (Angemessener Lebensstandard und sozialer Schutz)

In Absatz 1 anerkennen die Vertragsstaaten das Recht von Menschen mit Behinderungen auf einen angemessenen Lebensstandard für sich und ihre Familien sowie die stetige Verbesserung der Lebensbedingungen.

Die Vertragsstaaten sind verpflichtet zur Verwirklichung dieses Rechts geeignete Schritte zu unternehmen. Diese Regelungen wiederholen und bekräftigen die Regelungen des Artikels 11 Abs. 1 Sozialpakt und des Artikels 25 Nr. 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

In Absatz 2 anerkennen die Vertragsstaaten das Recht von Menschen mit Behinderungen auf sozialen Schutz. Grundlage dieser Vorschrift ist Artikel 9 Sozialpakt und Artikel 22 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Absatz 2 verpflichtet die Vertragsstaaten, geeignete Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung des Rechts auf sozialen Schutz zu unternehmen. Dafür zählt Absatz 2 Buchstabe a bis e beispielhaft Maßnahmen auf die in erster Linie darauf zielen, den diskriminierungsfreien Zugang zu Leistungen und Programmen zu sichern. So soll nach Absatz 2 Buchstabe a der Zugang zur Versorgung mit sauberem Wasser und der Zugang zu geeigneten und erschwinglichen Dienstleistungen und anderen Hilfen im Zusammenhang mit einer Behinderung gewährleistet sein. Nach Absatz 2 Buchstabe b soll der Zugang zu Programmen des sozialen Schutzes und der Armutsbekämpfung für Menschen mit Behinderungen, insbesondere Frauen und Mädchen sowie ältere Menschen, gesichert sein. In Armut lebenden Menschen mit Behinderungen und ihren Familien soll nach Absatz 2 Buchstabe c der Zugang zu staatlicher Hilfe bei behinderungsbedingten Aufwendungen, einschließlich Schulung, Beratung, finanzieller Unterstützung und Kurzzeitbetreuung, gewährleistet sein.

Nach Absatz 2 Buchstabe d soll der Zugang zu Programmen des sozialen Wohnungsbaus für Menschen mit Behinderungen gesichert sein. Der Zugang zu Leistungen und Programmen der Altersversorgung soll nach Absatz 2 Buchstabe e gewährleistet sein.

In der Bundesrepublik Deutschland werden die Vertragspflichten zur Armutsbekämpfung bereits umgesetzt. Alle Personen, die ihren Bedarf nicht aus eigener Kraft oder aus vorrangiger Unterstützung decken können, haben wegen Hilfebedürftigkeit einen Anspruch auf bedarfsabhängige und steuerfinanzierte Sozialleistungen. Anspruchsbegründend ist allein, dass ein grundlegender Lebensunterhalt (soziokulturelles Existenzminimum) nicht aus eigenen Mitteln (Einkommen und Vermögen), nicht durch Einsatz der Arbeitskraft und nicht durch Hilfe anderer bestritten werden kann und zudem keine oder zumindest keine ausreichenden Ansprüche aus vorgelagerten Versicherungs- und Versorgungssystemen vorhanden sind.

Für hilfebedürftige Personen, die nicht erwerbsfähig sind, erbringt die Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) Leistungen für den Lebensunterhalt.

Wer voll erwerbsgemindert ist und deshalb aus gesundheitlichen Gründen für eine bestimmte Zeitdauer unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarkts nur weniger als drei Stunden täglich erwerbstätig sein kann (zeitlich befristet voll erwerbsgemindert), hat Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII. Die Hilfe zum Lebensunterhalt umfasst den Lebensunterhaltsbedarf (Regelsatzleistung) sowie die Kosten für eine angemessene Wohnung einschließlich der Heizkosten.

Zusätzlich werden für besondere Bedarfe, die durch die Regelsatzleistung nicht abgedeckt werden können, sogenannte Mehrbedarfe gezahlt. Diese erhalten u. a. Personen ab 65 Jahre oder voll erwerbsgeminderte Personen unter 65 Jahre, die die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, sowie behinderte Menschen, die das 15. Lebensjahr vollendet haben und die Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für die schulische Bildung oder für die Ausbildung erhalten.

Hilfebedürftige Personen, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit voll erwerbsgemindert sind (dauerhaft voll erwerbsgemindert), haben Anspruch auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII. Leistungshöhe und -umfang entsprechen der Hilfe zum Lebensunterhalt. Kernelement der Grundsicherung ist, dass das Einkommen von Kindern oder Eltern der Antragsberechtigten - anders als bei der Hilfe zum Lebensunterhalt - nicht berücksichtigt wird. Allerdings entfällt der Grundsicherungsanspruch, wenn Kinder oder Eltern über ein hohes Einkommen (mindestens 100 000 Euro jährliches Gesamteinkommen) verfügen.

Der Verzicht auf die Unterhaltsvermutung hat zur Folge, dass behinderten volljährigen Personen, die im Haushalt ihrer Eltern leben, ein Anspruch auf diese Grundsicherung eingeräumt worden ist, den die genannten Personen vor Einführung der Grundsicherung nur in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ihrer Eltern hatten.

Erwerbsfähige Hilfebedürftige, d. h. Personen, die täglich mindestens drei Stunden unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes erwerbstätig sein können, erhalten mit dem Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, die in ihrer Höhe der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII entsprechen. Nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige, die mit einem Empfänger von Arbeitslosengeld II in einer Bedarfsgemeinschaft zusammenleben bekommen Sozialgeld, sofern sie nicht dauerhaft voll erwerbsgemindert sind und deshalb einen vorrangigen Anspruch auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung haben. Zu den Sozialgeldbeziehern zählen insbesondere Kinder unter 15 Jahren.

Die Sozialhilfe tritt auch ein, wenn in einer besonderen Lebenssituation infolge von Krankheit, Behinderung, Pflegebedürftigkeit, Alter oder bei besonderen sozialen Schwierigkeiten Unterstützung benötigt wird. Insbesondere kommen hier "Eingliederungshilfe für behinderte Menschen", "Hilfe zur Pflege" und "Hilfen zur Gesundheit" in Betracht. Leistungen der Hilfe zur Pflege und der Eingliederungshilfe können auch Personen erhalten, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II beziehen. Einen Anspruch auf Sozialhilfeleistungen in besonderen Lebenssituationen können ferner auch Personen haben, die für ihren Lebensunterhalt noch selbst sorgen können, wenn sie wegen besonderer Bedarfssituationen auf die Hilfe der Allgemeinheit angewiesen sind.

Menschen mit Behinderungen zählen zu den Zielgruppen der sozialen Wohnraumförderung. Sowohl Mietwohnraum als auch die Bildung von selbst genutztem Wohneigentum wird unterstützt. Insbesondere wird die Errichtung von barrierefreien Wohnungen und die barrierefreie Modernisierung von Altbauten gefördert. Die soziale Wohnraumförderung ist im Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) des Bundes geregelt. Im Rahmen der Föderalismusreform Iist die Zuständigkeit zum 1. September 2006 vom Bund auf die Länder übertragen worden. Das WoFG ist in einigen Bundesländern jeweils durch Landeswohnraumförderungsgesetze ersetzt worden. Diese sehen in gleicher Weise wie die Bundesvorschriften Fördermaßnahmen für Menschen mit Behinderungen vor.

Für Menschen mit Behinderungen besteht in Deutschland wie für alle nichtbehinderten Versicherten Anspruch auf Leistungen der Altersversorgung der gesetzlichen Rentenversicherung. Insbesondere in geschützten Einrichtungen unterliegen behinderte Menschen der Pflichtversicherung und erwerben damit einen Anspruch auf eine spätere Altersrente sowie Zugang zu sonstigen Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung. Für schwerbehinderte Menschen besteht derzeit die Möglichkeit des vorzeitigen Rentenbezugs ohne Abschläge bereits ab dem 63. Lebensjahr, wenn 35 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten vorhanden sind. Ab 2012 wird bei der Altersrente für schwerbehinderte Menschen die Altersgrenze stufenweise vom 63. auf das 65. Lebensjahr angehoben. An der besonderen Berücksichtigung der Situation schwerbehinderter Menschen wird auch in Zukunft festgehalten: Während für die übrigen Altersrenten die Altersgrenze für den abschlagsfreien Bezug auf 67 Jahre angehoben wird, bleibt bei der Altersrente für schwerbehinderte Menschen mit der Anhebung auf 65 Jahre der bisherige zweijährige Abstand zur Regelaltersgrenze erhalten. Durch umfassende Vertrauensschutzregelungen können bestimmte Geburtsjahrgänge die Rente, ggf. mit Abschlägen, bereits ab dem 60. Lebensjahr beziehen. Menschen mit Behinderungen können auch eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erhalten sofern eine rentenrechtlich relevante Erwerbsminderung im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung vorliegt.

Zur Sicherung des Lebensstandards im Alter ist eine Ergänzung der gesetzlichen Rentenversicherung durch die betriebliche und private Altersvorsorge unerlässlich.

Die Bundesregierung fördert daher bereits seit 2002 zielgenau deren Aufbau. Auch für Menschen mit Behinderungen, die die Voraussetzungen im Übrigen erfüllen, gelten die Regelungen des Betriebsrentengesetzes und die zur staatlichen Förderung der zusätzlichen Altersvorsorge.

