Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union - COM (2017) 797 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet. Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen werden an den Beratungen beteiligt.

Hinweis: vgl.
Drucksache 133/91 = AE-Nr. 910561,
Drucksache 078/00 = AE-Nr. 000279,
Drucksache 366/04 (PDF) = AE-Nr. 041536 und
Drucksache 311/16 (PDF) = AE-Nr. 160507

Europäische Kommission

Brüssel, den 21.12.2017 COM (2017) 797 final 2017/0355 (COD)

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union

{SWD(2017) 478 final} - {SWD(2017) 479 final}

Begründung

1. Kontext des Vorschlags

Die Arbeitswelt hat sich seit der Annahme der Richtlinie 91/533/EWG über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen (im Folgenden "Richtlinie über schriftliche Erklärungen") erheblich verändert. In den letzten 25 Jahren war der Arbeitsmarkt Gegenstand einer zunehmenden Flexibilisierung. Im Jahr 2016 betraf ein Viertel aller Arbeitsverträge "atypische" Formen der Beschäftigung, und mehr als die Hälfte der in den letzten zehn Jahren neu geschaffenen Arbeitsplätze waren "atypisch".1 Die Digitalisierung hat die Schaffung neuer Formen der Beschäftigung begünstigt, und durch den demografischen Wandel hat sich auch die Erwerbsbevölkerung diversifiziert. Die Flexibilität, die mit den neuen Beschäftigungsformen einhergeht, hat sich als wichtiger Faktor für die Schaffung von Arbeitsplätzen und das Wachstum des Arbeitsmarkts erwiesen. Seit 2014 wurden mehr als fünf Millionen Arbeitsplätze geschaffen; davon betrafen fast 20 % neue Formen der Beschäftigung. Die Anpassungsfähigkeit der neuen Beschäftigungsformen an Veränderungen des wirtschaftlichen Kontexts hat auch die Entstehung neuer Geschäftsmodelle, z.B. in der kollaborativen Wirtschaft, gefördert und Personen Zugang zum Arbeitsmarkt eröffnet, die zuvor davon ausgeschlossen waren. Das Beschäftigungsniveau in der EU befindet sich mit 236 Millionen erwerbstätigen Männern und Frauen auf Rekordniveau.

Diese Tendenzen haben jedoch auch Instabilität und eine abnehmende Planbarkeit in einigen Arbeitsbeziehungen zur Folge, vor allem für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in besonders prekären Verhältnissen. Durch ungeeignete Rechtsvorschriften können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in atypischen Beschäftigungsverhältnissen undurchsichtigen oder unlauteren Praktiken ausgesetzt sein, wodurch sie ihre Rechte nur schwer geltend machen können. Zwischen 4 und 6 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben Abruf- oder Gelegenheitsarbeitsverträge, oft ohne Angabe, wann und wie lange sie arbeiten werden. Mehr als 1 Million Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unterliegen Ausschließlichkeitsklauseln, die sie daran hindern, für einen weiteren Arbeitgeber zu arbeiten.2 Nur ein Viertel der befristet Beschäftigten findet eine unbefristete Stelle, und der Anteil derjenigen, die nicht aus freien Stücken in Teilzeit arbeiten, betrug im Jahr 2016 rund 28 %.3 Flexiblere Arbeitsregelungen können Unsicherheit bezüglich der geltenden Rechte schaffen.4

Als Reaktion darauf haben einige Mitgliedstaaten neue Vorschriften erlassen, und die nationalen Sozialpartner haben neue Tarifverträge ausgearbeitet, wodurch das Regelungssystem in der EU zunehmend komplex geworden ist. Dadurch steigt die Gefahr des Wettbewerbs auf der Grundlage von Sozialdumping, was auch den Arbeitgebern schadet, die unhaltbarem Wettbewerbsdruck ausgesetzt sind, sowie den Mitgliedstaaten, denen Steuereinnahmen und Sozialversicherungsbeiträge entgehen. Die Herausforderung besteht darin zu gewährleisten, dass dynamische, innovative Arbeitsmärkte, die die Wettbewerbsfähigkeit der EU begründen, in einer Weise geregelt werden, die allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einen grundlegenden Schutz und den Arbeitgebern längerfristige Produktivitätssteigerungen bietet und eine Konvergenz hin zu besseren Lebens-und Arbeitsbedingungen in der ganzen EU ermöglicht.

Diese Initiative gehört zu den wichtigsten Maßnahmen der Kommission im Zuge der europäischen Säule sozialer Rechte, die das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission beim Sozialgipfel zum Thema faire Arbeitsplätze und Wachstum am 17. November 2017 in Göteborg proklamiert haben.5 Die Säule dient als Kompass für eine erneute Aufwärtskonvergenz bei den Sozialstandards im Zusammenhang mit den sich wandelnden Gegebenheiten der Arbeitswelt. Diese Richtlinie trägt im Wesentlichen zur Verwirklichung der Grundsätze 5 "Sichere und anpassungsfähige Beschäftigung" und 7 "Informationen über Beschäftigungsbedingungen und Kündigungsschutz" der Säule bei.6 Die Initiative wurde in der Absichtserklärung des Kommissionspräsidenten Juncker und des ersten Vizepräsidenten Timmermans am 13. September 2017 angekündigt und ist Teil des Arbeitsprogramms der Kommission.

Der Vorschlag befasst sich mit zwei miteinander verknüpften Herausforderungen. So wurden bei der Evaluierung der Richtlinie 91/533/EWG im Rahmen des Programms der Kommission zur Gewährleistung der Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung (REFIT)7 Schwachstellen im persönlichen und sachlichen Geltungsbereich der Richtlinie ermittelt und Empfehlungen für mögliche Verbesserungen abgegeben. Auch im Zuge der öffentlichen Konsultation über die europäische Säule sozialer Rechte8 wurden Lücken zwischen dem sozialen Besitzstand der EU und den jüngsten Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt aufgezeigt. Dies unterstrich auch das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom Januar 2017 über die Säule. Es forderte die Ausweitung der bestehenden Mindestnormen um neue Arten von Beschäftigungsverhältnissen, eine bessere Durchsetzung des EU-Rechts, eine höhere Rechtssicherheit im gesamten Binnenmarkt und die Verhinderung der Diskriminierung, indem das geltende EU-Recht ergänzt und dafür gesorgt wird, dass jeder Arbeitnehmer, ungeachtet der Vertragsart oder des Beschäftigungsverhältnisses, über ein Grundpaket an durchsetzbaren Rechten verfügt.9 In seiner Entschließung zu Arbeitsbedingungen und prekären Beschäftigungsverhältnissen vom Juli 2017 fordert das Europäische Parlament die Kommission auf, die Richtlinie über schriftliche Erklärungen zu überarbeiten und dabei neuen Beschäftigungsformen Rechnung zu tragen.10 Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen wiesen in ihrer jeweiligen Stellungnahme auf Lücken beim Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hin und unterstrichen, dass die EU handeln und einen Rahmen für faire Arbeitsbedingungen schaffen muss, der für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Flexibilität und Sicherheit sorgt.11

Am 26. April 2017 bzw. am 21. September 2017 leitete die Kommission eine Anhörung der europäischen Sozialpartner in zwei Phasen zur möglichen Ausrichtung und zum Inhalt einer Unionsmaßnahme gemäß Artikel 154 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen (AEUV) ein.12 Die Sozialpartner setzten keinen Dialog gemäß Artikel 155 AEUV zur Herstellung vertraglicher Beziehungen einschließlich des Abschlusses von Vereinbarungen zu dem Thema in Gang. Auf der Grundlage der von den Sozialpartnern im Zuge der Konsultation geäußerten Standpunkte legt die Kommission im Einklang mit dem AEUV diesen Vorschlag für eine Richtlinie vor.

Das übergeordnete Ziel der vorgeschlagenen Richtlinie ist es, sichere und verlässliche Beschäftigung zu fördern und gleichzeitig die Anpassungsfähigkeit des Arbeitsmarktes zu erhalten und die Lebens- und Arbeitsbedingungen zu verbessern.

