Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Bevorrechtigung des Carsharing
(Carsharinggesetz - CsgG)

953. Sitzung des Bundesrates am 10. Februar 2017

Der federführende Verkehrsausschuss (Vk), der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) und der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zum Gesetzentwurf allgemein

Begründung:

Da in § 5 des Gesetzentwurfs explizit auf Umwelteigenschaften der Carsharing-Flotten abgehoben wird, macht es Sinn, diese gleich in der provisorischen Anlage zum Gesetz zu verankern und nicht erst - mit Blick auf den dringlichen Handlungsbedarf hinsichtlich der Einhaltung der NO₂-Luftqualitätsgrenzwerte - auf die Vorlage und das Inkrafttreten der entsprechenden Rechtsverordnung zu warten. Das Ziel des Gesetzes, dass Carsharingflotten aus möglichst emissionsarmen bzw. emissionsfreien Fahrzeugen bestehen, sollte mit Hilfe einer vorgegebenen Quote von 70 Prozent für den Anteil der Fahrzeuge mit alternativen Antrieben erreicht werden. Sie kann in der später einzuführenden Rechtsverordnung dem technischen Fortschritt angepasst und dann durch weitere, detailliertere Kriterien ergänzt werden.

Allerdings sollte schon jetzt sichergestellt werden, dass keine Dieselfahrzeuge mit hohen Stickoxidemissionen im realen Fahrbetrieb zum Einsatz kommen, sondern ihre realen Fahremissionen so niedrig wie möglich sind. Eine Bezugnahme nur auf die Euro 6-Norm reicht nicht aus, weil sehr viele Euro 6-Pkw und leichte Nutzfahrzeuge im realen Fahrbetrieb ein Mehrfaches dessen ausstoßen, was bei der Typgenehmigung gefordert ist. Deshalb sollten die für den realen Fahrbetrieb geltenden "verbindlichen Emissionsgrenzwerte" der Stufe 2 der neuen EU-Verordnung zum Maßstab gemacht werden. Auch wenn diese Grenzwerte für die Neuzulassung von Fahrzeugen nach den verschärften Euro 6-Typgenehmigung erst ab 2020 verbindlich ist, müssen Fahrzeughersteller bereits seit Anfang 2016 reale Fahremissionsmessdaten erfassen, so dass eine Nachweisführung über die Einhaltung dieser Vorgaben möglich ist.

2. Zu § 2 Nummer 2 CsgG

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie gewährleistet werden kann, dass auch mitgliedschaftlich organisierte Unternehmensformen wie Vereine oder Genossenschaften als Carsharinganbieter im Sinne des vorliegenden Gesetzentwurfs in Betracht kommen.

Begründung:

Gemäß § 2 Nummer 2 CsgG-E können Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform Carsharinganbieter im Sinne des Gesetzes sein. Dies umfasst grundsätzlich auch Vereine und Genossenschaften. Der Gesetzeswortlaut, wonach das Angebot einer "unbestimmten Anzahl von Fahrerinnen und Fahrern" offenstehen muss, wirft allerdings die Frage auf, ob diese Voraussetzung bei mitgliedschaftlich organisierten Carsharing-Modellen erfüllt ist. Hinzu kommt, dass auch die Gesetzesbegründung insoweit Unklarheit schafft, wenn nach ihr Vereine erfasst sein sollen, soweit sie im Nebenbetrieb ohne Gewinnerzielung Carsharing betreiben und Genossenschaften, soweit diese mit dem jeweiligen Carsharingangebot erwerbswirtschaftlich tätig sind.

Da Unternehmen mit mitgliedschaftlicher Struktur vorrangig im Interesse ihrer Mitglieder handeln und somit die Zielsetzungen der Regelungen besonders nachhaltig und unter Wahrung eines hohen Verbraucherschutzniveaus erfüllen können, dürfen sie vom Anwendungsbereich des Carsharinggesetzes nicht ausgenommen werden. Dies gilt nicht zuletzt auch mit Blick auf Standorte, die für gewinnorientierte Unternehmen weniger attraktiv sein mögen und bei denen mitgliedschaftlich organisierte Carsharing-Modelle den Bedarf decken.

