Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Die Vorteile der elektronischen Rechnungsstellung für Europa nutzen KOM (2010) 712 endg.

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 113/10 (PDF) = AE-Nr. 100144 und
Drucksache 306/10 (PDF) = AE-Nr. 100375

1. Einleitung

In der Strategie "Europa 2020"1 wird für das 21. Jahrhundert das Bild einer in hohem Maße wettbewerbsfähigen europäischen sozialen Marktwirtschaft gezeichnet, wobei der Nutzung aller wirtschaftlichen und sozialen Vorteile einer digitalen Gesellschaft ein maßgeblicher Stellenwert eingeräumt wird. Daher ist die elektronische Rechnungsstellung (E-Invoicing) Bestandteil der Leitinitiative der Europäischen Kommission "Eine Digitale Agenda für Europa "2, die der Schaffung eines digitalen Binnenmarkts vorrangige Bedeutung beimisst und die Beseitigung der regulatorischen und technischen Hemmnisse fordert, die einer Masseneinführung der elektronischen Rechnungsstellung heute noch im Wege stehen.

Zum Nachteil der Verbraucher und Unternehmen ist die elektronische Rechnungsstellung in den Mitgliedstaaten nach wie vor sehr unterschiedlich geregelt und bleibt deren Potenzial noch weitgehend ungenutzt. Hinzu kommt, dass der Austausch elektronischer Rechnungen insbesondere für KMU noch immer zu kompliziert und teuer ist. Während 42 % der Großunternehmen Rechnungen bereits elektronisch erhalten und versenden, ist die Verbreitung der elektronischen Rechnungsstellung bei den KMU nach wie vor geringer (22 %).3 Infolgedessen ist die durchschnittliche Marktdurchdringung der elektronischen Rechnungsstellung in Europa nach wie vor recht gering und wird derzeit auf rund 5 % aller jährlich zwischen Unternehmen ausgetauschten Rechnungen4 geschätzt.

Das Verbesserungspotenzial ist also erheblich. Die Masseneinführung der elektronischen Rechnungsstellung innerhalb der EU würde erheblichen wirtschaftlichen Nutzen bringen; Schätzungen zufolge ließen sich durch den Übergang von beleghaften zu elektronischen Rechnungen innerhalb von sechs Jahren rund 240 Mrd. EUR einsparen.5 Aufgrund der engen Zusammenhänge zwischen Fakturierungs- und Zahlungsprozessen bietet die Schaffung des einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums (SEPA) außerdem die Ausgangsbasis für den Aufbau interoperabler europäischer E-Invoicing-Systeme.

Nach dem Willen der Kommission soll die elektronische Rechnungsstellung bis zum Jahr 2020 in Europa zur vorherrschenden Fakturierungsmethode werden. Die Kommission verpflichtet sich zu einer engen Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und allen anderen beteiligten Akteuren, die ihren Teil dazu beitragen müssen, dass dieses Ziel erreicht und die richtigen Rahmenbedingungen für die breite Einführung der elektronischen Rechnungsstellung geschaffen werden.

Dementsprechend geht es in der vorliegenden Mitteilung um folgende Prioritäten:

2. Vorteile der elektronischen Rechnungsstellung

Im Gegensatz zu beleghaften Rechnungen enthalten elektronische Rechnungen alle Daten in digitaler Form. Im Vergleich zu beleghaften Rechnungen bietet die elektronische Rechnungsstellung somit erhebliche Vorteile. Sie ermöglicht kürzere Zahlungsfristen, die Reduzierung von Fehlerquellen, weniger Druck- und Portokosten und vor allem eine vollintegrierte Verarbeitung. Die elektronische Rechnungsstellung zeichnet sich also unter anderem durch ihr Automatisierungspotenzial aus, vor allem wenn die Rechnung in einem strukturierten Format versandt wird: Elektronische Rechnungen können automatisch generiert und direkt von den Systemen des Ausstellers bzw. Dienstleisters an die Systeme des Rechnungsempfängers übermittelt werden. Die meisten ökonomischen Vorteile ergeben sich folglich nicht aus eingesparten Druck- und Portokosten, sondern vielmehr daraus, dass die Prozesse zwischen den Geschäftspartnern vom Auftrag bis zur Zahlung vollständig automatisiert und integriert werden können.

