Empfehlungen der Ausschüsse
Fünfter Monitoring-Bericht "Energie der Zukunft"

956. Sitzung des Bundesrates am 31. März 2017

A

Der federführende Wirtschaftsausschuss (Wi) und der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Bericht gemäß § 63 Absatz 1 EnWG i.V.m. § 98 EEG wie folgt Stellung zu nehmen:

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Ausweislich der Ausführungen der Bundesregierung in ihrem Monitoring-Bericht "Energie der Zukunft" ist Motor des erneuerbaren Energien-Ausbaus in der Langfristperspektive, insbesondere der Zubau bei Wind und PV. Vor diesem Hintergrund ist die Deckelung des weiteren Zubaus der kostengünstigen Windenergie an Land im Netzausbaugebiet inkonsequent. Die Rechtfertigung der Zubaubegrenzung im Netzausbaugebiet wird bundesseitig mit einer besseren Synchronisation von Netzausbau und Ausbau der erneuerbaren Energien begründet. Die Zubaubegrenzung wäre allerdings verzichtbar, wenn Überkapazitäten bei konventionellen nuklearen und kohlebefeuerten Kraftwerken schneller abgebaut würden. Auch könnten sogenannte Redispatch-Kosten zur Netzsteuerung vermieden werden, wenn die Mindestleistungsvorgaben (Must Run) für konventionelle Kraftwerke reduziert würden und verstärkt vollautomatische Netz-Steuerungssysteme zum Einsatz kämen, die erhebliche Netz-Entlastungspotenziale ermöglichen.5

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Die aus energie- und klimapolitischer Sicht notwendige Umstellung der Energieversorgung auf Erneuerbare Energien bringt es mit sich, dass Strom zunehmend auf Basis volatiler Quellen (insbesondere Wind- und Solarenergie) erzeugt wird. Zum Ausgleich der Schwankungen des Stromertrags von Windkraft- und Photovoltaikanlagen auf Grund natürlicher meteorologischer Gegebenheiten und zur Gewährleistung einer störungsfreien Versorgung der Verbraucher kommt sämtlichen Formen der Speicherung des Stroms aus erneuerbaren Energien eine wachsende Bedeutung zu.

Festzustellen ist jedoch, dass der Ausbau von Speichern nicht mit der Entwicklung der erneuerbaren Energien Schritt hält. Eine zentrale Ursache hierfür liegt im geltenden Rechtsrahmen für Speicheranlagen. Es gilt daher, durch gezielte Änderungen der geltenden Regelungen für Energiespeicher deren Errichtung und Betrieb auf eine wirtschaftlich tragfähige Grundlage zu stellen.

Ein zentraler Baustein besteht darin, in den jeweiligen einschlägigen Gesetzen und Verordnungen klarzustellen, dass Speicheranlagen keine "Letztverbraucher" sind und demzufolge von diesen auch keine Netzentgelte, Umlagen, Abgaben sowie Stromsteuer für die Entnahme und zeitverzögerte Einspeisung von Strom aus bzw. in ein Stromnetz abzuführen sind. Zudem sollte Speichern bei der Bereitstellung von Systemdienstleistungen eine zentrale, vorrangige Rolle eingeräumt werden.

Da bei konsequenter Fortführung der Energiewende Strom aus erneuerbaren Energien zunehmend konventionelle Energieträger auch in den Verbrauchssektoren Wärme und Verkehr ersetzen muss, gilt es auch die Finanzierung des weiteren Ausbau der regenerativen Stromerzeugung auf eine breitere, energieund klimapolitisch zielkonsistente Basis umzustellen.

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird der nationale Treibhausgasausstoß nicht im vereinbarten und schon gar nicht im erforderlichen Maß bis 2020 reduziert werden können. Hier gilt es, frühzeitig durch geeignete Maßnahmen gegenzusteuern, da die Gesamtbelastung der Atmosphäre mit Treibhausgasen und nicht nur der THG-Ausstoß im Zieljahr für das Erreichen der Klimaziele entscheidend ist.

