Gesetzesantrag des Landes Rheinland-Pfalz
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

Gesetzesantrag des Landes Rheinland-Pfalz
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes

Der Ministerpräsident Mainz, den 2. November 2005


des Landes Rheinland-Pfalz
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Harry Carstensen

Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,

die Landesregierung von Rheinland-Pfalz hat beschlossen, dem Bundesrat den in der Anlage beigefügten


mit dem Antrag zuzuleiten, seine Einbringung beim Deutschen Bundestag gemäß Artikel 76 Abs. 1 GG zu beschließen.
Ich bitte Sie, den Gesetzentwurf gemäß § 36 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf die Tagesordnung der Sitzung des Bundesrates am 25. November 2005 zu setzen. Mit freundlichen Grüßen
Kurt Beck

Anlage
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1 Änderung des Bundeswahlgesetzes

Das Bundeswahlgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Juli 1993 (BGBl. 1 S. 1288, 1594), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert

Artikel 2 In-Kraft-Treten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeines

1. Problem

Am 7. September 2005, elf Tage vor der Bundestagswahl am 18. September 2005, verstarb die für den Wahlkreis 160 (Dresden 1) zugelassene Wahlkreisbewerberin der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands. Nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 des Bundeswahlgesetzes musste für diesen Wahlkreis die Bundestagswahl am 18. September 2005 abgesagt und am 2. Oktober 2005 eine Nachwahl als Erst- und Zweitstimmenwahl durchgeführt werden.

Durch die Nachwahl im Wahlkreis 160 wurde die Ermittlung und Feststellung des Gesamtergebnisses der Wahl verzögert. Darüber hinaus wurde in der Öffentlichkeit kritisiert, die Wählerinnen und Wähler dieses Wahlkreises hätten einen Informationsvorsprung und könnten deshalb durch taktisches Stimmverhalten stärker als die übrige Wählerschaft das Gesamtergebnis der Wahl beeinflussen.

2. Denkbare Problemlösungen

Die öffentliche Kritik wurde zum Anlass genommen, Alternativen zu prüfen, wie die mit einer Nachwahl nach dem geltenden Recht verbundenen Probleme beseitigt oder zumindest reduziert werden können und auf dieser Grundlage einen Vorschlag zur Änderung des Bundeswahlgesetzes zu unterbreiten.

2.1 Trennung von Erst- und Zweitstimmenwahl

Die Bedeutung der Nachwahl könnte dadurch verringert werden, dass sie auf die Abgabe der Erststimme für die Wahl einer Wahlkreisbewerberin oder eines Wahlkreisbewerbers beschränkt wird. Die Zweitstimme für die Wahl einer Landesliste würde (wie im gesamten übrigen Wahlgebiet auch) am Tage der Hauptwahl abgegeben und ausgewertet.

Gegen diese Alternative spricht, dass sie in den Wahlkreisen ausscheidet, in denen Bewerberinnen und Bewerber von Wahlberechtigten oder von einer Partei, für die in dem betreffenden Land keine Landesliste zugelassen ist, vorgeschlagen sind. Für diesen Fall schreibt nämlich § 6 Abs. 1 Satz 2 des Bundeswahlgesetzes zur Sicherung der Erfolgswertgleichheit aller Stimmen vor, dass die Zweitstimmen derjenigen Wählerinnen und Wähler, die die erfolgreiche Einzelbewerberin oder den erfolgreichen Einzelbewerber gewählt haben, bei der Verteilung der nach Landeslisten zu besetzenden Sitze nicht berücksichtigt werden. Eine Nichtberücksichtigung dieser Zweitstimmen ist nur dann möglich, wenn Erst- und Zweitstimme auf einem einzigen Stimmzettel abgegeben werden. Nur dann kann festgestellt werden, welche Zweitstimmen von den Wählerinnen und Wählern stammen, die mit ihrer Erststimme die erfolgreiche Einzelbewerberin oder den erfolgreichen Einzelbewerber gewählt haben. Soweit die getrennte Stimmabgabe im Übrigen, das heißt in Wahlkreisen ohne derartige Einzelbewerbungen, zulässig wäre, müsste als Nachteil in Kauf genommen werden, dass auch dann noch überdurchschnittliche Einflussmöglichkeiten der Wählerinnen und Wähler im Nachwahlkreis bleiben. Zu denken ist an die Konstellation, dass der Ausgang der Wahl in diesem Wahlkreis zu einem Überhangmandat führen könnte, weil eine Partei ihren Verhältnisanteil an Mandaten bereits durch den Gewinn von Direktmandaten in anderen Wahlkreisen ausgeschöpft hat (bei der Nachwahl in Dresden ist diese Konstellation Realität geworden). Denkbar ist auch der Versuch, eine Wahlkreisbewerberin oder einen Wahlkreisbewerber, die oder der nicht auf einem nach der Auszählung der Hauptwahl sicheren Listenplatz steht, nur deshalb zu wählen, um damit dem Wahlkreis eine größere personelle Repräsentanz im Parlament zu sichern.