Eine Diskriminierung aufgrund des Merkmals der Behinderung erfolgt dabei nicht.

Artikel 29 (Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben)

Nach Artikel 29 garantieren die Vertragsstaaten Menschen mit Behinderungen die politischen Rechte und die Möglichkeit, diese gleichberechtigt mit anderen beanspruchen zu können. Die Vertragsstaaten sind danach verpflichtet sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen am politischen und öffentlichen Leben teilhaben können. Diese Regelung bezieht sich auf Artikel 25 Zivilpakt und Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Konkretisierend legt Artikel 29 bezüglich des aktiven Wahlrechts fest dass Wahlverfahren, -einrichtungen und -materialien geeignet zugänglich und leicht zu verstehen sowie zu handhaben sein müssen. Bei der Stimmabgabe sollen die Vertragsstaaten erlauben, dass sich Menschen mit Behinderungen im Bedarfsfall auf ihren Wunsch bei der Stimmabgabe durch eine Person ihrer eigenen Wahl unterstützen lassen. Das passive Wahlrecht soll gegebenenfalls durch die Erleichterung der Nutzung unterstützender und neuer Technologien für die Wahrnehmung eines Amtes geschützt sein. Die Vertragsstaaten sollen sich nach Buchstabe b aktiv für ein Umfeld einsetzen, in dem Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen an der Gestaltung öffentlicher Angelegenheiten mitwirken können, und sie sollen die Mitwirkung von Menschen mit Behinderungen an öffentlichen Angelegenheiten begünstigen. Zu der Mitwirkung zählt Buchstabe b die Beteiligung in Nichtregierungsorganisationen und in Parteien sowie die Bildung von und den Beitritt zu Organisationen von Menschen mit Behinderungen.

In Deutschland steht nach dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl auch behinderten Menschen das aktive und passive Wahlrecht bei Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen zu (Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 und Artikel 28 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz).

Für Europawahlen ist dieser Grundsatz in § 1 Abs. 1 des Europawahlgesetzes verbürgt. Das Wahlrecht des Bundes und der Länder stellt für Wahlen auf den verschiedenen Ebenen sicher, dass das Wahlverfahren und der Wahlhergang frei von Benachteiligungen für behinderte Menschen sind. Vom Wahlrecht ausgeschlossen und damit auch nicht wählbar ist allerdings derjenige, für den zur Besorgung aller seiner Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist oder der sich aufgrund einer gerichtlich verfügten Maßnahme der Besserung und Sicherung aufgrund einer im Zustand der Schuldunfähigkeit begangenen rechtswidrigen Tat in einem psychiatrischen Krankenhaus befindet (vgl. § 13 Nr. 2 und 3 i. V. m. § 15 Abs. 2 Nr. 1 Bundeswahlgesetz, § 6a Abs. 1 Nr. 2 und 3 sowie Abs. 2 i. V. m. § 6b Abs. 3 Nr. 1 Europawahlgesetz und die entsprechenden Regelungen in den Landeswahl- und Kommunalwahlgesetzen). An diesen gesetzlich festgeschriebenen und dem Sinne nach auch in Rechtsordnungen anderer Staaten vorgesehenen Ausnahmefällen wird festgehalten, weil das Wahlrecht als höchstpersönliches Recht nur Personen zustehen soll, die rechtlich in vollem Umfang selbstständig handlungs- und entscheidungsfähig sind. Dies steht im Einklang mit den Vorgaben des Artikels 29 Buchstabe a, weil diese Bestimmung nur die in Artikel 25 Zivilpakt schon festgeschriebenen staatlichen Verpflichtungen wiedergibt, aber keine weitergehenden politischen Rechte für Menschen mit Behinderungen begründet. Für das in Artikel 25 Buchstabe b des Zivilpaktes verankerte Recht, bei echten, wiederkehrenden allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlen zu wählen und gewählt zu werden, ist aber allgemein anerkannt, dass ein Ausschluss vom Wahlrecht auf gesetzlich niedergelegten Gründen beruhen darf die objektiv und angemessen sind. Das wird etwa für den Fall der Unzurechnungsfähigkeit oder einer strafgerichtlichen Verurteilung in Ansehung von Straftat und Strafmaß angenommen. Die Vorgaben des Artikels 29 Buchstabe b für behinderte Menschen sind in Deutschland bereits erfüllt. Nach Artikel 9 Abs. 1 des Grundgesetzes haben alle Deutschen das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. In Ergänzung dazu garantiert § 1 Abs. 1 des Vereinsgesetzes Ausländern die Vereinsfreiheit, die grundrechtlich durch Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz geschützt ist. Diese vorgenannten Vorschriften erfassen auch die behinderten Menschen. Artikel 9 Abs. 1 des Grundgesetzes gilt für diejenigen behinderten Menschen, die Deutsche i. S. d. Grundgesetzes sind. § 1 Abs. 1 des Vereinsgesetzes erfasst auch ausländische behinderte Menschen und deren Organisationen. Die vorgenannten Vorschriften gewährleisten die positive und die negative Vereinsfreiheit. Die positive Vereinsfreiheit umfasst als persönliches Recht des einzelnen behinderten Menschen die Freiheit, Vereine zu gründen. Darin eingeschlossen ist das Recht, einem Verein beizutreten und in ihm als Mitglied zu verbleiben. Ferner enthält die positive Vereinsfreiheit das Recht des behinderten Menschen, der einen Verein gegründet hat oder einer solchen Organisation beigetreten ist, sich im Rahmen des Vereinszwecks zu betätigen. Den Vereinen behinderter Menschen garantiert die positive Vereinsfreiheit das Recht auf Entstehung und Bestehen; sie sind vor Eingriffen in den Kernbereich ihres Bestandes geschützt. Innerhalb der vom Gesetz zur Verfügung gestellten Rechtsformen werden die Selbstbestimmung des Vereins über die eigene Organisation, das Verfahren der vereinsinternen Willensbildung und die Geschäftsführung geschützt. Der Verein ist insbesondere befugt, sich ohne staatliche Kontrolle eine Satzung zu geben und zu ändern. Ferner werden die Rechte des Vereins auf Erhalt seines Mitgliederbestandes und auf Mitgliederwerbung sowie das Recht, einen frei gewählten Namen zu führen, garantiert. Dieser darf auch seinem Zweck entsprechend nach außen tätig werden.

Ferner ist das Recht des Vereins geschützt, sich selbst wieder aufzulösen. Die negative Vereinsfreiheit gewährleistet auch das Recht behinderter Menschen, keine Vereinigung zu gründen, bestehenden Vereinigungen fernzubleiben und aus ihnen auszutreten. Den Vereinigungen behinderter Menschen wird das Recht der Selbstauflösung garantiert. Mit dem Schutz der negativen Vereinsfreiheit geht die deutsche Rechtsordnung über Artikel 29 Buchstabe b hinaus, der lediglich positive Gesichtspunkte der Vereinsfreiheit erfasst.

Artikel 30 (Teilhabe am kulturellen Leben sowie an Erholung, Freizeit und Sport)

In Absatz 1 anerkennen die Vertragsstaaten das Recht von Menschen mit Behinderungen, gleichberechtigt mit anderen am kulturellen Leben teilzuhaben. Diese Regelung wiederholt und bekräftigt die Regelungen des Artikels 15 Sozialpakt und des Artikels 27 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Zur Verwirklichung dieses Rechts sind die Vertragsstaaten zu geeigneten Maßnahmen verpflichtet. Diese Maßnahmen sollen den Zugang zu kulturellen Materialien in zugänglichen Formaten, den Zugang zu Fernsehprogrammen, Filmen, Theatervorstellungen und anderen kulturellen Aktivitäten in zugänglichen Formaten sowie den Zugang zu Orten kultureller Darbietung oder Dienstleistungen sicherstellen.

Nach Absatz 2 sind die Vertragsstaaten verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu treffen, um Menschen mit Behinderungen zu ermöglichen, ihr kreatives, künstlerisches und intellektuelles Potenzial zu entfalten und zu nutzen. Nach Artikel 30 Abs. 3 unternehmen die Vertragsstaaten alle geeigneten Schritte, um sicherzustellen, dass Gesetze zum Schutz von Rechten des geistigen Eigentums keine ungerechtfertigte oder diskriminierende Barriere für den Zugang von Menschen mit Behinderungen zu kulturellen Materialien darstellen.

Nach Absatz 4 haben Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen Anspruch auf Anerkennung und Unterstützung ihrer spezifischen kulturellen und sprachlichen Einheit, einschließlich der Gebärdensprache und der Gehörlosenkultur. Absatz 5 verpflichtet die Vertragsstaaten zu geeigneten Maßnahmen, um die Teilnahme von Menschen mit Behinderungen an Erholungs-, Freizeit- und Sportaktivitäten gleichberechtigt mit anderen zu ermöglichen. Die geeigneten Maßnahmen zielen auf die Förderung in verschiedenen Bereichen.

Zu diesen Bereichen zählen die Teilnahme am Breitensport, die Möglichkeit von Menschen mit Behinderungen, behinderungsspezifische Sport- und Erholungsaktivitäten auf der Grundlage der Gleichberechtigung mit anderen zu organisieren, die Sicherstellung des Zugangs zu Sport-, Erholungs- und Tourismusstätten sowie des Zugangs zu Dienstleistungen der Organisatoren von Erholungs-, Tourismus-, Freizeit- und Sportaktivitäten sowie die Sicherstellung, dass Kinder gleichberechtigt mit anderen Kindern an Spiel-, Erholungs-, Freizeitund Sportaktivitäten teilnehmen.

