Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten

906. Sitzung des Bundesrates am 1. Februar 2013

A

Der federführende Rechtsausschuss (R) und der Finanzausschuss (Fz) empfehlen dem Bundesrat,

zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a0 - neu - (Inhaltsübersicht ZPO),

Nummer 2a - neu - (§ 130a1 - neu - ZPO), Artikel 3 Nummer 2a - neu - (§ 46c1 - neu - ArbGG), Artikel 4 Nummer 1a - neu - (§ 65a1 - neu - SGG), Artikel 5 Nummer 1a - neu - (§ 55a1 - neu - VwGO), Artikel 6 Nummer 1a - neu - (§ 52a1 - neu - FGO), Artikel 25 Absatz 5a - neu - (Inkrafttreten, Außerkrafttreten)

Begründung:

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass künftig die für die Übermittlung und Bearbeitung von elektronischen Dokumenten geeigneten technischen Rahmenbedingungen gemäß § 130a Absatz 2 Satz 2 ZPO-E und die sonstigen Übermittlungswege gemäß § 130a Absatz 4 Nummer 3 ZPO-E beziehungsweise gemäß den korrespondierenden fachgerichtlichen Bestimmungen durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates bundeseinheitlich festgelegt werden sollen. Damit sich die Länder rechtzeitig auf die künftigen technischen Vorgaben einstellen und gegebenenfalls auch bereits vor dem 1. Januar 2018 ihre bestehenden (etwa auf Grundlage von § 130a Absatz 2 ZPO in der derzeitigen Fassung erlassenen) landesrechtlichen Bestimmungen hieran anpassen können, ist es unerlässlich, dass die vorgesehenen Rechtsverordnungen der Bundesregierung bereits frühzeitig, und nicht erst am oder nach dem 1. Januar 2018, verabschiedet werden. Dies setzt wiederum voraus, dass die diesbezüglichen Ermächtigungsgrundlagen frühzeitig und nicht erst zum 1. Januar 2018 in Kraft treten. Denn eine Rechtsverordnung muss grundsätzlich spätestens im Zeitpunkt ihrer Ausfertigung und Verkündung eine gültige Ermächtigungsgrundlage haben (vgl. BVerfGE 34, 9, 36).

Der Gesetzentwurf berücksichtigt dieses Erfordernis bereits an anderer Stelle:

In Artikel 25 Absatz 3 ist vorgesehen, dass die beiden Verordnungsermächtigungen in § 945b ZPO-E (Artikel 1 Nummer 23) und § 31b BRAO-E (Artikel 7 Nummer 3) schon zum 1. Januar 2014 in Kraft treten sollen und mithin früher als die Bestimmungen in § 945a ZPO-E (Artikel 1 Nummer 22) und § 31a BRAO-E (Artikel 7 Nummer 2), auf die sich die jeweilige Rechtsverordnung beziehen soll.

Für die Verordnungsermächtigungen in § 130a Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 Nummer 3 ZPO-E und in den korrespondierenden fachgerichtlichen Bestimmungen muss Gleiches gelten. Sie sind deshalb für den Zeitraum 1. Januar 2014 bis 1. Januar 2018 "vor die Klammer" zu ziehen und dabei zunächst - während der Fortgeltung der bisherigen Bestimmungen in den § § 130a ZPO, 46c ArbGG, 65a SGG, 55a VwGO und 52a FGO - in eigenständigen Paragraphen zu regeln, die sodann mit Inkrafttreten der künftigen Fassungen der § § 130a ZPO, 46c ArbGG, 65a SGG, 55a VwGO und 52a FGO durch die dortigen Verordnungsermächtigungen abgelöst werden.

2. Zu Artikel 1 Nummer 2 ( § 130a ZPO), Nummer 11 (§ 317 ZPO)

Der Bundesrat bittet im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob durch die mit dem Gesetzentwurf des Bundesrates in BR-Drucksache 503/12(B) HTML PDF vorgeschlagenen Anpassungen des Gesetzes über Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen - Signaturgesetz (SigG) - und die Anwendbarkeit der so geschaffenen Organisationssignatur (OES) als Signaturvariante für Zwecke des elektronischen Rechtsverkehrs durch Erweiterung der jeweiligen Verfahrensordnungen Wertungswidersprüche zwischen Papierverfahren und elektronischen Verfahren vermieden werden könnten und die Arbeits- und Kommunikationsprozesse im gerichtlichen Verfahren erleichtert würden.

Ohne die Einführung einer organisationsbezogenen elektronischen Signatur (OES) wird es notwendig sein, für das Ausfertigungs- und Beglaubigungswesen sowie für prozessleitende Verfügungen für die Geschäftsstellen qualifizierte elektronische Signaturen vorhalten zu müssen.

Hilfsweise wird gebeten zu prüfen, ob, wenn dem Gedanken der Schaffung einer Organisationssignatur im Signaturgesetz nicht näher getreten werden soll, das Ziel der Erleichterung der Arbeits- und Kommunikationsprozesse im gerichtlichen Verfahren durch die Nutzung der fortgeschrittenen Signatur erreicht werden könnte.

Begründung:

Die im Entwurf eines Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten des Bundesrates, BR-Drs. 503/12(B) HTML PDF , als eine wesentliche Entlastung für die "einfache" Kommunikation ausgearbeiteten und auf die Vereinfachung interner Abläufe abzielenden Regelungen für eine elektronische Organisationssignatur (wie sie z.B. in Österreich seit Langem erfolgreich eingeführt ist) werden im Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht aufgegriffen.

Den Maßstab für die an Authentizität, Integrität und Vertraulichkeit gestellten Anforderungen bildet das hergebrachte papierbasierte Verfahren.