2.2 Beschränkung der Nachwahl auf Briefwählerinnen und Briefwähler

Denkbar wäre auch, die Nachwahl auf die Wählerinnen und Wähler zu beschränken, die im Zeitpunkt der entsprechenden Feststellung bereits - wegen des Todesfalles überholte Briefwahlunterlagen erhalten haben. Diese Lösung scheidet jedoch aus praktischen Gründen oftmals aus. Sie setzt voraus, dass der Nachwahlfall so frühzeitig eintritt, dass noch vor der Hauptwahl eine neue Kandidatin oder ein neuer Kandidat aufgestellt und neue Stimmzettel gedruckt werden können. Todesfälle kurz vor dem Wahltag müssten - wie bisher - zu einer vollständigen Nachwahl führen.

2.3 Nichtveröffentlichung von Wahlergebnissen am Tag der Hauptwahl

In Betracht gezogen werden könnte, am Tag der Hauptwahl bereits ermittelte Wahlergebnisse nicht zu veröffentlichen. Gegen diese Alternative bestehen jedoch vornehmlich praktische Bedenken. Ein bereits ermitteltes Wahlergebnis dürfte trotz entsprechender Verpflichtungen oder sogar Strafandrohungen schwerlich bis zum Tag der Nachwahl, der bis zu sechs Wochen nach dem Tag der Hauptwahl liegen kann, geheim gehalten werden können.

2.4 Ermittlung der Wahlergebnisse der Hauptwahl erst am Tag der Nachwahl

Rechtlich zulässig wäre auch, die Wahlergebnisse bundesweit nicht am Tag der Hauptwahl, sondern erst am Tag der Nachwahl zu ermitteln. Eine solche Lösung würde jedoch einen beträchtlichen organisatorischen und finanziellen Aufwand verursachen. Insbesondere müssten die Wahlurnen bis zu sechs Wochen sicher aufbewahrt und sämtliche Wahlvorstände zur Ergebnisermittlung am Tag der Nachwahl nochmals einberufen werden.

2.5 Obligatorische Aufstellung von Ersatzbewerberinnen und Ersatzbewerbern

Auch nach dem hessischen Landtagswahlgesetz hat jede Wählerin und jeder Wähler zwei Stimmen, eine Wahlkreisstimme für die Wahl einer oder eines Wahlkreisabgeordneten und eine Landesstimme für die Wahl einer Landesliste. Anders als das Bundestagswahlrecht schreibt das hessische Landtagswahlgesetz jedoch die Aufstellung von Ersatzbewerberinnen und Ersatzbewerbern zwingend vor. Diese werden von den Kreiswahlausschüssen mit zugelassen und auf den Stimmzetteln aufgeführt. Stirbt eine Wahlkreisbewerberin oder ein Wahlkreisbewerber nach der Zulassung des Wahlvorschlages, aber noch vor der Wahl, so steht kraft Gesetzes die Ersatzperson zur Wahl. Eine Nachwahl findet - abgesehen von den Fällen höherer Gewalt - nur noch dann statt, wenn sowohl die Wahlkreisbewerberin oder der Wahlkreisbewerber als auch die Ersatzbewerberin oder der Ersatzbewerber in dem genannten Zeitraum sterben oder ihre Wählbarkeit verlieren.

Die Ersatzperson wird durch die individuelle Wahlentscheidung demokratisch legitimiert. Ihre Ersatzbewerberfunktion ist daher nicht auf die Phase bis zum Wahltag beschränkt, sondern die Nachrückerfunktion besteht darüber hinaus für die gesamte Wahlperiode.

