Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 15. November 2007
Die Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ersten Bürgermeister
Ole von Beust

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen


mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.

Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 27.12.07

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Sozialgerichtsgesetzes

Das Sozialgerichtsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 1975 (BGBl. I S. 2535), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes

Das Arbeitsgerichtsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juli 1979 (BGBl. I S. 853, 1036), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

Artikel 3
Änderung des Kündigungsschutzgesetzes

§ 5 Abs. 4 des Kündigungsschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. August 1969 (BGBl. I S. 1317), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird durch folgende Absätze 4 und 5 ersetzt:

Artikel 4
Inkrafttreten

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Änderung des Sozialgerichtsgesetzes

1. Notwendigkeit und Ziele

Ziel des Gesetzentwurfes ist eine nachhaltige Entlastung der Sozialgerichtsbarkeit durch Vereinfachung und Straffung des sozialgerichtlichen Verfahrens bei gleichzeitigem Erhalt der besonderen Klägerzentriertheit des Verfahrens, die dem Versicherten gewährleistet, bei niedriger Zugangsschwelle und größtmöglicher Waffengleichheit in Lebensbereichen, die seine materielle Existenz häufig unmittelbar betreffen, Rechtsschutz gegen eine hoch spezialisierte Verwaltung zu erhalten.

Mit Wirkung zum 1. Januar 2005 ist der Zuständigkeitsbereich der Sozialgerichte für Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende eröffnet worden (Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende -, Gesetz vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) und ist die Zuständigkeit für Angelegenheiten der Sozialhilfe (Gesetz zur Einordnung der Sozialhilfe in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) sowie des Asylbewerberleistungsrechts (Siebentes Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (7. SGGÄndG) vom 9. Dezember 2004, BGBl. I S. 3302) von den Verwaltungsgerichten auf die Sozialgerichte übergegangen. Dies hat zu einer erheblichen Mehrbelastung der Sozialgerichte geführt.

Über das tatsächliche Ausmaß der Belastung gibt es zur Zeit kein belastbares Zahlenmaterial.

Es ist insbesondere offen, inwieweit die Belastung durch die neu übernommenen Arbeitsbereiche durch den Wegfall anderer Bereiche und durch verstärkten Personaleinsatz bereits hinreichend kompensiert werden konnte.

Die Länder haben entsprechend ihrer Möglichkeiten auf diese Situation reagiert. Im Landessozialgerichtsbezirk Niedersachsen/Bremen beispielsweise sind im Jahr 2005 32 neue Richterstellen geschaffen worden. In anderen Bundesländern wurde neben dem Instrument der Stellenneueinrichtung und Versetzung auch mit Abordnungen und der Zuweisung von Assessoren an die Sozialgerichte gearbeitet. Der Bundesregierung liegen keine eigenen Kenntnisse über die Auswirkungen der Versetzungen von Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichtern an die Sozialgerichte vor. Eine Umfrage bei den insoweit betroffenen Ländern hat lediglich ergeben, dass diese aufgrund der Vielzahl von Faktoren, die Einfluss beispielsweise auf die gerichtlichen Erledigungszeiten haben, keine belastbaren Feststellungen zu den Auswirkungen dieser Personalmaßnahmen treffen konnten.

Zur Vereinfachung des gerichtsübergreifenden Richtereinsatzes hat der Bundesrat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes beschlossen (BR-Drs. 120/06 (PDF) ), mit dem das Instrument der Abordnung von Richterinnen und Richtern auf Lebenszeit ohne deren Zustimmung zu Vertretungszwecken erweitert und damit für die Praxis zum Ausgleich von Belastungsschwierigkeiten im Einzelfall nutzbarer gemacht werden kann.