Um dieses übergeordnete Ziel zu erreichen, werden die folgenden Einzelziele angestrebt:

Die vorgeschlagene Richtlinie soll die Richtlinie über schriftliche Erklärungen durch ein Instrument ersetzen, das die Transparenz der Arbeitsbedingungen für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gewährleistet und neue materielle Rechte definiert, die die Planbarkeit und die Sicherheit der Arbeitsbedingungen vor allem für diejenigen verbessern sollen, die sich in prekären Beschäftigungsverhältnissen befinden. Dazu werden in Kapitel II aktualisierte wesentliche Informationen über das Beschäftigungsverhältnis für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der EU eingeführt, einschließlich der schätzungsweise 2 bis 3 Millionen Arbeitskräfte, die derzeit aus dem Geltungsbereich der Richtlinie über schriftliche Erklärungen ausgeklammert sind, welche den Mitgliedstaaten die Definition der Begriffe "Arbeitnehmer/in" und "Arbeitsverhältnis" überlässt. Der persönliche Geltungsbereich der Richtlinie wird durch die Definition des Begriffs des "Arbeitnehmers" bzw. der "Arbeitnehmerin" auf der Grundlage der gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur Festlegung des Arbeitnehmerstatus geklärt und ausgeweitet, indem die Möglichkeiten für die Mitgliedstaaten eingeschränkt werden, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in kurzzeitig bestehenden oder Gelegenheitsbeschäftigungsverhältnissen auszuschließen. In Kapitel III wird eine Reihe neuer Mindestanforderungen aufgestellt: Beschränkung der Dauer jeder Probezeit, eine allgemeine Regel, wonach ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin nicht daran gehindert werden kann, außerhalb seiner bzw. ihrer Arbeitszeiten ein Arbeitsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber einzugehen, das Recht auf bessere Planbarkeit der Arbeitszeit und eine angemessene Frist für die Vorankündigung bei Personen mit variablen Arbeitszeiten, die Möglichkeit, um eine planbarere und sicherere Form der Beschäftigung zu ersuchen, sowie das Recht auf kostenlose obligatorische Fortbildung. Diese Rechte werden untermauert durch Bestimmungen, die den Schwächen bei der Durchsetzung der Richtlinie 91/533/EWG abhelfen sollen und die Durchsetzungsmaßnahmen anderer Rechtsakte des sozialen Besitzstands der EU übernehmen, die sich mit ähnlichen Situationen befassen.13

Statt sich auf eine bestimmte Form der Beschäftigung zu beschränken, wie es bei den Richtlinien über Teilzeitarbeit, befristete Arbeitsverträge oder Leiharbeit14 der Fall ist, wird die vorgeschlagene Richtlinie einen umfassenden Grundschutz für alle bestehenden und künftigen Vertragsformen gewährleisten. Eine solche Richtlinie wird ein wirksameres Instrument als gesonderte Legislativinitiativen für bestimmte Formen der Beschäftigung sein, die aufgrund des raschen Wandels auf dem Arbeitsmarkt schnell überholt sein können. Die vorgeschlagene Richtlinie sollte den rechtlichen Rahmen für eine künftige positive Entwicklung neuer, flexibler Formen der Beschäftigung bieten.

Der Vorschlag dürfte eine Reihe von Vorteilen bieten. Alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, auch solche in kurzzeitig bestehenden oder Gelegenheitsbeschäftigungsverhältnissen werden von klar definierten Arbeitsbedingungen und neuen Mindeststandards profitieren. Die Arbeitgeber werden möglicherweise geringfügig an Flexibilität einbüßen; andererseits werden ihnen ein nachhaltigerer Wettbewerb mit größerer Rechtssicherheit sowie motiviertere und produktivere Arbeitskräfte zugutekommen, dank zunehmender Beständigkeit von Verträgen und besserer Mitarbeiterbindung. Die Gesellschaft insgesamt würde von höheren Einnahmen durch Steuern und Sozialabgaben profitieren.

- Kohärenz mit den in diesem Politikbereich bestehenden Bestimmungen

Die vorgeschlagene Richtlinie ergänzt die folgenden Vorschriften des EU-Sekundärrechts:

Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen

In Artikel 6 der vorgeschlagenen Richtlinie wird definiert, welche schriftlichen Informationen ins Ausland geschickten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern - auch denen, die in einen anderen EU-Mitgliedstaat entsandt werden - bereitzustellen sind; dabei wird gemäß den Empfehlungen der REFIT-Evaluierung von den einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 96/71/EG ausgegangen.

Richtlinie 97/81/EG des Rates über Teilzeitarbeit und Richtlinie 1999/70/EG des Rates über befristete Arbeitsverträge

Artikel 10 der vorgeschlagenen Richtlinie ergänzt die Bestimmungen der beiden Richtlinien, die sich ausdrücklich an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Teilzeit oder in befristeten Arbeitsverhältnissen richten, indem die Möglichkeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geschaffen wird, sofern verfügbar, um eine Form der Beschäftigung mit planbareren und sichereren Arbeitsbedingungen zu ersuchen und eine begründete schriftliche Antwort des Arbeitgebers zu erhalten.

Richtlinie 2008/104/EG über Leiharbeit

Die REFIT-Evaluierung ergab, dass die Richtlinie über schriftliche Erklärungen die Richtlinie 2008/104/EG besser berücksichtigen könnte, indem sie Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer explizit in den Geltungsbereich einschließen und angeben würde, dass das entleihende Unternehmen verpflichtet ist, die Leiharbeitskräfte unmittelbar über die Beschäftigungsbedingungen zu informieren. Dies spiegelt sich in Artikel 2 der vorgeschlagenen Richtlinie wider, in dem Kriterien für die Definition des Arbeitnehmer- bzw. des Arbeitgeberstatus festgelegt werden, sowie in Artikel 1, dem zufolge die Aufgaben des Arbeitgebers von mehr als einer Organisation wahrgenommen werden können.

Außerdem fördern die Bestimmungen des Kapitels III der vorgeschlagenen Richtlinie eine Arbeitszeitgestaltung, die dem Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer dient, wie sie die Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung vorsieht.

Die Kommission weist darauf hin, dass Praktikanten bereits dem Schutz nach der Empfehlung des Rates vom 10. März 2014 zu einem Qualitätsrahmen für Praktika unterliegen. Die Kommission hat einen ähnlichen Rahmen für Auszubildende vorgeschlagen.15

Die Durchsetzungsbestimmungen von Artikel 13 bis 18 der vorgeschlagenen Richtlinie wurden von den Bestimmungen des geltenden sozialen Besitzstands der EU abgeleitet und ergänzen diese, wie es in dem Abschnitt über die einzelnen Artikel der vorgeschlagenen Richtlinie beschrieben ist.

- Kohärenz mit den Strategien der Union in anderen Bereichen

Die vorgeschlagene Richtlinie trägt zur Verwirklichung der folgenden in der europäischen Säule sozialer Rechte verankerten Grundsätze bei:

Grundsatz 1:

Allgemeine und berufliche Bildung und lebenslanges Lernen. Die Informationspflicht nach Artikel 3 wird auf berufliche Bildungsangebote des Arbeitgebers ausgeweitet; gemäß Artikel 11 sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die Arbeitgeber ihren Beschäftigten die durch einschlägiges EU- oder nationales Recht oder Tarifverträge vorgeschriebenen Schulungen ohne zusätzliche Kosten anbieten.

Grundsatz 2:

Gleichstellung der Geschlechter. Von neuen und atypischen Formen der Beschäftigung sind überwiegend Frauen betroffen; sie würden deshalb besonders von den in den Kapiteln III bis VI der vorgeschlagenen Richtlinie geschaffenen materiellen Rechten profitieren.16 Die Richtlinie wird daher zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung und der Chancengleichheit von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt beitragen.

