Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Fünfzehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes

Der Bundesrat hat in seiner 953. Sitzung am 10. Februar 2017 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zum Gesetzentwurf allgemein

2. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe d (§ 7c Absatz 3 Satz 2 Buchstabe b)

In Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe d sind in § 7c Absatz 3 Satz 2 Buchstabe b nach dem Wort "Blöcke" die Wörter "oder mehrere Einheiten" einzufügen.

Begründung:

Die im neuen § 7c Absatz 3 Satz 2 Buchstabe b genutzte Wortwahl "mehrere Blöcke" legt nahe, dass hier Kernkraftwerke gemeint sind. Die in Absatz 3 eingeführte Verpflichtung sollte sich aber auch auf andere kerntechnische Anlagen anwenden lassen, wie z.B. die Urananreicherungsanlage Gronau. Daher sollten nach dem Wort "Blöcke" noch die Wörter "oder mehrere Einheiten" eingefügt werden.

3. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe d (§ 7c Absatz 3 Satz 4)

In Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe d sind in § 7c Absatz 3 Satz 4 die Wörter "anlagenexternen Notfallschutzes" durch die Wörter "Katastrophenschutzes und der Strahlenschutzvorsorge" zu ersetzen.

Begründung:

Der Begriff "anlagenexterner Notfallschutz" ist im deutschen Recht nicht definiert. Lediglich im Anhang zu den (untergesetzlichen) Sicherheitsanforderungen für Kernkraftwerke wird erläutert, dass Maßnahmen des Katastrophenschutzes und Maßnahmen nach dem Strahlenschutzvorsorgegesetz gemeint sind. Wenn dem so ist, sollten auch genau diese Begriffe im Gesetz stehen. Denn sie geben die eingeführte rechtliche Terminologie wieder. Der Verweis auf das noch in der Ressortabstimmung befindliche Strahlenschutzgesetz hilft nicht weiter, sondern erhöht die Begriffsverwirrung. Denn dort ist in § 101 von externen Notfallplänen die Rede, bei denen es sich dem Regelungsgehalt nach aber eindeutig nur um Katastrophenschutzpläne der Länder handelt. Dem Genehmigungsinhaber kann nicht die Pflicht auferlegt werden, etwas zu berücksichtigen, von dem nicht geregelt ist, was es genau sein soll. Schließlich muss der Genehmigungsinhaber die entsprechenden gesetzlichen Regelungen und die für ihren Vollzug zuständigen Behörden identifizieren können.

Es sollte vermieden werden, Begriffe aus der deutschen Rechtssprache mit europarechtlichen Begriffen zu doubeln, wenn der Inhalt von Richtlinien ohne weiteres mit den bestehenden deutschen Rechtsbegriffen umgesetzt werden kann.

4. Zu Artikel 1 Nummer 4 - neu - (§ 24c - neu -)

Dem Artikel 1 ist folgende Nummer 4 anzufügen:

'4. Nach § 24b wird folgender § 24c eingefügt:

" § 24c Anforderungen an Regulierungsbehörden

Begründung:

Im Hinblick auf den neu gefassten Artikel 5 der Richtlinie, der nationale Vorschriften über die Unabhängigkeit der zuständigen Regulierungsbehörden verlangt, kann auf diesbezügliche Umsetzungsmaßnahmen nicht verzichtet werden. Die ausdrücklichen nationalen atomrechtlichen Regelungen bilden diese EU-rechtlichen Anforderungen derzeit nur unzureichend ab. Selbst wenn die Vorgaben inhaltlich in den betroffenen Ländern und hinsichtlich der Bundesaufsicht erfüllt sein mögen, ist nach der Richtlinie eine rechtliche Fixierung erforderlich. Der neue § 24c enthält Regelungen zur Umsetzung der in Artikel 5 der Richtlinie verlangten Anforderungen an die Regulierungsbehörde.

Artikel 5 der Richtlinie schreibt Folgendes vor:

Absatz 1 des § 24c definiert die Regulierungsbehörde im Hinblick auf die sich aus der Richtlinie ergebende Zuständigkeit. Diese erfasst die Regulierungstätigkeit für kerntechnische Anlagen. Das sind gemäß Artikel 3 Nummer 1 der Richtlinie:

§ 24c Absatz 1 setzt das in Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie enthaltene Trennungsgebot um, welches Artikel 8 Absatz 2 des Übereinkommens über nukleare Sicherheit nachgebildet ist. Dieses sieht vor, dass die Regulierungsbehörde funktional von allen anderen Stellen und Organisationen zu trennen ist, die mit der Förderung oder Nutzung der Kernenergie befasst sind. Die Unabhängigkeit von Weisungen einer Stelle für die Nutzung der Kernenergie wird ausdrücklich geregelt. Die Förderung der Kernenergie muss aus rechtstatsächlichen Gründen nicht genannt werden. Sie ist ohnehin nur ein Unterfall der Befassung mit der Kernenergienutzung, welche neben der Nutzung durch staatliche Stellen (z.B. im Wege Beteiligung an entsprechenden Energieversorgungsunternehmen) auch die behördliche Befassung mit anderen Nutzern einschließt. Die Trennung erfolgt durch organisationsrechtliche Maßnahmen.

§ 24c Absatz 2 setzt Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c und d um. Satz 2 berücksichtigt mit der Bezugnahme auf die Beteiligung von Sachverständigen nach § 20 des Atomgesetzes Erwägungsgrund(7) der Richtlinie. Danach können bei der Entscheidungsfindung der Regulierungsbehörden Kompetenzen und Fachkenntnisse, die von einer Organisation für technische Unterstützung zur Verfügung gestellt werden können, berücksichtigt werden.

Absatz 3 normiert Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe e unter Berücksichtigung von Erwägungsgrund(9), der von den Mitgliedstaaten verlangt:

"Angesichts der Besonderheiten der Nuklearindustrie und der begrenzten Verfügbarkeit von Personen mit den erforderlichen Fachkenntnissen und Kompetenzen, die dazu führen können, dass Personen mit Entscheidungsbefugnissen zwischen Nuklearindustrie und Regulierungsbehörden wechseln, sollte der Vermeidung von Interessenkonflikten besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden."

Absatz 4 erfordert für Behörden, die sowohl für die Nutzung der Energie, die bis 2022 in Deutschland auch aus Kernenergie bestehen kann, als auch für die Regulierung der kerntechnischen Anlagen zuständig sind, eine fachliche und finanzielle Eigenständigkeit der Arbeitseinheit (Abteilung), die für die Kernenergieüberwachung zuständig ist. Die Weisungsfreiheit der Organisationseinheit, die als Regulierungsbehörde gilt, kann dabei z.B. durch den Erlass einer entsprechenden Dienstanweisung erreicht werden.

Die "zuständige Regulierungsbehörde" kann nach Artikel 3 Nummer 3 der Richtlinie 2009/71/Euratom /Euratom auch in einem System von Behörden bestehen. Das ist in Deutschland der Fall. Da das zuständige Bundesministerium den zuständigen Landes- und Bundesbehörden im Rahmen der Rechts- und Zweckmäßigkeitsaufsicht (Bundes- oder Fachaufsicht) Weisungen oder Erlasse erteilen kann, gelten die Anforderungen an eine Regulierungsbehörde auch für das Bundesministerium, das für die nukleare Sicherheit zuständig ist.

§ 24c Absatz 5 setzt das um.