Dem Rechtsverkehr werden dabei gerichtliche Entscheidungen in einem Format zur Verfügung gestellt, dem regelmäßig vertraut wird. Dabei ist objektiv betrachtet ohne größeren Aufwand gerade nicht feststellbar, ob das Dokument z.B. tatsächlich von dem angegebenen Aussteller stammt oder ob es nicht manipuliert wurde.

Sicherungsmittel wie händische Unterschrift oder Dienstsiegel sind einfach zu imitieren, reichen aber in der täglichen Justizpraxis offenbar aus, um den an sie gestellten Qualitätsanforderungen gerecht zu werden.

Nur durch maßvolle Anforderungen an die Güte elektronischer Formate und Sicherungsmittel kann ein möglichst reibungsloser elektronischer Rechtsverkehr gewährleistet werden. Wertungswidersprüche zwischen Papierverfahren und elektronischen Verfahren sind zu vermeiden, insbesondere, falls hierdurch Arbeits- und Kommunikationsprozesse schwerfälliger werden, wie dies beim Einsatz der qualifizierten elektronischen Signatur zu beobachten ist.

Ein Lösungsweg besteht in der Einführung einer organisationsbezogenen elektronischen Signatur (OES) für das Ausfertigungs- und Beglaubigungswesen sowie prozessleitende Verfügungen. Organisationsbezogene elektronische Signaturen (OES) sind fortgeschrittene elektronische Signaturen, die einer Organisationseinheit (z.B. rechtsfähige Einrichtung des Privatrechts oder eine öffentliche Stelle) als Signaturschlüssel-Inhaber zugeordnet sind. Die verwendende Organisationseinheit muss sich im Gegenzug sämtliche Dokumente, die mit ihrer OES versehen sind, zurechnen lassen, ohne dass die Zurechnung an eine natürliche Person geknüpft ist (Organisationsverantwortung). Da es sich um reine Softwarezertifikate handelt, ist deren Vorhaltung und Nutzung deutlich einfacher zu bewerkstelligen als der Einsatz qualifizierter elektronischer Signaturen.

Soweit dem Gedanken der Einführung einer organisationsbezogenen elektronischen Signatur, die einer Organisationseinheit als Signaturschlüssel-Inhaber zugeordnet ist, im Signaturgesetz nicht näher getreten werden soll, wird gebeten zu prüfen, ob eine - im Signaturgesetz bereits normierte - fortgeschrittene Signatur als ausreichend für das Ausfertigungs- und Beglaubigungswesen sowie für prozessleitende Verfügungen für die Geschäftsstellen für ausreichend erklärt werden kann.

Auf die Landesjustizverwaltungen kämen, wenn eine qualifizierte elektronische Signatur notwendig würde, einmalige und laufende Kosten für die Beschaffung der Signaturkartenlesegeräte und der Signaturkarten (die daneben einer ständigen Wiederbeschaffung unterliegen) in erheblichem Ausmaß zu.

Für die Anschaffung von Hard- und Software fallen geschätzte Kosten in Höhe von ca. 100 Euro pro Arbeitsplatz an. Nicht berücksichtigt sind hierbei die Aufwände für Installation, Zuweisung an den jeweiligen Karteninhaber und Support für den Betrieb der Signaturkartenlesegeräte und der Karten.

Bei z.B. in Hessen auf den Serviceeinheiten beschäftigten 4 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern würde dies jährliche Kosten in Höhe von über 400 000 Euro bedeuten.

3. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 130c ZPO)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob eine dem § 130c ZPO-E entsprechende Bestimmung zur Einführung elektronischer Formulare auch in die jeweiligen fachgerichtlichen Verfahrensordnungen aufzunehmen ist.

Begründung:

Nach der Einzelbegründung zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 130c ZPO-E) können durch die Einführung elektronischer Formulare zahlreiche gerichtliche Verfahrensabläufe effizienter gestaltet werden. Genannt werden dort exemplarisch der Kostenfestsetzungsantrag und die Anzeige von Veränderungen der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im PKH-Verfahren. Eine § 130c ZPO-E vergleichbare Regelung in den jeweiligen Verfahrensordnungen der Fachgerichtsbarkeiten sieht der Gesetzentwurf indes nicht vor. Lediglich in § 46a Absatz 8 Satz 3 ArbGG-E soll -jedoch nur für den beschränkten Bereich des arbeitsgerichtlichen Mahnverfahrens - ein Verweis auf § 130c ZPO-E aufgenommen werden. Dies erscheint unzureichend. Gerade Anträge auf Kostenfestsetzung oder Erklärungen im Rahmen der Prozesskostenhilfe beziehungsweise Verfahrenskostenhilfe sind in den Fachgerichtsbarkeiten ebenso relevant wie vor den ordentlichen Gerichten. Die in den fachgerichtlichen Verfahrensordnungen enthaltenen Verweise auf Bestimmungen der Zivilprozessordnung würden den neuen § 130c ZPO-E nicht erfassen. Daher sollte nach den § § 14 FamFG, 46c ArbGG, 65a SGG, 55a VwGO und 52a FGG jeweils eine § 130c ZPO-E entsprechende Regelung verortet werden.

4. Zu Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe b (§ 174 Absatz 3 Satz 3 bis 5 - neu - ZPO)

In Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe b ist § 174 Absatz 3 Satz 3 und 4 durch folgende Sätze zu ersetzen:

"Das Dokument ist gegen eine automatisierte Eingangsbestätigung zu übermitteln und gegen unbefugte Kenntnisnahme Dritter zu schützen. Die in Absatz 1 Genannten haben einen für die Zustellung elektronischer Dokumente geeigneten Übermittlungsweg zu eröffnen. Die in der nach § 130a Absatz 2 Satz 2 erlassenen Rechtsverordnung geregelten technischen Rahmenbedingungen gelten entsprechend."