Grundsatz 5:

Sichere und anpassungsfähige Beschäftigung. Die Ausweitung des Geltungsbereichs der vorgeschlagenen Richtlinie gemäß Artikel 1 und 2 steht im Zusammenhang mit dem Grundsatz, dem zufolge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer "ungeachtet der Art und Dauer des Beschäftigungsverhältnisses" das Recht auf faire und gleiche Behandlung im Hinblick auf Arbeitsbedingungen sowie den Zugang zu sozialem Schutz und Fortbildung haben. Der gesamte Inhalt der vorgeschlagenen Richtlinie soll für ein ausgewogenes Verhältnis sorgen zwischen der Stärkung der Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und der Wahrung der "notwendigen Flexibilität für Arbeitgeber, damit sie sich schnell an sich verändernde wirtschaftliche Rahmenbedingungen anpassen können", gemäß dem Grundsatz 5 b); dazu gehört auch die Möglichkeit, die Mindestanforderungen für die Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge zu ändern (Artikel 12). Die vorgeschlagene Richtlinie steht außerdem im Zusammenhang mit dem Grundsatz 5 d):

"Beschäftigungsverhältnisse, die zu prekären Arbeitsbedingungen führen, werden unterbunden, unter anderem durch das Verbot des Missbrauchs atypischer Verträge. Probezeiten sollten eine angemessene Dauer nicht überschreiten." Die neuen materiellen Rechte auf bessere Planbarkeit, auf Ersuchen um eine neue Form der Beschäftigung sowie die Einschränkungen der Verwendung von Ausschließlichkeits- und Unvereinbarkeitsklauseln beziehen sich auf den ersten Teil des Grundsatzes, die Beschränkung der Dauer der Probezeit auf sechs Monate auf den zweiten.

Grundsatz 7:

Informationen über Beschäftigungsbedingungen und Kündigungsschutz. Die vorgeschlagene Richtlinie stärkt die derzeitige Verpflichtung zur Vorlage schriftlicher Informationen, da sie die Liste der mindestens vorzulegenden Informationen erweitert und aktualisiert und die Frist für die Vorlage, die derzeit 2 Monate beträgt, auf den ersten Tag des Beschäftigungsverhältnisses verkürzt. Damit wird Bezug genommen auf den Grundsatz 7 a), dem zufolge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer "am Beginn ihrer Beschäftigung" informiert werden sollen.

Grundsatz 8:

Sozialer Dialog und Einbeziehung der Beschäftigten. Die Sozialpartner wurden gemäß Artikel 154 AEUV über die mögliche Reichweite der Unionsmaßnahme zur Überarbeitung der Richtlinie über schriftliche Erklärungen angehört, und ihre Antworten sind in den Vorschlag der Kommission eingeflossen.

Artikel 12 der vorgeschlagenen Richtlinie sieht eine gewisse Flexibilität bezüglich der Mindestanforderungen nach Kapitel III vor, die im Wege von Tarifverträgen geändert werden können, solange das Ergebnis im Einklang mit dem von der vorgeschlagenen Richtlinie gewährten allgemeinen Schutz steht.

Weitere Initiativen zur Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte sind eng mit der vorgeschlagenen Richtlinie verbunden und ergänzen diese, unter anderem die Legislativvorschläge zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige (COM (2017)253 final), eine Anhörung der Sozialpartner zum Thema Zugang zum Sozialschutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Selbstständige (C(2017)2610 final und C(2017)7773 final) sowie eine Mitteilung zu Auslegungsfragen in Bezug auf die Arbeitszeitgestaltung (C(2017)2601 final). Mit dem Vorschlag für eine Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige wird ein Recht für berufstätige Eltern von Kindern bis 12 Jahren eingeführt, flexible Arbeitsregelungen für Betreuungszwecke zu beantragen; die Arbeitgeber haben anschließend die Pflicht, Anträge auf flexible Arbeitsregelungen unter Berücksichtigung der Bedürfnisse sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer zu prüfen und zu beantworten sowie jede Ablehnung zu begründen. Arbeitgeber wären außerdem verpflichtet, Anträge auf die Rückkehr zum ursprünglichen Arbeitsmuster zu prüfen und zu beantworten. Die vorgeschlagene Richtlinie über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen würde diese Bestimmungen ergänzen, indem sie die Möglichkeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schafft, nicht um eine flexiblere, sondern eine sicherere Form der Beschäftigung zu ersuchen.

Berücksichtigt wurden außerdem der Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern (COM (2016)128 final) und die Vorschläge im Rahmen des "Mobilitätspakets" im Verkehrsbereich vom 31. Mai 2017, insbesondere der Vorschlag spezifischer Regeln für die Entsendung von Kraftfahrern im Straßenverkehrssektor (COM (2017)278 final).

2. Rechtsgrundlage, Subsidiarität und Verhältnismässigkeit

- Rechtsgrundlage

Der Vorschlag beruht auf Artikel 153 Absatz 2 Buchstabe b AEUV, der den Erlass von Mindestvorschriften durch Richtlinien unter anderem im Bereich der "Arbeitsbedingungen" (Artikel 153 Absatz 1 Buchstabe b AEUV) vorsieht, wobei verwaltungsmäßige, finanzielle oder rechtliche Auflagen zu vermeiden sind, die der Gründung und Entwicklung von kleinen und mittleren Unternehmen entgegenstehen.

- Subsidiarität

Die Verpflichtung zur Unterrichtung über die Arbeitsbedingungen wurde auf EU-Ebene mit der Richtlinie 91/533/EWG eingeführt. Die REFIT-Evaluierung dieser Richtlinie hat bestätigt, dass Maßnahmen auf EU-Ebene in diesem Bereich nach wie vor notwendig sind, wobei der Subsidiaritätsgrundsatz zu achten ist. Es sind Änderungen erforderlich, um die Richtlinie mit den Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt, die seit ihrer Annahme im Jahr 1991 zu beobachten waren, in Einklang zu bringen und die bei der REFIT-Evaluierung ermittelten Schwachstellen zu beheben.

Die mit Kapitel III geschaffenen, zusätzlichen materiellen Rechte sind auf EU-Ebene gerechtfertigt, weil Maßnahmen einzelner Mitgliedstaaten als Reaktion auf die Entstehung neuer und atypischer Beschäftigungsformen nicht zwangsläufig das gleiche Schutzniveau im Hinblick auf die Transparenz und die Verlässlichkeit bieten und die Gefahr zunehmender Divergenzen zwischen den Mitgliedstaaten bergen, was zu einem Wettbewerb auf der Grundlage von sozialen Standards führen könnte. Die Unternehmen würden weiterhin nicht unter den gleichen Bedingungen miteinander konkurrieren, und die Funktionsweise des Binnenmarkts würde beeinträchtigt.

Die vorgeschlagene Richtlinie beruht auf einem Mindestmaß an Harmonisierung der Systeme der Mitgliedstaaten, womit sie die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten bei der Festlegung höherer Standards achtet, und sie gibt den Sozialpartnern die Möglichkeit, die Kombination materieller Rechte und Pflichten im Wege von Tarifverträgen zu ändern. Im Einklang mit Artikel 153 Absatz 2 Buchstabe b AEUV fördert und ergänzt die Richtlinie die Aktivitäten der Mitgliedstaaten durch Mindestvorschriften, die schrittweise anzuwenden sind.

- Verhältnismäßigkeit

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird in vollem Umfang gewahrt, da der Geltungsbereich des Vorschlags sich darauf beschränkt, für die konsequente Unterrichtung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern über ihre Arbeitsbedingungen zu sorgen und ihnen grundlegende Rechte zu garantieren, ohne die es zu einer Abwärtsspirale bei den Sozialstandards kommen könnte. Die vorgeschlagene Richtlinie umfasst Maßnahmen zur Minderung von Verwaltungsaufwand und zur Förderung ihrer Einhaltung. Wie in der Folgenabschätzung angegeben, werden die Kosten angesichts des zusätzlichen, langfristigen Nutzens - sicherere Beschäftigung, höhere Produktivität und vereinfachte Verfahren für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und für Arbeitgeber - angemessen und gerechtfertigt sein, da sie auch mit den übergeordneten sozialen Zielen der EU in Einklang stehen.

Der Vorschlag lässt es den Mitgliedstaaten offen, günstigere Standards für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beizubehalten oder anzunehmen und ihre besonderen nationalen Gegebenheiten zu berücksichtigen; er bietet die Möglichkeit, die Liste der materiellen Rechte im Wege von Tarifverträgen zu ändern. Der Vorschlag lässt somit Raum für Flexibilität, was die Wahl der konkreten Maßnahmen zur Durchführung angeht.