Wie überdies von der Hochrangigen Gruppe zur Verringerung der Verwaltungslasten angemerkt wurde, dürfte die mehrwertsteuerliche Gleichstellung von elektronischen und beleghaften Rechnungen die Verwaltungskosten der Unternehmen mittelfristig um bis zu 18 Mrd. EUR senken.6

Die Vorteile der elektronischen Rechnungsstellung dürften auch den Verbrauchern zugute kommen, insbesondere da elektronische Rechnungen erheblich bequemer sind als beleghafte. Allerdings muss dafür gesorgt werden, dass Verbraucher mit nur eingeschränktem oder gar keinem Internet-Zugang nicht auf der Strecke bleiben und dass die Verbraucher stets die Möglichkeit haben, eine beleghafte Rechnung anzufordern. Außerdem müssen bei der elektronischen Rechnungsstellung der Schutz personenbezogener Daten und das Recht auf Achtung des Privatlebens im Einklang mit der EU-Grundrechtecharta gewahrt werden.

Zu guter Letzt bringt die elektronische Rechnungsstellung auch erhebliche Vorteile für die Umwelt, da sie Papierverbrauch und Transportenergiekosten senkt und der EU jährlich Treibhausgaseinsparungen von umgerechnet bis zu 1 Mio. t CO₂7 ermöglichen könnte.

3. Einbeziehung der Betroffenen Akteure

In Reaktion auf die Bedürfnisse des Marktes und die Forderungen der betroffenen Akteure hat die Europäische Kommission eine Expertengruppe für elektronische Rechnungsstellung eingesetzt, die die noch bestehenden Hemmnisse für eine raschere Einführung der elektronischen Rechnungsstellung in der EU unter die Lupe nehmen soll. Ende 2009 hat diese Expertengruppe ihren Abschlussbericht veröffentlicht und darin auch einen Vorschlag für einen Europäischen Rahmen für elektronische Rechnungsstellung (EEI: European Electronic Invoicing Framework - EEI) präsentiert.8

Die wichtigsten Empfehlungen der Gruppe lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Der Bericht wurde zur öffentlichen Konsultation9 gestellt, so dass sich alle Akteure zu den Empfehlungsvorschlägen äußern konnten. Die meisten Konsultationsteilnehmer stimmten den wesentlichen Aussagen, Empfehlungen und Schlussfolgerungen des Berichts zu.

Den Abschluss der Konsultation bildete eine groß angelegte Konferenz zum Thema E-Invoicing in Europa10,die unter Federführung des spanischen Ratsvorsitzes am 27. und 28. April 2010 in Madrid stattfand. Die Konferenz schloss sich den Empfehlungen der Expertengruppe, deren Vorschläge auf allgemeine Unterstützung stießen, ebenfalls an.

4. E-INVOICING in der Europäischen Union

4.1. Verbreitung elektronischer Rechnungen

Elektronische Rechnungen sind heute noch relativ wenig und in den Mitgliedstaaten in sehr unterschiedlichem Maße verbreitet. Während 23 % aller Unternehmen angeben, elektronische Rechnungen zu erhalten oder zu versenden11 (der Anteil reicht in den EU-27 von 8 % bis 41 %), ist die Zahl der strukturierten elektronischen Rechnungen, die ausgetauscht werden, insbesondere bei KMU nach wie vor gering.

Auf der Angebotsseite ist der E-Invoicing-Markt stark zerklüftet. EU-weit sind im Bereich der elektronischen Rechnungsstellung über 400 Dienstleister hauptsächlich auf inländischer Basis tätig, die eine breite Vielfalt von E-Invoicing-Geschäftsmodellen anbieten.

In einigen Mitgliedstaaten 12 gab oder gibt es Initiativen im öffentlichen Sektor, um die elektronische Rechnungsstellung bei der öffentlichen Beschaffung zur Pflicht zu machen. Diese Projekte sind von entscheidender Bedeutung, um die Marktdurchdringung der elektronischen Rechnungssteller rascher voranzutreiben. Auf europäischer Ebene hat die Kommission das Projekt PEPPOL13 (Pan-European Public Procurement Online) ins Leben gerufen, das bei allen Beschaffungsvorgängen in der gesamten EU, auch beim Austausch von Rechnungen, die elektronische Kommunikation zwischen Unternehmen (einschließlich KMU) und staatlichen Stellen ermöglichen soll. Die entwickelte interoperable E-Invoicing Lösung könnte auch über die öffentliche Beschaffung hinaus zwischen Unternehmen eingesetzt werden.