Begründung:

Die Bezugnahme auf "sichere Übermittlungswege" im Sinne des § 130a Absatz 4 ZPO-E in § 174 Absatz 3 Satz 3 und 4 ZPO-E sollte entfallen, da die damit verbundene Beschränkung auf die dort enumerativ aufgelisteten "sicheren" Übermittlungswege die ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs angestrebte flächendeckende Ermöglichung von elektronischen Zustellungen an die in § 174 Absatz 1 ZPO genannten Personengruppen unter Nutzung der vorhandenen EGVP- und De-Mail-Infrastruktur verhindert.

Bei der vorliegenden Fassung von § 174 Absatz 3 Satz 3 ZPO-E wäre eine Zustellung elektronischer Dokumente an EGVP-Nutzer nur möglich, wenn diese über ein "besonderes elektronisches" Postfach verfügen, welches auf der Grundlage des § 31a BRAO-E oder einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage errichtet wurde. Nach derzeitiger Lage könnten die Gerichte mithin auch dann nicht über die bundesweit als Standard etablierte EGVP-Kommunikationsinfrastruktur an Gerichtsvollzieher, Behörden, Körperschaften des öffentlichen Rechts und die weiteren Personen mit erhöhter Zuverlässigkeit elektronisch zustellen, wenn diese über ein EGVP verfügen. Trotz der mittlerweile immerhin bereits ca. 50 000 EGVP-Nutzer in Deutschland könnten die Gerichte ihre EGVP-Infrastruktur vielmehr nur für die elektronische Kommunikation mit der Anwaltschaft nutzen. Dies wäre umso misslicher, als nicht absehbar ist, für welche dieser Personengruppen überhaupt mit der Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für ein "besonderes" elektronisches Postfach zu rechnen ist. Würde dieser Entwurf so Gesetz, hätte dies nicht die gewünschte Förderung, sondern eine Beschränkung des elektronischen Rechtsverkehrs zur Folge. Die vorgeschlagene Streichung der Bezugnahme auf "sichere Übermittlungswege" im Sinne des § 130a Absatz 4 ZPO-E führt auch nicht etwa zur Zulassung "unsicherer" Übertragungswege, da die Anforderung, die Übermittlung "gegen unbefugte Kenntnisnahme Dritter zu schützen", bestehen bliebe und diese beim Einsatz der EGVP-Infrastruktur durch die automatisierte (Ende-zu-Ende-) Verschlüsselung der Daten über das sogenannte OSCI-Transportprotokoll gewährleistet wird.

Die in § 174 Absatz 3 Satz 4 ZPO-E geplante Verpflichtung der in § 174 Absatz 1 ZPO genannten Personengruppen zur Eröffnung eines "sicheren Übermittlungsweges" liefe nach derzeitiger Lage darauf hinaus, dass sich diese - mit Ausnahme der Rechtsanwälte - ein De-Mail-Konto einrichten müssten, da andere "sichere Übermittlungswege" (im Sinne des § 130a Absatz 4 ZPO-E) auf absehbare Zeit nicht zur Verfügung stehen werden. Dies würde dazu führen,

dass die weitere Ausbreitung der EGVP-Infrastruktur auf Seiten der Kommunikationspartner der Justiz gebremst würde. Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs (vgl. S. 44) ist davon auszugehen, dass dies so nicht gewollt ist, da es hiernach genügen soll, wenn diese Personengruppen "als De-Mail-Nutzer" oder "als EGVP-Postfachinhaber" "erreichbar" sind. Dies ist aber mit dem Wortlaut des § 174 Absatz 3 Satz 4 ZPO-E nicht zu vereinbaren. Daher wird eine Formulierung vorgeschlagen, die allgemein die Eröffnung "eines für die Zustellung elektronischer Dokumente geeigneten" Übermittlungsweges vorschreibt, über den Dokumente, die den in der Rechtsverordnung nach § 130a Absatz 2 Satz 2 ZPO-E geregelten technischen Rahmenbedingungen entsprechen, empfangen werden können. Auf diese Weise könnten die in § 174 Absatz 1 ZPO Genannten auch mit der Eröffnung eines EGVP ihrer gesetzlichen Verpflichtung Genüge tun.

5. Zu Artikel 1 Nummer 11 Buchstabe c (§ 317 Absatz 5 Satz 3 ZPO)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs und einfacheren Handhabung in den Gerichten in § 317 Absatz 5 Satz 3 ZPO das Wort "qualifizierten" gestrichen werden kann.

Begründung:

Die mit der Prüfbitte verfolgte Streichung des Wortes "qualifizierten" in § 317 Absatz 5 Satz 3 ZPO-E schafft die Möglichkeit, dass Auszüge und Abschriften von Urteilen (und über Artikel 1 Nummer 12, § 329 Absatz 1 Satz 2 ZPO-E auch von Beschlüssen) vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle nicht qualifiziert signiert übersandt werden müssen. Damit könnte der erhebliche finanzielle und organisatorische Aufwand reduziert werden, der mit der Ausstattung der Mitarbeiter in den Serviceeinheiten der Gerichte mit qualifizierten digitalen Signaturkarten verbunden wäre.

Zugleich sollte geprüft werden, ob es einer Klarstellung oder Regelung bedarf, dass bei den gemäß § 317 Absatz 1 ZPO in Papierform (künftig nicht mehr in Ausfertigung, sondern nur noch in Abschrift) zuzustellenden Urteilen und Beschlüssen, die nach der Begründung zu Artikel 1 Nummer 11 des Gesetzentwurfs (vgl. S. 46) dem Beglaubigungserfordernis unterliegen, im Interesse einer Effizienzsteigerung durch Nutzung von Druckstraßen etc. der Beglaubigungsvermerk der Geschäftsstelle ohne handschriftliche Unterzeichnung (z.B. entsprechend der Regelung für den Mahnbescheid in § 692 Absatz 2 ZPO) genügt.

