Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. September 2008 zur Vorbereitung des Gipfeltreffens EU/Indien
(Marseille, 29. September 2008)

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 24. September 2008 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass die Europäische Union und Indien die weltweit größten Demokratien sind und ihr gemeinsames Bekenntnis zu Demokratie, Pluralismus,

Rechtstaatlichkeit und Multilateralismus in den internationalen Beziehungen zu Frieden und Stabilität in der Welt beiträgt,

B. in der Erwägung, dass der oben genannte gemeinsame Aktionsplan für eine strategische Partnerschaft EU-Indien als Grundlage für die zunehmende Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Indien seit 2005 gedient hat,

C. in der Erwägung, dass Indien in den letzten Jahren ein jährliches Wirtschaftswachstum von acht bis zehn Prozent verzeichnen konnte, was es als Land auszeichnet, das zu einer Wirtschaftsgroßmacht aufsteigt und das große Fortschritte bei der wirtschaftlichen Entwicklung gemacht hat; in der Erwägung der großen Fortschritte, die Indien bei einer Reihe von Indikatoren der menschlichen Entwicklung gemacht hat, wodurch eine breitere Mittelschicht, die fast 100 Millionen Menschen umfasst, entstanden ist, sowie der Tatsache, dass Indien jetzt nicht mehr nur Empfänger, sondern auch Geber von Entwicklungshilfe ist; weiterhin in der Erwägung, dass die riesigen Einkommensunterschiede sowie die Tatsache, dass 300 Millionen Inder unterhalb der Armutsgrenze leben, nach wie vor Anlass zu Besorgnis geben,

D. in der Erwägung, dass Indien gegenwärtig einer Reihe innenpolitischer Krisen gegenübersteht, wie z.B. die andauernde Gewalt von Anhängern des Islamischen Dschihad und der Radikalismus der Hindus, die interkommunalen Spannungen in Jammu und Kaschmir, Übergriffe gegen Christen in Orissa, von denen viele zu den Dalits gehörten, sowie die Ausbreitung des maoistischen Aufstands (Naxaliten) in mindestens zwölf Staaten und Naturkatastrophen im Nordosten des Landes,

E. in der Erwägung, dass im August 2008 in Orissa eine Welle der Gewalt gegen Christen und eine Reihe von Morden an Christen stattgefunden haben; außerdem in der Erwägung, dass es angeblich zu keinem wirksamen Einschreiten der örtlichen Polizei gekommen ist und dass die Führer der Vishwa Hindu Parishad erklärt haben, dass es kein Ende der Gewalt geben werde, bis Orissa vollkommen frei von Christen sei; in der Erwägung, dass christliche Gemeinschaften in Indien anhaltender Intoleranz und Gewalt ausgesetzt sind,

F. in der Erwägung, dass trotz jahrzehntelanger Bemühungen der indischen Regierungen Diskriminierung auf Grund der Kastenzugehörigkeit und die Praktiken der "Unberührbarkeit" gegen die Dalits sich weiterhin auf ihre sozioökonomischen und politischen Bürgerrechte auswirken,

G. in der Erwägung, dass seit Oktober 2005 in indischen Städten mehr als 400 Menschen bei Bombenanschlägen ums Leben gekommen sind; sowie in der Erwägung, dass dem bislang letzten dieser von islamitischen Terroristen verübten Anschläge am 13. September 2008 mindestens 20 Tote zum Opfer fielen und zahlreiche Verletzte zu beklagen waren,

H. in der Erwägung, dass der Handel zwischen der Europäischen Union und Indien in den letzten Jahren exponentiell gestiegen ist, nämlich von 28,6 Milliarden Euro im Jahr 2003 auf über 55 Milliarden Euro im Jahr 2007, und dass die Auslandsinvestitionen der Europäischen Union in Indien sich zwischen 2002 und 2006 mehr als verdoppelt und 2,4 Milliarden Euro erreicht haben, außerdem in der Erwägung, dass Indiens Handelssystem und Regelungsumfeld immer noch recht restriktiv sind und dass Indien 2008 im "Ease of doing business"-Ranking der Weltbank von 178 Volkswirtschaften den 120. Platz belegt,

I. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament und das indische Parlament bilaterale Beziehungen aufgenommen haben,

J. in der Erwägung, dass die Europäische Union und Indien dem Abschluss eines umfassenden, ausgewogenen und mit den Regeln der Welthandelsorganisation WTO voll vereinbaren Freihandelsabkommens verpflichtet bleiben, das eine progressive und gegenseitige Liberalisierung des Handels mit Waren und Dienstleistungen fördern und handelsbezogene Themen beinhalten soll; weiterhin in der Erwägung, dass ein Freihandelsabkommen beiden Wirtschaften zugute kommen, zu einer Erhöhung der Investitionen sowie des Export- und Importvolumens sowohl in der Europäischen Union als auch in Indien führen und den globalen Handel, insbesondere im Bereich der Dienstleistungen, wirksam fördern wird,

K. in der Erwägung, dass die Europäische Union und Indien eine enge Zusammenarbeit in den Bereichen Wissenschaft und Technologie eingegangen sind,

L. in der Erwägung, dass sich die Europäische Union und Indien um die Ausmerzung aller Formen von Terrorismus bemühen, der eine der ernsthaftesten Bedrohungen für Frieden und Sicherheit in der Welt darstellt,

M. in der Erwägung, dass Indien zu einem Hauptakteur in der internationalen Gemeinschaft geworden ist und zu einem derjenigen Länder, die den größten Beitrag zu friedenserhaltenden Missionen der Vereinten Nationen leisten, und dass diese wichtigere Stellung von den Vereinten Nationen durch einen Sitz im UN-Sicherheitsrat anerkannt werden sollte,

N. in der Erwägung, dass Indien eine wichtige Rolle zu spielen hat, wenn es um die Angelegenheiten Süd- und Südostasiens geht, insbesondere durch seine Mitgliedschaft in der Südasiatischen Vereinigung für regionale Zusammenarbeit SAARC und durch die Zusammenarbeit mit dem Verband Südostasiatischer Staaten ASEAN; in der weiteren Erwägung, dass Indien auch bei der Förderung der Stabilität in der Region eine Schlüssel-Rolle spielt und dass es in dieser Hinsicht in Nepal und Sri Lanka mit der Europäischen Union zusammenarbeitet,

O. in der Erwägung, dass die Vereinigten Staaten und Indien ein Abkommen über die Zusammenarbeit bei der zivilen Nutzung von Atomkraft unterzeichnet haben,

P. in der Erwägung, dass eine friedliche Zukunft für das ehemalige Fürstentum Jammu und Kaschmir ein wichtiges Ziel bleibt, um Stabilität in Südasien zu gewährleisten;

Q. in der Erwägung, dass Klimawandel, Energieverbrauch und Energiesicherheit entscheidende Themen für die internationale Gemeinschaft sind,

R. in der Erwägung, dass die weltweite Explosion der Öl- und Lebensmittelpreise zu ernsten wirtschaftlichen Schwierigkeiten und zu Besorgnis hinsichtlich möglicher sozialer Unruhen geführt hat,

S. in der Erwägung, dass Indien an dem EU-Projekt Galileo und an dem Projekt ITER beteiligt ist,