Entsprechend gilt es, geeignete Instrumente zu entwickeln und zu konkretisieren, die die bisherigen Maßnahmen wie z.B. die Förderung erneuerbarer Energien effizient flankieren und so den Treibhausgasausstoß wirksam reduzieren. Geeignet hierfür sind insbesondere ein Ausstieg aus der Kohleverstromung sowie die Stärkung und Ausweitung des europäischen Emissionshandelssystems.

Die nationalen Klimaschutzziele sind auf Bundesebene zudem bislang nicht rechtlich verbindlich festgeschrieben. Ein Bundes-Klimaschutzgesetz mit festgelegten Klimaschutzzielen setzt den Rahmen für eine transparente, planmäßige und in sich stimmige Klima- und Energiepolitik und gibt Planungssicherheit für Investitionen in innovative Klimaschutztechnologien, Energieeffizienz und erneuerbare Energien. Ein Bundesgesetz mit entsprechender Erfolgskontrolle sorgt außerdem dafür, dass bei Zielverfehlungen frühzeitig gegengesteuert werden kann.

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Außer beim Ausbau der Erneuerbaren Energien werden wesentliche Etappenziele der Energiewende für 2020 verfehlt. Teilweise sind sogar Rückschritte zu verzeichnen wie bei der Steigerung des Primärenergieverbrauchs in 2015 von 0,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Bedenklich stimmt insbesondere, dass auch Kernindikatoren erhebliche Defizite offenbaren: Wenn statt der vorgegebenen jährlichen Steigerung um 2,1 Prozent die Endenergieproduktivität lediglich um durchschnittlich 1,3 Prozent im Zeitraum von 2008 bis 2015 gestiegen ist, klafft hier eine Lücke von über 33 Prozent. Wenn im gleichen Zeitraum der jährliche Bruttostromverbrauch nur um ca. 0,6 Prozent gesenkt werden konnte, müssten zur Zielerreichung 2020 (= 10 Prozent gegenüber 2008) in den Jahren 2015 bis 2019 p.a. doppelt so hohe Einsparungsraten erreicht werden. Ähnlich weit vom Ziel entfernt ist die Reduktion des Primärenergieverbrauchs. Auch hier müsste sich die Einsparquote p.a. verdoppeln.

Gemessen an diesen Erfordernissen fehlt dem Monitoring-Bericht eine erkennbare Perspektive, wie das Blatt gewendet werden könnte. Der Grundsatz "Efficiency First", so wichtig und richtig er als Beurteilungskriterium für Maßnahmen zur Förderung der Energiewende ist, liefert diese nicht.

Im Bereich des Wohnungsbaus hat sich gezeigt, dass die steuerliche Förderung in erheblich höherem Maße seitens der Adressaten angenommen wird als die über Banken zu vermittelnden Finanzierungshilfen. Maßnahmen zugunsten der Energieeffizienz im Wohnungssektor sollten deshalb möglichst umgehend auf eine steuerliche Förderung umgestellt werden.

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Der Ausbau der erneuerbaren Energien insgesamt entwickelt sich gut. Dieser Entwicklung gegenläufig verhält sich allerdings der Verkehrssektor. Hier sank der Anteil der erneuerbaren Energien deutlich auf zuletzt nur noch 5,2 Prozent und damit wird das Ziel von 10 Prozent erneuerbaren Energien im Verkehrssektor bis 2020 wohl verfehlt werden. Die Erreichung des 2020-Ziels wird im Projektionsbericht erst um 2030 erwartet. Zielszenarien zeigen zwar den Weg zu substantiellen Reduktionen von Endenergieverbrauch und Treibhausgasemissionen des Verkehrs mit Blick auf 2050 auf. Diese Szenarien basieren jedoch auf Annahmen zu Politikmaßnahmen im Verkehr, die eher einen grundlegenden Politikwechsel im Vergleich zur derzeitigen Situation darstellen. Wenn die Bundesregierung die Erreichung dieser Ziele ernst nimmt, muss der benannte Politikwechsel in Gestalt einer umfassenden Verkehrswendestrategie dringlich eingeleitet werden, um den Verkehr in Deutschland langfristig vollständig auf erneuerbar erzeugten Strom umstellen zu können.

B