6. Zu Artikel 1 Nummer 19 (§ 690 Absatz 3 Satz 1 ZPO), Nummer 19a - neu - (§ 694 Absatz 1 Satz 2 - neu - ZPO), Nummer 20 (§ 699 Absatz 1 Satz 2 ZPO), Nummer 20a - neu - (§ 700 Absatz 3 Satz 2 ZPO)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Der mit der Änderung verfolgte Ansatz ist bereits in dem Gesetzentwurf des Bundesrates vom 12. Oktober 2012 (BR-Drs. 503/12(B) HTML PDF enthalten, wurde aber - sowohl in der Ausgestaltung als auch in der Begründung - nochmals überarbeitet.

Gegenwärtig ist in § 690 Absatz 3 Satz 1 ZPO geregelt, dass der Mahnantrag in einer nur maschinell lesbaren, für das Gericht geeigneten Form übermittelt werden kann; in § 690 Absatz 3 Satz 2 ist gleichzeitig vorgesehen, dass nur diese (in Satz 1 bestimmte) Form der Antragstellung zulässig ist, wenn der Antrag von einem Rechtsanwalt oder einer registrierten Person nach § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 RDG (Inkassodienstleister) gestellt wird.

Die maschinelle Lesbarkeit wird dadurch gewährleistet, dass der Antragsteller

Für den Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids ist in § 699 Absatz 1 Satz 2 ZPO nur die Möglichkeit der Antragstellung in einer nur maschinell lesbaren Form vorgesehen, während eine entsprechende Verpflichtung von Rechtsanwälten und nach § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 RDG registrierten Personen bislang fehlt.

In der Praxis erfolgt in diesen Fällen (den Einspruch ausgenommen) bislang die Antragstellung mit den in § 703c Absatz 2 ZPO verpflichtend vorgesehenen - und mit Blindfarben ausgestatteten - Papier-Originalvordrucken (gelbes Formular für den Antrag auf Neuzustellung des Mahnbescheids (NEMB), blaues Formular für den Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids (VBA), rosafarbenes Formular für den Antrag auf Neuzustellung des Vollstreckungsbescheids (NEVB) und braunes Formular für den Widerspruch). Dieser Vordrucke müssen sich alle Parteien bedienen gemäß § 703c Absatz 1, Absatz 2 ZPO i.V.m. § 1 Absatz 1 der Verordnung zur Einführung von Vordrucken für das Mahnverfahren bei Gerichten, die das Verfahren maschinell bearbeiten vom 6. Juni 1978 (BGBl. I S. 705), die zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) geändert worden ist. Die Papier-Originalformulare (bzw. die darin enthaltenen reinen Strukturdaten) werden bei den Gerichten mit Scansystemen eingescannt und können dann - wegen Ausblendung aller überflüssigen Daten über die Blindfarben - tatsächlich auch maschinell ausgelesen werden.

Mit der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs besteht die für die Mahngerichte äußerst bedeutsame Gefahr, dass die Verfahrensbeteiligten die mit Blindfarben versehenen - bundeseinheitlichen Originalvordrucke -, in zahlreichen Fällen einfach selbst scannen und elektronisch als PDF-Datei an die Gerichte schicken. Die so eingereichten PDF-Dateien sind nicht maschinell lesbar, weshalb die Gerichte die PDF-Dateien zunächst ausdrucken müssten. Durch den Ausdruck gingen aber die Blindfarben verloren mit der weiteren Folge, dass die Belege nicht einmal mehr scanfähig wären, sie müssten dann manuell erfasst werden. Dies würde einen erheblichen Mehraufwand für die Mahngerichte bedeuten.

Genau dies soll jedenfalls für die Masse der Einreicher (Rechtsanwälte und Inkassounternehmen) dadurch verhindert werden, dass § 690 Absatz 3 ZPO in seiner neuen Fassung (inklusive der vom Gesetzentwurf ohnehin vorgesehenen Änderung) entsprechend in den genannten Fällen (Antrag auf Neuzustellung des Mahnbescheids, Antrag auf Erlass und auf Neuzustellung des Vollstreckungsbescheids, Widerspruch, Einspruch) Anwendung findet. Deshalb sieht die Änderung vor, dass in § 690 Absatz 3 Satz 1 ZPO der Antrag auf Neuzustellung (eines Mahnbescheids) und in §§ 694 Absatz 1, 699 Absatz 1 Satz 2 und § 700 Absatz 3 ZPO entsprechend umfassende Verweise auf § 690 Absatz 3 ZPO aufgenommen werden.

Für den Bereich des Einspruchs (§ 699 ZPO) existieren zwar bislang keine maschinell lesbaren Vordrucke. Es erscheint aber als sinnvoll, für diesen (standardisierten) Rechtsbehelf einen Gleichklang mit den übrigen Anträgen (und dem Widerspruch) im Mahnverfahren zu schaffen, zumal die Schnittstelle für den Austausch maschinell lesbarer Daten bereits besteht.

Die Änderungen haben essenzielle Bedeutung für die Justiz im Bereich des Mahnverfahrens. Sie würden bedeuten, dass Rechtsanwälte und Inkassodienstleister (aber auch nur diese) ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Regelung so verfahren müssten, wie es jetzt bereits für den Bereich der Mahnanträge gilt. Die Einreichung eines Papier-Originalvordrucks oder eines eingescannten Vordrucks wäre dann für diesen Personenkreis nicht mehr zulässig.

