Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung jagdrechtlicher Vorschriften

906. Sitzung des Bundesrates am 1. Februar 2013

A

Der federführende Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz (AV) und der Rechtsausschuss (R) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

Zu Artikel 1 (§ 6a Absatz 1 Satz 2 Nummer 4, Absatz 3a - neu -, Absatz 5 Satz 1 BJagdG)

In Artikel 1 ist § 6a wie folgt zu ändern:

Begründung:

Mit dem Absatz 5 hat die zuständige Behörde zwar die Möglichkeit, eine beschränkte Jagdausübung anzuordnen. In der vorliegenden Form bedeutet dies erhebliche Einschränkungen bzw. zusätzlichen Verwaltungsaufwand im Falle des Verdachtes oder Auftreten von Tierseuchen bei Wild (Bejagung nur auf ergänzende Anordnung, kein Verhinderungsgrund für die Erteilung der Befriedung). Es wird nur die Prävention vor Tierseuchen berücksichtigt, das Prozedere im Falle des Ausbruches bzw. der Festlegung von Restriktionsgebieten wird nicht ausreichend berücksichtigt.

Daher sollte mit der Erklärung eines Restriktionsgebietes nach Tierseuchenrecht automatisch die Befriedung einer davon betroffenen Grundfläche ruhen. Ebenso sollte die "Bekämpfung von Tierseuchen" in Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 und Absatz 5 ergänzt werden.

4. Zu Artikel 1 (§ 6a Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 BJagdG)

In Artikel 1 sind in § 6a Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 die Wörter "oder die Ausübung der Jagd durch Dritte auf einem ihm gehörenden Grundstück duldet" zu streichen.

Begründung:

Der kategorische Ausschluss der Befriedung durch die Duldung der Jagd durch Dritte verträgt sich nicht mit der Berücksichtigung der in Satz 2 genannten Belange und demzufolge auch nicht mit dem Absatz 3. Wenn auf Grund dieser Belange ein entsprechender Antrag für andere Flächen ganz oder teilweise abgelehnt wird und der Grundeigentümer daher (zwangsweise) die Jagd durch Dritte auf diesen Flächen dulden muss, sowie auch für den Fall, dass er einen entsprechenden Antrag im Hinblick auf die eigene Einschätzung seiner Erfolgsaussichten erst gar nicht stellt, darf dies seine Rechte für andere Flächen nicht beschneiden. Eine differenzierte Handhabung seiner Flächen durch den Grundeigentümer kann selbstverständlich im Rahmen der Würdigung seiner Glaubhaftmachung bewertet werden, was dann aber nicht im Gesetz geregelt werden muss.

5. Zu Artikel 1 (§ 6a Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 BJagdG)

In Artikel 1 sind in § 6a Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 die Wörter "zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung" zu streichen.

Begründung:

Der Besitz eines Jagdscheins zu einem früheren Zeitpunkt als der "behördlichen Entscheidung" kann im Rahmen der Glaubhaftmachung bewertet werden. Stellt man auf den Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung ab, ließe das spätere Lösen eines Jagdscheins nicht mehr automatisch die Voraussetzungen entfallen, um eine Befriedung zu widerrufen.

6. Zu Artikel 1 (§ 6a Absatz 4 Satz 1 und 2, Satz 3, Satz 5 Nummer 2, Satz 6 und 7 BJagdG)

In Artikel 1 ist § 6a Absatz 4 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstaben a und b:

Die aus ethischen Gründen beantragte und damit personenbezogene Befriedung sollte grundsätzlich mit Übergang des Eigentums erlöschen. Der Grundsatz der flächendeckenden Bejagung sollte zunächst einmal wieder aufleben. Wenn die erworbene Fläche zuvor aus ethischen Gründen befriedet war, sollte allerdings eine Ausnahme von Absatz 2 zugebilligt werden, der Erwerber/Erbe sollte also nicht auf das Ende des Jagdpachtvertrages vertröstet werden. Ein Wechsel im Rechtsstatus für die wenigen und kurzfristigen Fälle ist dann eher hinnehmbar als die Durchbrechung des Grundsatzes.

Zu Buchstaben c und d:

Die in Satz 5 Nummer 2 vorgesehene bisherige Regelung ist unnötig. Stattdessen sollte eine Verpflichtung zum Widerruf bestehen, wenn die Voraussetzungen der Befriedung entfallen. Nur dies wird dem Grundsatz der flächendeckenden Jagdausübung und der Ausnahme aus ethischen Gründen gerecht.

Mit der vorgeschlagenen Formulierung werden die bisherigen Sätze 5 und 6 in Form der gebundenen Verwaltung zusammengefasst. Der bisherige Satz 7 kann entfallen.

7. Zu Artikel 1 (§ 6a Absatz 5 Satz 1 - neu - BJagdG)

In Artikel 1 ist dem § 6a Absatz 5 folgender Satz voranzustellen:

"Auf Flächen nach Absatz 1 Satz 1 ist das unbeabsichtigte Überjagen von Hunden gestattet."