Gegen die obligatorische Ersatzbewerberlösung wird geltend gemacht, dass es für viele Parteien und Gruppierungen eine über das vertretbare Maß hinausgehende Erschwernis bedeuten kann, für jede Wahlkreisbewerberin und jeden Wahlkreisbewerber eine Ersatzperson zu benennen, dass die Wahlkreisbewerberin oder der Wahlkreisbewerber und die Ersatzperson sehr unterschiedliche Persönlichkeiten sein könnten, mit der Folge, dass der Wahlkampf und die Entscheidung der Wählerinnen und Wähler ihre bisherige Klarheit verlieren, oder dass die Möglichkeit der Störung des Parteifriedens durch Druck auf die Erstkandidatin oder den Erstkandidaten bestehe (vgl. hierzu Schreiber, Kommentar zum Bundeswahlgesetz, 7. Auflage 2002, Rdnr. 3 zu § 43).

2.6 Fakultative Aufstellung von Ersatzbewerberinnen und Ersatzbewerbern

Nach dem rheinlandpfälzischen Landeswahlgesetz, das ebenfalls ein Zweistimmenwahlrecht statuiert (eine Stimme für die Wahl einer oder eines Wahlkreisabgeordneten und eine Stimme für die Wahl einer Landes- oder Bezirksliste), ist die Aufstellung einer Ersatzbewerberin oder eines Ersatzbewerbers zwar möglich, aber nicht zwingend vorgeschrieben (so genannte fakultative Ersatzbewerbung). Wurde eine Ersatzbewerberin oder ein Ersatzbewerber benannt und stirbt die Wahlkreisbewerberin oder der Wahlkreisbewerber, erfolgt keine Nachwahl. Eine Nachwahl findet jedoch zum einen statt, wenn sowohl eine Wahlkreisbewerberin oder ein Wahlkreisbewerber als auch die benannte Ersatzperson nach der Zulassung des Wahlvorschlages, aber noch vor der Wahl sterben oder ihre Wählbarkeit verlieren. Dasselbe gilt, wenn von der Möglichkeit der Benennung einer Ersatzbewerberin oder eines Ersatzbewerbers kein Gebrauch gemacht wird. Somit verhindert nur das Gebrauchmachen von der Möglichkeit der Benennung einer Ersatzbewerberin oder eines Ersatzbewerbers eine Nachwahl in den Fällen, in denen die Wahlkreisbewerberin oder der Wahlkreisbewerber zwischen Zulassung und Wahl stirbt.

Auch nach dem rheinlandpfälzischen Landeswahlgesetz erhält die Ersatzbewerberin oder der Ersatzbewerber mit dem Wahlakt eine unmittelbar auf die Wählerschaft zurückführbare Legitimation für die gesamte Wahlperiode. Sie oder er wird als Ersatzperson berufen, wenn eine im Wahlkreis gewählte Bewerberin oder ein im Wahlkreis gewählter Bewerber stirbt, die Wählbarkeit verliert oder die Annahme der Wahl ablehnt oder wenn eine im Wahlkreis gewählte Abgeordnete oder ein im Wahlkreis gewählter Abgeordneter stirbt oder sonst nachträglich aus dem Landtag ausscheidet.

Gegenüber der obligatorischen Ersatzbewerberregelung hat die rheinlandpfälzische den Vorteil, dass sie die Wahlvorschlagsberechtigten nicht zur Benennung einer Ersatzbewerberin oder eines Ersatzbewerbers zwingt. Allerdings verhindert auch nur das Gebrauchmachen von der Möglichkeit der Benennung einer Ersatzbewerberin oder eines Ersatzbewerbers eine Nachwahl in den Fällen, in denen die Wahlkreisbewerberin oder der Wahlkreisbewerber zwischen der Zulassung und der Wahl stirbt. Wird nur eine Wahlkreisbewerberin oder ein Wahlkreisbewerber benannt und stirbt diese Person, so findet eine Nachwahl statt.

3. Vorschlag für eine Neuregelung

Kernpunkte des vorliegenden Gesetzentwurfs sind die folgenden Regelungen:

Falls eine Wahlkreisbewerberin oder ein Wahlkreisbewerber, für die oder den keine Ersatzperson benannt ist, nach der Zulassung des Kreiswahlvorschlages, aber noch vor der Wahl stirbt oder die Wählbarkeit verliert, sind die auf sie oder ihn entfallenden Stimmen ungültig.