Eine Änderung des Artikels 25 (Inkrafttreten, Außerkrafttreten) des Gesetzentwurfs wird nicht für nötig befunden. Vielmehr unterfallen Artikel 1 Nummer 19, 19a, 20, 20a (weiterhin) dem Artikel 25 Absatz 1 und sollen demnach (erst) am 1. Januar 2018 in Kraft treten. Dies erscheint auch sachgerecht, weil bis zum Inkrafttreten der neuen Vorschriften seitens der Landesjustizverwaltungen noch zahlreiche Vorbereitungsmaßnahmen zu treffen sind. So ist beispielsweise die Schnittstelle für die maschinelle Lesbarkeit der genannten Eingaben mit den (über 100) Softwareherstellern abzustimmen, die Internetplattform "www.onlinemahnantrag.de" und der EGVP-Client der Mahngerichte (EDA-Manager) müssen angepasst werden. Dies wird erfahrungsgemäß einige Zeit in Anspruch nehmen.

Die alternative Ausräumung des geschilderten Problems über die Einführung verpflichtend zu nutzender Online-Formulare (die im Rahmen der BLK-Gruppe Online-Formulare entwickelt werden könnten) erscheint demgegenüber mit Nachteilen behaftet. Zum einen existiert bereits eine Schnittstelle für den elektronischen Datenaustausch, deren Hersteller (die Branchensoftwarehersteller) durch eine solche alternative Lösung von der Entwicklung (und damit vom Markt) ausgeklammert würden. Zum anderen funktioniert der elektronische Datenaustausch im Bereich des automatisierten Mahnverfahrens bereits jetzt vielfach reibungslos, die Nutzer (vor allem Rechtsanwälte und Inkassodienstleister) haben sich darauf eingestellt und haben Investitionen getätigt. Sie müssten das bewährte System umstellen, getätigte Investitionen würden hinfällig.

7. Zu Artikel 3 (Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob eine den § § 65b SGG, 55b VwGO und § 52b FGO entsprechende Bestimmung auch in § 46e ArbGG aufzunehmen ist.

Begründung:

Nach dem Gesetzentwurf und dessen Begründung zeichnen die Artikel 4 Nummer 2 (§ 65b SGG), Artikel 5 Nummer 2 (§ 55b VwGO) und Artikel 6 Nummer 2 ( § 52b FGO) die Neufassung von § 298 ZPO und § 298a Absatz 2 ZPO mit den Regelungen zum binnenjustiziellen Medientransfer (E-Akte) nach.

Für die Arbeitsgerichtsbarkeit ist eine entsprechende Bestimmung bislang nicht vorgesehen. Es erscheint sinnvoll, die in der Sozial-, Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vorgesehenen Änderungen auch in der Arbeitsgerichtsbarkeit entsprechend nachzuvollziehen (etwa in § 46e ArbGG), wenngleich nicht verkannt wird, dass § 46e ArbGG in der aktuellen Fassung nicht exakt parallel zu den genannten Regelungen im SGG, VwGO, FGO gehalten ist.

8. Zu Artikel7Nummer 2(§ 31aAbsatz 2Satz2BRAO)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob § 31a Absatz 2 Satz 2 BRAO-E gestrichen werden sollte.

Begründung:

Die Regelung sieht - anders als noch im Referentenentwurf - vor, dass für das besondere Anwaltspostfach unterschiedliche Zugangsberechtigungen für Rechtsanwälte und andere Personen (z.B. Kanzleiangestellte) vorgesehen werden können. Dies hat in der Praxis zu unterschiedlichen Interpretationen geführt. Teilweise wird vertreten, die Gerichte müssten jeweils prüfen, ob ein Dokument, welches über das mit mehreren Zugangsberechtigungen ausgestattete besondere Anwaltspostfach versendet wurde, vom Anwalt selbst oder aber von einer anderen zugangsberechtigten Person versandt wurde. Nur im erstgenannten Fall liege eine rechtswirksame Einreichung eines formbedürftigen Dokumentes vor. Wäre diese Auffassung richtig, hätte dies für die Justiz schwere Nachteile zur Folge. Die Einführung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs hätte dann keinen Mehrwert, sondern führte zu einer Erschwernis gegenüber der bisher erforderlichen qualifizierten elektronischen Signatur. Insoweit ist zumindest eine Klarstellung erforderlich, ob Dokumente, die über das besondere Anwaltspostfach eingereicht werden, ohne gesonderte Prüfung als rechtswirksam vom jeweiligen Anwalt eingereicht gelten, und zwar unabhängig davon, wer tatsächlich die Versendung vorgenommen hat.

Es erscheint überdies zweifelhaft, ob die Regelung überhaupt erforderlich ist. Die Privilegierung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs als sicherer Übermittlungsweg im Sinne von § 130a Absatz 4 ZPO-E, bei dessen Nutzung die qualifizierte elektronische Signatur entbehrlich ist, beruht ganz wesentlich darauf, dass die Postfachadresse im Rahmen einer "trusted domain" personenbezogen dem einzelnen Anwalt nach einem besonderen Identifizierungsverfahren zugeordnet wird. Das (in § 130a Absatz 4 Nummer 2 i.V.m. § 130a Absatz 3 ZPO-E zum Ausdruck gebrachte) Vertrauen, dass aus diesem Postfach versendete Dokumente auch ohne qualifizierte Signatur tatsächlich vom Anwalt stammen, findet nur dann eine hinreichende Rechtfertigung, wenn allein dem Anwalt eine Versendeberechtigung zukommt. Die Versendung sonstiger Post durch Kanzleikräfte kann durch ein "normales" Kanzleipostfach erfolgen, ohne dass es des Zugangs zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach bedarf. Für die Einräumung einer Leseberechtigung für dritte Personen ist eine gesetzliche Regelung wie in § 31a Absatz 2 Satz 2 BRAO-E ebenfalls nicht erforderlich. Die Möglichkeit der Kenntnisnahme von eingehenden Dokumenten für Kanzleikräfte kann ohne Weiteres durch die Einrichtung einer automatischen Weiterleitung an den zuständigen Sachbearbeiter sichergestellt werden.

