Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze
(Betriebsrentenstärkungsgesetz)

953. Sitzung des Bundesrates am 10. Februar 2017

A

Der federführende Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik (AIS), der Finanzausschuss (Fz) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 1 Absatz 2 Nummer 2a BetrAVG)

In Artikel 1 Nummer 1 § 1 Absatz 2 Nummer 2a sind nach dem Wort "Dienstvereinbarung" die Wörter "oder, wenn ein Betriebs- oder Personalrat nicht besteht, durch eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer" einzufügen.

Begründung:

Durch die vorgeschlagene Regelung können auch kleine und mittlere Betriebe, bei denen ein Betriebs- oder Personalrat nicht besteht, reine Beitragszusagen erteilen. So gibt es dem IAB-Betriebspanel 2015 zufolge nur in neun Prozent der Betriebe mit fünf bis 50 Beschäftigten einen Betriebsrat.

2. Zu Artikel 1 Nummer 9 (§ 20 Absatz 2 Satz 1 BetrAVG)

In Artikel 1 Nummer 9 § 20 Absatz 2 Satz 1 sind nach dem Wort "Tarifvertrag" die Wörter "oder einer Betriebsvereinbarung" einzufügen.

Begründung:

Die Beschränkung auf tarifvertraglich vereinbarte opt-out-Systeme behindert die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung, ohne dass dies durch ein Interesse der Arbeitnehmer an sicheren Betriebsrenten gefordert wäre.

3. Zu Artikel 1 Nummer 9 (§ 24 BetrAVG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren für nichttarifgebundene Betriebe einen grundsätzlichen Anspruch auf Aufnahme in Versorgungseinrichtungen mit reiner Beitragszusage einzuführen und Ablehnungskriterien abschließend zu regeln.

Begründung:

Der Beitritt nichttarifgebundener Betriebe zu tariflichen Regelungen mit reinen Beitragszusagen ist laut der Gesetzesbegründung zu § 24 BetrAVG vom Einverständnis der Versorgungseinrichtung abhängig. Dieses freie Zustimmungserfordernis könnte die gewünschte Inanspruchnahme jedoch beeinträchtigen. Der Sozialbeirat vertritt in seinem aktuellen Gutachten zum Rentenversicherungsbericht sogar die Auffassung, dass tariflose Branchen oder Bereiche bei der vorgelegten Gesetzesfassung die neuen Möglichkeiten nicht werden nutzen können.

Der Bundesrat hält es für erforderlich, dass die Aufnahme nur bei Vorliegen bestimmter, im Gesetz festzulegender Kriterien, abgelehnt werden kann. Diese haben die Sachbezogenheit der Entscheidung der Versorgungseinrichtung sicherzustellen.

4. Zu Artikel 4 ( § 229 SGB V)

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung um Prüfung, inwieweit eine Reduzierung der hundertprozentigen Beitragspflicht zur Krankenversicherung für Betriebsrenten auch außerhalb betrieblicher Riester-Renten ermöglicht werden kann.

Begründung:

Die Krankenversicherungsbeiträge aus Betriebsrenten müssen, anders als zum Beispiel bei Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, vom Betriebsrentner alleine getragen werden. Bis 31. Dezember 2003 galt für Betriebsrenten nur der halbe Beitragssatz, das heißt, Betriebsrentner mussten einen Beitrag nur in Höhe des Arbeitnehmeranteils zur Krankenversicherung entrichten. Seit 1. Januar 2004 werden Betriebsrenten unabhängig davon, wer die Betriebsrente in der Ansparphase finanziert hat, mit dem vollen Beitragssatz zur Beitragsbemessung herangezogen. Problematisch erscheint vor diesem Hintergrund die volle Beitragspflicht insbesondere von arbeitnehmerfinanzierten Betriebsrenten.

Die in § 23 Absatz 2 BetrAVG-E vorgesehene Umleitung von ersparten Arbeitgeberanteilen zur Sozialversicherung in die betriebliche Altersversorgung dürfte die große Unzufriedenheit der betroffenen Betriebsrentner bezüglich der vollen Beitragspflicht zur Krankenversicherung in der Rentenphase wohl nicht beseitigen.