Wenn alle übrigen Anforderungen des Gesetzes erfüllt sind, ist eine missbräuchliche Ausnutzung der Bevorrechtigung nicht zu erwarten.

Daher ist eine Klarstellung geboten, dass mitgliedschaftlich organisierte Carsharing-Modelle ebenfalls berücksichtigt werden können.

3. Zu § 5 Absatz 2 bis 8 CsgG

In § 5 sind Absatz 2 bis 8 zu streichen.

Folgeänderungen:

Begründung:

Die hier vorgeschlagenen Regelungen zu "diskriminierungsfreien und transparenten Auswahlverfahren" sind nicht praxisgerecht. Die Länder und Gemeinden verfügen über jahrzehntelange Erfahrung in der diskriminierungsfreien Vergabe von Sondernutzungsrechten. An vielen Stellen sind bereits vergleichbare Carsharing Stationen errichtet worden. Eine bundeseinheitliche Vergaberegelung ist daher entbehrlich.

4. Zu § 5 Absatz 6 Satz 4 CsgG*

In § 5 Absatz 6 Satz 4 ist nach dem Wort "allen" das Wort "teilnehmenden" einzufügen.

Begründung:

Die in § 5 Absatz 6 Satz 4 Carsharinggesetz getroffene Regelung soll sicherstellen, dass alle am Auswahlverfahren beteiligten Carsharinganbieter über die Verlängerung der Frist für die Erteilung (Satz 1) informiert sind.

Die aktuelle Formulierung zwingt die Behörde dazu, die Mitteilung an alle Anbieter zu richten. Mangels anderweitiger Klarstellung (insbesondere in der Gesetzesbegründung) ist für den Anbieterbegriff auf § 2 Nummer 2 des Gesetzes zu rekurrieren. Damit verbleibt keinerlei Begrenzung für den Kreis der zu informierenden Anbieter, was zu einer unzumutbaren Verpflichtung für die Behörde führt.

Die Regelung muss daher nur auf Anbieter bezogen werden, die sich am jeweils konkreten Verfahren für die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis beteiligt haben.

5. Zur Anlage Teil 1 Nummer 1.2

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob der in 'Teil 1 Nummer 1.2 der Anlage geregelte Mindestleistungsumfang um ein Kriterium ergänzt werden sollte, wonach Carsharinganbieter die Nutzung ihrer Dienstleistungen und Fahrzeuge nicht davon abhängig machen dürfen, dass die Kunden in die Erhebung, Verarbeitung, Verwertung oder Übermittlung von personenbezogenen Daten einwilligen, die für die Durchführung des jeweiligen Mietvertrags bzw. der Rahmenvereinbarung nicht zwingend erforderlich sind (Koppelungsverbot).

Begründung:

Die Nutzung von Carsharingangeboten kann mit der Preisgabe einer großen Menge an Daten verbunden sein, insbesondere einer Verknüpfung persönlicher Daten mit verhaltensbezogenen Daten (Bewegungsmustern o. ä.). Das Auswahlverfahren für die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis sollte daher auch dazu genutzt werden, im Rahmen des Mindestleistungsumfangs ein hohes Datenschutzniveau für die Kunden zu gewährleisten und entsprechend dem in Artikel 7 Absatz 4 der EU-Datenschutz-Grundverordnung angelegten Koppelungsverbot nur solche Anbieter zu begünstigen, die den Kunden die freie Wahl lassen, ob ihre Daten über das für die Vertragsdurchführung Erforderliche hinaus genutzt werden. Die Überprüfung durch die zuständige Behörde könnte ohne weiteren Aufwand etwa durch Vorlage der entsprechenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw. der Datenschutzbestimmungen erfolgen.