In diesem Zusammenhang bittet der Bundesrat überdies um Prüfung und Klarstellung, ob die Nutzung durch Artikel 1 Nummer 2 (§ 130a Absatz 3 ZPO-E), Artikel 1 Nummer 9 (§ 298 Absatz 3 ZPO-E), Artikel 4 Nummer 2 (§ 65b Absatz 4 SGG-E), Artikel 5 Nummer 2 (§ 55b Absatz 4 VwGO-E) und Artikel 6 Nummer 2 (§ 52b Absatz 4 FGO-E) eröffneter "nicht sicherer Übermittlungswege" (durch Übersendung einer einfachen elektronischen E-Mail mit einem angehängten, qualifiziert signierten elektronischen Dokument) für Inhaber besonderer elektronischer Postfächer i.S.d. § 130a Absatz 4 Nummer 2 ZPO-E (insbesondere Rechtsanwälte) z.B. durch die in § 130a Absatz 2 ZPO-E vorgesehene Rechtsverordnung eingeschränkt werden kann. Die Justiz hat wegen der bei Übersendung über das besondere elektronische Anwaltspostfach entfallenden Signaturprüfungen ein nachhaltiges Interesse an der Nutzung dieses sicheren Übermittlungsweges durch die Anwaltschaft.

9. Zur Einführung einer Faxgebühr im Sinne einer Dokumentenpauschale (GKG, FamGKG, KostO, JVKostO, RVG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob den mit einer Übersendung von Originalschriftsätzen per Fax verbundenen Problemen bei den Gerichten ab Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs mit der Einführung einer Faxgebühr für Rechtsanwälte und Notare im Sinne einer Dokumentenpauschale zu begegnen ist. Zugleich sollte ein kostenrechtlicher Anreiz geschaffen werden, indem bis zum Inkrafttreten der Nutzungspflicht ein einmalig anfallender Auslagentatbestand für den Fall vorgesehen wird, dass ein Rechtsanwalt über ein elektronisches Postfach gerichtliche Dokumente sowohl elektronisch empfängt als auch an das Gericht übermittelt.

Begründung:

Die Gerichte werden durch zusätzlich neben den Originalschriftsätzen per Fax eingehende Schriftsätze erheblich organisatorisch und personell belastet. Entsprechend dem Ziel des Gesetzes, den elektronischen Rechtsverkehr mit den Gerichten zu fördern, sollten die professionellen Beteiligten frühzeitig angehalten werden, die Möglichkeiten, die ihnen der elektronische Rechtsverkehr eröffnet, zu nutzen.

Den mit einer Übersendung von Schriftsätzen per Fax verbundenen Problemen sollte für den Zeitraum ab Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs bei Gericht durch die Einführung einer Faxgebühr für Rechtsanwälte und Notare im Sinne einer Dokumentenpauschale begegnet werden, damit Schriftsätze häufiger statt per Telefax über das elektronische Postfach an das Gericht übermittelt werden. Zugleich sollte durch eine Ergänzung der Anmerkung zu Nummer 7000 Vergütungsverzeichnis des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes sichergestellt werden, dass die Versendung eines Telefaxes finanziell nicht den Mandanten belastet, sondern dessen Rechtsanwalt, indem dieser nicht mehr dafür vergütet wird, ein Telefax an das Gericht zu senden.

Zudem sollte ein kostenrechtlicher Anreiz geschaffen und für einen Ersatz der mit der Bereitstellung und Nutzung eines für den elektronischen Rechtsverkehr mit dem Gericht geeigneten Empfangsmediums verbundenen Auslagen gesorgt werden, indem für eine Übergangszeit ein einmalig anfallender Auslagentatbestand in geringer Höhe für den Fall vorgesehen wird, dass ein Rechtsanwalt über ein elektronisches Postfach Dokumente sowohl elektronisch empfängt als auch an das Gericht übermittelt. Nach Inkrafttreten des obligatorischen elektronischen Rechtsverkehrs für die professionellen Rechtsanwender bedarf es dieses Anreizes nicht mehr, so dass dieser wieder außer Kraft treten kann.

10. Zu Artikel 24 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 - neu - (Verordnungsermächtigung für die Länder), Artikel 25 Absatz 5 (Inkrafttreten)

Begründung:

Zu Buchstabe a

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung strebt eine bundesweite, flächendeckende Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs zum 1. Januar 2018 an, ermöglicht aber den Ländern für einen Übergangszeitraum bis zum 31. Dezember 2021 diese Eröffnung jeweils hinauszuschieben (Opt-Out-Lösung).

Erst zum 1. Januar 2022 wird eine Nutzungspflicht für die Rechtsanwälte, Behörden und juristischen Personen des öffentlichen Rechts begründet.

Dies wird damit begründet, dass die für Rechtsanwälte statuierte Nutzungspflicht erst verantwortet werden könne, wenn gesichert sei, dass der elektronische Zugang zu den Gerichten fehlerfrei und ohne Störungen funktioniere. Insbesondere müssten die vorgesehenen sicheren Übermittlungswege, über die elektronische Dokumente ohne qualifizierte Signatur eingereicht werden können, auch bei hohem Datenvolumen zuverlässig einsetzbar sein (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs, S. 65).