Bei der gegenwärtigen Belastungssituation in der Sozialgerichtsbarkeit ist zu beachten, dass die Einführung eines neuen Rechtsgebietes - wie der Grundsicherung für Arbeitsuchende - naturgemäß einen erhöhten gerichtlichen Klärungsbedarf nach sich zieht. So kam es beispielsweise auch bei der Einführung der Pflegeversicherung zu einem sprunghaften Anstieg der Eingangszahlen, der sich allerdings nach höchstrichterlicher Klärung der wesentlichen Rechtsfragen wieder normalisiert hat.

Der Bundesrat hat im Jahr 2006 mehrere Gesetzentwürfe zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes beschlossen:

Mit dem Gesetzentwurf zur Einführung von Gebühren (BR-Drs. 045/06 (PDF) ) soll die bisherige Kostenfreiheit im sozialgerichtlichen Verfahren aufgehoben werden, um die Anzahl der Klagen zu reduzieren. Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme eine Prüfung zugesagt, ob das angestrebte Ziel mit den Mitteln des Gesetzentwurfes tatsächlich erreicht werden kann und ob die Auswirkungen der Einführung von Gebühren für die Beteiligten zumutbar und angemessen sind. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat zur Klärung dieser Fragen ein Gutachten in Auftrag gegeben, das Ende 2007 vorliegen soll.

Die Einführung von Gebühren im sozialgerichtlichen Verfahren ist daher nicht Gegenstand dieses Gesetzentwurfes.

Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Öffnung des Bundesrechts für die Zusammenführung von Gerichten der Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit in den Ländern (BR-Drs. 047/06 (PDF) ) soll den Ländern die Option eröffnet werden, die Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit durch Fachgerichte einheitlich ausüben zu lassen. Voraussetzung dafür ist eine Änderung des Grundgesetzes, die mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 92 und 108) (BR-Drs. 046/06 (PDF) ) erreicht werden soll. Die Bundesregierung geht davon aus, dass bei den weiteren parlamentarischen Beratungen des Gesetzentwurfs sowohl dessen Argumentation als auch die Gründe, die für eine Beibehaltung eigenständiger Fachgerichtsbarkeiten sprechen, in angemessener Weise berücksichtigt werden.

Mit dem Gesetzentwurf zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (BR-Drs. 684/06 (PDF) ) sollen Instrumente aus dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf das sozialgerichtliche Verfahren übertragen werden. Neben der Einführung eines Vertretungszwangs, einer Präklusionsregelung und der Zulassung der Berufung ist unter anderem vorgesehen, die ärztliche Gutachterwahl des Betroffenen im gerichtlichen Verfahren abzuschaffen. Die vom Bundesrat vorgeschlagenen Änderungen wurden im Zuge des vorliegenden Gesetzentwurfes umfassend geprüft.

Die Justizministerinnen und Justizminister der Länder haben in ihrer 77. Konferenz am 1./2. Juni 2006 unter anderem beschlossen, die Prozessordnungen und Gerichtsverfassungen zu vereinheitlichen. Der vorliegende Gesetzentwurf greift diese Überlegungen dort wo dies einseitig möglich und im Hinblick auf das sozialgerichtliche Verfahren sinnvoll ist auf.

Die Kommission der Präsidenten der Landessozialgerichte hat eine Zusammenstellung der aus Sicht der sozialgerichtlichen Praxis dringenden gesetzlichen Änderungen vorgelegt.

Auch von den Verbänden und Gewerkschaften sind dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales Vorschläge zur Verbesserung des sozialgerichtlichen Verfahrens zugegangen.

Die Bundesregierung sieht die Notwendigkeit, über eine Änderung der in seinen Zuständigkeitsbereich fallenden Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes einen Beitrag zur Entlastung der Sozialgerichtsbarkeit zu leisten, der auch dem verbesserten Rechtsschutz der Prozessparteien dient. Die genannten Vorschläge werden in dem vorliegenden Gesetzentwurf aufeinander abgestimmt und gebündelt. Sie führen in ihrer Gesamtheit unmittelbar zu einer nachhaltigen Entlastung der Sozialgerichte.

