Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 23. September 2008 mit Empfehlungen an die Kommission zu Hedge-Fonds und Private Equity (2007/2238(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 317905 - vom 20. Oktober 2008.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 23. September 2008 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass es derzeit nationale und EU-Rechtsvorschriften über die Finanzmärkte gibt, die sich unmittelbar oder mittelbar, wenn auch nicht ausschließlich auf Hedge-Fonds und Private Equity beziehen,

B. in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten und die Kommission die kohärente Umsetzung und Anwendung dieser Rechtsvorschriften sicherstellen sollten und dass alle künftigen Anpassungen an bestehende Rechtsvorschriften einer adäquaten Kosten-Nutzen-Analyse unterworfen werden und nichtdiskriminierend sein sollten,

C. in der Erwägung, dass die Kommission nicht auf alle Aspekte früherer Ersuchen des Parlaments (einschließlich derer, die in seinen genannten Entschließungen vom 15. Januar 2004, 27. April 2006, 11. Juli 2007 und 13. Dezember 2007 enthalten waren) positiv reagiert hat,

D. in der Erwägung, dass Hedge-Fonds und Private Equity sehr unterschiedliche Merkmale aufweisen und dass für beide keine eindeutige Definition existiert, dass beide jedoch Anlageinstrumente sind, die eher von professionellen Anlegern als von Privatkunden genutzt werden; in der Erwägung, dass es nicht sachgerecht ist, sie mit Blick auf eine produktspezifische Regulierung als eine Kategorie zu behandeln,

E. in der Erwägung, dass Hedge-Fonds und Private Equity alternative Anlageinstrumente von wachsender Bedeutung sind, die nicht nur einen erheblichen und zunehmenden Anteil an den verwalteten Vermögenswerten weltweit haben, sondern auch die Effizienz von Finanzmärkten durch die Schaffung neuer Anlagemöglichkeiten steigern,

F. in der Erwägung, dass verschiedene weltweite und nationale Institutionen sowie EU-Organe schon lange vor der aktuellen Finanzkrise im Zusammenhang mit Hedge-Fonds und Private Equity potenzielle Bedenken wegen der finanziellen Stabilität, unzureichender Risikomanagementstandards, übermäßiger Schulden (Fremdkapitalaufnahme) und der Bewertung illiquider und komplexer Finanzinstrumente analysiert haben,

G. in der Erwägung, dass die vom Forum für Finanzmarktstabilität im Jahre 2007 durchgeführte Analyse zu dem Schluss gelangte, dass Bedenken in Bezug auf die Finanzstabilität am besten durch verstärkte Beaufsichtigung aller Akteure angegangen werden,

H. in der Erwägung, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) in seinem Bericht über die Stabilität der globalen Finanzmärkte vom April 2008 zu dem Schluss gelangte, dass ein generelles Versäumnis vorlag, das Ausmaß der Fremdkapitalaufnahme eines breiten Spektrums von Institutionen - Banken, spezialisierten Versicherern, staatlich finanzierten Unternehmen, Hedge-Fonds - sowie die damit verbundenen Risiken einer ungeordneten Korrektur einzuschätzen,

I. in der Erwägung, dass die Durchführung der Lissabon-Agenda langfristige Investitionen in Wachstum und Beschäftigung verlangt,

J. in der Erwägung, dass solche langfristigen Investitionen gut funktionierende, stabile Finanzmärkte in der Europäischen Union und weltweit verlangen, die zur Realwirtschaft beitragen, was jedoch nur erreicht werden kann, wenn gewährleistet ist, dass die Europäische Union über eine wettbewerbsfähige und innovative Finanzindustrie verfügt,

K. in der Erwägung, dass Hedge-Fonds und Private Equity in vielen Fällen durch die Schaffung von Nachfrage nach innovativen Produkten für Liquidität sorgen und die Diversifizierung der Märkte und die Markteffizienz fördern, und dass sie auch die Preisfindung unterstützen,

L. in der Erwägung, dass finanzielle Stabilität ebenfalls eine bessere Zusammenarbeit bei der Aufsicht, auch auf globaler Ebene, erfordert, was logischerweise kontinuierliche Verbesserungen der geltenden EU-Aufsichtsmaßnahmen verlangt, darunter einen regelmäßigen Informationsaustausch und eine verstärkte Transparenz in Bezug auf institutionelle Anleger,

M. in der Erwägung, dass die Kommission die Möglichkeiten einer weltweiten Regulierung in Bezug auf von Offshore-Finanzzentren aus operierende Marktakteure prüfen sollte,