4.2. Elektronische Rechnungsstellung im einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum (SEPA14)

Rechnungen sind nur ein Glied in der Finanzangebotskette vom Kauf bis zur Bezahlung. Insbesondere aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen Rechnungen und Zahlungen muss die elektronische Rechnungsstellung in den breiteren Kontext eines integrierten elektronischen Zahlungsverkehrsmarkts integriert werden. Die Schaffung eines einheitlichen und integrierten Euro-Zahlungsverkehrsraums, die die Kommission von Anfang an nachdrücklich unterstützt hat, erleichtert die prozesstechnische Verknüpfung von Rechnungen und Zahlungen.

SEPA und E-Invoicing sind zwar zwei eigenständige Projekte, bringen einander jedoch gegenseitigen Nutzen. Der SEPA könnte die Ausgangsbasis für eine erfolgreiche E-Invoicing Initiative schaffen, indem er die vollständige Prozessintegration über die finanzielle Angebotskette hinweg fördert, während die Masseneinführung von E-Invoicing die Migration zum SEPA aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen Zahlungen und Rechnungen beschleunigen könnte.

Ziel des SEPA ist die Direktverarbeitung von Zahlungen zwischen Auftraggeber und Empfänger. Dadurch entfällt die Notwendigkeit manueller Eingriffe, so dass erhebliche wirtschaftliche Vorteile entstehen. Aus diesem Grund sollte ein E-Invoicing-Standard mit dem beim SEPA verwendeten Finanznachrichten-Standard ISO 20022 vereinbar sein.

4.3. Gegenwärtige rechtliche und technische Rahmenbedingungen für elektronische

4.3.1. Rechtliche Aspekte
4.3.1.1. MwSt und Rechtsvorschriften für die elektronische Rechnungsstellung

Durch die Optionen, die den Mitgliedstaaten offen stehen, ergibt sich aus den derzeit geltenden MwSt-Regelungen für die elektronische Rechnungsstellung innerhalb der EU eine Ansammlung unterschiedlichster Anforderungen. Dies verkompliziert die Lage für Geschäftspartner, die E-Invoicing-Lösungen nutzen möchten, insbesondere für grenzübergreifend tätige Unternehmen.

Allerdings hat der Rat am 13. Juli 2010 die Richtlinie 2010/45/EU zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem hinsichtlich der Rechnungsstellungsvorschriften15 verabschiedet. Diese Richtlinie, die bis zum 1. Januar 2013 umzusetzen ist, enthält neue MwSt-Regelungen für die elektronische Rechnungsstellung und räumt Hindernisse für deren Einführung aus, indem sie beleghafte und elektronische Rechnungen gleichstellt und zugleich vorschreibt, dass für beleghafte Rechnungen keine Zusatzanforderungen gestellt werden dürfen. Nach dem neuen Artikel 233 der Richtlinie steht es den Unternehmen frei, elektronische Rechnungen zu versenden und entgegenzunehmen, solange sie durch "innerbetriebliche Steuerungsverfahren ( ... ) einen verlässlichen Prüfpfad zwischen einer Rechnung und einer Lieferung oder Dienstleistung schaffen", und zwar auf dieselbe Weise, wie dies heute bei beleghaften Rechnungen geschieht.

4.3.1.2. Sonstige rechtliche Aspekte

Neben den MwSt-Vorschriften unterliegt die elektronische Rechnungsstellung einer Vielzahl unterschiedlichster Rechtsvorschriften für Rechnungslegung, Rechnungsprüfung, Datenschutz, Archivierung und Zolltarife. Auch wenn die MwSt nach allgemeiner Auffassung als Kernhindernis gilt, muss doch auch geprüft werden, ob diese anderen Rechtsvorschriften die Einführung der elektronischen Rechnungsstellung in der EU möglicherweise ebenfalls behindern.