Begründung:

Nach geltendem Recht stellt auch das unbeabsichtigte Überjagen von Hunden über die Grenzen des Jagdbezirks hinaus einen Unterlassungstatbestand dar. Die vorgeschlagene Ausnahme ist notwendig, um in Jagdbezirken, in denen Flächen aus ethischen Gründen befriedet werden, die Bejagungsform der Drückjagd weiterhin zu ermöglichen. Der Einsatz von Hunden bei einer Drückjagd wäre ohne die formulierte Ausnahme in Frage gestellt, da breite Flächen um den jeweiligen befriedeten Bezirk hundefrei gehalten werden müssten. Es genügt nicht, wenn die Durchführung der Jagd mit Hunden einen zu berücksichtigenden Belang im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 darstellt. Wenn dem Antrag auf Befriedung trotz dieses Belanges stattgegeben wird, ist es gerade erforderlich, dem verbleibenden Jagdbezirk auch mit Hunden im Rahmen von Drückjagden zu bejagen. Die Einschränkung der erforderlichen Jagdausübung im verbleibenden Jagdbezirk würde die Eigentumsrechte des Revierinhabers beeinträchtigen und wäre damit insgesamt unverhältnismäßig.

8. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat ist wie die Bundesregierung der Auffassung, dass es einer möglichst raschen Umsetzung des Urteils des EGMR bedarf, um die derzeit für alle Beteiligten bestehende Rechtsunsicherheit zu beseitigen und den Gerichten eine Entscheidung auf einer der Europäischen Menschenrechtskonvention genügenden gesetzlichen Grundlage zu ermöglichen. Insofern war es von der Bundesregierung folgerichtig, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 GG als besonders eilbedürftig zu bezeichnen. Es wäre jedoch weiterhin erforderlich gewesen, das Gesetz direkt nach der Verkündung in Kraft zu setzen, wofür gemäß Artikel 72 Absatz 3 Satz 2 Halbsatz 2 GG die Zustimmung des Bundesrates erforderlich ist. Die Bundesregierung hätte also ein Zustimmungsgesetz einbringen müssen.

Der Bundesrat bedauert, dass die Bundesregierung demgegenüber keine Zustimmung des Bundesrates im Gesetzentwurf vorgesehen hat und das Gesetz damit nach Artikel 72 Absatz 3 Satz 2 GG erst sechs Monate nach Verkündung in Kraft treten kann. Es ist widersprüchlich, zum einen das Gesetzgebungsverfahren wegen besonderer Eilbedürftigkeit gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 GG zu beschleunigen und dadurch die Beteiligungsrechte der anderen Verfassungsorgane in ihrer Bedeutung zu schmälern, zugleich aber nicht durch Eingehen auf die Vorschläge der Länder zum Referentenentwurf die Verabschiedung eines Zustimmungsgesetzes ermöglicht zu haben. Dies widerspricht dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zwischen Verfassungsorganen, wie ihn das Grundgesetz voraussetzt.

Der Bundesrat fordert, dass im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens, - unter Berücksichtigung der Vorschläge des Bundesrates - die Zustimmung des Bundesrates und ein Inkrafttreten des Gesetzes am Tage nach der Verkündung vorgesehen werden.

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Die Verfassungsorgane Bundesregierung, Deutscher Bundestag und Bundesrat sind im Gesetzgebungsverfahren dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verpflichtet. Dem entspricht es, dass die Bundesregierung nur in Ausnahmesituationen eine Gesetzesvorlage als besonders eilbedürftig gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 GG bezeichnet und dadurch einen teilweise parallelen Verlauf der Beratungen in Bundesrat im ersten Durchgang und im Bundestag herbeiführt. Hierdurch wird die Stellungnahme des Bundesrates den Deutschen Bundestag erst im Laufe von dessen Beratungen erreichen und kann oftmals nur noch unzureichend berücksichtigt werden.

Es widerspricht dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit, wenn die Bundesregierung bei von ihr als besonders eilbedürftig bezeichneten Gesetzen, die unter Artikel 72 Absatz 3 GG fallen, nicht versucht, die Zustimmung der Länder im Bundesrat durch eine inhaltliche Diskussion über Änderungswünsche zu erreichen. Denn durch ein sofortiges Inkraftsetzen würde der bisherige unklare Rechtszustand um sechs Monate verkürzt, die derzeit zu beobachtenden negativen Folgen würden also deutlich schneller beseitigt. Stattdessen verzichtet die Bundesregierung auf diese Möglichkeit und schwächt einseitig die Mitwirkungsrechte des Bundesrates. Das ist deshalb umso unverständlicher, als die Umsetzung des EGMR-Urteils unzweifelhaft erforderlich ist und Uneinigkeit nur bezüglich der konkreten Ausgestaltung der Regelung besteht.

B