N. in der Erwägung, dass ein angemessenes Maß an Transparenz gegenüber Anlegern und Aufsichtsbehörden von größter Bedeutung für gut funktionierende und stabile Finanzmärkte sowie die Entwicklung von Wettbewerb zwischen den Marktbeteiligten und den Produkten ist,

O. in der Erwägung, dass die Kommission die Auswirkungen des Handelns von Hedge-Fonds und Private Equity beobachten und analysieren sollte und erwägen sollte, eine Richtlinie über Mindesttransparenzvorschriften zur künftigen Finanzierung von Investitionen, zu Risikomanagement, zu Bewertungsmethoden, zur Qualifikation der Manager und zu möglichen Interessenkonflikten sowie zur Offenlegung von Eigentumsverhältnissen und Registrierung von Hedge-Fonds vorzulegen,

P. in der Erwägung, dass Informationen über die Belastungen von Hedge-Fonds und die Kreditvergabe durch Hedge-Fonds den zuständigen Aufsichtsbehörden ohne übermäßige bürokratische Vorgaben übermittelt werden sollten, um der Notwendigkeit Rechnung zu tragen, die Markttätigkeit zu Aufsichtszwecken zu überwachen,

Q. in der Erwägung, dass von der Fondsindustrie im Hinblick auf mehr Transparenz weitere Schritte hin zu verbindlichen Maßnahmen der Unternehmensführung ("Corporate Governance") erwartet werden, die auch an die Öffentlichkeit kommuniziert werden müssen; fordert eine Verbesserung der Kontrollverfahren,

R. in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten anhand von bewährten Verfahren ("Best Practice") sicherstellen sollten, dass die erworbenen Betriebspensionen der Beschäftigten im Falle eines Konkurses gesichert sind,

S. in der Erwägung, dass die Kommission in Erwägung ziehen sollte, in die Definition des Sorgfaltsprinzips, wenn das Prinzip in geltende gemeinschaftliche Rechtsvorschriften einbezogen wird, das Erfordernis aufzunehmen, dass Investoren prüfen müssen, dass alternative Investmentfonds, in die sie investieren, sich an die einschlägigen Rechtsvorschriften und an die Standards der Branche für bewährte Verfahren halten,

T. in der Erwägung, dass die gegenwärtige Vielfalt der Definitionen von Privatplatzierungen in den Mitgliedstaaten ein Hemmnis für den Binnenmarkt ist und einen Anreiz für die Einschleusung von mit hohem Risiko behafteten Produkten in den Privatkundenmarkt darstellt,

U. in der Erwägung, dass eine einheitliche Anlaufstelle für Verhaltenskodizes in Form eines Internetportals eingerichtet werden sollte, einschließlich eines Registers mit den Namen derjenigen, die den Verhaltenskodizes beitreten, ihrer Offenlegung und Erklärungen zu dem Verzicht auf einen Beitritt, wobei die Gründe für die Nichteinhaltung auch lehrreich sein können; in der Erwägung, dass die betreffende Internetseite für die Europäische Union eingerichtet und international gefördert werden sollte,

V. in der Erwägung, dass der IWF in seinem Bericht über die Stabilität der globalen Finanzmärkte vom April 2008 warnte, dass der Markt in Bezug auf die Unternehmensverschuldung anfällig erscheint, da die Ausfallquoten aufgrund makroökonomischer und struktureller Faktoren voraussichtlich steigen werden,< /p>

W. in der Erwägung, dass sich durch die in letzter Zeit erfolgte Zunahme der Private-Equity-Transaktionen die Zahl der Beschäftigten, deren Arbeitsplätze letztlich von Equity-Fonds kontrolliert wird, erhöht hat und dass daher sowohl die bestehenden nationalen Beschäftigungsvorschriften als auch das gemeinschaftliche Arbeitsrecht (insbesondere die Richtlinie 2001/23/EG) gebührend beachtet werden sollten, die entwickelt wurden, als dies noch nicht der Fall war; in der Erwägung, dass sowohl das nationale als auch das gemeinschaftliche Arbeitsrecht auf einer nichtdiskriminierenden Grundlage angewandt werden sollten, einschließlich einer fairen und angemessenen Behandlung aller Wirtschaftsbeteiligten mit ähnlichen Verantwortlichkeiten gegenüber Beschäftigten,

X. in der Erwägung, dass nach vielen Rechtssystemen Hedge-Fonds und Private Equity, die Inhaber von Betrieben sind und diese kontrollieren, nicht als Arbeitgeber angesehen werden und daher von den für Arbeitgeber geltenden rechtlichen Verpflichtungen befreit sind,