- Wahl des Instruments

Artikel 153 Absatz 2 Buchstabe b in Verbindung mit Artikel 153 Absatz 1 Buchstabe b AEUV sieht ausdrücklich vor, dass Richtlinien das geeignete Rechtsinstrument sind, um Mindestvorschriften zu erlassen, die schrittweise von den Mitgliedstaaten anzuwenden sind.

3. Ergebnisse der EX-POST-BEWERTUNG, der Konsultation der Interessenträger und der Folgenabschätzung

- Expost-Bewertung/Eignungsprüfungen bestehender Rechtsvorschriften

Im April 2017 wurde eine REFIT-Evaluierung der Richtlinie über schriftliche Erklärungen veröffentlicht.17 Sie ergab, dass alle Interessenträger die Richtlinie für relevant halten und dass sie in den Mitgliedstaaten und in den einzelnen Wirtschaftszweigen in mittlerem bis hohem Maße eingehalten wird. Die Richtlinie war sehr wirksam, was das Erreichen der gesetzten Ziele angeht. Die Wirksamkeit könnte noch verbessert werden, indem der Geltungsbereich so geändert wird, dass mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - d.h. auch jene in neuen Beschäftigungsformen - erfasst werden; weitere Möglichkeiten sind die Verkürzung der Zweimonatsfrist für die Unterrichtung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die Verbesserung der Durchsetzung durch die Überarbeitung der Rechtsbehelfe und der Sanktionen bei Nichteinhaltung. Was die Effizienz der Richtlinie anbelangt, so scheinen den Unternehmen durch die Umsetzung keine signifikant höheren Kosten entstanden zu sein. Im Hinblick auf die Kohärenz besteht noch Potenzial für eine weitere Angleichung an die Vorschriften für entsandte und Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer sowie Praktikanten.

Die Evaluierung bestätigte zudem den eindeutigen europäischen Mehrwert der Richtlinie. EU-weite Mindeststandards für die Unterrichtung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind unabdingbar, da sie sowohl Arbeitgebern als auch Beschäftigten mehr Sicherheit bieten und einen schädlichen Unterbietungswettlauf unter den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen verhindern. Außerdem erhöht die Richtlinie die Planbarkeit für die Unternehmen und fördert die Mobilität der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Binnenmarkt.

- Konsultation der Interessenträger

Die Kommission führte vom 26. Januar bis zum 20. April 2016 eine öffentliche Konsultation zur Richtlinie über schriftliche Erklärungen durch. Eine Zusammenfassung der eingegangenen Antworten befindet sich im Anhang der REFIT-Evaluierung.

Eine öffentliche Konsultation zum Vorschlag der Kommission für eine europäische Säule sozialer Rechte fand von März bis Dezember 2016 statt. Wie diese öffentliche Konsultation18 eindeutig ergab, besteht zunehmend die Notwendigkeit, für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in neuen und atypischen Beschäftigungsverhältnissen angemessene Rechte festzulegen und anzuwenden. Diese Vertragsformen bieten Menschen die Möglichkeit, in den Arbeitsmarkt einzutreten bzw. in ihm zu bleiben; manche entscheiden sich bewusst für die Flexibilität, die sie bieten. Eine mangelhafte Regulierung führt jedoch dazu, dass viele arbeitende Menschen in Rechtslücken gefangen sind, die sie undurchsichtigen oder unlauteren Praktiken aussetzen können und es ihnen erschweren, ihre Rechte durchzusetzen.

Die Kommission hat die Sozialpartner gemäß Artikel 154 AEUV in zwei Phasen zu einer möglichen Überarbeitung der Richtlinie über schriftliche Erklärungen angehört.

Die Sozialpartner waren geteilter Meinung hinsichtlich der Notwendigkeit von Legislativmaßnahmen zur Überarbeitung der Richtlinie 091/533/EWG. Sie konnten sich nicht auf direkte Verhandlungen im Hinblick auf den Abschluss einer Vereinbarung auf EU-Ebene einigen.

Die Gewerkschaften sprachen sich in beiden Phasen der Anhörung für die Klärung und Ausweitung des persönlichen Geltungsbereichs der Richtlinie aus, indem insbesondere Einschränkungen des persönlichen Geltungsbereichs aufgehoben und Kriterien eingeführt werden, um das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses zu prüfen. Außerdem plädierten sie für die Einbeziehung von Selbstständigen in den Geltungsbereich. Bezüglich des Informationspakets stimmten die Gewerkschaften der im Konsultationspapier der Kommission aufgeführten Liste zu und schlugen weitere Ergänzungen vor. Sie forderten die Abgabe der schriftlichen Erklärung vor Arbeitsantritt oder unmittelbar nach der Vertragsunterzeichnung. Die Notwendigkeit, den Zugang zu Sanktionen und Rechtsbehelfen zu verbessern, wurde bestätigt; so wurde auch die Einführung einer Vermutung für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses für den Fall gefordert, dass der Arbeitgeber die Vorlage einer schriftlichen Erklärung versäumt. Schließlich setzten sich die Gewerkschaften mit Nachdruck für neue Mindestrechte zur Verbesserung der Transparenz und der Planbarkeit der Arbeitsbedingungen ein. Sie forderten jedoch mehr Rechte, als im zweiten Konsultationspapier aufgeführt waren, unter anderem ein vollständiges Verbot jeglicher Vertragsform, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht eine Mindestzahl bezahlter Arbeitsstunden garantiert, sowie ein Recht auf angemessene Vergütung.

Die Arbeitgeberorganisationen lehnten in beiden Phasen der Konsultation die Ausweitung des Geltungsbereichs der Richtlinie und die Einführung einer Definition des Begriffs "Arbeitnehmer/in" ab und führten Bedenken in Bezug auf die Flexibilität für die Gründung von Unternehmen und die Schaffung von Arbeitsplätzen sowie die Subsidiarität ins Feld. Eine Mehrheit unterstützte weder die Änderung des Informationspakets noch die Verkürzung der Zweimonatsfrist. Kein Arbeitgeberverband sprach sich für Änderungen an den Rechtsbehelfen und Sanktionen auf EU-Ebene aus. Mit nur sehr wenigen Ausnahmen widersprachen die Arbeitgeberorganisationen der Einbindung neuer Mindestrechte in eine überarbeitete Richtlinie. Aus diesem Grund zogen sie es vor, sich nicht zu den einzelnen, im Konsultationspapier aufgeführten Mindestrechten zu äußern, da diese Thematik ihrer Ansicht nach in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten falle und eine Unionsmaßnahme in diesem Bereich nicht notwendig bzw. sogar nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar sei.

- Einholung und Nutzung von Expertenwissen

Die Kommission hat eine Kosten-Nutzen-Analyse möglicher EU-Maßnahmen im Rahmen einer überarbeiteten Richtlinie in Auftrag gegeben. Außerdem hat sie einige der wichtigsten Quellen von Analysen und Daten betreffend neue und atypische Beschäftigungsformen geprüft, die insbesondere vom Europäischen Parlament19, der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Eurofound)20, der internationalen Arbeitsorganisation (IAO)21 und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)22 zusammengetragen wurden.

- Folgenabschätzung

Die Folgenabschätzung wurde am 29. November 2017 mit dem Ausschuss für Regulierungskontrolle (Regulatory Scrutiny Board - RSB) erörtert. Der Ausschuss gab eine positive Stellungnahme mit Anmerkungen ab, denen durch die genauere Festlegung des Geltungsbereichs, die Wahl der Optionen, die erwarteten Nutzen dieser Initiative sowie die Erläuterung, wie mögliche Nebeneffekte der Initiative abgefedert werden, Rechnung getragen wurde.23

Die in diesem Vorschlag enthaltene Maßnahmenkombination ist gemäß der Folgenabschätzung am wirksamsten, effizientesten und kohärentesten. Die quantitative Analyse der bevorzugten Maßnahmenkombination hat ergeben, dass eine signifikante Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen zu erwarten ist. So werden mindestens 2 bis 3 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in atypischer Beschäftigung künftig in den Geltungsbereich der Richtlinie fallen. Die bessere Planbarkeit für rund 4 bis 7 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfte sich positiv auf die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und die Gesundheit auswirken. Rund 14 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer könnten um eine neue Form der Arbeit ersuchen. Durch den Wegfall von Ausschließlichkeitsklauseln werden 90 000 bis 360 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf Abruf sich um zusätzliche Arbeit bemühen können und pro Jahr 355 bis 1 424 Millionen EUR zusätzlich verdienen. Das Recht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf kostenlose obligatorische Fortbildung würde bestätigt, und sie würden besseren Zugang zu Rechtsbehelfen erhalten. Den Arbeitgebern kämen ein nachhaltigerer Wettbewerb, größere Rechtssicherheit und insgesamt mehr Transparenz auf den Arbeitsmärkten zugute.