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wird dem erklärten Ziel einer effektiven (auch möglichst frühzeitigen) und nachhaltigen Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs nicht hinreichend gerecht, weil die Nutzungspflicht zu spät einsetzt und damit der in einigen Ländern ohnehin schon bestehende status quo (keine wesentliche Ausnutzung der (nahezu) vollständigen Öffnung der Gerichte für den elektronischen Rechtsverkehr) bis zum 31. Dezember 2021 ohne wesentlichen Fortschritt perpetuiert wird. Wie sich gerade in den Ländern, die ihre Gerichte (weitgehend oder vollständig) bereits für den elektronischen Rechtsverkehr eröffnet haben (z.B. Brandenburg, Berlin, Bremen, Hessen, Sachsen), zeigt, bedarf es zur nachhaltigen Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs einer zeitnahen Verpflichtung der professionellen Einreicher zur Einreichung entsprechender Dokumente. Für die Länder stellte es eine erhebliche und unzumutbare Belastung dar, über Jahre hinweg bei den Gerichten eine vollständig funktionierende technische und personelle Infrastruktur vorhalten zu müssen, wenn diese voraussichtlich nur spärlich genutzt würde. Dies ist weder der Sache nach noch investitionspolitisch sinnvoll.

Überdies besteht die Gefahr, dass sich aufgrund der Nutzungspflicht (erst) zum 1. Januar 2022 viele Rechtsanwälte noch nicht ausreichend auf den elektronischen Rechtsverkehr eingestellt haben werden und erstmals zum Stichtag massenhaft Eingänge im elektronischen Rechtsverkehr erfolgen. Dies könnte sowohl auf Seiten der Rechtsanwälte, die ihrerseits die Nutzung sicher stellen müssen, zu erheblichen Problemen führen, als auch die Gerichte und deren Infrastruktur massiv überfordern.

Die vorgeschlagenen Änderungen nehmen auf die von der Praxis vielfältig geäußerten Bedenken, Anregungen und Befürchtungen Rücksicht, ohne die flächendeckende Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs länger als geboten zu hinauszuschieben. Die Übergangsphase zwischen bundesweiter Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs und Nutzungspflicht sollte zudem möglichst kurz gehalten werden.

Dies gibt auch den Rechtsanwälten (etc.) die Möglichkeit zur "Gewöhnung mit Anstoß" an den neuen Rechtszustand. Bereits getätigte - und vom Ziel des Gesetzes erwünschte - Investitionen sind nicht sinnlos, weil sie uneingeschränkt im ganzen Bundesgebiet genutzt werden können und die Übergangszeiträume überschaubar sind. Auch können die Rechtsanwälte etwaige Haftungsrisiken dadurch reduzieren, dass sie sich bereits frühzeitig ab dem 1. Januar 2020 insgesamt auf den elektronischen Rechtsverkehr umstellen; auch hierdurch wird das angestrebte Ziel mittelbar gefördert.

Durch die Änderungen wird nach Auffassung der Länder das erklärte Ziel des Gesetzentwurfs insgesamt kompakt, effektiv und gleichwohl übersichtlich umgesetzt. Das Zusammenspiel der Opt-Out- und Opt-In-Möglichkeiten macht es für die Länder besonders attraktiv, den elektronischen Rechtsverkehr in ihrem Bereich frühzeitig zu öffnen, um schon während der Jahre 2018 und 2019 Erfahrungen mit den Vorschriften sammeln zu können, ohne mit unüberschaubaren Eingängen rechnen zu müssen, und dann die Phase der gerichtsbarkeitsweisen Nutzungsverpflichtung voll ausnutzen zu können. Die Länder können in diesem Zeitraum darüber hinaus gezielt ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die neuen Systeme schulen.

Zu Buchstabe b

Die Nutzungspflicht für Rechtsanwälte (etc.) soll jedoch, ungeachtet der Opt-In-Möglichkeit der Länder, flächendeckend spätestens zum 1. Januar des Jahres 2022 eintreten, weshalb in Artikel 25 Absatz 5 nach dem Wort "treten" das Wort "spätestens" eingefügt werden soll.

Einer besonderen Inkrafttretensregelung bedarf es für den neuen Artikel 24 (Absatz 1 und Absatz 2) nicht. Er wird vielmehr insgesamt und zutreffend von der Inkrafttretensregelung in Artikel 25 Absatz 6 erfasst.

11. Zu Artikel 25 Absatz 4a - neu - (Inkrafttreten)

Nach Artikel 25 Absatz 4 ist folgender Absatz 4a einzufügen:

Begründung:

Nach dem Gesetzentwurf sind die Länder verpflichtet, bis zum 1. Januar 2016 das länderübergreifende elektronische Schutzschriftenregister einzurichten und ab diesem Zeitpunkt als gemeinsame Empfangseinrichtung vorzuhalten. Alle ordentlichen Gerichte und Gerichte der Arbeitsgerichtsbarkeit werden ab diesem Zeitpunkt bei Eingang eines Antrags auf Arrest oder einstweilige Verfügung eine Registerabfrage durchführen müssen. Die Einzelbegründung zu Artikel 7 Nummer 4 (§ 49c BRAO-E) führt dabei zutreffend aus, dass erst dann für die Gerichte ein spürbarer Effizienzgewinn zu erwarten ist, wenn sich das Schutzschriftenregister für die Rechtsanwaltschaft als Regeleinreichungsweg etabliert hat und die Registerabfrage die bisherige - außerhalb des Anwendungsbereichs des § 49c BRAO-E weiterhin zulässige - gerichtseigene Registrierung und Verwahrung von Schutzschriften weitgehend ersetzt hat. Bis dies erreicht ist, wird sich der Aufwand aufgrund der Parallelität der Registerabfrage und Suche im eigenen Schutzschriftenbestand für die Gerichte zunächst eher erhöhen. Es ist daher für die Abläufe in der Justiz von entscheidender Bedeutung, dass die Übergangszeit zwischen der Einführung des Schutzschriftenregisters und der verpflichtenden Nutzung durch die Rechtsanwälte möglichst kurz ausfällt. Dieser Zeitraum soll maximal ein Jahr betragen, wodurch den Rechtsanwälten ebenso wie den Gerichten ausreichend Zeit bleibt, sich auf die künftig beidseitig verbindliche Nutzung des elektronischen Schutzschriftenregisters einzustellen. Für die Rechtsanwälte entsteht durch die Nutzungsverpflichtung kein erheblicher Umstellungsaufwand. Für die Einstellung von Schutzschriften in das Schutzschriftenregister wird es im Wesentlichen eines Internetanschlusses bedürfen. Für ein sicheres Registrierungsverfahren kann zudem das bereits ein Jahr früher - zum 1. Januar 2016 - von der Bundesrechtsanwaltskammer einzurichtende besondere elektronische Anwaltspostfach nutzbar gemacht werden.