Y. in der Erwägung, dass im Falle extremer Schuldenlasten Unternehmen ein höheres Risikoprofil aufweisen,

Z. in der Erwägung, dass es wie bei anderen Unternehmen Interessenkonflikte geben könnte, die auf das Geschäftsmodell von Private Equity bzw. Hedge-Fonds und auf die Beziehungen zwischen diesen und anderen Finanzmarktakteuren zurückzuführen sind, weshalb Maßnahmen zur Weiterentwicklung der bestehenden gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften nicht auf Hedge-Fonds und Private Equity beschränkt sein und im Einklang stehen sollten mit globalen Normen wie den IOSCO-Grundsätzen für die Bewältigung von Interessenkonflikten durch kollektive Anlageinstrumente und Marktintermediäre,

AA. in der Erwägung, dass die Gehaltssysteme für Manager von Hedge-Fonds und Private Equity möglicherweise als ungeeignete Anreize dienen, die eine verantwortungslose Risikobereitschaft fördern,

AB. in der Erwägung, dass Hedge-Fonds zu den Investoren in die komplex strukturierten Produkte gehörten, die von der Kreditkrise betroffen waren, und somit ebenso wie andere Investoren Verluste hinnehmen mussten,

AC. in der Erwägung, dass im Interesse der Minderung der Gefahr künftiger Finanzkrisen und angesichts der starken Wechselwirkungen zwischen den Märkten und zwischen den Marktteilnehmern sowie der Zielsetzung, grenzüberschreitend und zwischen regulierten und unregulierten Marktteilnehmern gleiche Ausgangsbedingungen zu schaffen, in der Europäischen Union und weltweit mehrere Initiativen, darunter eine Überprüfung der Eigenkapital-Richtlinie und der Kapitaladäquanz-Richtlinie sowie ein Vorschlag für eine Richtlinie über Rating-Agenturen, in Ausarbeitung sind, um ein in jeder Beziehung schlüssigeres und einheitlicheres Regelwerk zu gewährleisten,

AD. in der Erwägung, dass eine prinzipiengestützte Regulierung ein angemessener Ansatz zur Regulierung der Finanzmärkte ist, da sie es besser ermöglicht, mit Marktentwicklungen Schritt zu halten,

AE. in der Erwägung, dass auf EU-Ebene Handlungsbedarf auf der Grundlage der folgenden sieben Grundsätze für Finanzinstitute und -märkte besteht:

Anlage zur Entschliessung
Ausführliche Empfehlungen zum Inhalt des verlangten Vorschlags / der verlangten Vorschläge

Empfehlung 1 zu finanzieller Stabilität, Eigenkapital und allgemeinen rechtlichen Vorgaben

Das Europäische Parlament ist der Auffassung, dass der zu erlassende Rechtsakt Folgendes regeln muss:

Empfehlung 2 zu Maßnahmen zur Erhöhung der Transparenz

Das Europäische Parlament ist der Auffassung, dass der zu erlassende Rechtsakt Folgendes regeln muss:

Regelung für Privatplatzierungen - Die Kommission sollte einen Legislativvorschlag für die Ausarbeitung einer europäischen Regelung für Privatplatzierungen unterbreiten, der den grenzüberschreitenden Vertrieb von Anlageprodukten, darunter alternativen Anlageinstrumenten, an in Frage kommende Gruppen professioneller Anleger gestattet.

Ein derartiger Vorschlag sollte gegebenenfalls die folgenden Grundsätze für eine Offenlegung gegenüber Anlegern und zuständigen Behörden beinhalten:

Anleger - Die Kommission sollte in Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden Vorschriften ausarbeiten, um eine klare Offenlegung und Mitteilung einschlägiger und sachdienlicher Informationen an Anleger sicherzustellen.

Private Equity und Arbeitnehmerschutz - Die Kommission sollte sicherstellen, dass die Richtlinie 2001/23/EG den Arbeitnehmern immer die gleichen Rechte garantiert, darunter das Recht, informiert und konsultiert zu werden, sobald die Kontrolle des betreffenden Unternehmens oder Geschäfts von Investoren, darunter Private Equity und Hedge-Fonds, übertragen wird.

Pensionssysteme - Seit Mitte der neunziger Jahre hält eine steigende Zahl von Pensionsfonds und Versicherungsgesellschaften Anteile an Hedge-Fonds und Private Equity, und jeder Ausfall würde sich negativ auf die Pensionsansprüche der Mitglieder der Pensionssysteme auswirken. Bei der Überprüfung der Richtlinie 2003/41/EG sollte die Kommission sicherstellen, dass Arbeitnehmer oder Personalvertreter unmittelbar oder über Treuhänder darüber informiert werden, wie ihre Renten investiert werden, sowie über die damit verbundenen Risiken.