Zum Recht eines jeden Menschen, am kulturellen Leben teilzunehmen und sich der Künste zu erfreuen, hat sich die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Völkergemeinschaft verpflichtet. Den für Kultur zuständigen Ministerinnen und Ministern, Senatorinnen und Senatoren der deutschen Länder ist der Zugang zur Kultur für alle Menschen ein selbstverständliches Anliegen, das in einer Reihe von Empfehlungen der Kultusministerkonferenz seinen Niederschlag findet. Zuletzt hat die Kultusministerkonferenz im September 2004 dazu aufgerufen, medienvermittelte und mobile Kulturangebote für Menschen mit eingeschränkter Mobilität zu verstärken. Die fortschreitende Digitalisierung von Kulturgut schafft dabei für Menschen mit Behinderungen eine spezielle Zugangsmöglichkeit zur Kultur, die als Meilenstein gewertet werden kann. Die Gewährleistung eines gleichberechtigten Zugangs behinderter Menschen zu medialen Angeboten ist eine der Grundvoraussetzungen für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am kulturellen Leben. Für hörbehinderte Menschen in Deutschland geht damit die Anerkennung der Deutschen Gebärdensprache als eigenständige Sprache einher. Regelungen und Maßnahmen zur Zugänglichmachung der Fernsehprogramme obliegen grundsätzlich den Ländern. Die Fernsehveranstalter haben in den vergangenen Jahren insbesondere die Videotextuntertitelung ausgebaut.

Demgegenüber wird Gebärdensprachdolmetschung seltener, aber dennoch stetig zunehmend, eingesetzt. Mittlerweile werden eine Reihe von Nachrichtensendungen sowie Sendungen zu besonderen Ereignissen (u. a. Festakte, Sendungen zur Bundestagswahl) mit Übersetzungen in Deutscher Gebärdensprache ausgestrahlt. Hinzu kommt eine wachsende Anzahl an Angeboten, die als Videostream mit Gebärdensprachdolmetschung abgerufen werden können.

Ergänzend sei auf die in der Erläuterung zu Artikel 21 genannte Verpflichtung der Mitgliedstaaten der Europäischen Union hingewiesen, die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Mediendiensteanbieter darin zu bestärken, ihre Dienste schrittweise für hör- und sehbehinderte Menschen zugänglich zu machen.

Kunst und Kultur sollen sich für Menschen mit Behinderungen ohne Hindernisse erschließen lassen. Ziel ist es, Einschränkungen zur kulturellen und künstlerischen Entfaltung, denen sich Menschen mit Behinderungen gegenübersehen zu überwinden, damit ein ungehinderter Zugang zum kulturellen Erbe und zu Kunstwerken möglich ist. Die Länder in der Bundesrepublik Deutschland achten daher in eigener Zuständigkeit darauf, dass die in kulturellen Einrichtungen und hier insbesondere in historischen Gebäuden vorhandenen Beschränkungen für Besucherinnen und Besucher mit Behinderungen nach Möglichkeit beseitigt werden.

Um den Zugang behinderter Menschen zu kulturellen Darbietungen wie Theatervorstellungen oder Museumsbesuche sicherzustellen sind im Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben vorgesehen. Menschen mit Behinderungen können u. a. Hilfen zum Besuch von Veranstaltungen, die der Information über das Zeitgeschehen oder über kulturelle Ereignisse dienen, gewährt werden. Insoweit kommen bei Vorliegen aller Voraussetzungen beispielsweise die Übernahme der Kosten für die Eintrittskarten oder auch für eine Begleitperson in Betracht.

Den Forderungen des Absatz e s 5 wird in der Bundesrepublik Deutschland in vielfältiger und umfangreicher Form Rechnung getragen. Nach Artikel 30 des Grundgesetzes, das die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben den Ländern zuweist, ist die Förderung des Sports grundsätzlich Sache der Länder. Die Förderung des Breitensports obliegt entsprechend dieser Kompetenzverteilung im Wesentlichen den Bundesländern. In Absatz 5 ist ausschließlich der Breitensport angesprochen. Soweit es sich um Vorhaben gesamtstaatlicher Repräsentation, insbesondere die Förderung des Spitzensports, handelt, ist die Zuständigkeit des Bundes gegeben. Fördergrundlage ist das "Programm des Bundesministeriums des Innern zur Förderung des Leistungssports sowie sonstiger zentraler Einrichtungen, Projekte und Maßnahmen des Sports auf nationaler und internationaler Ebene mit Rahmenrichtlinien (Leistungssportprogramm - LSP) vom 28. September 2005". Teil A des LSP enthält unter Nummer 4 den Grundsatz:

Die Förderrichtlinie sieht die Gleichbehandlung des Spitzensports der Athletinnen und Athleten mit und ohne Behinderung vor und beachtet demnach das Diskriminierungsverbot. Zur Förderung der Teilnahme von Menschen mit Behinderungen am breiten Spektrum sportlicher Angebote und Aktivitäten stellen Bund und Länder finanzielle Mittel zur Verfügung. Insbesondere sind dies Haushaltsmittel des Bundes für den Deutschen Behindertensportverband e. V. (DBS), der Maßnahmen im Rehabilitations- und Behindertensport organisiert. Der Zugang zu den Sporteinrichtungen und die unterschiedlichen Formen der Teilhabe am Breiten-, Spitzen- und Rehabilitationssport wird durch gezielte Leistungsangebote und gesetzliche Regelungen gewährleistet.

Der Zugang zu Tourismus und zu den in diesem Zusammenhang angebotenen Dienstleistungen ist für behinderte Menschen ein wichtiger Bestandteil der gesellschaftlichen Teilhabe. Dabei sind für behinderte Urlauberinnen und Urlauber nicht nur Fragen der Informationsbeschaffung, Anreise und Unterbringung von Bedeutung, sondern auch die Möglichkeit, Freizeitangebote vor Ort wahrnehmen und den Alltag am Urlaubsort bewältigen zu können. Eine zentrale Anlaufstelle für die Belange des barrierefreien Tourismus ist die Nationale Koordinationsstelle Tourismus für Alle e.V. - NatKo. Die NatKo steht Reiseveranstaltern, Verkehrsunternehmen, Tourismusregionen, Hoteliers und weiteren Anbietern im Bereich Tourismus als Ansprechpartner zur Verfügung, um sie bei der Gestaltung barrierefreier Angebote zu unterstützen.

In einer bundesweiten Schulungs- und Qualifizierungsinitiative des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes und der NatKo wurden Hoteliers, Gastronomen und Anbieter von Tourismusdienstleistungen für den richtigen Umgang mit behinderten und mobilitätseingeschränkten Menschen geschult.

Nach den Bestimmungen der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung sind die deutschen Eisenbahnen verpflichtet, Programme zur Gestaltung von Bahnanlagen und Fahrzeugen zu erstellen, mit dem Ziel, eine möglichst weit reichende Barrierefreiheit für deren Nutzung zu erreichen. In den einzelnen Programmen ist festgelegt, unter welchen Voraussetzungen Bahnhöfe und Züge barrierefrei sein sollen. Im Übrigen spielt das Instrument der Zielvereinbarung eine wichtige Rolle für den barrierefreien Tourismus:

In eigener Verantwortung können anerkannte Behindertenverbände mit Unternehmen der Wirtschaft die Ziele zur Herstellung von Barrierefreiheit vereinbaren.

Für den Bereich der Hotellerie und Gastronomie wurde bereits eine entsprechende Zielvereinbarung zur Erfassung, Bewertung und Darstellung barrierefreier Angebote geschlossen.

Artikel 31 (Statistik und Datensammlung)

Nach Artikel 31 verpflichten sich die Vertragsstaaten zur Sammlung geeigneter Informationen, einschließlich statistischer Angaben und Forschungsdaten. Die Datensammlung soll es ermöglichen, politische Konzepte zur Durchführung des Übereinkommens auszuarbeiten und umzusetzen. Zweck der Erhebung und Verwendung soll die Beurteilung der Umsetzung der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen und die Ermittlung der Hindernisse für die Ausübung der Rechte durch Menschen mit Behinderungen sein. Dabei muss die Sammlung und Aufbewahrung der Daten mit den gesetzlichen Schutzvorschriften, den international anerkannten Normen zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und den ethischen Grundsätzen für die Sammlung und Nutzung statistischer Daten in Einklang stehen. Die Statistiken sollen verbreitet und Menschen mit Behinderungen zugänglich gemacht werden.

Statistische Daten über die Bevölkerung und den Arbeitsmarkt sowie zur Wohnsituation der Haushalte in Deutschland werden auf der Grundlage des Mikrozensusgesetzes 2005 durch das Statistische Bundesamt und die Statistischen Landesämter erhoben. Der Mikrozensus ist eine Mehrzweckstichprobe, die ausführliche Informationen über die wirtschaftliche und soziale Lage der Bevölkerung liefert und Auskunft über Fragen zur Erwerbstätigkeit, zum Arbeitsmarkt und zur Ausbildung gibt. Die Daten sollen es ermöglichen, die Umsetzung bestehender Regelungen und Verpflichtungen zu beurteilen, Schwierigkeiten zu identifizieren und gegebenenfalls Korrekturen vorzunehmen. Im Rahmen des Mikrozensus werden regelmäßig auch Fragen zu Behinderung und Gesundheit, zur beruflichen Teilhabe behinderter Menschen sowie zu ihrer Ausbildungs- und Einkommenssituation gestellt. Die Beantwortung dieser Fragen ist grundsätzlich freiwillig. Jedoch werden in der Regel ausreichend Angaben zu diesen Themen gemacht, so dass eine Auswertung und zusätzliche Hochrechnungen der Daten in diesem Bereich regelmäßig durchführbar sind.