2. Wesentlicher Inhalt des Gesetzentwurfs

Der Gesetzentwurf setzt bei der Entlastung der Sozialgerichtsbarkeit auf mehreren Ebenen an, beginnend im Widerspruchsverfahren, über die Änderung von Verfahrensvorschriften vor den Sozialgerichten, der Anhebung der Voraussetzungen des Berufungs- und Beschwerderechts bis zur Schaffung einer erstinstanzlichen Zuständigkeit der Landessozialgerichte.

a) Entlastung im Widerspruchsverfahren

Insbesondere die Rentenversicherungsträger sehen sich in jüngerer Zeit millionenfachen Widersprüchen gegen ihre Verwaltungsentscheidungen ausgesetzt. So haben beispielsweise die Erhebung des Sonderbeitrages in der Krankenversicherung und die Nullanpassung der Renten zum 1. Juli 2005 zu einer massenhaften Einlegung von Widersprüchen geführt. In der Praxis stellen die Rentenversicherungsträger mit Einverständnis der Widerspruchsführer die eingelegten Widersprüche ruhend und entscheiden so lange nicht darüber bis über einen oder mehrere Musterprozesse zu der Thematik ein höchstrichterliches Urteil erstritten wird. Nach Vorliegen der Musterentscheidung werden die ruhend gestellten Widersprüche abschließend bearbeitet. Diese abschließende Bearbeitung zieht eine extreme personelle und finanzielle Belastung nach sich. Um das Verfahren für die Leistungsträger zu erleichtern, wird die Möglichkeit der öffentlichen Bekanntgabe der Widerspruchsentscheidung geschaffen.

b) Entlastung der Sozialgerichte

Die Entlastung der Sozialgerichte setzt auf mehreren Ebenen an.

aa) Stärkung des Amtsermittlungsgrundsatzes

Durch eine moderate Anhebung der Anforderungen an die Klageerhebung und Klagebegründung (§ 92) werden die Sozialgerichte besser in die Lage versetzt, die ihnen nach dem Amtsermittlungsgrundsatz obliegende Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung zu erfüllen.

Der Verwaltung wird zur Übersendung ihrer Verwaltungsakten eine Frist gesetzt (§ 104 Satz 5 und 6).

bb) Straffung des Verfahrens

Durch die Einführung von Präklusionsregelungen (§§ 106a, 157a) riskieren diejenigen Beteiligten, die nach eindeutiger und ausdrücklicher Aufforderung des Gerichts nicht das ihnen Mögliche und Zumutbare dazu beitragen, den Prozess zu fördern, die Zurückweisung des angeforderten Vorbringens zu einem späteren Zeitpunkt.

Die Fiktion einer Klagerücknahme (§ 102 Abs. 2) wird für die Fälle eingeführt, in denen der Kläger ungeachtet einer Aufforderung des Gerichts nicht fristgemäß die vom Gericht als geboten angesehene und ihm mögliche Mitwirkungshandlung erbringt oder hinreichend substantiiert darlegt, warum er die geforderte Handlung nicht vornehmen kann.

Den Sozialgerichten wird die Abfassung von Tatbestand und Entscheidungsgründen erlassen, wenn die Beteiligten übereinstimmend auf Rechtsmittel verzichten (§ 136 Abs. 4).

Dies führt in den Fällen, in denen das sozialgerichtliche Urteil nicht mehr angegriffen werden kann, zu einer Entlastung der Sozialgerichte.