Bei manchen E-Invoicing-Lösungen werden elektronische Unterschriften (E-Signaturen) verwendet. Die vielen unterschiedlichen rechtlichen Regelungen der Mitgliedstaaten für elektronische Signaturen haben jedoch zu Problemen mit der grenzübergreifenden Interoperabilität geführt, die die Einführung der grenzübergreifenden elektronischen Rechnungsstellung, sofern dabei elektronische Signaturen verwendet werden, gebremst haben. Trotz der positiven Auswirkungen der bestehenden Rechtsvorschriften für die Verwendung elektronischer Signaturen und der politischen Zusagen der Mitgliedstaaten und der Kommission ist ein besser koordinierter und umfassenderer Ansatz erforderlich, um die EU-weite grenzübergreifende Interoperabilität elektronischer Signaturen zu erleichtern. Deswegen hat die Kommission im Rahmen der Digitalen Agenda eine Änderung der derzeit für elektronische Signaturen geltenden Richtlinie 1999/93/EG16 vorgeschlagen.

4.3.2. Interoperabilität und Reichweite

Die Interoperabilität von E-Invoicing-Lösungen gibt Geschäftspartnern in der Praxis die Möglichkeit, elektronische Rechnungen über die verschiedensten technologischen und organisatorischen Grenzen hinweg auf der Grundlage einheitlicher Rechtsvorschriften, Unternehmensprozesse und technischer Standards auszutauschen.

Sind unterschiedliche Geschäftsmodelle und Lösungen nicht interoperabel, besteht die Gefahr, dass Unternehmen und insbesondere KMU in mehrere Systeme und Lösungen investieren müssen, um elektronische Rechnungen austauschen zu können. Dies verursacht unnötige Kosten und ist ein weiteres Hindernis für die Masseneinführung. Durch interoperable E-Invoicing-Lösungen wird es möglich werden, mit der Zeit eine Reihe miteinander verbundener, interoperabler Netze zu schaffen, über die eine maximale Zahl von Geschäftspartnern erreicht werden kann.

4.3.3. Standards

Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen gibt es keinen allgemein verwendeten Standard für die elektronische Rechnungsstellung. Die Vielfalt der Daten- und Nutzungsanforderungen und die sehr unterschiedlichen Ansätze für deren Umsetzung haben einen zerklüfteten Markt hervorgebracht.

Bisher hat sich keines der bestehenden Formate durchgesetzt. Der von vielen multinationalen Unternehmen noch immer verwendete EDI-Standard17 (EDI: Electronic Data Interchange, elektronischer Datenaustausch) ist für die breite Masse der KMU oft nicht praktikabel. Ebenso werden viele proprietäre Formate nur von einem einzigen multinationalen Unternehmen und dessen Zulieferern verwendet. Dies führt dazu, dass Marktakteure wie Unternehmen, Software-Anbieter und Finanzdienstleister heutzutage vielzählige Formate unterstützen müssen, was umfangreiche Mapping- und Konvertierungsläufe erfordert, damit Daten mit unterschiedlicher Syntax bearbeitet werden können.

Verschiedene internationale und europäische Normungseinrichtungen befassen sich derzeit mit der Standardisierung des E-Invoicing. Auf internationaler Ebene hat das UN/CEFACT (United Nations Centre for Trade Facilitation and Electronic Business, Zentrum der Vereinten Nationen für Handelserleichterungen und elektronische Geschäftsprozesse) als Standard und Datenmodell die Cross-Industry Invoice (CII) entwickelt und arbeitet mit der OASIS (Organization for the Advancement of Structured Information Standards, Organisation für strukturierte Informationsstandards) zusammen, um die Konvergenz zwischen der UBL-Rechnung (UBL: Universal Business Language) und dem CII-Standard sicherzustellen.