Artikel 7 Nummer 4 (§ 49c BRAO-E) soll deshalb spätestens am 1. Januar 2017 in Kraft treten.

12. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob die noch bestehenden Regelungen über Papierbekanntmachungen und -veröffentlichungen weitgehend durch eine zentrale Internetveröffentlichung ersetzt werden können.

Begründung:

Die noch bestehenden Regelungen über Papierbekanntmachungen und -veröffentlichungen sollten weitgehend durch eine zentrale Internetveröffentlichung - etwa im gemeinsamen Justizportal des Bundes und der Länder oder im Bundesanzeiger - ersetzt werden. Veröffentlichungen und Bekanntmachungen über die Gerichtstafel sollten ebenfalls in das Internet verlagert werden (z.B. betreffend die öffentliche Zustellung in den §§ 185 ff. ZPO). Nur dort, wo ein erkennbares nachhaltiges Bedürfnis besteht, sollten neben der Veröffentlichung und Bekanntmachung über die Internetadresse weitere Veröffentlichungsmöglichkeiten noch in Papierform verbleiben.

Obwohl die Vorzüge entsprechender Bekanntmachungen und Veröffentlichungen über das Internet schon mit Blick auf den erreichbaren Adressatenkreis greifbar sind, existieren in unterschiedlichen Regelungszusammenhängen noch Vorschriften, die Papierbekanntmachungen beziehungsweise -veröffentlichungen vorsehen. Zudem wird auch die Gerichtstafel noch als Bekanntmachungs- und Veröffentlichungsmedium genutzt, wenngleich deren Bedeutung als Informationsquelle für den jeweiligen Adressaten gegenüber Papierbekanntmachungen beziehungsweise -veröffentlichungen in entsprechenden Blättern noch als deutlich niedriger einzuschätzen sein dürfte. Mit der Veröffentlichung und Bekanntmachung in elektronischer Form würden die Informationsmöglichkeiten erheblich verbessert. Zudem würde das Erscheinungsbild der Justiz als moderner Dienstleister gestärkt.

Zu den konkret von einer erforderlichen Änderung betroffenen Gesetzen wird auf den Gesetzentwurf des Bundesrates Bezug genommen, BR-Drs. 503/12(B) HTML PDF .

13. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, wie sichergestellt werden kann, dass bei Verwendung des De-Mail-Verfahrens zur elektronischen Übermittlung von Dokumenten an das Finanzgericht das Steuergeheimnis nach § 30 AO gewahrt bleibt.

Begründung:

Nach § 18 Absatz 1 Nummer 3 De-Mail-G müssen sich die für die Erbringung der Dienste verwendeten technischen Geräte nicht im Inland, sondern im Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum befinden. Der Provider kann nach § 18 Absatz 4 De-Mail-G Dritte beauftragen.

Die (rechtliche und faktische) Wahrung des Steuergeheimnisses durch die Finanzverwaltung gehört zum Kernbereich des § 30 AO. Dies beinhaltet auch, dass sich die Finanzverwaltung bei der Übermittlung von elektronischen Dokumenten eines sicheren Übertragungsweges bedienen muss. Die derzeitige

Ausgestaltung des De-Mail-Verfahrens bietet jedoch keine ausreichende Gewähr gegen unbefugte Zugriffe Dritter, insbesondere der E-Mail-Provider. Hinzu kommt, dass sich der E-Mail-Provider ggf. außerhalb des Zugriffs deutscher Behörden und Gerichte befinden kann. Diesen Bedenken könnte durch Verwendung einer zusätzlichen "Ende-zu-Ende"-Verschlüsselung zwischen Verwaltung und Gericht begegnet werden, um zu verhindern, dass die übermittelten Daten von unbefugten Dritten gelesen werden.

14. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens den Gesetzentwurf um eine Regelung zur Akteneinsicht in elektronische Dokumente zu ergänzen.

Begründung:

Der Gesetzentwurf enthält im Gegensatz zum Gesetzentwurf des Bundesrates keine Regelung zur Akteneinsicht in elektronische Dokumente; BR-Drs. 503/12(B) HTML PDF . Für eine derartige Regelung besteht eine Notwendigkeit, weil die bisherigen Regelungen auf eine Einsicht in Akten abstellen, die in Papierform geführt werden. Bei elektronischen Akten ergeben sich jedoch im Hinblick auf Datensicherheit und Steuergeheimnis neuartige Aspekte. So ist zu regeln, ob die Akteneinsicht durch Aktenauszug, Wiedergabe auf einem Bildschirm oder elektronische Übermittlung vorzunehmen ist. Ferner muss sichergestellt werden, dass die elektronischen Akten hierbei gegen unbefugte Zugriffe Dritter geschützt werden.

B

C.

Der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik hat von einer Empfehlung an den Bundesrat abgesehen.