5. Zu Artikel 6 Nummer 2 (§ 244b Absatz 1 Satz 2 - neu - VAG)

Dem Artikel 6 Nummer 2 § 244b Absatz 1 ist folgender Satz 2 anzufügen:

"Direktversicherungen können abweichend von Nummer 1 nach Wahl der Tarifparteien Voll- oder Teilgarantien gewähren."

Begründung:

Ein vollständiges Garantieverbot ist bei Direktversicherungen nicht erforderlich und würde zudem den Spielraum der Tarifvertrags- bzw. Betriebsparteien einschränken. Sie könnten dann nicht mehr wählen, ob und inwieweit sie bei der Durchführung der reinen Beitragszusage eine Garantieübernahme durch die Versorgungsträger vorsehen wollen. Zudem würde das vollständige Verbot von Garantieübernahmen die Gewährung von Leistungen im Bereich der Invaliditäts- und Hinterbliebenenabsicherung erschweren.

6. Zu Artikel 9 Nummer 4 (§ 10a Absatz 1 und Absatz 7 EStG)

In Artikel 9 ist Nummer 4 wie folgt zu fassen:

'4. § 10a wird wie folgt geändert:

Begründung:

Im Zuge der Anhebung der Grundzulage von 154 Euro auf 165 Euro soll auch der in § 10a Satz 1 EStG geregelte Höchstbetrag für den alternativen Abzug der Altersvorsorgebeiträge als Sonderausgaben angepasst werden. Auch dieser Betrag ist - wie die Grundzulage - seit dem Jahr 2008 nicht mehr erhöht worden. In den Jahren zuvor wurden beide Größen stets im relativ gleichen Umfang angehoben.

Um die Struktur der bisherigen Förderung beizubehalten, ist wie bei der Grundzulage eine Anhebung des Sonderausgabenhöchstbetrags um rund sieben Prozent notwendig. Dies sind 150 Euro.

7. Zu Artikel 9 Nummern 9 und 10 (Dynamisierung der Riester-Zulagen)

Der Bundesrat bittet im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob eine deutlichere Anhebung und eine Dynamisierung der Riester-Zulagen erfolgen kann.

Begründung:

Die im Jahr 2002 eingeführte Grundzulage wurde bisher nicht angepasst. Die in § 84 Satz 1 EStG-E vorgesehene Erhöhung der Grundzulage ist daher wichtig für die bessere Verbreitung der privaten Altersvorsorge, erscheint allerdings hierfür als zu gering angesetzt. Darüber hinaus sind auch Verbesserungen bei der Kinderzulage erforderlich. So sollte diese auch für vor 2008 geborene Kinder auf einheitlich 300 Euro angehoben werden. Es ist nicht vermittelbar, dass für vor 2008 geborene Kinder derzeit nur 185 Euro an Kinderzulage gewährt wird.

8. Zu Artikel 9 Nummer 18 ( § 100 Absatz 2 EStG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob zur Vermeidung von Gestaltungen für den BAV-Förderbetrag auf das Referenzjahr 2016 abgestellt werden kann.

Begründung:

Der Förderbetrag wird bei Arbeitgebern, die bereits im Jahr 2017 einen arbeitgeberfinanzierten Beitrag zu einem Pensionsfonds, einer Direktversicherung oder Pensionskasse geleistet haben, begrenzt auf den Betrag, den der Arbeitgeber im Vergleich zur Beitragshöhe des Jahres 2017 zusätzlich leistet. Wer als Arbeitgeber bisher keine Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung erbracht hat, wird also bei gleicher Beitragshöhe stärker gefördert als Arbeitgeber, die sich schon jetzt sozial verantwortungsbewusst gegenüber ihren Arbeitnehmern verhalten. Die Schlechterstellung der Bestandsfälle bietet für betroffene Arbeitgeber einen Anreiz, freiwillige arbeitgeberfinanzierte Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung im Referenzjahr 2017 zu mindern, um dauerhaft und ohne Mehraufwand eine vollständige Förderung der späteren Aufstockung in den Folgejahren zu erreichen.

Zu prüfen wäre, ob gegebenenfalls auf 2016 als Referenzjahr abgestellt werden könnte, um solche Gestaltungen auszuschließen.

9. Zu Artikel 9

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine Absenkung des steuerlichen Rechnungszinses von sechs Prozent für die Bewertung von Pensionsrückstellungen zu prüfen.