Darüber hinaus wirkt die UN/CEFACT in Zusammenarbeit mit der ISO (International Organisation for Standardisation, Internationale Organisation für Normung) auf die Integration des CII-Datenmodells in den Nachrichtenstandard ISO 20022 hin. Auf europäischer Ebene veranstaltet das CEN (Europäisches Komitee für Normung) eine Workshop-Reihe zu spezifischen Aspekten der Einführung von E-Invoicing.18

5. eine Strategie zur Förderung der Einführung der elelktronischen Rechnungsstellung

5.1. Kernprioritäten zur Förderung der elektronischen Rechnungsstellung in der EU

5.1.1. Sicherstellung eines kohärenten Rechtsrahmens für die elektronische Rechnungsstellung

Ab 1. Januar 2013 müssen die Mitgliedstaaten nach den neuen MwSt-Vorschriften der Richtlinie 2010/45/EU für die elektronische Rechnungsstellung beleghafte und elektronische Rechnungen grundsätzlich gleichstellen. Die Mitgliedstaaten dürfen dann keine zusätzlichen Anforderungen mehr stellen und z.B. nicht mehr vorschreiben, dass elektronische Rechnungen auf vorherigen elektronischen Signaturen oder auf EDI basieren müssen. Diese technologischen Möglichkeiten werden dann zu Optionen, die von den Unternehmen ebenso wie innerbetriebliche Kontrollen genutzt werden können, um die "Echtheit der Herkunft" und die "Unversehrtheit des Inhalts" elektronischer Rechnungen zu gewährleisten.

Werden diese Vorschriften von den Mitgliedstaaten uneinheitlich ausgelegt und umgesetzt, so könnte dies bei der Verwendung elektronischer Rechnungen zu praktischen Problemen führen. Dies könnte für die Unternehmen zusätzliche Belastungen und Erfüllungskosten mit sich bringen, was die Einführung der elektronischen Rechnungsstellung bremsen würde. Deshalb wird die Kommission eng mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um ein gemeinsames Verständnis der neuen E-Invoicing-Vorschriften sicherzustellen und so eine übereinstimmende und kohärente Umsetzung der Richtlinie 2010/45/EU zu unterstützen.

Maßnahmen:

1.1 Um eine übereinstimmende und termingerechte Umsetzung der neuen MwSt- Richtlinie sicherzustellen, wird die Kommission im Februar 2011 ein FiscalisSeminar19 für alle Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten veranstalten. Im Anschluss daran wird die Kommission prüfen, ob die Mitgliedstaaten und Unternehmen weitere Orientierungshilfe benötigen.

1.2 Im Vorgriff auf die in der neuen MwSt-Richtlinie vorgesehene grundsätzliche Gleichstellung sind die Mitgliedstaaten aufgerufen, schon jetzt zu gestatten, dass Rechnungen im Sinne von Artikel 233 der aktuellen MwSt-Richtlinie (2006/112/EG) "auf andere Weise elektronisch" übermittelt und bereitgestellt werden.

1.3 Eine externe Studie im Auftrag der Kommission befasst sich derzeit mit alternativen MwSt-Erhebungsmethoden und unter anderem mit der Rolle der elektronischen Rechnungsstellung. Die Kommission wird die Ergebnisse der Studie vorstellen und noch vor Jahresende 2010 ein Grünbuch zur Zukunft der MwSt vorlegen, um eine Diskussion über einschlägige Fragen, wie z.B. darüber anzustoßen, wie die neuen Entwicklungen im Bereich der IT-Technologien die MwSt-Erhebung erleichtern könnten.

1.4 2011 wird die Kommission eine Überarbeitung der Richtlinie (1999/93/EG) über elektronische Signaturen vorschlagen, um einen Rechtsrahmen für die grenzübergreifende Anerkennung und Interoperabilität von sicheren elektronischen Authentifizierungssystemen abzustecken.

5.1.2. Die Masseneinführung am Markt über die kleinen und mittleren Unternehmen erreichen

Das Ziel, die Einführung der elektronischen Rechnungsstellung in der EU zu fördern, lässt sich nicht ohne die KMU verwirklichen, die über 99 % aller europäischen Unternehmen ausmachen. Während viele Großunternehmen bereits elektronische Rechnungen verwenden, ist der Anteil der KMU nach wie vor recht gering. Mit dem "Small Business Act"20 hat sich die EU auf den Grundsatz "Think Small First", d.h. darauf verpflichtet, die Bedürfnisse der KMU in den Vordergrund zu stellen. Dies sollte auch für den E-Invoicing-Markt gelten, der den KMU einfache, kostengünstige, verlässliche und MwStkompatible Lösungen bieten sollte.