Die Einbeziehung eines neuen Verwaltungsaktes nach Klageerhebung ist künftig nur noch möglich wenn jener den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt (§ 96). Damit wird einer ausufernden Rechtsprechung begegnet und gewährleistet, dass die Gerichte sich nur mit solchen neuen Verwaltungsakten im Gerichtsverfahren auseinandersetzen, die die der Vorschrift zugrunde liegende Zielsetzung betreffen.

cc) Verlagerung der erstinstanzlichen Zuständigkeit

Aus den Verfahren vor den gegenwärtig primär belasteten Sozialgerichten werden diejenigen Verfahren herausgefiltert, in denen es vorwiegend um übergeordnete Rechtsfragen und weniger um Tatsachenfragen des Einzelfalles geht. Es sind dies Verfahren, in denen die Sozialgerichte in der Regel keine endgültig streitschlichtende Instanz sind, sondern die häufig grundsätzlichen und komplexen Rechtsfragen im anschließenden Berufungs- oder Revisionsverfahren letztverbindlich geklärt werden.

Die Einführung einer erstinstanzlichen Zuständigkeit der Landessozialgerichte bringt daneben prozessökonomische Vorteile, da die Verfahrensbeteiligten schnell Rechtssicherheit erlangen und insbesondere die Sozialverwaltungen rasch Klarheit für die Handhabung der Normen gewinnen.

dd) Abschaffung des Abhilferechts im Beschwerdeverfahren

Die Abschaffung des für die Sozialgerichte aufwändigen Abhilfeverfahrens trägt zu einer weiteren Entlastung bei. Eine Verkürzung des Rechtswegs ist nicht zu befürchten, da dem Betroffenen die Möglichkeit der Beschwerde zum iudex ad quem belassen bleibt.

c) Entlastung der Landessozialgerichte

Um die mit der Einführung der erstinstanzlichen Zuständigkeit einhergehende Mehrbelastung der Landessozialgerichte aufzufangen, wird in folgenden Bereichen für Entlastung gesorgt:

aa) Erhöhung des Schwellenwertes zur Berufung

Der Schwellenwert der Berufung wird in zeitgemäßer Weise für natürliche Personen auf 750 Euro und für juristische Personen auf 10 000 Euro erhöht.

bb) Beschwerdeverfahren

Die Beschwerde wird ausgeschlossen bei wirtschaftlich nicht relevanten Kostengrund- und sonstigen Nebenentscheidungen sowie in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und der Prozesskostenhilfe.

ee) Entscheidung des Landessozialgerichts bei Gerichtsbescheid

In den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 kann das Landessozialgericht durch den Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheiden, da es bei diesen einfach gelagerten Verfahren nicht notwendig erscheint, mit drei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern zu entscheiden.

II. Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes

Das arbeitsgerichtliche Verfahren wird einfacher, schneller und bürgerfreundlicher gestaltet.

Der Gesetzentwurf setzt Vorschläge aus der arbeitsgerichtlichen Praxis um.

Im Einzelnen sind folgende Änderungen vorgesehen:

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wird die Klageerhebung erleichtert, indem sie ihre Klage wahlweise auch vor dem Arbeitsgericht erheben können, in dessen Bezirk sie für gewöhnlich ihre Arbeit leisten. Es wird ein zusätzlicher Gerichtsstand des Arbeitsortes geschaffen der losgelöst von den betrieblichen Strukturen auf den Ort abstellt, an dem die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung erbringt. Dies kommt vor allem denjenigen Beschäftigten zu Gute, die, wie z.B. Außendienstmitarbeiter, ihre Arbeitsleistung fern vom Firmensitz und dem Ort der Niederlassung erbringen.

Das arbeitsgerichtliche Verfahren wird durch eine Erweiterung der Alleinentscheidungsbefugnis des Vorsitzenden vereinfacht und beschleunigt. Dort, wo eine Beteiligung der ehrenamtlichen Richter sachlich nicht geboten ist, kann der Vorsitzende allein entscheiden.

Dies betrifft:

Der oder die Vorsitzende kann auch in diesen Fällen seiner Alleinentscheidungsbefugnis ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Darüber hinaus wird klargestellt, dass im arbeitsgerichtlichen Verfahren die Einstellung der vorläufigen Zwangsvollstreckung in den Fällen des § 707 Abs. 1 und § 719 Abs. 1 ZPO ohne Sicherheitsleistung erfolgt und dass gegen diese Entscheidung kein Rechtsbehelf gegeben ist.