Auf der Grundlage des § 131 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) wird alle zwei Jahre die Statistik der schwerbehinderten Menschen durchgeführt. Bereits seit 1979 werden alle zwei Jahre Daten zu schwerbehinderten Menschen erhoben.

Schwerbehindert im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB IX sind Personen mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 50. Die Statistik der schwerbehinderten Menschen liefert Informationen über die Lebenssituation schwerbehinderter Menschen und stellt damit Basisdaten und Beurteilungsgrundlagen für sozialpolitische Planungen und Maßnahmen bereit. Im Einzelnen werden in der Statistik Angaben der Versorgungsämter über die Anzahl der schwerbehinderten Menschen, ihr Alter und ihr Geschlecht sowie über Art, Ursache und Grad der jeweiligen Behinderung erhoben.

Artikel 32 (Internationale Zusammenarbeit)

Mit Artikel 32 anerkennen die Vertragsstaaten die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit und ihrer Förderung zur Unterstützung einzelstaatlicher Anstrengungen zur Umsetzung des Übereinkommens. Die Vertragsstaaten treffen dafür geeignete und wirksame Maßnahmen, sowohl zwischenstaatlich als auch, soweit angebracht, in Partnerschaft mit internationalen und regionalen Organisationen und der Zivilgesellschaft. Letzteres gilt insbesondere für Organisationen von Menschen mit Behinderungen. Beispielhaft zählen Absatz 1 Buchstabe a bis d geeignete Maßnahmen auf. Nach Absatz 1 Buchstabe a soll sichergestellt werden, dass die internationale Zusammenarbeit, darunter Entwicklungsprogramme, Menschen mit Behinderungen einbezieht und für sie zugänglich ist. Der Aufbau von Kapazitäten soll nach Absatz 1 Buchstabe b erleichtert und unterstützt werden. Dies kann etwa durch den Austausch und die Weitergabe von Informationen, Erfahrungen, Ausbildungsprogrammen und vorbildlichen Praktiken erfolgen. Die Forschungszusammenarbeit und der Zugang zu wissenschaftlichen und technischen Kenntnissen soll nach Absatz 1 Buchstabe c erleichtert werden. Soweit angebracht soll nach Absatz 1 Buchstabe d technische und wirtschaftliche Hilfe geleistet werden. Unter anderem soll dafür der Zugang zu zugänglichen und unterstützenden Technologien und ihr Austausch bzw. ihre Weitergabe erleichtert werden.

Ausdrücklich legt Absatz 2 fest, dass die Anerkennung der Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit und ihre Förderung durch die Vertragsstaaten nicht die Pflicht jedes Vertragsstaates berührt, seine Verpflichtungen aus dem Übereinkommen zu erfüllen. Damit kann ein Vertragsstaat seine Pflicht zur Umsetzung des Übereinkommens nicht an die Vorbedingung einer internationalen Zusammenarbeit binden.

Rund 80 Prozent der Menschen mit Behinderung leben in Entwicklungsländern. Sie sind in höherem Ausmaß von Armut, Arbeitslosigkeit oder fehlendem Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung betroffen als nicht behinderte Menschen. Die einzelstaatliche Umsetzung des Übereinkommens stellt mithin auch einen wichtigen Beitrag zur Armutsreduzierung dar und somit zur Erreichung der international vereinbarten Millennium-Entwicklungsziele und der Millenniumserklärung der Vereinten Nationen.

Die deutsche Entwicklungspolitik fördert die Einbeziehung der Rechte von Menschen mit Behinderung in Entwicklungsbemühungen nachdrücklich - sei es auf zwischenstaatlicher Ebene, in Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen, Nichtregierungsorganisationen und Organisationen von Menschen mit Behinderung.

Der dem zugrunde liegende konzeptionelle, zweigleisige Ansatz ist insbesondere dem Politikpapier "Behinderung und Entwicklung" aus dem Jahr 2006 zu entnehmen. Der Ansatz sieht vor, einerseits spezifische Maßnahmen für Menschen mit Behinderung durchzuführen und andererseits die Bekämpfung struktureller sozialer Ungleichheiten in strategisch wichtige Bereiche der Entwicklungszusammenarbeit (darunter soziale Sicherung, gute Regierungsführung und Gesundheit) zu integrieren.

Artikel 33 (Innerstaatliche Durchführung und Überwachung)

Artikel 33 stellt verfahrensmäßige Anforderungen an die Umsetzung des Übereinkommens auf nationaler Ebene auf. Nach Absatz 1 bestimmen die Vertragsstaaten eine oder mehrere staatliche Anlaufstellen im Sinne von Focal Points für die Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Durchführung des Übereinkommens. Diese Anlaufstellen sollen als Ansprechpartner und Kontaktstellen dienen. Weiterhin prüfen die Vertragsstaaten nach Absatz 1 die Schaffung oder Bestimmung eines staatlichen Koordinierungsmechanismus, der die Durchführung der entsprechenden Maßnahmen in verschiedenen Bereichen und auf verschiedenen Ebenen erleichtern sammlung soll es ermöglichen, politische Konzepte zur Durchführung des Übereinkommens auszuarbeiten und umzusetzen. Zweck der Erhebung und Verwendung soll die Beurteilung der Umsetzung der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen und die Ermittlung der Hindernisse für die Ausübung der Rechte durch Menschen mit Behinderungen sein. Dabei muss die Sammlung und Aufbewahrung der Daten mit den gesetzlichen Schutzvorschriften, den international anerkannten Normen zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und den ethischen Grundsätzen für die Sammlung und Nutzung statistischer Daten in Einklang stehen. Die Statistiken sollen verbreitet und Menschen mit Behinderungen zugänglich gemacht werden.

Statistische Daten über die Bevölkerung und den Arbeitsmarkt sowie zur Wohnsituation der Haushalte in Deutschland werden auf der Grundlage des Mikrozensusgesetzes 2005 durch das Statistische Bundesamt und die Statistischen Landesämter erhoben. Der Mikrozensus ist eine Mehrzweckstichprobe, die ausführliche Informationen über die wirtschaftliche und soziale Lage der Bevölkerung liefert und Auskunft über Fragen zur Erwerbstätigkeit, zum Arbeitsmarkt und zur Ausbildung gibt. Die Daten sollen es ermöglichen, die Umsetzung bestehender Regelungen und Verpflichtungen zu beurteilen, Schwierigkeiten zu identifizieren und gegebenenfalls Korrekturen vorzunehmen. Im Rahmen des Mikrozensus werden regelmäßig auch Fragen zu Behinderung und Gesundheit, zur beruflichen Teilhabe behinderter Menschen sowie zu ihrer Ausbildungs- und Einkommenssituation gestellt. Die Beantwortung dieser Fragen ist grundsätzlich freiwillig. Jedoch werden in der Regel ausreichend Angaben zu diesen Themen gemacht, so dass eine Auswertung und zusätzliche Hochrechnungen der Daten in diesem Bereich regelmäßig durchführbar sind.

Auf der Grundlage des § 131 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) wird alle zwei Jahre die Statistik der schwerbehinderten Menschen durchgeführt. Bereits seit 1979 werden alle zwei Jahre Daten zu schwerbehinderten Menschen erhoben. Schwerbehindert im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB IX sind Personen mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 50. Die Statistik der schwerbehinderten Menschen liefert Informationen über die Lebenssituation schwerbehinderter Menschen und stellt damit Basisdaten und Beurteilungsgrundlagen für sozialpolitische Planungen und Maßnahmen bereit. Im Einzelnen werden in der Statistik Angaben der Versorgungsämter über die Anzahl der schwerbehinderten Menschen, ihr Alter und ihr Geschlecht sowie über Art, Ursache und Grad der jeweiligen Behinderung erhoben.

Artikel 32 (Internationale Zusammenarbeit)

Mit Artikel 32 anerkennen die Vertragsstaaten die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit und ihrer Förderung zur Unterstützung einzelstaatlicher Anstrengungen zur Umsetzung des Übereinkommens. Die Vertragsstaaten treffen dafür geeignete und wirksame Maßnahmen, sowohl zwischenstaatlich als auch, soweit angebracht, in Partnerschaft mit internationalen und regionalen Organisationen und der Zivilgesellschaft. Letzteres gilt insbesondere für Organisationen von Menschen mit Behinderungen. Beispielhaft zählen Absatz 1 Bu c h -s t a b e a bis d geeignete Maßnahmen auf. Nach Absatz 1 Buchstabe a soll sichergestellt werden, dass die internationale Zusammenarbeit, darunter Entwicklungsprogramme, Menschen mit Behinderungen einbezieht und für sie zugänglich ist. Der Aufbau von Kapazitäten soll nach Absatz 1 Buchstabe b erleichtert und unterstützt werden. Dies kann etwa durch den Austausch und die Weitergabe von Informationen, Erfahrungen, Ausbildungsprogrammen und vorbildlichen Praktiken erfolgen. Die Forschungszusammenarbeit und der Zugang zu wissenschaftlichen und technischen Kenntnissen soll nach Absatz 1 Buchstabe c erleichtert werden. Soweit angebracht soll nach Absatz 1 Buchstabe d technische und wirtschaftliche Hilfe geleistet werden. Unter anderem soll dafür der Zugang zu zugänglichen und unterstützenden Technologien und ihr Austausch bzw. ihre Weitergabe erleichtert werden.