Kleinunternehmen arbeiten mit vielen verschiedenen Geschäftspartner (Großunternehmen, Verbrauchern, Behörden, anderen KMU) zusammen, die von ihnen unter Umständen die elektronische Fakturierung nach unterschiedlichen technischen Verfahren verlangen. Die Entwicklung interoperabler Prozesse und Standards entlang der Angebotsketten, einschließlich der elektronischen Rechnungsstellung, wird die Masseneinführung durch die KMU erleichtern. Um die Beteiligung der KMU an den digitalen Angebotsketten zu erhöhen, unterstützt die Kommission großangelegte Vorführungsaktionen in Industrie und Dienstleistungssektor (Mode- und Automobilindustrie, Verkehr und Logistik). Mit diesen Projekten sollen Geschäftsvorgänge verbessert und Innovationskapazität sowie Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gesteigert werden.

Aus diesem Grund ist es nicht nur wichtig, dass Kleinunternehmen intern (in Bezug auf Knowhow und Infrastruktur) auf den Übergang vorbereitet sind, sondern auch, dass extern E-Invoicing-Dienstleister Dienste und Lösungen entwickeln, die geringe Investitionen in Infrastruktur und Fertigkeiten erfordern, damit die KMU mit der elektronischen Rechnungsstellung ihre Effizienz verbessern und Betriebskosten einsparen können.

Nach Auffassung der Kommission können folgende Maßnahmen dazu beitragen, dass die KMU den vollen Nutzen aus der elektronischen Rechnungsstellung ziehen können.

Maßnahmen:

2.1 Die Kommission wird nach dem Grundsatz "Think Small First" gründlich prüfen, wie sich etwaige künftige technische und rechtliche Anforderungen für die elektronische Rechnungsstellung auf KMU auswirken, und erwartet dies auch von den Mitgliedstaaten und Normungseinrichtungen.

2.2 Die Kommission wird Sensibilisierungskampagnen organisieren und daran teilnehmen, um den KMU das Potenzial der elektronischen Rechnungsstellung bewusst zu machen. Synergien mit bestehenden Werbeveranstaltungen (z.B. der Europäischen KMU-Woche, der eSkills-Woche) und Netzen (z.B. europäisches e-Business Support Network, European Enterprise Network) werden geprüft.

2.3 Die Kommission wird die Initiativen zur Förderung der Beteiligung von KMU an digitalen Angebotsketten fortsetzen und ausweiten. Im Jahr 2011 werden im Rahmen des Programms für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP) zwei neue Aktionen auf den Weg gebracht.

5.1.3. Rahmenbedingungen fördern, die für maximale Reichweite sorgen

Um die Masseneinführung der elektronischen Rechnungsstellung sicherzustellen, müssen vor allem Rahmenbedingungen geschaffen werden, die einer maximalen Zahl von Geschäftspartnern den Austausch elektronischer Rechnungen ermöglichen. Zwar werden die laufenden Maßnahmen die Interoperabilität elektronischer Rechnungen verbessern, doch sieht die Kommission den weiteren Handlungsbedarf auf organisatorischer und technischer Ebene .21 Noch bevor die MwSt-Richtlinie umgesetzt wird (1. Januar 2013), sollten größere Fortschritte bei diesen Empfehlungen erzielt worden sein.

Erstens sollten im Hinblick auf die Interoperabilität auf organisatorischen Ebene Aufgaben und Zuständigkeiten der Geschäftspartner und Dienstleister definiert und von den Marktteilnehmern in Form eines Verhaltenskodex beschlossen werden. Außerdem würden Annahme und Verwendung eindeutiger und weithin anerkannter Identifikatoren und/oder Adressen der Geschäftspartner und Dienstleister die Verarbeitung elektronischer Rechnungen erleichtern.

Um die Zusammenschaltung von E-Invoicing-Modellen zu ermöglichen, sollten sich Geschäftspartner und Dienstleister darüber hinaus um eine Abstimmung über Aspekte wie Risikomanagement, Adressierung und Routing, Roaming-Vereinbarungen, Standards, Kommunikationsabläufe und Sicherheitsanforderungen bemühen.

Um den Geschäftspartnern mit der Zeit die Zusammenschaltung und den Aufbau eines EU-weiten oder sogar über die EU hinausreichenden Netzes zu ermöglichen, das zur Masseneinführung der elektronischen Rechnungsstellung führt, sind folgende Maßnahmen erforderlich.