Zu den nicht bezifferbaren Nutzen für die Arbeitgeber zählen eine höhere Mitarbeiterbindung und -loyalität, bessere Arbeitsbeziehungen, weniger Beschwerden und Gerichtsverfahren sowie eine bessere Ressourcenplanung, was alles zu einer höheren Gesamtproduktivität beiträgt.

Durch die bevorzugte Kombination von Optionen werden den Arbeitgebern voraussichtlich folgende Kosten entstehen: Für die Vorlage einer neuen oder überarbeiteten schriftlichen Erklärung betragen die Kosten schätzungsweise 18-153 EUR für KMU bzw. 10-45 EUR für größere Unternehmen. Den Unternehmen würden außerdem einmalige Kosten im Zusammenhang mit der Einarbeitung in die neue Richtlinie entstehen: Diese werden mit durchschnittlich 53 EUR für KMU bzw. 39 EUR für größere Unternehmen veranschlagt. Die Kosten der Beantwortung von Anträgen auf neue Beschäftigungsformen werden voraussichtlich denen der Vorlage neuer schriftlicher Erklärungen entsprechen. Die Arbeitgeber rechnen außerdem mit geringfügigen indirekten Kosten (rechtliche Beratung, Überarbeitung der Systeme zur Arbeitszeitplanung, Personalverwaltung, Unterrichtung der Belegschaft). Flexibilitätseinbußen werden nur am Rande spürbar sein (für den geringen Teil der Arbeitgeber, die die flexibelsten Beschäftigungsformen umfassend nutzen). Die bevorzugte Kombination von Optionen trägt unerwünschten Nebeneffekten Rechnung und sieht Maßnahmen zu deren Minderung vor. Insgesamt werden keine nennenswerten Auswirkungen auf die Löhne erwartet, obwohl weniger Unterbeschäftigung, ein seltenerer Einsatz von Ausschließlichkeitsklauseln sowie planbarere Arbeitsbedingungen zu einer Erhöhung des Einkommens einzelner Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beitragen dürften. Den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern werden voraussichtlich keine Kosten entstehen.

Die konkreten Auswirkungen für die einzelnen Mitgliedstaaten hängen von mehreren Faktoren ab, u.a. vom Ausmaß der notwendigen Anpassungen von Rechtsvorschriften, von der Verbreitung atypischer Beschäftigungsformen sowie dem breiteren sozioökonomischen Zusammenhang. Insgesamt dürfte die Richtlinie zu einem Rückgang der nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit führen, da die vorgeschlagenen Maßnahmen Kontrollen und Durchsetzung erleichtern werden. Der Wert der nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit, die fortan in der formellen Wirtschaft stattfindet, wird EU-weit auf 40 bis 120 Millionen EUR jährlich geschätzt. Die damit verbundenen Vorteile könnten pro Jahr 8 bis 25 Millionen EUR an zusätzlichen Steuereinnahmen und 4 bis 24 Millionen EUR an Einsparungen bei den Sozialleistungen betragen. Darüber hinaus kann mit zusätzlichen Steuereinnahmen von 46 bis 185 Millionen EUR gerechnet werden, da Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf Abruf eine zusätzliche Beschäftigung werden suchen können.

Zu den nicht bezifferbaren Vorteilen gehören eine gesteigerte Produktivität, eine größere Anpassungsfähigkeit der Arbeitskräfte, eine höhere Mobilität sowohl innerhalb der Arbeitsmärkte als auch in der gesamten EU sowie ein größerer sozialer Zusammenhalt. Der verbesserte Zugang zu Rechtsmitteln könnte die einheitliche Anwendung der Rechtsvorschriften fördern. Es ist mit geringfügigen einmaligen Umsetzungskosten und laufenden Durchführungskosten zu rechnen, da die Mitgliedstaaten ihre Rechtsvorschriften werden anpassen müssen.

- Effizienz der Rechtsetzung und Vereinfachung

Da in diesem Fall ein geltender Rechtsakt überarbeitet wird, hat die Kommission Möglichkeiten zur Vereinfachung und zur Reduzierung von Verwaltungsaufwand geprüft. Die Analyse ergab, dass die Richtlinie sehr geringe Kosten verursacht, und es gab keinen Hinweis darauf, dass dieselben Ziele mit der gleichen Wirksamkeit auf kostengünstigere Weise zu verwirklichen sind. Es besteht jedoch der Bedarf, die Transparenz und die rechtliche Verlässlichkeit von Beschäftigungsverträgen zu verbessern. Die Klarstellung des Geltungsbereichs der Richtlinie wird den Rechtsrahmen verständlicher und berechenbarer machen. Außerdem wurden konkrete Maßnahmen zur Vereinfachung in die Richtlinie aufgenommen. Angesichts der begrenzten Datenlage wurden diese Vereinfachungsmaßnahmen nicht beziffert, sondern in der Begründung erläutert. In Bezug auf die Einführung neuer Verpflichtungen ist für KMU eine einfachere Regelung vorgesehen, was Anträge auf eine andere Form der Beschäftigung angeht; außerdem sollen den Arbeitgebern Vorlagen und Modelle für die schriftlichen Erklärungen und die Bereitstellung von Informationen über nationale Rechts- und Verwaltungsvorschriften bzw. die einschlägigen Tarifverträge in leicht zugänglichem Format zur Verfügung gestellt werden, um den Aufwand für die Unternehmen zu verringern. Laut der Folgenabschätzung dürften diese Maßnahmen die Kosten der Erstellung der schriftlichen Erklärungen um 30 bis 40 % senken.

- Grundrechte

Die Ziele dieses Vorschlags stehen mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und insbesondere Artikel 31 über gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen im Einklang, in dem es heißt:

"Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen."

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Der Vorschlag setzt keine zusätzlichen Mittel aus dem Haushalt der Europäischen Union voraus.

5. Weitere Angaben

- Monitoring-, Evaluierungs- und Berichterstattungsmodalitäten

Binnen zwei Jahren nach dem Erlass der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten sie in nationales Recht umsetzen und der Kommission über die MNE-Datenbank die nationalen Umsetzungsmaßnahmen mitteilen. Im Einklang mit Artikel 153 Absatz 3 AEUV können sie den Sozialpartnern die Durchführung im Wege von Tarifverträgen übertragen.

Um die Wirksamkeit dieser Maßnahme bei der Verwirklichung des übergeordneten Ziels und der Einzelziele zu bewerten, hat die Kommission zentrale Fortschrittsindikatoren zur Verfolgung der erfolgreichen Umsetzung festgelegt.24 Diese Indikatoren werden regelmäßig von der Kommission beobachtet und dienen als Grundlage für die Bewertung der Richtlinie und die Berichterstattung über ihre Wirkung, die acht Jahre nach ihrem Inkrafttreten fällig werden.

- Ausführliche Erläuterung der einzelnen Bestimmungen des Vorschlags

Kapitel I - Allgemeine Bestimmungen
Artikel 1
Zweck, Gegenstand und Geltungsbereich

Absatz 3 erlaubt es den Mitgliedstaaten zu entscheiden, dass die Richtlinie nicht für Beschäftigungsverhältnisse mit einer Arbeitszeit von bis zu 8 Stunden pro Monat gilt. Diese Ausnahme tritt an die Stelle der bisherigen Möglichkeit, bestimmte Gruppen aus dem persönlichen Geltungsbereich von Artikel 1 der Richtlinie 91/533/EWG auszuklammern (Arbeitsverhältnis, dessen Gesamtdauer höchstens 1 Monat beträgt und/oder dessen Wochenarbeitszeit höchstens 8 Stunden beträgt oder das eine Gelegenheitsarbeit und/oder eine Tätigkeit besonderer Art betrifft), die der REFIT-Evaluierung zufolge uneinheitlich und zum Ausschluss einer zunehmenden Zahl von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern angewandt wurde.25 Gemäß Absatz 4 sollte die Ausnahme nicht gelten, wenn der Umfang der Arbeit nicht im Voraus festgelegt wird, wie beispielsweise bei Arbeit auf Abruf, weil die Dauer der Arbeit nicht bekannt ist.