Empfehlung 3 zu Maßnahmen gegen Überschuldung

Das Europäische Parlament ist der Auffassung, dass der zu erlassende Rechtsakt Folgendes regeln muss:

Fremdkapitalaufnahme durch Private Equity-Unternehmen - Die Kommission sollte bei der Überprüfung der Richtlinie 77/91/EWG über Kapital sicherstellen, dass sämtliche Änderungen folgenden Grundprinzipien entsprechen: Das Kapital entspricht dem Risiko, es lässt sich vernünftigerweise erwarten, dass der Umfang des Fremdkapitals sowohl für den Private Equity-Fonds bzw. das Private Equity-Unternehmen als auch für das Zielunternehmen tragbar ist, und es gibt keine unangemessene Diskriminierung gegenüber spezifischen Privatanlegern oder zwischen verschiedenen Anlagefonds oder -instrumenten, die eine ähnliche Strategie anwenden.

Kapitalaufzehrung - Die Kommission sollte harmonisierte zusätzliche Maßnahmen auf EU-Ebene vorschlagen, erforderlichenfalls auf der Grundlage einer Überprüfung der bestehenden nationalen und gemeinschaftlichen legislativen Optionen, um unvernünftiges Ausschlachten von Zielunternehmen ("Asset-Stripping") zu vermeiden.

Empfehlung 4 zu Maßnahmen gegen Interessenkonflikte

Das Europäische Parlament ist der Auffassung, dass der zu erlassende Rechtsakt Folgendes regeln muss:

Die Kommission sollte Vorschriften einführen, um eine effektive Trennung zwischen Dienstleistungen zu schaffen, die Investmentfirmen für ihre Kunden erbringen. Das Europäische Parlament möchte bekräftigen, dass sämtliche Anpassungen für alle Finanzinstitute gelten sollten und somit nichtdiskriminierend sein sollten. Wie von der IOSCO empfohlen, sollten Finanzinstitute, die ein Spektrum verschiedener Finanzdienstleistungen erbringen, auf Unternehmens- oder Konzernebene über Maßnahmen und Verfahren, darunter eine angemessene Offenlegung, verfügen, die sie in die Lage versetzen, geeignete Mittel zur Bewältigung von Konflikten oder potenziellen Konflikten zu ermitteln, zu bewerten und zu entwickeln.

Rating-Agenturen - Rating-Agenturen sollten ihre Informationen verbessern und asymmetrische Informationen und Ungewissheit eliminieren oder verringern sowie die Interessenkonflikte offenlegen, die sie betreffen, ohne das geschäftsorientierte Finanzsystem zu zerstören. Insbesondere sollten Rating-Agenturen ihre Ratingtätigkeit von anderen Dienstleistungen (wie Beratung zur Strukturierung von Transaktionen) trennen, die sie im Hinblick auf Verpflichtungen oder Unternehmen, die sie bewerten, erbringen.

Marktzutritt und Konzentration - Die Generaldirektion für Wettbewerb der Kommission sollte eine allgemeine Untersuchung der Effekte der Marktkonzentration und der Wirkung vorherrschender Akteure in der Finanzdienstleistungssparte und im Lichte der internationalen Situation, auch bei Hedge-Fonds und Private Equity, einleiten. Dabei sollte bewertet werden, ob die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln von allen Marktteilnehmern angewandt werden, ob eine unrechtmäßige Marktkonzentration existiert oder die Notwendigkeit besteht, Hemmnisse für neue Marktteilnehmer abzubauen, oder ob Rechtsvorschriften beseitigt werden sollten, die etablierte Betreiber und bestehende Marktstrukturen begünstigen, wo der Wettbewerb begrenzt ist.

Empfehlung 5 zu bestehenden Rechtsvorschriften für Finanzdienstleistungen

Das Europäische Parlament ist der Auffassung, dass der zu erlassende Rechtsakt Folgendes regeln muss:

Die Kommission sollte eine Untersuchung aller bestehenden gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften in Bezug auf die Finanzmärkte einleiten, um sämtliche Lücken bezüglich der Regulierung von Hedge-Fonds und Private Equity zu ermitteln und dem Europäischen Parlament gegebenenfalls auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Untersuchung einen Legislativvorschlag oder -vorschläge zur Änderung der geltenden Richtlinien vorlegen, um die Regelungen über Hedge-Fonds, Private Equity und sonstige relevante Akteure zu verbessern. Derartige Vorschläge sollten zielgerichtet sein.