Maßnahmen:

3.1 Das CEN sollte bis Ende 2011 einen Verhaltenskodex aufstellen, der den Arbeiten der Expertengruppe für die elektronische Rechnungsstellung Rechnung trägt. Dieser Verhaltenskodex, der von Geschäftspartnern, Dienstleistern und Behörden zu beschließen wäre, sollte unter anderem eine stimmige Terminologie und eine Definition der Aufgaben und Zuständigkeiten der verschiedenen am E-Invoicing beteiligten Akteure enthalten.

3.2 Das CEN sollte bis Ende 2011 prüfen, ob Handlungsbedarf im Hinblick auf die Einführung interoperabler Adressierungs- und Routing-Verfahren durch die E-Invoicing-Branche besteht, und gegebenenfalls entsprechende Maßnahmen vorschlagen.

5.1.4. Ein Standard-Datenmodell für die elektronische Rechnungsstellung voranbringen

Eine der zentralen Herausforderungen bei der Förderung der elektronischen Rechnungsstellung besteht darin, ein einheitliches und eindeutiges semantisches Datenmodell mit den für elektronische Rechnungen erforderlichen Datenkomponenten festzulegen. Ein gemeinsames Datenmodell wird die semantische Interoperabilität erleichtern und Technologieneutralität gewährleisten. Wie von der Expertengruppe empfohlen "sollte die UN/CEFACT Cross-Industry Invoice (CII) v.2 als gemeinsames semantisches Daten Referenzmodell eingeführt werden, auf dem künftige Lösungen für den Standardinhalt von elektronischen Rechnungen aufbauen". Wie dieses Datenmodell anschließend an die spezifischen Unternehmenserfordernisse angepasst wird, sollte dem Markt überlassen bleiben. Alle Marktakteure im privaten wie im öffentlichen Sektor werden aufgerufen, CII v.2- kompatible Lösungen zu entwickeln und umzusetzen bzw. sich daran anzunähern.

Die Einführung dieses Datenmodells sollte außerdem von den internationalen Normungseinrichtungen unterstützt werden, um Zugänglichkeit und Stabilität in Bezug auf die laufende Steuerung, Wartung und Qualität zu gewährleisten. In Europa sollte das CEN über seine technischen Ausschüsse und Workshops als Fazilitator auftreten, um die Einführung einschlägiger Standards und unterstützender Durchführungsleitlinien voranzutreiben und dafür Sorge zu tragen, dass die europäischen Anforderungen von internationalen Normungsgremien unterstützt werden. Allerdings sollte die Konvergenz in Richtung eines einheitlichen Standards der Nutzung bestehender E-Invoicing-Lösungen kurzfristig nicht im Wege stehen, sofern diese Lösungen den Anforderungen des gemeinsamen E-Invoicing-Datenmodells entsprechen oder in dessen Richtung laufen.

Maßnahmen:

4.1 2011 wird das CEN Leitlinien für die Umsetzung des CII v.2-Datenmodells aufstellen. Diese Leitlinien sollten von dem Kerndatensatz ausgehen, den die Expertengruppe für die elektronische Rechnungsstellung für elektronische Rechnungen vorgeschlagen hat, und dem Nachrichtenstandard ISO 20022 Rechnung tragen. Je nach Marktnachfrage sollte die Entwicklung weiterer Leitlinien zu anderen Bereichen/Unternehmensprozessen ins Auge gefasst werden.

4.2 Das CEN wird mit internationalen Normungseinrichtungen wie UN/CEFACT und ISO zusammenarbeiten und spezifische Anforderungen für die Weiterentwicklung des CII-Datenmodells weitergeben.

4.3 Die UN/CEFACT ist aufgefordert, weiter an der zügigen Entwicklung von E-Business-Nachrichten zu arbeiten, die komplementär zur elektronischen Rechnung sind und den Unternehmen, dem Handel und den Verwaltungen den effizienten Austausch von Produkten und einschlägigen Dienstleistungen erleichtern werden.

5.2. Die Einführung der elektronischen Rechnungsstellung in der EU organisieren

5.2.1. Die elektronische Rechnungsstellung auf nationaler Ebene fördern

Die Mitgliedstaaten befinden sich in einer guten Ausgangsposition, um die Nutzung elektronischer Rechnungen zu fördern, weiterzuentwickeln und zu erleichtern. Sie sollten sicherstellen, dass ihre nationalen Praktiken bei Handel, Besteuerung und öffentlicher Beschaffung zur Entwicklung eines E-Invoicing-Umfelds mit EU-weiter Reichweite beitragen.