Ausdrücklich legt Absatz 2 fest, dass die Anerkennung der Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit und ihre Förderung durch die Vertragsstaaten nicht die Pflicht jedes Vertragsstaates berührt, seine Verpflichtungen aus dem Übereinkommen zu erfüllen. Damit kann ein Vertragsstaat seine Pflicht zur Umsetzung des Übereinkommens nicht an die Vorbedingung einer internationalen Zusammenarbeit binden.

Rund 80 Prozent der Menschen mit Behinderung leben in Entwicklungsländern. Sie sind in höherem Ausmaß von Armut, Arbeitslosigkeit oder fehlendem Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung betroffen als nicht behinderte Menschen. Die einzelstaatliche Umsetzung des Übereinkommens stellt mithin auch einen wichtigen Beitrag zur Armutsreduzierung dar und somit zur Erreichung der international vereinbarten Millennium-Entwicklungsziele und der Millenniumserklärung der Vereinten Nationen.

Die deutsche Entwicklungspolitik fördert die Einbeziehung der Rechte von Menschen mit Behinderung in Entwicklungsbemühungen nachdrücklich - sei es auf zwischenstaatlicher Ebene, in Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen, Nichtregierungsorganisationen und Organisationen von Menschen mit Behinderung.

Der dem zugrunde liegende konzeptionelle, zweigleisige Ansatz ist insbesondere dem Politikpapier "Behinderung und Entwicklung" aus dem Jahr 2006 zu entnehmen. Der Ansatz sieht vor, einerseits spezifische Maßnahmen für Menschen mit Behinderung durchzuführen und andererseits die Bekämpfung struktureller sozialer Ungleichheiten in strategisch wichtige Bereiche der Entwicklungszusammenarbeit (darunter soziale Sicherung, gute Regierungsführung und Gesundheit) zu integrieren.

Artikel 33 (Innerstaatliche Durchführung und Überwachung)

Artikel 33 stellt verfahrensmäßige Anforderungen an die Umsetzung des Übereinkommens auf nationaler Ebene auf. Nach Absatz 1 bestimmen die Vertragsstaaten eine oder mehrere staatliche Anlaufstellen im Sinne von Focal Points für die Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Durchführung des Übereinkommens. Diese Anlaufstellen sollen als Ansprechpartner und Kontaktstellen dienen. Weiterhin prüfen die Vertragsstaaten nach Absatz 1 die Schaffung oder Bestimmung eines staatlichen Koordinierungsmechanismus, der die Durchführung der entsprechenden Maßnahmen in verschiedenen Bereichen und auf verschiedenen Ebenen erleichtern soll. Dieses Erfordernis unterstützt in verfahrensmäßiger Hinsicht das Prinzip des Disability Mainstreaming, d. h. die Berücksichtigung der Behinderungsthematik in allen relevanten Politikfeldern.

Absatz 2 bestimmt, dass die Vertragsstaaten auf einzelstaatlicher Ebene eine Struktur unterhalten, stärken, bestimmen oder schaffen, die einen oder mehrere unabhängige Mechanismen einschließt. Dabei sollen die Vertragsstaaten die Grundsätze betreffend die Rechtsstellung und die Arbeitsweise der einzelstaatlichen Institutionen zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte berücksichtigen. Absatz 2 bezieht sich damit auf die Pariser Prinzipien der Vereinten Nationen betreffend den Status von innerstaatlichen Einrichtungen zum Schutz und zur Förderung von Menschenrechten vom 20. Dezember 1993 (Res. 048/134). Die Pariser Prinzipien enthalten den internationalen Standard für nationale Institutionen für Menschenrechte, z.B. hinsichtlich der Gründung, des Mandats, der Aufgaben, des Grundsatzes der Unabhängigkeit.

Die Bundesregierung wird das Deutsche Institut für Menschenrechte e. V. mit Sitz in Berlin für die Wahrnehmung der Aufgabe nach Artikel 33 Abs. 2 bestimmen. Das Deutsche Institut für Menschenrechte e. V. arbeitet nach den Pariser Prinzipien. Die insbesondere erforderliche Unabhängigkeit wird durch Weisungsfreiheit von Politik und Zivilgesellschaft sowie die pluralistische Besetzung seiner Mitglieder gewährleistet.

Das Übereinkommen bestimmt in Absatz 3 , dass die Zivilgesellschaft, insbesondere Menschen mit Behinderungen und die sie vertretenden Organisationen, in den Überwachungsprozess einbezogen werden und in vollem Umfang daran teilnehmen.

Artikel 34 (Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen)

Artikel 34 regelt die Einsetzung des Ausschusses für Menschen mit Behinderungen und die Wahl seiner Mitglieder.

Der Ausschuss wird seinen Sitz in Genf haben.

Der Ausschuss wird nach Inkrafttreten des Übereinkommens mit der zwanzigsten Ratifikation eingerichtet und zunächst zwölf Sachverständige umfassen. Nach sechzig weiteren Ratifikationen werden sechs weitere Sachverständige hinzukommen. Die Sachverständigen werden in einer geheimen Listenwahl auf der Sitzung der Konferenz der Vertragsstaaten gewählt. Sie werden für vier Jahre mit der Möglichkeit der einmaligen Wiederwahl gewählt. Die erste Wahl wird spätestens sechs Monate nach Inkrafttreten des Übereinkommens stattfinden. Da das Übereinkommen am 3. Mai 2008 in Kraft getreten ist, wird die Vertragsstaatenkonferenz spätestens für November 2008 einberufen werden. Nach der ersten Wahl wird die Amtszeit von sechs Mitgliedern, die durch den oder die Vorsitzende der Vertragsstaatenkonferenz unmittelbar nach der Wahl bestimmt werden, bereits nach zwei Jahren ablaufen. Bei der Wahl der Mitglieder des Ausschusses ist unter anderem auf eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter sowie auf eine Beteiligung von Sachverständigen mit Behinderungen zu achten.

Die Vertragsstaaten können aus dem Kreis ihrer Staatsangehörigen Kandidatinnen oder Kandidaten für die Wahl benennen. Die Ausschussmitglieder sind in persönlicher Eigenschaft tätig, müssen Persönlichkeiten von hohem sittlichen Ansehen sein sowie anerkannte Sachkenntnis und Erfahrung auf dem vom Übereinkommen erfassten Gebiet haben. Bei der Benennung von Kandidatinnen oder Kandidaten sollen die Vertragsstaaten die Organisationen behinderter Menschen aktiv mit einbeziehen.

Artikel 35 (Berichte der Vertragsstaaten)

Artikel 35 verpflichtet die Vertragsstaaten, dem Ausschuss einen umfassenden Bericht vorzulegen. Der Bericht soll die Maßnahmen zur Umsetzung des Übereinkommens und die dabei erzielten Fortschritte aufzeigen.

Der erste Bericht wird zwei Jahre nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens für den jeweiligen Vertragsstaat vorgelegt. Folgeberichte müssen die im ersten Bericht mitgeteilten Angaben nicht wiederholen und werden alle vier Jahre sowie auf Anforderung des Ausschusses vorgelegt.

Die Berichte sollen in einem offenen und transparenten Verfahren erstellt werden, das die Verbände behinderter Menschen eng konsultiert und aktiv mit einbezieht.

Artikel 36 (Prüfung der Berichte)

Artikel 36 enthält das Verfahren zur Prüfung der Staatenberichte.

Er ist dem Verfahren zur Prüfung von Staatenberichten zu anderen VN-Menschenrechtsübereinkommen nachempfunden. Nach Absatz 1 kann der Ausschuss Vorschläge und Empfehlungen nach Prüfung der Berichte gegenüber dem Vertragsstaat abgeben. Der Ausschuss kann den Vertragsstaat auch um weitere Angaben ersuchen. Absatz 2 enthält Vorschriften für den Fall, dass ein Vertragsstaat in erheblichem Rückstand mit der Vorlage des Berichts ist. Der Ausschuss ist in diesem Fall berechtigt, dem Vertragsstaat offiziell mitzuteilen, dass die Umsetzung des Übereinkommens auf der Grundlage der zur Verfügung stehenden zuverlässigen Informationen geprüft wird, es sei denn, der Bericht wird innerhalb von drei Monaten nach Erhalt der offiziellen Mitteilung vorgelegt. Die Berichte sind nach Absatz 3 allen Vertragsstaaten zur Verfügung zu stellen.

Nach Absatz 4 sind die Vertragsstaaten verpflichtet, ihren Bericht im eigenen Land bekannt zu machen und den Zugang zu den Vorschlägen und Empfehlungen des Ausschusses zu dem Bericht zu erleichtern. Falls Vertragsstaaten in ihrem Bericht um fachliche Beratung und Unterstützung ersuchen oder der Ausschuss einen Hinweis auf ein solches Anliegen erkennt, kann er den Bericht nach Absatz 4 an die Sonderorganisationen, die Fonds und Programme der Vereinten Nationen und an andere zuständige Stellen übermitteln, damit dieses Anliegen aufgegriffen werden kann.