III. Änderung des Kündigungsschutzgesetzes

Die Änderung bezieht sich ausschließlich auf die verfahrensrechtlichen Vorschriften über die nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage in § 5 Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Der materiell rechtliche Kündigungsschutz bleibt unverändert.

Das Kündigungsschutzverfahren wird in den Fällen der nachträglichen Klagezulassung gestrafft und beschleunigt. Das Verfahren der nachträglichen Klagezulassung wird mit dem Verfahren über die Klage verbunden. Das Arbeitsgericht soll in der Regel über die nachträgliche Klagezulassung und Klage gemeinsam durch Urteil entscheiden. Bislang konnte über den Antrag nur gesondert in einem Zwischenverfahren entschieden werden.

Das Landesarbeitsgericht kann zukünftig selbst über den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage entscheiden, wenn der Antrag erstmals beim Landesarbeitsgericht gestellt wird oder das Arbeitsgericht darüber nicht entschieden hat.

Einer Zurückweisung an das Arbeitsgericht, die das Verfahren erheblich verzögern würde, bedarf es nicht mehr.

IV. Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes

Die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes ergibt sich aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 12 des Grundgesetzes.

V. Kosten und Preise

Für Bund, Länder und Kommunen ergeben sich keine Haushaltausgaben ohne Vollzugsaufwand.

Finanzielle Auswirkungen auf den Bundeshaushalt sind nicht zu erwarten. Die Länder werden in noch nicht bezifferbarem Umfang von Kosten entlastet, die durch die Straffung und Beschleunigung des sozialgerichtlichen Verfahrens entstehen. Ein neuer Kostenaufwand für die Wirtschaft entsteht nicht; insbesondere sind keine Auswirkungen auf Einzelpreise, das allgemeine Preisniveau und das Verbraucherpreisniveau zu erwarten.

VI. Relevanzprüfung

Die Gesetzesänderungen wurden unter dem Aspekt des Gender Mainstreaming auf ihre Geschlechterrelevanz geprüft. Nach dem Ergebnis der Relevanzprüfung sind die Regelungen gleichstellungspolitisch ausgewogen.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Sozialgerichtsgesetzes)

Zu Nummer 1 (Inhaltsverzeichnis)

Redaktionelle Folgeänderung.

Zu Nummer 2 (§ 10)

Angesichts des Strukturwandels im Bergbau bestehen Zweifel an der Notwendigkeit der Einrichtung von Knappschaftskammern in jedem Bundesland. Da auf der anderen Seite dort wo Knappschaftskammern notwendigerweise errichtet werden, die hohe Sachkompetenz der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in diesem Bereich in den Streitverfahren benötigt wird, wird die Bildung der Fachkammern in das Ermessen des Gerichts gestellt.

Zu Nummer 3 (§ 12)

Buchstabe a Die Regelung, wonach für Angelegenheiten der Arbeitsförderung nach Absatz 2 und für Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach Absatz 5 zu besetzen war, hat sich in der Praxis als nicht tauglich erwiesen. Angelegenheiten der Arbeitsförderung sollen daher in der Besetzung der Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach Absatz 5 entschieden werden. Dabei soll nicht der Versicherungscharakter weiter Teile des Dritten Buches Sozialgesetzbuch verkannt werden, sondern - auch aus systematischen Gründen - eine einheitliche Zuordnung der Angelegenheiten des Arbeitslosenrechts zu einem Spruchkörper erfolgen und die Bildung einer "dritten Bank" vermieden werden.

