Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes - Erhöhung der Sicherheit in öffentlich zugänglichen großflächigen Anlagen und im öffentlichen Personenverkehr durch optischelektronische Einrichtungen
(Videoüberwachungsverbesserungsgesetz)

953. Sitzung des Bundesrates am 10. Februar 2017

Der federführende Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) und der Rechtsausschuss (R) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 6b Absatz 1 Satz 2 BDSG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Meldepflicht bei der Aufsichtsbehörde nach § 4d Absatz 1 BDSG bei Maßnahmen der Videoüberwachung insbesondere in den von der vorgesehenen Änderung des § 6b BDSG betroffenen Fällen auszuweiten ist.

Begründung:

§ 4d BDSG sieht eine Meldepflicht von Verfahren automatisierter Verarbeitungen vor ihrer Inbetriebnahme vor. Allerdings entfällt diese Pflicht nach § 4d Absatz 3 und 3 BDSG in vielen Fällen, insbesondere wenn die verantwortliche Stelle einen Beauftragten für Datenschutz bestellt hat. Wenn aber die rechtlichen Möglichkeiten zur Videoüberwachung durch Private ausgeweitet werden, sollte dies mit einer verstärkten Überwachung durch die Aufsichtsbehörden einhergehen, zumal, wenn die Videoüberwachung zum Schutz von Bürgerinnen und Bürgern erfolgt und auch der Verhütung von Straftaten dient und damit gefahrenabwehrähnlichen Charakter hat.

2. Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 6b Absatz 1 Satz 2 Nummer 1

In Artikel 1 Nummer 1 § 6b Absatz 1 Satz 2 ist nach Nummer 1 folgende Nummer einzufügen:

"1a. Veranstaltungen mit mehr als 5 000 zeitgleich zu erwartenden aufhältigen Personen oder"

Begründung:

Nach der Einzelbegründung zu Artikel 1 Nummer 1 des Gesetzentwurfs werden vom Anwendungsbereich des Gesetzes auch "Flächen, die eine gleichzeitige Anwesenheit vieler Menschen bei Veranstaltungen ermöglichen, und ganz oder teilweise aus baulichen Anlagen bestehen und daher auch besonderen baurechtlichen Bestimmungen der Länder und der Baunutzungsverordnung unterliegen," erfasst. Die besonderen Anforderungen des Bauordnungsrechts sind nach dem Recht der Länder zumeist bei Veranstaltungen in baulichen Anlagen anzuwenden, wenn sie insgesamt mehr als 1 000 Besucher und Besucherinnen fassen. Bei Versammlungsstätten mit mehr als 5 000 Besucherplätzen hat der Betreiber im Einvernehmen mit den für Sicherheit oder Ordnung zuständigen Behörden, insbesondere der Polizei, der Feuerwehr und der Rettungsdienste, ein Sicherheitskonzept aufzustellen. Nach der jüngeren Fortentwicklung des Bauordnungsrechts in den meisten Ländern findet jedoch das (baurechtliche) Versammlungsstättenrecht ausdrücklich auf temporäre Veranstaltungen, wie Musikfestivals, wenn ausschließlich fliegende Bauten genutzt werden, keine Anwendung mehr. Daher ist es zum Schutz von Leben, Gesundheit oder Freiheit der Teilnehmer von sogenannten Großveranstaltungen erforderlich, den Gesetzentwurf entsprechend zu ergänzen. In der Praxis sehen die für sogenannte Großveranstaltungen von den Veranstaltern vorgelegten Sicherheitskonzepte regelmäßig eine Videoüberwachung zum Schutz von Leben, Gesundheit oder Freiheit von dort aufhältigen Personen vor.

3. Zu Artikel 1 Nummer 3 - neu - (§ 6b Absatz 5 BDSG)

Dem Artikel 1 ist folgende Nummer anzufügen:

Begründung:

Die veränderte Sicherheitslage, insbesondere im Hinblick auf die Terroranschläge und Amoktaten - wie etwa in München im vergangenen Jahr - verlangt eine umfassende Anpassung aller sicherheitsrelevanten Regelungen. Die Regelungen zur Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume haben dabei eine zentrale Bedeutung. Zunächst ist die Videoüberwachung ein wichtiges Mittel, um flüchtige Täter, von denen auch weiterhin eine Gefahr für die Sicherheit der Bevölkerung ausgeht, schnell identifizieren und lokalisieren zu können. Sie dient aber nicht nur der Abwehr, Aufklärung und Verfolgung von konkreten Straftaten, sondern hat auch generalpräventive Wirkung. Wer strafrechtliche Aufklärung und Verfolgung fürchten muss, nimmt zumindest zum Teil von der Begehung einer Straftat Abstand.

Diesen Funktionen wird die bisher geltende Speicherfrist nicht ausreichend gerecht. Nach § 6b Absatz 5 BDSG sind die Daten unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht mehr erforderlich sind oder schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen. In der Kontrollpraxis der Datenschutzaufsichtsbehörden werden - abgesehen von begründeten Ausnahmefällen - derzeit für Videoaufzeichnungen nur Speicherfristen von zwei bis drei Werktagen als datenschutzkonform bewertet.

Dieser Zeitraum ist jedoch regelmäßig dann nicht ausreichend, wenn sich Anhaltspunkte für die Erfassung eines Straftäters oder Gefährders durch eine private Videoüberwachungsanlage erst im Zuge weiterer Ermittlungen und damit oft erst mehrere Tage nach der eigentlichen Tatbegehung und gegebenenfalls außerhalb des engeren Umfelds der Tat ergeben. Aus diesem Grund ist die Verlängerung der regelmäßigen Speicherfrist auf zwei Monate erforderlich, um sicherzustellen, dass Videoaufzeichnungen, die auch zur effektiven Aufgabenerfüllung der Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden beitragen können, nicht bereits gelöscht sind.

§ 6b Absatz 5 Satz 2 BDSG eröffnet die Möglichkeit, im Einzelfall aus Gründen von schutzwürdigen Interessen der Betroffenen eine sofortige Löschung zu gewährleisten.