Artikel 37 (Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten und dem Ausschuss)

Artikel 37 verpflichtet die Vertragsstaaten zur Zusammenarbeit mit dem Ausschuss und zur Unterstützung seiner Mitglieder bei der Erfüllung ihres Mandats. Der Ausschuss wird im Gegenzug zur Prüfung der Möglichkeiten zur Stärkung der jeweiligen einzelstaatlichen Fähigkeiten zur Durchführung des Übereinkommens, einschließlich der internationalen Zusammenarbeit, verpflichtet.

Artikel 38 (Beziehungen des Ausschusses zu anderen Organen)

Artikel 38 regelt das Verhältnis des Ausschusses zu anderen Sonderorganisationen und Organen der Vereinten Nationen und umgekehrt. Sonderorganisationen oder Organe der Vereinten Nationen haben das Recht, bei der Erörterung der Durchführung von Bestimmungen durch den Ausschuss, die in ihren Aufgabenbereich fallen, vertreten zu sein. Der Ausschuss kann Sonderorganisationen oder Organe der Vereinten Nationen um Stellungnahmen und um die Vorlage von Berichten auf den Gebieten ersuchen die in ihren Tätigkeitsbereich fallen und die Durchführung des Übereinkommens betreffen. Der Ausschuss konsultiert sofern angebracht, die anderen Vertragsausschüsse der anderen Menschenrechtsverträge mit dem Ziel der Kohärenz der Berichterstattung und der Vermeidung von Doppelungen bzw. Überschneidungen.

Artikel 39 (Bericht des Ausschusses)

Artikel 39 bestimmt, dass der Ausschuss der Generalversammlung und dem Wirtschafts- und Sozialrat alle zwei Jahre über seine Tätigkeit berichtet. Er kann dabei Vorschläge und Empfehlungen auf der Grundlage der Prüfung der eingegangenen Berichte und Auskünfte abgeben.

Etwaige Stellungnahmen der Vertragsstaaten werden ebenfalls in den Bericht des Ausschusses aufgenommen.

Artikel 40 (Konferenz der Vertragsstaaten)

Die Vertragsstaaten treten in der Konferenz der Vertragsstaaten zusammen um Angelegenheiten bei der Durchführung des Übereinkommens zu behandeln. Nach Absatz 2 beruft der Generalsekretär die Konferenz ein. Die erste Konferenz wird am 3. November 2008 - sechs Monate nach Inkrafttreten des Übereinkommens mit der zwanzigsten Ratifikation am 3. Mai 2008 - einberufen werden die folgenden Konferenzen werden alle zwei Jahre oder auf Beschluss der Konferenz der Vertragsstaaten einberufen werden.

Artikel 41 (Verwahrer)

Artikel 41 bestimmt den Generalsekretär der Vereinten Nationen zum Verwahrer des Übereinkommens.

Artikel 42 (Unterzeichnung)

Gemäß Artikel 42 ist es allen Staaten und Organisationen der regionalen Integration ab dem 30. März 2007 möglich, das Übereinkommen am Sitz der Vereinten Nationen in New York zu unterzeichnen.

Artikel 43 (Zustimmung, gebunden zu sein)

Artikel 43 bestimmt, dass das Übereinkommen erst nach einer Ratifikation durch den jeweiligen Unterzeichnerstaat oder der förmlichen Bestätigung durch Organisationen der regionalen Integration verbindlich wird. Staaten oder Organisationen, bei denen eine Ratifikation rechtlich nicht notwendig ist, können dem Abkommen beitreten.

Artikel 44 (Organisationen der regionalen Integration)

Artikel 44 Abs. 1 definiert den Begriff der Organisationen der regionalen Integration. Dieser Ausdruck bezeichnet eine von souveränen Staaten einer bestimmten Region gebildete Organisation, der ihre Mitgliedstaaten die Zuständigkeiten für von diesem Übereinkommen erfasste Angelegenheiten übertragen haben. Der Artikel ist auf die Europäische Gemeinschaft zugeschnitten. Sie kann nicht Vertragsstaat werden, da ihr die Staatsqualität fehlt.

Sie ist aber eine internationale Organisation, die insbesondere für die Umsetzung von Teilen des Artikels 27 des Übereinkommens (Arbeit und Beschäftigung) im Umfang des Artikels 13 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in Verbindung mit der Richtlinie 2000/78/EG zur Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf zuständig ist. In diesem Umfang haben die Mitgliedstaaten der Europäischen Union der Europäischen Gemeinschaft Gesetzgebungskompetenzen übertragen.

Artikel 44 regelt einzelne Modalitäten in Bezug auf Organisationen der regionalen Integration. So bestimmt er, dass Organisationen der regionalen Integration in ihren Urkunden des Beitritts oder der förmlichen Bestätigung den Umfang ihrer Zuständigkeiten in Bezug auf das Übereinkommen erklären. Erhebliche Änderungen im Umfang dieser Zuständigkeiten teilen sie dem Verwahrer des Übereinkommens mit. Absatz 2 bestimmt, dass Bezugnahmen des Übereinkommens auf Vertragsstaaten auf Organisationen der regionalen Integration im Rahmen ihrer Zuständigkeiten Anwendung finden. Nach Artikel 45 Abs. 1 tritt das Übereinkommen am dreißigsten Tag nach der zwanzigsten Ratifikations- oder Beitrittsurkunde in Kraft. Mit Blick auf diese Regelung bestimmt Absatz 3 , dass der Beitritt oder die förmliche Bestätigung durch die Organisation der regionalen Integration vor dem Inkrafttreten des Übereinkommens nicht mitgezählt wird. Ebenso zählen Annahmeurkunden der Organisation für regionale Integration bezüglich des Inkrafttretens von Änderungen des Übereinkommens nach Artikel 47 Abs. 2 und 3 nicht mit. Organisationen der regionalen Integration können in Angelegenheiten, die ihre Zuständigkeit betreffen, ihr Stimmrecht auf der Vertragsstaatenkonferenz ausüben. Ihr Stimmrecht üben sie mit der Anzahl ihrer Mitgliedstaaten aus, die Vertragspartei des Übereinkommens sind. Um ein gleichzeitiges Ausüben des Stimmrechts auszuschließen, bestimmt Absatz 4, dass die Organisationen ihr Stimmrecht nicht ausüben wenn ein Mitgliedstaat sein Stimmrecht ausübt, und umgekehrt.

Artikel 45 (Inkrafttreten)

Artikel 45 bestimmt, dass das Übereinkommen am dreißigsten Tag nach der Hinterlegung der zwanzigsten Ratifikations- oder Beitrittsurkunde in Kraft tritt. Das Übereinkommen ist am 3. Mai 2008 in Kraft getreten. Zu diesem Zeitpunkt ist es auch für die Vertragsstaaten innerstaatlich verbindlich geworden, die es vor seinem Inkrafttreten ratifiziert haben oder ihm beigetreten sind.

Für Vertragsstaaten, die das Übereinkommen nach seinem Inkrafttreten ratifizieren oder ihm beitreten, wird es innerstaatlich am dreißigsten Tag nach der Hinterlegung der Ratifikations- bzw. Beitrittsurkunde verbindlich.

Artikel 46 (Vorbehalte)

Absatz 1 erklärt, dass Vorbehalte, die mit dem Ziel und Zweck des Übereinkommens unvereinbar sind, nicht zulässig sind. Vorbehalte, die Vertragsstaaten eingelegt haben können jederzeit von ihnen nach Absatz 2 zurückgenommen werden.

Artikel 47 (Änderungen)

Artikel 47 beschreibt das Verfahren zu Änderungen des Übereinkommens. Nach Absatz 1 ist jeder Vertragsstaat berechtigt eine Änderung vorzuschlagen. Der Vorschlag muss beim Generalsekretär der Vereinten Nationen eingereicht werden. Der Änderungsvorschlag wird allen Vertragsstaaten übermittelt, die wiederum offiziell mitteilen ob sie eine Konferenz der Vertragsstaaten zur Beratung und Entscheidung befürworten. Für die Einberufung müssen sich mindestens ein Drittel der Vertragsstaaten innerhalb von vier Monaten aussprechen. Änderungsvorschläge, für die sich auf der Konferenz der Vertragsstaaten zwei Drittel der anwesenden und abstimmenden Vertragsstaaten aussprechen, werden der Generalversammlung der Vereinten Nationen zur Genehmigung und danach allen Vertragsstaaten zur Annahme vorgelegt.

Eine von der Generalversammlung genehmigte Änderung tritt nach Absatz 2 am dreißigsten Tag nach dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem zwei Drittel der Vertragsstaaten ihre Annahmeurkunde hinterlegt haben. Die zwei Drittel beziehen sich dabei auf die Anzahl der Staaten zum Zeitpunkt des Beschlusses auf der Konferenz der Vertragsstaaten.

Nimmt ein Vertragsstaat eine Änderung nach ihrem Inkrafttreten an, wird sie für ihn am dreißigsten Tag nach der Hinterlegung seiner Annahmeurkunde verbindlich. Änderungen des Übereinkommens werden nur für die Vertragsstaaten verbindlich, die sie angenommen haben.