Maßnahmen:

5.1 Die Mitgliedstaaten sollten eine Strategie entwickeln, um die elektronische Rechnungsstellung auf nationaler Ebene zu fördern. Diese Strategie sollte folgende Ziele haben:

5.2 Um die Verwirklichung dieser Ziele zu unterstützen, sollten die Mitgliedstaaten nationale Stakeholder-Foren für die elektronische Rechnungsstellung einsetzen und die Kommission bis Juni 2011 über deren Einrichtung unterrichten. Die nationalen Foren sollten eine ausgewogene Vertretung der verschiedenen Stakeholder sicherstellen, wobei sowohl die öffentliche Verwaltung als auch die Nutzer von E-Invoicing-Diensten wie u.a. Verbraucher, KMU und Großunternehmen hinreichend vertreten sein sollten.

5.2.2. Die elektronische Rechnungsstellung auf europäischer Ebene fördern

Die Maßnahmen auf Mitgliedstaatenebene sollten koordiniert werden, um sicherzustellen, dass elektronische Rechnungen innerhalb der EU ungehindert ausgetauscht werden können.

Besonderes Augenmerk sollte der Erleichterung grenzübergreifender Geschäfte gelten, insbesondere für KMU.

Maßnahmen:

6.1 Die Kommission wird für drei Jahre ein Europäisches Stakeholder-Forum für die elektronische Rechnungsstellung, nachstehend "Europäisches Forum für elektronische Rechnungsstellung" einsetzen, dem Abgesandte nationaler Foren sowie Vertreter der einschlägigen europäischen Nutzerverbände, des CEN , der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Datenschutzgruppe nach Artikel 2922 angehören.

Die Hauptaufgaben des Europäischen Forums für elektronische Rechnungsstellung werden darin bestehen, die Kommission in folgenden Bereichen zu unterstützen:

6.2 Die Kommission und alle anderen EU-Organe sollten mit gutem Beispiel vorangehen, indem sie die elektronische Rechnungsstellung für ihre eigene Beschaffung einführen. Insbesondere wird die Kommission das Projekt e-Prior weiterverfolgen.

6.3 2011 wird die Kommission auf eine bessere statistische Erfassung der Verbreitung elektronischer Rechnungen hinarbeiten.

6. Schlussfolgerung

Die Masseneinführung der elektronischen Rechnungsstellung dürfte der EU insgesamt Vorteile bringen und zu deren Wettbewerbsfähigkeit beitragen. Außerhalb der EU nimmt die Marktdurchdringung der elektronischen Rechnungsstellung erheblich zu, und es ist von entscheidender Bedeutung, dass die EU dieser Entwicklung nicht hinterherhinkt.

Die Mitgliedstaaten und die beteiligten Akteure werden aufgerufen, die vorgeschlagenen Kernprioritäten und Maßnahmen, mit denen das Ziel einer Masseneinführung der elektronischen Rechnungsstellung erreicht werden soll, zu billigen. Die Kommission wird sämtliche Maßnahmen und die Verbreitung der elektronischen Rechnungsstellung genau verfolgen und dem Rat und dem Europäischen Parlament bis Ende 2013 einen 22 Richtlinie 95/46/EG, ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31-50.

Fortschrittsbericht vorlegen. Sollte dieser Fortschrittsbericht ergeben, dass die Einführung der elektronischen Rechnungsstellung nicht zufriedenstellend vorangekommen ist und die Zerklüftung fortbesteht, könnten weitere Maßnahmen und Empfehlungen zur Beseitigung der noch bestehenden Hemmnisse für eine Masseneinführung folgen.

Die Einführung der elektronischen Rechnungsstellung durch Einrichtung von Lenkungsstrukturen wie dem Europäischen Stakeholder-Forum dürfte dazu beitragen, einen EU-weit kohärenten Ansatz für die elektronische Rechnungsstellung zu entwickeln, und die Entstehung eines interoperablen gesamteuropäischen E-Invoicing-Umfelds erleichtern.