Der Neuregelungsvorschlag beruht zunächst auf der Überlegung, dass die Ersatzbewerberlösung gegenüber den dargestellten anderen Alternativen vorzugswürdig ist, weil sie nicht nur darauf abzielt, theoretisch vorstellbare überdurchschnittliche Einflussmöglichkeiten von Wählerinnen und Wählern im Nachwahlkreis auf das Gesamtergebnis einzuschränken. Durch die Aufstellung von Ersatzbewerberinnen und Ersatzbewerbern können Nachwahlen infolge des Tods der Bewerberin oder des Bewerbers von vornherein weitgehend ausgeschlossen werden. Schon bisher waren der Hauptwahl zeitlich folgende Nachwahlen bei Bundestagswahlen selten (1961: 1 Fall, 1965: 2 Fälle, 2005: 1 Fall). Ferner vermeidet die vorgeschlagene Ersatzbewerberlösung die mit anderen vorstellbaren Nachwahlmodifikationen verbundenen Nachteile.

Der Neuregelungsvorschlag berücksichtigt auch, dass den Landeswahlleitungen in Hessen und Rheinland-Pfalz nicht bekannt geworden ist, dass die Aufstellung von Ersatzbewerberinnen und Ersatzbewerbern bei den Wahlvorschlagsberechtigten anlässlich zurückliegender Landtagswahlen zu Schwierigkeiten geführt hat. Ferner ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass es zwar grundsätzlich nicht Aufgabe des Wahlgesetzgebers ist, bereits gegebene Unterschiede in den Strukturen und auch in der Leistungsfähigkeit von Parteien und Wählergruppen durch entsprechende Wahlrechtsbestimmungen auszugleichen. Der Wahlgesetzgeber kann jedoch solche Unterschiede bei der Ausgestaltung des Wahlrechts berücksichtigen.

Der vorliegende Gesetzentwurf greift die Vorteile der hessischen und der rheinlandpfälzischen Ersatzbewerberlösung auf und versucht deren Nachteile zu vermeiden. Kern des Gesetzentwurfs ist die Überlegung, einerseits die Wahlvorschlagsberechtigten nicht zur Benennung einer Ersatzbewerberin oder eines Ersatzbewerbers zu verpflichten, ihnen andererseits aber das Risiko aufzuerlegen, nicht an der Wahl im Wahlkreis teilnehmen zu können, falls keine Ersatzbewerberin oder kein Ersatzbewerber benannt wird und die Bewerberin oder der Bewerber vor der Wahl stirbt. Diese Lösung ist gegenüber der obligatorischen Ersatzbewerberlösung für den Wahlvorschlagsberechtigten weniger belastend und eröffnet ihm die politische Option, eine Ersatzbewerberin oder einen Ersatzbewerber zu benennen. Gegenüber der fakultativen Ersatzbewerberlösung nach rheinlandpfälzischem Vorbild besteht der Vorteil, dass sie den Eintritt eines todesfallbedingten Nachwahlfalls noch unwahrscheinlicher macht, weil der Tod der alleinigen Bewerberin oder des alleinigen Bewerbers nicht zur Nachwahl führt.

Soweit sich gegen die vorgeschlagene Ersatzbewerberlösung der Einwand erheben ließe, dass der Wahlvorschlagsberechtigte, der von seinem Recht, eine Ersatzbewerberin oder einen Ersatzbewerber zu benennen, keinen Gebrauch macht, bei Tod der alleinigen Bewerberin oder des alleinigen Bewerbers keine Wahlkreiskandidatin oder keinen Wahlkreiskandidaten hat, kann dem entgegengehalten werden, dass dies Folge einer - in seinen Verantwortungsbereich fallenden - unzureichenden Ausschöpfung des Wahlrechts ist.