In Absatz 5 wird die Definition des Arbeitgebers nach Artikel 2 durch die Klarstellung ergänzt, dass die Aufgaben des Arbeitgebers für die Zwecke der vorgeschlagenen Richtlinie von mehr als einer Person wahrgenommen werden können. So können beispielsweise bei Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern die Unterrichtungspflichten gemäß Artikel 3 teilweise von dem Leiharbeitsunternehmen und teilweise von dem entleihenden Unternehmen erfüllt werden können. Um unverhältnismäßige Belastungen für private Haushalte zu vermeiden, können die Mitgliedstaaten entscheiden, das Recht, eine neue Beschäftigungsform zu beantragen und obligatorische Fortbildungen kostenfrei zu erhalten, sowie die günstigen Vermutungen bei fehlenden Informationen nicht auf natürliche Personen anzuwenden, die Hausangestellte beschäftigen.

Die Richtlinie 2009/13/EG zur Durchführung der Vereinbarung der Sozialpartner über das Seearbeitsübereinkommen 2006 und zur Änderung der Richtlinie 1999/63/EG und die Richtlinie (EU) Nr. 2017/159 zur Durchführung der Vereinbarung der Sozialpartner über die Durchführung des Übereinkommens über die Arbeit im Fischereisektor enthalten besondere Bestimmungen zu Beschäftigungsverträgen für Seeleute bzw. Arbeitsverträgen für Fischer.

Artikel 1 Absatz 7 stellt daher klar, dass Kapitel II der vorgeschlagenen Richtlinie unbeschadet dieser Richtlinien gilt.)

Artikel 2
Begriffsbestimmungen

In diesem Artikel sind die Kriterien für die Festlegung des Arbeitnehmerstatus für die Zwecke der vorgeschlagenen Richtlinie festgelegt. Diese Kriterien beruhen auf der Rechtsprechung des EuGH, wie sie seit der Rechtssache C-66/85 Lawrie-Blum entwickelt und kürzlich in der Rechtssache C-2016/15 Ruhrlandklinik erneut bekräftigt wurde. Diese Kriterien müssen genau festgelegt werden, da die REFIT-Evaluierung ergab, dass der Geltungsbereich der Richtlinie über schriftliche Erklärungen von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat je nach der jeweiligen Definition der Begriffe "Arbeitnehmer/in", "Arbeitsverhältnis" und "Arbeitsvertrag" unterschiedlich ist26 und dass immer mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in atypischen Formen der Beschäftigung wie Hausangestellte sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die auf Abruf, intermittierend, auf der Grundlage von Gutscheinen und auf Online-Plattformen beschäftigt sind, Gefahr laufen, aus dem Geltungsbereich ausgeschlossen zu werden. Die vorgeschlagene Richtlinie wäre auch auf diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anzuwenden, solange sie die oben aufgeführten Kriterien erfüllen.27

Kapitel II - Unterrichtung über das Beschäftigungsverhältnis)
Artikel 3
Pflicht zur Unterrichtung

Mit dieser Bestimmung werden die Mindestanforderungen an die Information gemäß Artikel 2 der Richtlinie über schriftliche Erklärungen unter Berücksichtigung der Ergebnisse der REFIT-Evaluierung28 und der Beiträge der Sozialpartner aktualisiert, indem folgende Elemente hinzugefügt werden:

Zusätzlich wurden die Informationen betreffend den Arbeitsort (Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe b) modernisiert, damit sie beispielsweise auch der Arbeit auf Plattformen gerecht werden, wo der Arbeitsplatz nicht vom Arbeitgeber bereitgestellt wird; außerdem wurde das Verfahren zur Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses (Artikel 3 Nummer 2 Buchstabe i) aufgenommen.)

Artikel 4
Zeitpunkt und Form der Unterrichtung

In Absatz 1 wird die Frist für die Vorlage einer schriftlichen Erklärung gemäß Artikel 3 der Richtlinie 91/533/EWG, die derzeit höchstens 2 Monate beträgt, auf den ersten Tag des Beschäftigungsverhältnisses festgelegt, im Einklang mit Grundsatz 7 der europäischen Säule sozialer Rechte. Das Dokument kann auch elektronisch übermittelt werden.

Im Einklang mit den Empfehlungen der REFIT-Evaluierung29 und um den Aufwand für die Arbeitgeber zu reduzieren, müssen die Mitgliedstaaten gemäß den Absätzen 2 und 3 Vorlagen und Modelle für die schriftliche Erklärung entwickeln und Informationen über Rechts- und Verwaltungsvorschriften bzw. die einschlägigen Tarifverträge in leicht zugänglichem Format bereitstellen.)

Artikel 5
Änderungen des Beschäftigungsverhältnisses

Mit dieser Bestimmung wird Artikel 5 "Änderungen der Angaben über den Arbeitsvertrag oder das Arbeitsverhältnis" der Richtlinie 91/533/EWG aktualisiert; Änderungen der Arbeitsbedingungen gemäß Artikel 3 oder der Informationen gemäß Artikel 6 der vorgeschlagenen Richtlinie müssen spätestens an dem Tag ihres Wirksamwerdens mitgeteilt werden, statt wie in der geltenden Richtlinie bis zu zwei Monate später.)

Artikel 6
Zusätzliche Informationen für ins Ausland entsandte oder geschickte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

Diese Bestimmung aktualisiert Artikel 4 "Im Ausland tätiger Arbeitnehmer" der Richtlinie 91/533/EWG und passt ihn an die einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 96/71/EG über entsandte Arbeitnehmer und die Richtlinie 2014/67/EU zu deren Durchsetzung an. Um den Aufwand für die Arbeitgeber möglichst gering zu halten, gelten die Verpflichtungen nach diesem Artikel nur, wenn die Dauer des Arbeitszeitraums im Ausland mehr als vier aufeinanderfolgende Wochen beträgt, es sei denn der Mitgliedstaat bestimmt etwas anderes. Bei mehreren zusammengehörigen Arbeitsaufträgen können die Informationen vor der ersten Abfahrt bereitgestellt und bei Veränderungen später geändert werden.

Kapitel III - Mindestanforderungen an die Arbeitsbedingungen)
Artikel 7
Höchstdauer einer Probezeit

Diese Bestimmung legt die Höchstdauer einer Probezeit auf sechs Monate fest, es sei denn eine längere Dauer ist durch die Art der Beschäftigung - z.B. eine Führungsposition - gerechtfertigt oder liegt im Interesse der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers, beispielsweise im Falle eine längeren Krankheit.

Diese Bestimmung spiegelt den Grundsatz 5d) der europäischen Säule sozialer Rechte wider:

"5 d): Probezeiten sollten eine angemessene Dauer nicht überschreiten.")

Artikel 8
Mehrfachbeschäftigung

Gemäß diesem Artikel dürfen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht von ihrem Arbeitgeber daran gehindert werden, eine andere Beschäftigung aufzunehmen (so genannte Ausschließlichkeits- oder Unvereinbarkeitsklauseln), es sei denn, dies ist aus legitimen Gründen gerechtfertigt (Schutz von Geschäftsgeheimnissen, Vermeidung von Interessenkonflikten).)

Artikel 9
Mindestplanbarkeit der Arbeit

In Fällen, in denen eine Arbeitnehmerin bzw. ein Arbeitnehmer einen variablen Arbeitszeitplan hat, bei dem nicht die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer selbst, sondern der Arbeitgeber den Zeitpunkt des Arbeitsauftrags festlegt,

Diese Bestimmung gilt nicht, wenn der Arbeitgeber eine auszuführende Aufgabe vorgibt, die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer jedoch selbst entscheidet, nach welchem Arbeitszeitplan sie bzw. er die Aufgabe ausführt.)