Artikel 47 Abs. 3 bestimmt, dass Änderungen, die ausschließlich die Artikel 34 (Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen), 38 (Beziehungen des Ausschusses zu anderen Organen), 39 (Bericht des Ausschusses) und 40 (Konferenz der Vertragsstaaten) betreffen, für alle Vertragsstaaten am dreißigsten Tag nach dem Zeitpunkt in Kraft treten, zu dem zwei Drittel der Vertragsstaaten ihre Annahmeurkunde hinterlegt haben. Die zwei Drittel beziehen sich dabei auf die Anzahl der Staaten zum Zeitpunkt des Beschlusses auf der Konferenz der Vertragsstaaten. Das Inkrafttreten für alle Vertragsstaaten muss die Konferenz der Vertragsstaaten im Konsens beschließen.

Artikel 48 (Kündigungen)

Nach Artikel 48 kann ein Vertragsstaat das Übereinkommen durch schriftliche Notifikation an den Generalsekretär der Vereinten Nationen kündigen. Die Kündigung wird ein Jahr nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär wirksam.

Artikel 49 (Zugängliches Format)

Nach Artikel 49 wird der Wortlaut des Übereinkommens in zugänglichen Formaten zur Verfügung gestellt.

Artikel 50 (Verbindliche Wortlaute)

Nach Artikel 50 sind der arabische, chinesische, der englische, der französische, der russische und der spanische Wortlaut des Übereinkommens gleichermaßen verbindlich.

B. Denkschrift zu dem Fakultativprotokoll vom 13. Dezember 2006 zum Übereinkommen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen

A. Allgemeines

I. Sachstand des Fakultativprotokolls

Das vorliegende Fakultativprotokoll ergänzt das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung vom 13. Dezember 2006. Das Adhoc-Komitee nahm auf seiner achten Sitzung vom 14. bis zum 25. August 2006 neben dem Entwurf des Textes des Übereinkommens auch den Text des Fakultativprotokolls an. Das Fakultativprotokoll liegt ebenso wie das Übereinkommen seit dem 30. März 2007 in New York den Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen zur Zeichnung und Ratifikation aus. Deutschland hat am 30. März 2007 das Übereinkommen und das Fakultativprotokoll unterzeichnet.

II. Würdigung des Fakultativprotokolls

Das Fakultativprotokoll ist ein eigenständiger völkerrechtlicher Vertrag. Es erweitert die Kompetenzen des Ausschusses für Menschen mit Behinderungen nach Artikel 34 des Übereinkommens um zwei Verfahren.

Diese Verfahren zielen darauf, die Umsetzung und Überwachung des Übereinkommens zu stärken. Es enthält keine materiellrechtlichen Regelungen.

Das erste Verfahren ist das der Individualbeschwerde.

Der Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen wird ermächtigt, Mitteilungen von Einzelpersonen oder Personengruppen, die behaupten, Opfer einer Verletzung eines im Übereinkommen niedergelegten Rechts durch einen Vertragsstaat zu sein, entgegenzunehmen und in einem im Einzelnen nach dem Fakultativprotokoll geregelten Verfahren zu prüfen. Das zweite Verfahren ist das Untersuchungsverfahren. Der Ausschuss ist befugt, bei zuverlässigen Angaben, die auf schwerwiegende oder systematische Verletzungen der im Übereinkommen niedergelegten Rechte hinweisen, auch von sich aus tätig zu werden und die Vertragsstaaten zur Stellungnahme aufzufordern.

Die Regelungen des Fakultativprotokolls sind den Verfahrensregelungen nach anderen Menschenrechtsübereinkommen der Vereinten Nationen nachempfunden, insbesondere den Regelungen des Fakultativprotokolls vom 6. Oktober 1999 zum Übereinkommen vom 18. Dezember 1979 zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau. Weiterhin sehen Artikel 1 des ersten Fakultativprotokolls vom 19. Dezember 1966 zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (BGBl. 1992 II S. 1246), Artikel 14 des Internationalen Übereinkommens vom 7. März 1966 zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (BGBl. 1969 II S. 961) und Artikel 22 des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche Behandlung oder Strafe (BGBl. 1990 II S. 246) entsprechende Individualbeschwerdeverfahren vor. Die Regelungen des Untersuchungsverfahrens finden in Artikel 20 des zuletzt genannten Übereinkommens ein Vorbild.

B. Zu den einzelnen Bestimmungen

I. Vorbemerkung

Das Fakultativprotokoll besteht aus 18 Artikeln.

II. Zu den einzelnen Artikeln des Fakultativprotokolls

Zu Artikel 1

Nach Absatz 1 erkennen die Vertragsstaaten die Zuständigkeit des Ausschusses für Menschen mit Behinderungen zur Entgegennahme und Prüfung von Mitteilungen nach dem vorliegenden Fakultativprotokoll an.

Zur Einreichung von Mitteilungen sind Einzelpersonen oder Personengruppen befugt, welche der Hoheitsgewalt des Vertragsstaates unterstehen. Sie können das Verfahren selbst betreiben oder sich vertreten lassen. Die Mitteilung muss die Behauptung enthalten, Opfer einer Verletzung des Übereinkommens durch den betreffenden Vertragsstaat zu sein. Mit der Ratifikation des Übereinkommens werden Staatenverpflichtungen begründet, die in innerstaatliches Recht umgesetzt werden müssen.

Subjektive Ansprüche begründet das Übereinkommen nicht. Sie ergeben sich erst aufgrund innerstaatlicher Regelungen. Mit der Formulierung "Opfer einer Verletzung des Übereinkommens" sind daher Bestimmungen gemeint die in ihrem Bestimmtheitsgrad individuellen Rechten nahekommen. Es sind damit Bestimmungen ausgeschlossen die objektive Zielvorgaben und Programmsätze für die Vertragsstaaten enthalten. Der Ausschuss wird zunächst die Auslegung treffen müssen, welche Bestimmungen des Übereinkommens beschwerdefähig sind.

Nach Absatz 2 ist der Ausschuss nicht befugt, Mitteilungen entgegenzunehmen die einen Vertragsstaat des Übereinkommens betreffen, der nicht zugleich ein Vertragsstaat des Fakultativprotokolls ist.

Zu Artikel 2

Aus Artikel 2 ergibt sich, dass der Ausschuss zunächst die Zulässigkeit einer Mitteilung prüft. Die Buchstaben a bis f regeln die verschiedenen Gründe für die Unzulässigkeit einer Mitteilung.

Nach Buchstabe a ist eine Mitteilung unzulässig, wenn sie anonym ist.

Nach Buchstabe b ist eine Mitteilung unzulässig, wenn sie rechtsmissbräuchlich ist oder mit den Bestimmungen des Übereinkommens unvereinbar ist. Eine Mitteilung kann als rechtsmissbräuchlich zurückgewiesen werden wenn ihr z.B. bewusst falsche Angaben zugrunde liegen. Mit den Bestimmungen des Übereinkommens sind Mitteilungen nicht vereinbar, die sich auf andere als im Übereinkommen bestimmte Rechte beziehen.

Nach Buchstabe c ist eine Mitteilung unzulässig, wenn dieselbe Sache bereits vom Ausschuss untersucht worden ist oder in einem anderen internationalen Untersuchungs-oder Streitregelungsverfahren geprüft worden ist oder geprüft wird. Diese Regelung vermeidet Überschneidungen mit Beschwerderechten nach anderen Menschenrechtsverträgen. Dabei bezieht sich die Regelung nicht nur auf andere Menschenrechtsverträge auf der Ebene der Vereinten Nationen, sondern zum Beispiel auch auf die Verfahren nach der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Gemäß Buchstabe d ist eine Mitteilung unzulässig, wenn nicht alle innerstaatlich zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe ausgeschöpft worden sind. Welche Rechtsbehelfe ergriffen werden müssen, muss im Einzelfall unter Berücksichtigung des jeweiligen nationalen Rechtssystems und der konkreten Umstände des Falls entschieden werden. Grundsätzlich sind alle gerichtlichen und administrativen Möglichkeiten auszuschöpfen, die eine begründete Chance auf Abhilfe bieten. In der Bundesrepublik Deutschland wäre dies beispielsweise auch eine Verfassungsbeschwerde. Das Erfordernis der Ausschöpfung der innerstaatlichen Rechtsbehelfe muss nach Buchstabe b nicht erfüllt sein, wenn das Verfahren bei der Anwendung solcher Rechtsbehelfe unangemessen lange dauert oder keine wirksame Abhilfe erwarten lässt.

Nach Buchstabe e ist eine Mitteilung unzulässig, die offensichtlich unbegründet ist oder nicht hinreichend begründet wird. Hierbei handelt es sich insbesondere um Mitteilungen, bei denen die behaupteten Rechtsverletzungen nicht oder nicht ausreichend mit Tatsachen untermauert sind.

Nach Buchstabe f ist eine Mitteilung unzulässig, wenn die zugrunde liegenden Tatsachen vor dem Inkrafttreten des Protokolls für den betreffenden Staat eingetreten sind. Dies gilt nicht, wenn die Tatsachen nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens weiterbestehen. Das Beschwerderecht ist somit nicht rückwirkend anwendbar.