Aus der Sicht der Wählerinnen und Wähler muss bei der vorgeschlagenen lösung in Kauf genommen werden, dass bei Ausfall der alleinigen Bewerberin oder des alleinigen Bewerbers noch vor der Wahl die für ihn eventuell bereits abgegebenen Briefwahlstimmen ungültig sind. Dies erscheint jedoch als Folge der wahlrechtlichen Regelung im Interesse des verfolgten Regelungsziels hinnehmbar, zumal die Briefwählerinnen und Briefwähler mit einem solchen Ereignis rechnen müssen, wenn "ihre" Wahlkreisbewerberin oder "ihr" Wahlkreisbewerber nicht durch eine Ersatzbewerberin oder einen Ersatzbewerber abgesichert ist. Auch dem geltenden Wahlrecht sind Ungültigkeitsgründe dieser Art nicht völlig fremd. Nach dem Bundeswahlrecht ist die Wahl einer Bewerberin oder eines Bewerbers ungültig, die oder der nach der Zulassung, aber noch vor der Wahl das passive Wahlrecht verliert. Durch geeignete Informationsmöglichkeiten (zum Beispiel durch einen Hinweis bei den Briefwahlunterlagen, durch öffentliche Bekanntmachung oder einen Aushang am oder im Eingang des Gebäudes, in dem sich der Wahlraum befindet) kann verhindert werden, dass Wählerinnen und Wähler, die nach dem Tod einer Wahlkreisbewerberin oder eines Wahlkreisbewerbers durch Briefwahl oder am Wahltag von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen, ihre Stimme für eine verstorbene und damit nicht mehr zur Wahl stehende Bewerberin oder für einen verstorbenen und damit nicht mehr zur Wahl stehenden Bewerber abgeben.

Für die Wählerinnen und Wähler ist die "Ersatzbewerberlösung" insbesondere deshalb vorteilhaft, weil von Anfang Klarheit darüber besteht, welche Person im Falle des Todes oder in anderen Fällen des Ausscheidens der Wahlkreisbewerberin oder des Wahlkreisbewerbers als Ersatzperson eintritt. Bei der Listennachfolge besteht eine solche Klarheit nicht.

Die Funktion der Ersatzbewerberin oder des Ersatzbewerbers ist nicht auf den Fall des Todes der Wahlkreisbewerberin oder des Wahlkreisbewerbers und nicht auf die Phase bis zur Wahl beschränkt. Die Ersatzperson tritt auch dann ein, wenn die Wahlkreisbewerberin oder der Wahlkreisbewerber die Wählbarkeit verliert oder die Annahme der Wahl ablehnt oder wenn eine im Wahlkreis gewählte Abgeordnete oder ein im Wahlkreis gewählter Abgeordneter sonst nachträglich aus dem Deutschen Bundestag ausscheidet. Nur für den Fall, dass für den Wahlkreis keine Ersatzbewerberin oder kein Ersatzbewerber berufen werden kann, findet eine Listennachfolge statt.

4. Kosten

Nachwahlen verursachen durch die damit verbundenen Personal- und Sachaufwendungen erhebliche Kosten. Die vorgeschlagene Ersatzbewerberlösung führt zu einer beträchtlichen Verringerung des Nachwahlrisikos und damit des Kostenrisikos.

B. Zu den einzelnen Bestimmungen

Zu Artikel 1 - Änderung des Bundeswahlgesetzes Vorbemerkung:

Da das geltende Bundeswahlgesetz nur verallgemeinernde männliche Bezeichnungen verwendet, sind im vorgeschlagenen Änderungstext sowie in der nachstehenden Einzelbegründung hierzu entsprechende Bezeichnungen in verallgemeinernder männlicher Form eingesetzt worden.

Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)

Wegen der neuen Überschrift des § 48 ist eine Anpassung der Inhaltsübersicht erforderlich.

Zu Nummer 2 (§ 9)

Auch Ersatzbewerber sollen nicht zu Mitgliedern eines Wahlorgans bestellt werden können.

Zu Nummer 3 (§ 20)

Der neu gefasste § 20 Abs. 1 trifft in Satz 2 die Grundsatzregelung, dass neben dem Bewerber ein Ersatzbewerber aufgeführt werden kann. Ferner wird in den erweiterten Sätzen 3 und 4 geregelt, dass auch jeder Ersatzbewerber nur in einem Wahlkreis und hier nur in einem Kreiswahlvorschlag benannt und als Ersatzbewerber nur vorgeschlagen werden kann, wer seine Zustimmung dazu schriftlich erteilt hat.

Zu Nummer 4 (§ 21)

§ 21 enthält Regelungen über die Aufstellung von Kreiswahlvorschlägen.

In die bisher nur für Wahlkreisbewerber geltenden Regelungen des § 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3 Satz 1 und 3 und Abs. 5 und 6 Satz 1 werden auch die Ersatzbewerber einbezogen.

Zu Nummer 5 (§ 24)

Nach § 24 Satz 1 kann ein Kreiswahlvorschlag nach Ablauf der Einreichungsfrist bis zur Entscheidung über seine Zulassung dann geändert werden, wenn der Bewerber stirbt oder die Wählbarkeit verliert. Diese Regelungen sollen auch für den Ersatzbewerber gelten.