Begründung:

Die lang anhaltende Phase historisch außergewöhnlicher Niedrigzinsen stellt zunehmend eine erhebliche Herausforderung für viele Formen der betrieblichen Altersvorsorge dar. Unternehmen, die ihren Arbeitnehmern eine betriebliche Altersversorgung in der Form der Direktzusage erteilt haben, sind hiervon besonders betroffen. Für die Unternehmen wird es immer teurer, ihre Betriebsrentenzusagen einzuhalten. Die Gelder, die sie für diesen Zweck angelegt haben, werfen immer weniger Rendite ab. Die Notwendigkeit der Zuführung zusätzlicher Mittel aus dem laufenden Geschäft verringert die Investitionsmöglichkeiten des Mittelstands. Die Bereitschaft der Firmen, neue Betriebsrentenzusagen zu geben, sinkt. Dies ist gerade auch vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und der damit verbundenen Notwendigkeit, die betriebliche Altersvorsorge attraktiver auszugestalten, problematisch. Außerdem steigt bei steigenden Pensionsverpflichtungen zugleich die Fremdkapitalquote, was Kredite verteuert.

Der Bundesgesetzgeber hat im Rahmen des Gesetzes zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 396) den Betrachtungszeitraum für den handelsrechtlichen Durchschnittszins bei Rückstellungen für Altersvorsorgeverpflichtungen von bislang sieben auf zehn Jahre erhöht, um die negativen Auswirkungen der Niedrigzinsphase abzumildern. Eine Änderung im Steuerrecht wurde jedoch nicht vorgenommen.

Zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die betriebliche Altersversorgung, aber auch zur Stärkung der Investitionstätigkeit der Unternehmen, sollte die Problematik der Pensionsrückstellungen einer sinnvollen Lösung sowohl im Handels- als auch im Steuerrecht zugeführt werden. Denn die Unternehmen können ihre Rückstellungserhöhungen aufgrund des fixen steuerlichen Rechnungszinses von sechs Prozent großteils nicht steuerlich geltend machen. Faktisch müssen sie Steuern auf Gewinne zahlen, die sie nicht erzielt haben.

10. Zu Artikel 14 Nummer 1 Buchstabe a (§ 1 Absatz 1 Nummer 4 AltvZertG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob durch die vorgesehene Neuregelung in § 1 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe a eine Ergänzung oder Klarstellung in § 93 Absatz 3 EStG im Hinblick auf die Frage einer steuerunschädlichen Verwendung im Zusammenhang mit der Auszahlung zur Abfindung einer Kleinbetragsrente im Jahr, das dem Beginn der Auszahlungsphase folgt, erforderlich ist.

Begründung:

Nach § 93 Absatz 3 Satz 1 EStG gelten Auszahlungen zur Abfindung einer Kleinbetragsrente zu Beginn der Auszahlungsphase nicht als schädliche Verwendung. Durch die vorgesehene Neuregelung des § 1 Absatz 1 Nummer 4 hat der Rentenbezieher zukünftig ein Wahlrecht hinsichtlich des Auszahlungszeitpunkts zur Abfindung einer Kleinbetragsrente. Er kann zwischen der Einmalzahlung im Jahr des Beginns der Auszahlungsphase und dem darauffolgenden Jahr wählen. Fraglich ist, ob die Auszahlung im darauffolgenden Jahr noch unter den Begriff "Beginn der Auszahlungsphase" im Sinne des § 93 Absatz 3 Satz 1 EStG zu subsumieren ist. Damit unabhängig von der Wahlrechtsausübung die Einmalauszahlung steuerlich gleichbehandelt wird, das heißt unabhängig vom im Rahmen des AltvZertG gewählten Auszahlungszeitpunkt keine schädliche Verwendung vorliegt, sollte eine entsprechende Ergänzung des § 93 Absatz 3 EStG geprüft werden.

11. Zum Gesetzentwurf allgemein:

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung zu prüfen, ob und inwieweit bei der Anrechnung von Einkommen auf Renten wegen Todes auch geförderte Betriebsrenten unberücksichtigt bleiben können.

Begründung:

Damit würde die bisherige Schlechterstellung von Betriebsrenten im Vergleich zu Riester-Renten beseitigt. Riester-Renten werden, soweit sie nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes gefördert worden sind, nicht angerechnet.