Zu Artikel 3

Artikel 3 legt das Verfahren zur Behandlung zulässiger Mitteilungen durch den Ausschuss fest. Sobald der Ausschuss eine Mitteilung zur Behandlung annimmt, bringt er sie dem betreffenden Vertragsstaat vertraulich zur Kenntnis. Der Vertragsstaat ist verpflichtet, dem Ausschuss innerhalb von sechs Monaten eine Stellungnahme und ggf. von ihm getroffene Abhilfemaßnahmen schriftlich zu übermitteln. Die Regelung entspricht dem Standard anderer VN-Menschenrechtsübereinkommen.

Die Vorschrift enthält keine ausdrückliche Regelung, ob die Mitteilung anonym an den Vertragsstaat übermittelt werden muss. Der Vergleich mit den Regelungen in den anderen Menschenrechtsverträgen lässt jedoch den Schluss zu, dass eine Offenlegung des Namens nur mit der Einwilligung des Beschwerdeführers oder der Beschwerdeführerin erfolgen darf.

Zu Artikel 4

Nach Absatz 1 kann der Ausschuss jederzeit nach Eingang einer Mitteilung und, bevor er in der Sache selbst entschieden hat, dem betreffenden Vertragsstaat ein Gesuch zur sofortigen Prüfung übermitteln und ihn auffordern die ggf. erforderlichen vorläufigen Maßnahmen zu treffen, um einen möglichen, nicht wieder gut zu machenden Schaden für das oder die Opfer der behaupteten Verletzung abzuwenden. Bei der Beurteilung, was ein nicht wieder gut zu machender Schaden ist, steht dem Ausschuss ein Ermessen zu. Bei Ausübung dieses Ermessens wird er sich an der Praxis der in den Verfahrensordnungen anderer Menschenrechtsübereinkommen enthaltenen Regelungen zu Interimsmaßnahmen orientieren.

Wesentliches Kriterium werden demnach die Schwere und Irreversibilität der Folgen für das oder die Opfer sein, die eine spätere Entscheidung des Ausschusses in der Sache selbst obsolet machen könnten. Es liegt im Ermessen des Vertragsstaates, dem Gesuch des Ausschusses nachzukommen.

Absatz 2 stellt klar, dass ein Gesuch des Ausschusses zu vorläufigen Maßnahmen keine Entscheidung über die Zulässigkeit der Mitteilung oder in der Sache selbst bedeutet.

Zu Artikel 5

Nach Artikel 5 berät der Ausschuss über die Mitteilung in nichtöffentlicher Sitzung. Der Ausschuss muss nach einer Prüfung der Mitteilung dem betreffenden Vertragsstaat und dem Beschwerdeführer seine Auffassungen zusammen mit etwaigen Empfehlungen übermitteln. Der Ausschuss kann zu der Auffassung gelangen, dass eine Verletzung von im Übereinkommen niedergelegten Rechten vorliegt und kann dann dem Vertragsstaat auch Empfehlungen zur Abhilfe übermitteln. Nach den Erfahrungen mit anderen VN-Beschwerdeverfahren kann es sich bei den Empfehlungen um Vorschläge zu Gesetzesänderungen, verbesserten Schulungen für ausführende Organe, vermehrte Öffentlichkeitsarbeit oder auch Entschädigungszahlungen an das oder die Opfer handeln.

Während die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte völkerrechtlich bindend sind, gibt der Ausschuss lediglich Vorschläge und Empfehlungen ab.

Sie sind ohne völkerrechtliche Verbindlichkeit und lösen daher für den betreffenden Staat keine rechtliche Handlungsverpflichtung aus.

Zu Artikel 6

Die Artikel 6 bis 8 sehen ein Untersuchungsverfahren vor.

Artikel 6 regelt ein vertrauliches Untersuchungsverfahren durch den Ausschuss in mehreren Verfahrensstufen, wobei die Mitwirkung des Vertragsstaates auf allen Verfahrensstufen anzustreben ist. Nach Absatz 1 kann der Ausschuss aufgrund von zuverlässigen Angaben, die auf schwerwiegende oder systematische Verletzungen der in dem Übereinkommen festgelegten Rechte durch den Vertragsstaat hinweisen, auf der ersten Verfahrensstufe den Vertragsstaat auffordern, bei der Prüfung dieser Angaben mitzuwirken und dazu Stellung zu nehmen.

Unter Berücksichtigung der von dem Vertragsstaat abgegebenen Stellungnahmen sowie aller sonstigen ihm zur Verfügung stehenden Informationen kann der Ausschuss gemäß Absatz 2 auf der zweiten Verfahrensstufe eines oder mehrere seiner Mitglieder mit einer Untersuchung beauftragen die mit Zustimmung des Vertragsstaates auch einen Besuch seines Hoheitsgebietes einschließen kann. Absatz 3 sieht vor, dass die Ergebnisse, zu denen der Ausschuss aufgrund einer solchen Untersuchung gelangt, zusammen mit etwaigen Bemerkungen und Empfehlungen an den betreffenden Vertragsstaat weitergeleitet werden, der gemäß Absatz 4 innerhalb von sechs Monaten dem Ausschuss seine Stellungnahme übermittelt.

Das Untersuchungsverfahren stellt eine wichtige Ergänzung des Beschwerdeverfahrens dar, um auch ohne Vorliegen einer Individual- oder Gruppenbeschwerde gegen schwerwiegende und systematische Verletzungen von Menschenrechten vorgehen zu können. Einzelpersonen oder auch Personengruppen können in solchen Fällen oftmals akuten Gefahren oder Bedrohungen ausgesetzt sein so dass die Einbringung einer Mitteilung besonders schwierig sein kann. Darüber hinaus dürfte dem Untersuchungsverfahren auch eine gewisse Präventivfunktion zukommen. Allein die Möglichkeit eines Untersuchungsverfahrens durch den Ausschuss kann dazu beitragen, schwerwiegenden oder systematischen Menschenrechtsverletzungen durch den Vertragsstaat vorzubeugen.

Zu Artikel 7 Absatz 1 regelt, dass der Ausschuss den Vertragsstaat auffordern kann, in seinem Staatenbericht gemäß

Artikel 35 des Übereinkommens auch auf die Umsetzung der Empfehlungen aus dem abgeschlossenen Untersuchungsverfahren einzugehen. Absatz 2 sieht vor, dass der Ausschuss mit dem Vertragsstaat nach Übermittlung von dessen Stellungnahme in der Phase der Umsetzung der Empfehlungen in Kontakt bleibt.

Zu Artikel 8

Die Vertragsstaaten sind nicht verpflichtet, das in den Artikeln 6 und 7 vorgesehene Untersuchungsverfahren anzuerkennen (sog. Opting-out-Klausel). Zu diesen Artikeln sind somit trotz der in Artikel 14 enthaltenen Klausel, welche die generelle Unzulässigkeit von Vorbehalten zu diesem Fakultativprotokoll vorsieht, einseitige Erklärungen der Vertragsstaaten zum Zeitpunkt der Unterzeichung, der Ratifikation oder des Beitritts zulässig, wonach die in den Artikeln 6 und 7 vorgesehene Zuständigkeit des Ausschusses nicht anerkannt wird.

Zu den Artikeln 9 bis 18

Die Artikel 9 bis 18 haben als Schlussbestimmungen vertragstechnischen Charakter. Nach dem Vorbild anderer Übereinkommen werden Einzelheiten insbesondere des Beitritts zu dem Fakultativprotokoll (Artikel 11), des Inkrafttretens (Artikel 13), der Änderung (Artikel 15) und der Kündigung (Artikel 16) geregelt. Nach Artikel 17 ist der Wortlaut des Fakultativprotokolls in zugänglichen Formaten zur Verfügung zu stellen. Artikel 18 regelt die Hinterlegung des Fakultativprotokolls in allen amtlichen Sprachfassungen der Vereinten Nationen. Nach Artikel 14 sind Vorbehalte zu dem Fakultativprotokoll nicht zulässig mit Ausnahme der in Artikel 8 ausdrücklich vorgesehenen Möglichkeit des opting-out aus dem Untersuchungsverfahren.

Artikel 12 definiert den Begriff der Organisationen der regionalen Integration. Dieser Ausdruck bezeichnet eine von souveränen Staaten einer bestimmten Region gebildete Organisation, der ihre Mitgliedstaaten die Zuständigkeiten für von diesem Übereinkommen und dem Fakultativprotokoll erfasste Angelegenheiten übertragen haben. Der Artikel ist auf die Europäische Gemeinschaft zugeschnitten. Sie kann nicht Vertragsstaat werden, da ihr die Staatsqualität fehlt. Sie ist aber eine internationale Organisation, die insbesondere für die Umsetzung von Teilen des Artikels 27 des Übereinkommens (Arbeit und Beschäftigung) im Umfang des Artikels 13 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in Verbindung mit der Richtlinie 2000/78/EG zur Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf zuständig ist. In diesem Umfang haben die Mitgliedstaaten der Europäischen Union der Europäischen Gemeinschaft Gesetzgebungskompetenzen übertragen. Diese Regelung findet sich auch in Artikel 44 des Übereinkommens.

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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 540:
Entwurf eines Gesetzes zum Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zum Fakultativprotokoll vom 13. Dezember 2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf des o. g. Gesetzes auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.

Mit dem vorliegenden Entwurf wird eine Informationspflicht für die Verwaltung eingeführt. Informationspflichten für die Wirtschaft sowie für Bürgerinnen und Bürger werden nicht eingeführt, geändert oder abgeschafft.

Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Kreibohm
Vorsitzender Berichterstatter