Zu Nummer 6 (§ 25)

§ 25 Abs. 2 statuiert in seinem Satz 1 den Grundsatz, dass nach Ablauf der Einreichungsfrist nur noch Mängel an sich gültiger Wahlvorschläge behoben werden können. Im Satz 2 ist festgelegt, in welchen Fällen ein gültiger Wahlvorschlag nicht vorliegt. Dies ist unter anderem auch der Fall, wenn der Bewerber mangelhaft bezeichnet ist, sodass seine Person nicht feststeht, oder die Zustimmung des Bewerbers fehlt.

Der neue Satz 3 bezieht den Ersatzbewerber in die Regelung ein. Im Hinblick auf das Erforderlichkeitsprinzip greift die Ungültigkeit des Wahlvorschlages aber nur insoweit, als die Bezeichnung mangelhaft ist oder die Zustimmungserklärung fehlt. Liegt also beispielsweise nur die Zustimmungserklärung des Ersatzbewerbers nicht vor, so ist aus diesem Grund nicht auch der Wahlvorschlag hinsichtlich des Bewerbers ungültig.

Nach dem neuen Satz 4 tritt kraft Gesetzes der Ersatzbewerber an die Stelle des Bewerbers, wenn der Kreiswahlvorschlag hinsichtlich des Bewerbers ungültig ist. In diesem Fall wird im Kreiswahlvorschlag als Bewerber der frühere Ersatzbewerber zugelassen.

Zu Nummer 7 (§ 30)

Durch die Ergänzung wird angeordnet, dass auf dem Stimmzettel nicht nur die Namen der Wahlkreisbewerber sondern auch die der Ersatzbewerber aufzuführen sind. Die Aufführung eines Ersatzbewerbers entfällt, wenn der Wahlvorschlagsberechtigte von der Möglichkeit, eine solche Person zu benennen, keinen Gebrauch gemacht hat.

Zu Nummer 8 (§ 39)

§ 39 regelt, unter welchen Voraussetzungen Stimmen ungültig sind oder nicht. Die Bestimmung wird um einen neuen Absatz 6 ergänzt, der die Ungültigkeit der auf einen Wahlkreisbewerber entfallenden Stimmen für den Fall anordnet, dass ein Wahlkreisbewerber, für den kein Ersatzbewerber benannt ist, nach der Zulassung der Kreiswahlvorschläge, aber noch vor der Wahl stirbt oder seine Wählbarkeit verliert. Damit wird deutlich, dass der Wahlvorschlagsberechtigte, der auf die Aufstellung eines Ersatzbewerbers verzichtet, das Risiko des Todes oder des Wählbarkeitsverlustes des Wahlkreisbewerbers in dem vorerwähnten Zeitraum trägt. Im Gegensatz zur geltenden Rechtslage (§ 43 Abs. 1 Nr. 2) findet in diesem Fall keine Nachwahl statt. Im Übrigen wird auf die Ausführungen im allgemeinen Teil der Begründung verwiesen.

Zu Nummer 9 (§ 41)

Die Neuregelung, dass der Ersatzbewerber gewählt ist, falls der Wahlkreisbewerber des Kreiswahlvorschlages, auf den die meisten (gültigen) Stimmen entfallen sind, nach der Zulassung des Kreiswahlvorschlages, aber noch vor der Wahl verstorben ist oder seine Wählbarkeit verloren hat, macht die Stellung des Ersatzbewerbers besonders deutlich. Er wird durch den Wahlakt, falls der Wahlkreisbewerber zum Zeitpunkt der Wahl bereits verstorben ist, unmittelbar als Wahlkreisabgeordneter demokratisch legitimiert.