12. Zum Gesetzentwurf allgemein:

Der Bundesrat begrüßt, dass die Bundesregierung mit dem Entwurf des Betriebsrentenstärkungsgesetzes Maßnahmen ergreift, um die Verbreitung von Betriebsrenten, insbesondere auch für Geringverdiener, voranzubringen. Anzuerkennen ist, dass zugleich ein Einstieg in notwendige Verbesserungen bei der Riesterrente erfolgt.

Der Bundesrat sieht in dem Gesetzesvorhaben ein Bekenntnis zu den - der demografischen Entwicklung geschuldeten - Weichenstellungen im letzten Jahrzehnt hin zu dem Dreisäulenmodell der Alterssicherung, das auf umlagefinanzierter gesetzlicher Rente, privater und betrieblicher Altersvorsorge aufbaut.

Der Bundesrat hält den Gesetzentwurf insbesondere aufgrund der Zulassung der reinen Beitragszusage grundsätzlich für geeignet, eine bessere Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung zu bewirken.

Im Einzelnen

besteht allerdings noch deutlicher Nachbesserungsbedarf.

Der Gesetzentwurf will eine weitere Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung besonders auch in kleineren Unternehmen erreichen. Diese Unternehmen sind jedoch vielfach - wie auch eine große Zahl mittlerer Unternehmen - nicht tarifgebunden. Der Sozialbeirat sieht in seinem aktuellen Gutachten zum Rentenversicherungsbericht 2016, in dem er sich zu dem ihm vorliegenden Gesetzentwurf - bezogen auf tariflose Branchen oder Bereiche äußert, "keine Chance, dass die reine Beitragszusage zu einer weiteren Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung führt". Es muss für kleine und mittlere Unternehmen daher noch wesentlich interessanter werden, eine betriebliche Altersversorgung anzubieten.

Entscheidend für das Gelingen der Reform der betrieblichen Altersversorgung ist ihre Akzeptanz durch die Sozialpartner. Dabei sind die Belange der Arbeitgeber, deren stärkeres Engagement in der betrieblichen Altersversorgung angestrebt wird, von besonderer Bedeutung. Ein Motor der betrieblichen Altersversorgung ist deren Charakter als Instrument betrieblicher Personalbindung und -gewinnung, der sie nach wie vor mit prägt.

In diesem Rahmen sind die Maßnahmen im Einzelnen auf eine möglichst effektive Umsetzung des Ziels auszurichten, einen hohen Verbreitungsgrad der betrieblichen Altersversorgung mit angemessenen Leistungsansprüchen zu erreichen.

13. Zum Gesetzentwurf allgemein:

Der Bundesrat erkennt die dem vorliegenden Gesetzentwurf zugrunde liegende Zielstellung der Bundesregierung an, vor dem Hintergrund des demografischen Wandels die zusätzliche betriebliche und private Altersvorsorge im Dreisäulenmodell der Alterssicherung insbesondere für Beschäftigte in kleinen und mittleren Betrieben sowie für Geringverdienende zu stärken. Allerdings dürfen die Reformmaßnahmen nicht dazu führen, dass die Planbarkeit in Bezug auf die Leistungen aus einer betrieblichen Altersversorgung verloren geht und das Vertrauen der Beschäftigten in die Verlässlichkeit ihrer Altersabsicherung erschüttert wird. Dies gilt umso mehr angesichts der Tatsache, dass Beschäftigte seit Einführung der Entgeltumwandlung eine betriebliche Altersvorsorge zunehmend mit eigenen Mitteln finanzieren und dafür Einbußen bei der gesetzlichen Rente in Kauf nehmen. Eine Enthaftung der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber im Rahmen kapitalgedeckter betrieblicher Altersvorsorge und sogenannter "Zielrenten", die einen Verzicht auf Rentengarantien zugunsten einer reinen Beitragszusage festschreiben, wird darum kritisch gesehen.

Altersvorsorge muss sich unabhängig von der Vorsorgeform für jede und jeden Erwerbstätigen lohnen. Der Bundesrat stellt heraus, dass eine gute betriebliche Altersversorgung die gesetzliche Rente immer nur ergänzen, diese aber nicht ersetzen kann.

Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen,

Begründung:

Mit dem am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Altersvermögensgesetz, ergänzt durch das Altersvermögensergänzungsgesetz, wurde ein Paradigmenwechsel in der gesetzlichen Rentenversicherung eingeleitet und die Alterssicherung in einem Dreisäulenmodell so ausgestaltet, dass die umlagefinanzierte gesetzliche Rente durch eine staatlich geförderte, kapitalgedeckte betriebliche oder private Altersvorsorge ergänzt wird. Die Förderung der sogenannten Riester-Rente über Zulagen und Steuerentlastungen sowie die Stärkung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) waren seinerzeit darauf ausgerichtet worden, das bisherige Gesamtversorgungsniveau im Alter aufrecht zu erhalten. Zwar ist die Verbreitung der betrieblichen Altersvorsorge insbesondere durch die Inanspruchnahme der Möglichkeit der Entgeltumwandlung insgesamt gestiegen: Gemäß dem Alterssicherungsbericht 2016 der Bundesregierung hatten im Jahr 2001 13,6 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Deutschland eine bAV-Anwartschaft, im Jahr 2015 waren es 17,7 Millionen

Dasentspricht einem Anstieg der Verbreitungsquote bezogen auf die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von 48,7 Prozent (2001) auf 57,0 Prozent (2015). Dennoch gibt es gerade in Bereichen mit geringer Tarifbindung, in kleinen und mittleren Betrieben sowie bei Geringverdienenden erheblichen Nachholbedarf. Gesetzliche Regelungen, die zu einer weiteren Verbreitung der zusätzlichen Altersvorsorge beitragen, sind daher grundsätzlich zu begrüßen.

Ausgehend von den Ergebnissen in der Diskussion um das Sozialpartnermodell Betriebsrente sollen mit dem Entwurf des Betriebsrentenstärkungsgesetzes die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, auf tarifvertraglicher Grundlage das Modell der "reinen Beitragszusage" einzuführen. Mit diesem Modell werden die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber nach dem Prinzip "pay and forget" von jeglicher subsidiären Haftung freigestellt. Auf die Tarifpartner kommen damit aus der Verantwortung gegenüber ihren Mitgliedern bzw. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern neue Herausforderungen zu.

Ob die Neuregelungen letztendlich zu einer weiteren stärkeren Verbreitung der betrieblichen Altersvorsorge führen werden, hängt maßgeblich davon ab, wie die Tarifpartner die neuen gesetzlichen Gestaltungsspielräume für sich nutzen werden. Nicht abzuschätzen ist, in welchem Umfang nichttarifgebundene Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sich anschließen werden, um ihren Beschäftigten entsprechende Vereinbarungen anbieten zu können.

Eine hinreichende Kosten- und Planungssicherheit der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ist als eine der Voraussetzungen anzusehen, betriebliche Altersvorsorge überhaupt anbieten zu können. Dem steht bei den Beschäftigten der Verlust an Verlässlichkeit ihrer Altersabsicherung gegenüber, da bei "reinen Beitragszusagen" selbst eine Mindestleistung nicht mehr garantiert ist. Eine risikoreiche Strategie kann zwar auch zu höheren Renditen führen. Die Höhe der Betriebsrente hängt aber insgesamt vom Anlageerfolg ab, kann für Rentenkohorten einen unterschiedlichen Verlauf nehmen und Rentenbeträge können auch absolut sinken. Das Erfolgsmodell der Entgeltumwandlung geht jedenfalls dann zu Lasten eines Gesamtalterseinkommens, wenn den der Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung geschuldeten Einbußen bei der gesetzlichen Rente keine adäquaten Leistungen aus der Betriebsrente mehr gegenüberstehen. Die zur Abfederung der Kapitalmarktrisiken im Gesetzentwurf vorgesehenen Regelungen zu einem Sicherungsbeitrag sind unzureichend. Diese zusätzliche Arbeitgeberleistung ist in ihrer Ausgestaltung völlig offen und soll zudem auf freiwilliger Basis erfolgen. Die Sicherheit und dauerhafte Erfüllbarkeit der Betriebsrentenzusagen bedarf im Interesse der Tarifparteien eines rechtlichen Rahmens durch den Gesetzgeber.

Nicht nachvollziehbar erscheint, die Regelungen des zusätzlichen Arbeitgeberzuschusses nur auf Entgeltumwandlungen nach dem Modell der "reinen Beitragszusage" zu begrenzen.

B