Artikel 10
Übergang zu einer anderen Beschäftigungsform

Mit diesem Artikel werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Lage versetzt, sofern verfügbar eine sicherere und verlässlichere Form der Arbeit zu beantragen; dies gilt beispielsweise für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die eine Vollzeitstelle oder ein Arbeitsverhältnis mit mehr garantierten bezahlten Arbeitsstunden oder einen weniger variablen Arbeitszeitplan wünschen. Die Arbeitgeber sind verpflichtet, eine schriftliche Antwort zu geben.

Die Frist für die Antwort beträgt bei natürlichen Personen, die als Arbeitgeber handeln, sowie bei Kleinst-, kleinen oder mittleren Unternehmen drei Monate und bei größeren Unternehmen einen Monat, um den Aufwand für kleinere Unternehmen, die nicht den gleichen Zugang zu Personalverwaltungsdiensten haben, möglichst gering zu halten. Bei natürlichen Personen, die als Arbeitgeber handeln, sowie bei Kleinst-, kleinen und mittleren Unternehmen kann die Antwort auf Folgeanträge derselben Arbeitnehmerin oder desselben Arbeitnehmers auch mündlich erfolgen, wenn die Begründung für die Antwort gleich geblieben ist.

Diese Bestimmung spiegelt den Grundsatz 5a) der europäischen Säule sozialer Rechte wider:

"Der Übergang in eine unbefristete Beschäftigungsform wird gefördert.")

Artikel 11
Fortbildung

Mit dieser Bestimmung wird gewährleistet, dass Arbeitgeber, die aufgrund von Unions- oder nationalen Rechtsvorschriften oder aufgrund von Tarifverträgen verpflichtet sind, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Fortbildungen anzubieten, damit diese ihre Aufgaben ausführen können, diese Fortbildungen kostenfrei anbieten.

Kapitel IV - Tarifverträge
Artikel 12
Tarifverträge

Gemäß dieser Bestimmung können die Mindeststandards gemäß Artikel 7 bis 11 (d.h. die materiellen Rechte, jedoch nicht das Informationspaket) im Wege von Tarifverträgen geändert werden, die von den Sozialpartnern im Einklang mit dem nationalen Recht oder den nationalen Gepflogenheiten geschlossen wurden. Der Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer insgesamt darf jedoch nicht geringer sein als der gemäß den Artikeln 7 bis 11 gewährte Schutz.

Kapitel V - Horizontale Bestimmungen
Artikel 13
Einhaltung der Vorschriften

Diese Bestimmung sowie die Artikel 16 bis 18 folgen dem gleichen Ansatz, den der Gesetzgeber auch schon in den Richtlinien 2006/54/EG, 2000/43/EG und 2000/78/EG verfolgt hat.

Gemäß Artikel 13 müssen die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass Einzel- und Tarifverträge, Betriebsordnungen oder sonstige Vereinbarungen mit den Bestimmungen der vorgeschlagenen Richtlinie in Einklang gebracht werden. Diese Verpflichtung gilt nicht für die gemäß Artikel 12 vorgenommenen Änderungen der Mindeststandards der Artikel 7 bis 11.)

Artikel 14
Rechtsvermutung und Verfahren für eine frühzeitige Streitbeilegung

Dieser Artikel bietet auf der Grundlage existierender bewährter Verfahren in den Mitgliedstaaten zwei alternative Rechtsbehelfe für den Fall, dass nicht alle oder nur Teile der Informationen gemäß Artikel 3 vorgelegt werden:

Mit dieser Bestimmung werden die Schwachstellen des geltenden Systems behoben, die im Rahmen der REFIT-Evaluierung ermittelt worden waren; diese hatte ergeben, dass Rechtsbehelfssysteme, die einzig auf Entschädigungsforderungen beruhen, weniger effektiv sind als Systeme, die auch Sanktionen wie beispielsweise pauschale Strafgelder vorsehen.30

Um den Aufwand eines förmlichen Rechtsbehelfsverfahrens in Fällen zu vermeiden, in denen angesichts falscher oder fehlender Informationen leicht Abhilfe zu schaffen ist, muss der Arbeitgeber zunächst auf das Fehlen der Informationen hingewiesen werden; er muss die fehlenden Informationen dann binnen 15 Tagen vorlegen.)

Artikel 15
Anspruch auf Rechtsbehelfe

Diese Bestimmung sitzt grundsätzlich vor, dass Mitgliedstaaten sicherstellen müssen, dass die nationalen Rechtsordnungen einen Zugang zu wirksamer und unparteiischer Streitbeilegung und einen Anspruch auf Rechtsbehelfe bieten, darunter gegebenenfalls eine Entschädigung, wenn die mit der vorgeschlagenen Richtlinie geschaffenen Rechte verletzt werden. Diese Bestimmung entspricht dem Grundsatz 7 der europäischen Säule sozialer Rechte.)

Artikel 16
Schutz vor Benachteiligung oder negativen Konsequenzen

Nach dieser Bestimmung sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die über einen Verstoß gegen die gemäß dieser Richtlinie erlassenen Bestimmungen klagen, einen angemessenen Rechtsschutz vor Benachteiligung oder negativen Konsequenzen durch den Arbeitgeber vorzusehen.)

Artikel 17
Kündigungsschutz und Beweislast

Ist eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer der Ansicht, dass sie oder er entlassen wurde oder negativen Konsequenzen mit gleicher Wirkung ausgesetzt ist (z.B. Arbeitnehmer auf Abruf, der keine Arbeitsaufträge mehr erhält), weil sie oder er die in der vorgeschlagenen Richtlinie vorgesehenen Rechte in Anspruch nimmt, und kann sie oder er diese Behauptung mit Tatsachen belegen, hat der Arbeitgeber nachzuweisen, dass die Entlassung oder die nachteilige Behandlung auf objektiven Gründen beruht.)

Artikel 18
Sanktionen

Gemäß dieser Bestimmung müssen die Mitgliedstaaten wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen für die Verletzung der aus dieser Richtlinie entstehenden Verpflichtungen vorsehen und sicherstellen, dass sie angewendet werden.

Kapitel VI - Schlussbestimmungen
Artikel 19
Günstigere Bestimmungen

Hierbei handelt es sich um eine Standardbestimmung, wonach die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, für ein höheres als das von der vorgeschlagenen Richtlinie garantierte Schutzniveau zu sorgen, und wonach es ihnen verboten ist, das bereits in diesem Bereich gewährte Schutzniveau zu senken.)

Artikel 20
Umsetzung

In dieser Bestimmung wird die Frist festgelegt, innerhalb derer die Mitgliedstaaten die Richtlinie in nationales Recht umsetzen und der Kommission die einschlägigen Texte übermitteln müssen. Die Frist beträgt zwei Jahre ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie. Zudem wird festgehalten, dass die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 153 Absatz 3 AEUV den Sozialpartnern die Durchführung dieser Richtlinie übertragen können, wenn die Sozialpartner dies beantragen und wenn die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um jederzeit gewährleisten zu können, dass die mit dieser Richtlinie angestrebten Ergebnisse erzielt werden.)

Artikel 21
Übergangsbestimmungen

Dieser Artikel regelt den Übergang zwischen der Richtlinie 91/533/EWG und dem Inkrafttreten der vorgeschlagenen Richtlinie.)

Artikel 22
Überprüfung durch die Kommission

Hierbei handelt es sich um eine Standardbestimmung, wonach die Kommission dem Gesetzgeber Bericht über die Anwendung der Richtlinie erstattet, einschließlich einer Bewertung der Notwendigkeit einer Überarbeitung oder Aktualisierung der Richtlinie.)

Artikel 23
Aufhebung

In dieser Bestimmung ist das Datum festgelegt, an dem die Richtlinie 091/533/EU aufgehoben wird; sie hält außerdem fest, dass alle Bezugnahmen auf die aufgehobene Richtlinie als Bezugnahmen auf die neue Richtlinie gelten.)