Zu Nummer 10 (§ 43)

Durch den neu gefassten § 43 Abs. 1 Nr. 2 wird das eigentliche Ziel des vorliegenden Gesetzentwurfs, todesfallbedingte Nachwahlen weitgehend auszuschließen, erreicht. Eine Nachwahl aus diesem Grund findet nur noch statt, wenn sowohl der Wahlkreisbewerber als auch der für ihn benannte Ersatzbewerber nach der Zulassung des Kreiswahlvorschlages, aber noch vor der Wahl sterben. Im Gegensatz zum geltenden Recht gilt dies auch bei Verlust der Wählbarkeit. Dies ist in Anbetracht der Auffangfunktion des Ersatzbewerbers sinnvoll. Stirbt der Wahlkreisbewerber vor der Wahl oder verliert er seine Wählbarkeit, so tritt der zugelassene Ersatzbewerber kraft Gesetzes an seine Stelle. Stirbt der Ersatzbewerber, so nimmt nur der Wahlkreisbewerber an der Wahl teil. Ist kein Ersatzbewerber zugelassen, so nimmt der Kreiswahlvorschlag mit dem verstorbenen Wahlkreisbewerber nicht an der Wahl teil. Auf die Ausführungen im allgemeinen Teil der Begründung sowie in den vorstehenden Einzelbegründungen wird verwiesen.

Denkbar ist, bei Tod oder Verlust der Wählbarkeit des Wahlkreisbewerbers, für den keine Ersatzperson benannt wurde, eine Nachwahl ausnahmsweise dann vorzusehen, wenn diese noch am Tag der Hauptwahl stattfinden kann. Diese Alternative widerspricht nicht der vorgeschlagenen fakultativen Ersatzbewerberlösung. Sie könnte als zusätzliche Komponente in die Regelungen des § 43 Abs. 1 aufgenommen werden. Die Verwirklichung dieser Komponente soll der Diskussion im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens vorbehalten bleiben.

Zu den Nummern 11 und 12 (§§ 44 und 45)

Redaktionelle Folgeänderungen zu der in Nummer 9 vorgesehenen Änderung des § 41.

Zu Nummer 13 (§ 46)

Durch die punktuellen Änderungen werden Regelungen über die Folgen der Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Partei oder der Teilorganisation einer Partei auch auf Ersatzbewerber bezogen.

Zu Nummer 14 (§ 48)

Die Funktion des Ersatzbewerbers ist nicht auf die Phase bis zur Wahl beschränkt. Sie besteht während der gesamten Wahlperiode. Dies wird besonders deutlich an dem neu gefassten § 48, der in seinem Absatz 1 Regelungen über die Berufung von Ersatzpersonen für über die Landesliste gewählte Bewerber und Abgeordnete und in seinem Absatz 2 Regelungen über die Berufung von Ersatzpersonen für im Wahlkreis gewählte Bewerber und Abgeordnete trifft.

Für die Nachfolge von Personen, die über die Landesliste gewählt wurden, bleibt es in Absatz 1 weitgehend bei den bisher geltenden Regelungen, allerdings tritt Listennachfolge auch dann ein, wenn der erfolgreiche Landeslistenbewerber seine Wählbarkeit verliert.

Dagegen bestimmt der neue Absatz 2 Satz 1 den im Kreiswahlvorschlag benannten Ersatzbewerber als Ersatzperson für die Fälle, dass ein im Wahlkreis gewählter Bewerber stirbt, seine Wählbarkeit verliert oder die Annahme der Wahl ablehnt oder ein im Wahlkreis gewählter Abgeordneter stirbt oder sonst nachträglich aus dem Deutschen Bundestag ausscheidet. Ist kein Ersatzbewerber vorhanden, so findet nach Absatz 2 Satz 2 Halbsatz 1 Listennachfolge statt. Ist der Ausgeschiedene als Wahlkreisabgeordneter einer Wählergruppe oder einer Partei gewählt, für die im Land keine Landesliste zugelassen worden war, so scheidet eine Listennachfolge aus. Ist in diesem Fall kein Ersatzbewerber vorhanden, so hat nach Absatz 2 Satz 2 Halbsatz 2 eine Ersatzwahl im Wahlkreis stattzufinden. Die Regelungen über die Ersatzwahl entsprechen den geltenden Regelungen.

In Absatz 3 sind die bisher an verschiedenen Stellen der Bestimmung zu findenden Zuständigkeitsregelungen und Verweisungen unter Berücksichtigung der vorgeschlagenen Änderungen zusammengefasst.

Zu Nummer 15 (§ 52)

Durch die Änderung wird die Ermächtigungsgrundlage für die Bundeswahlordnung um den Regelungsgegenstand "Berufung von Ersatzpersonen", der weiter ist als der wegfallende Regelungsgegenstand "Berufung von Listennachfolgern", ergänzt.

Zu Artikel 2 - In-Kraft-Treten

Die Bestimmung regelt das In-Kraft-Treten des Änderungsgesetzes.