Artikel 24
Inkrafttreten und Artikel 25 - Adressaten

Hierbei handelt es sich um Standardbestimmungen, die besagen, dass die Richtlinie am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft tritt und an die Mitgliedstaaten gerichtet ist.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union

Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 153 Absatz 1 Buchstabe b und Absatz 2 Buchstabe b, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses1, nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen2, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:

Haben folgende Richtlinie Erlassen:

Kapitel I
Allgemeine Bestimmungen

Artikel 1
Zweck, Gegenstand und Geltungsbereich

Artikel 2
Begriffsbestimmungen

Kapitel II
Unterrichtung über das Beschäftigungsverhältnis

Artikel 3
Pflicht zur Unterrichtung

Artikel 4
Zeitpunkt und Form der Unterrichtung

Artikel 5
Änderungen des Beschäftigungsverhältnisses

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer Informationen über Änderungen von in Artikel 3 Absatz 2 genannten Aspekten des Beschäftigungsverhältnisses oder der zusätzlichen Informationen für ins Ausland entsandte oder geschickte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gemäß Artikel 6 bei erster Gelegenheit, spätestens aber an dem Tag, an dem diese Änderungen wirksam werden, in Form eines Dokuments bereitstellt.

Artikel 6
Zusätzliche Informationen für ins Ausland entsandte oder geschickte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

Kapitel III
Mindestanforderungen an die Arbeitsbedingungen

Artikel 7
Höchstdauer einer Probezeit

Artikel 8
Mehrfachbeschäftigung

Artikel 9
Mindestplanbarkeit der Arbeit

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer, deren bzw. dessen Arbeitszeitplan völlig oder größtenteils veränderlich ist und völlig oder größtenteils vom Arbeitgeber bestimmt wird, nur dann vom Arbeitgeber verpflichtet werden kann zu arbeiten,

Artikel 10
Übergang zu einer anderen Beschäftigungsform

Artikel 11
Fortbildung

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern kostenlos Fortbildung angeboten wird, wenn die Arbeitgeber aufgrund von Unions- oder nationalen Rechtsvorschriften oder aufgrund einschlägiger Tarifverträge verpflichtet sind, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Fortbildung im Hinblick auf die Arbeit anzubieten, für die sie beschäftigt werden.

Kapitel IV
Tarifverträge

Artikel 12
Tarifverträge

Die Mitgliedstaaten können den Sozialpartnern erlauben, im Einklang mit dem nationalen Recht oder den nationalen Gepflogenheiten Tarifverträge zu schließen, bei denen Regelungen bezüglich der Arbeitsbedingungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern getroffen werden, die von den in den Artikeln 7 bis 11 beschriebenen Regelungen abweichen, sofern der Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer insgesamt gewahrt bleibt.

Kapitel V
Horizontale Bestimmungen

Artikel 13
Einhaltung der Vorschriften

Die Mitgliedstaaten veranlassen alles Notwendige, um sicherzustellen, dass dieser Richtlinie zuwiderlaufende Bestimmungen in Einzel- oder Tarifverträgen, Betriebsordnungen oder sonstigen Vereinbarungen für nichtig erklärt oder so geändert werden, dass sie im Einklang mit den Bestimmungen dieser Richtlinie stehen.

Artikel 14
Rechtsvermutung und Verfahren für eine frühzeitige Streitbeilegung

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass, wenn eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer innerhalb der Frist nicht alle oder nur Teile der Dokumente gemäß Artikel 4 Absatz 1, Artikel 5 bzw. Artikel 6 erhalten und der Arbeitgeber dieses Versäumnis nicht innerhalb von 15 Tagen, nachdem er davon unterrichtet wurde, abstellt, eine der folgenden Regelungen angewandt wird:

(bb) Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kommt in den Genuss von für sie oder ihn günstigen Vermutungen, die vom Mitgliedstaat festgelegt werden. Umfasste die Unterrichtung nicht die in Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe e, f, k oder l aufgeführten Informationen, so wird von der günstigen Vermutung ausgegangen, dass die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis hat, dass es keine Probezeit gibt bzw. dass die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer eine Vollzeitstelle hat. Die Arbeitgeber haben die Möglichkeit, die Vermutungen zu widerlegen; oder (cc) die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer erhält die Möglichkeit, bei einer zuständigen Behörde zeitnah eine Beschwerde einzureichen. Befindet die zuständige Behörde, dass die Beschwerde berechtigt ist, so weist sie den oder die betreffenden Arbeitgeber an, die fehlenden Informationen zu erteilen. Erteilt der Arbeitgeber die fehlenden Informationen nicht innerhalb von 15 Tagen nach Eingang der Anweisung, so hat die Behörde die Möglichkeit, eine angemessene Verwaltungsstrafe zu verhängen, auch noch nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses. Die Arbeitgeber haben die Möglichkeit, eine verwaltungsrechtliche Beschwerde gegen die Entscheidung zur Verhängung der Strafe einzulegen. Die Mitgliedstaaten können bestehende Stellen als zuständige Behörden benennen.

Artikel 15
Anspruch auf Rechtsbehelfe

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, einschließlich solcher, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist, Zugang zu wirkungsvoller und unparteiischer Streitbeilegung und einen Anspruch auf Rechtsbehelfe einschließlich einer angemessenen Entschädigung haben, wenn die ihnen aus dieser Richtlinie zustehenden Rechte verletzt werden.

Artikel 16
Schutz vor Benachteiligung oder negativen Konsequenzen

Die Mitgliedstaaten führen die notwendigen Maßnahmen ein, um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, darunter auch Arbeitnehmervertreterinnen und Arbeitnehmervertreter, vor jedweder Benachteiligung durch den Arbeitgeber oder vor negativen Konsequenzen zu schützen, denen sie ausgesetzt sind, weil sie Beschwerde beim Arbeitgeber eingereicht oder ein Gerichtsverfahren angestrengt haben mit dem Ziel, die Einhaltung der im Rahmen dieser Richtlinie gewährten Rechte durchzusetzen.

Artikel 17
Kündigungsschutz und Beweislast

Artikel 18
Sanktionen

Die Mitgliedstaaten legen Regeln für Sanktionen fest, die bei Verstößen gegen nationale Rechtsvorschriften, welche gemäß dieser Richtlinie verabschiedet wurden, oder gegen bereits geltende einschlägige Vorschriften zu Rechten, die unter diese Richtlinie fallen, zur Anwendung kommen. Die Mitgliedstaaten ergreifen alle erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass diese Sanktionen angewendet werden. Die Sanktionen müssen wirksam, angemessen und abschreckend sein. Sie können in Form eines Bußgeldes verhängt werden. Sie können auch eine Entschädigungszahlung umfassen.

Kapitel VI
Schlussbestimmungen

Artikel 19
Günstigere Bestimmungen

Artikel 20
Umsetzung

Artikel 21
Übergangsbestimmungen

Die in dieser Richtlinie festgelegten Rechte und Pflichten sind auf bestehende Beschäftigungsverhältnisse ab dem [Tag des Inkrafttretens + zwei Jahre] anwendbar. Auf Aufforderung einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitsnehmers müssen die Arbeitgeber jedoch die in Artikel 4 Absatz 1, Artikel 5 und Artikel 6 genannten Dokumente bereitstellen oder ergänzen. Das Ausbleiben einer solchen Aufforderung darf nicht zur Folge haben, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von den mit dieser Richtlinie eingeführten Mindestrechten ausgeschlossen werden.

Artikel 22
Überprüfung durch die Kommission

Im Benehmen mit den Mitgliedstaaten und den Sozialpartnern auf Unionsebene und unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf kleine und mittlere Unternehmen überprüft die Kommission spätestens am [Tag des Inkrafttretens + zwei Jahre] die Anwendung dieser Richtlinie, um gegebenenfalls die notwendigen Änderungen vorzuschlagen.

Artikel 23
Aufhebung

Die Richtlinie 91/533/EWG wird mit Wirkung vom [Tag des Inkrafttretens + zwei Jahre] aufgehoben. Bezugnahmen auf die aufgehobene Richtlinie gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Richtlinie.

Artikel 24
Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 25
Adressaten

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am [...]
Im Namen des Europäischen Parlaments
Im Namen des Rates