Buchstabe b In der Praxis werden zum Teil die Fälle unterschiedlich behandelt, in denen Angelegenheiten des sozialrechtlichen Kindergeldes zwischen Arbeitnehmern oder Arbeitsuchenden streitig sind. Es besteht Unsicherheit darüber, ob in diesen Fällen die Kammern mit ehrenamtlichen Richtern nach § 12 Abs. 2 Satz 1 (aus dem Kreis der Versicherten) oder Abs. 5

Satz 1 (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) zu besetzen sind. Häufig werden umfangreiche Ermittlungen über den Status der Partei als Arbeitnehmer / Arbeitsuchender durchgeführt, bevor die Kammerbesetzung erfolgt. Für Streitigkeiten nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes soll künftig eine Kammer in der Besetzung mit ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Arbeitnehmer zuständig sein, um den Zusammenhang zur Grundsicherung für Arbeitsuchende deutlicher herauszustreichen.

Zu Nummer 4 (§ 13)

Folgeänderung zu § 12.

Zu Nummer 5 (§ 14)

Folgeänderung zu § 12.

Zu Nummer 6 (§ 16)

Die Änderung bezweckt die Gleichstellung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und hilfebedürftigen Erwerbsfähigen in Bezug auf das ehrenamtliche Richteramt. Sie erfolgt in Anlehnung an § 23 Abs. 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes. Danach kann ehrenamtlicher Richter oder ehrenamtliche Richterin aus den Kreisen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch sein, wer arbeitslos ist. Da die persönlichen Voraussetzungen für das Amt des ehrenamtlichen Richters im Zeitpunkt der Berufung gegeben sein müssen (§ 22), führt eine vorübergehende kurzfristige Arbeitslosigkeit im Zeitpunkt der Ernennung zur Entlassung aus dem ehrenamtlichen Richteramt. Hierfür besteht jedoch kein sachlicher Grund. Die für die Berufung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter zuständige Stelle hat durch die Prüfung einen erheblichen Aufwand. Die Anpassung ist geboten, um in diesen Fällen für die Betroffenen Rechtssicherheit herzustellen und die gerichtliche Verwaltung zu entlasten.

Zu Nummer 7 (§ 23)

Buchstabe a

Aufgrund der Zuständigkeit der Sozialgerichte für Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende und Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes haben die Sozialgerichte Kammern für diese Rechtsgebiete zu bilden (§ 10). Die Kammern sind in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende mit ehrenamtlichen Richtern aus den Vorschlagslisten der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber zu besetzen (§ 12 Abs. 5 Satz 1) und in Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes mit ehrenamtlichen Richtern aus den Vorschlagslisten der Kreise und der kreisfreien Städte (§ 12 Abs. 5 Satz 2).

Der Ausschuss der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter dient der Wahrnehmung der in § 23 Abs. 2 Satz 1 abschließend aufgezählten Anhörungsrechte. Er wird erweitert, um die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter aus den neuen Sachgebieten angemessen zu repräsentieren. Da allerdings wegen § 10 Abs. 3 nicht an allen Sozialgerichten alle Kreise vertreten sind - dies gilt vor allem für das Vertragsarztrecht -, ist es erforderlich, die Anzahl der Ausschussmitglieder variabel zu halten. Eine solche Regelung verwirklicht, dass sämtliche Gruppen der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter - unabhängig von der Zahl der Kreise - entsprechend der Funktion des Ausschusses vertreten sind.

Buchstabe b

Die Mitglieder des Ausschusses werden von den ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern aus ihrer Mitte gewählt. Die weiteren Einzelheiten (Anzahl der zu wählenden Vertreter,

Wahlvorschläge usw.) können entsprechend den jeweils am Gericht bestehenden Besonderheiten geregelt werden. Eine Übergangsregelung ist nicht erforderlich, da derzeit an allen Gerichten Ausschüsse bestehen, die solche Regelungen für die mit der Neuregelung erforderlich werdende Wahl festzulegen haben.

Zu Nummer 8 (§ 29)

Im Sozialgerichtsverfahren spielen Tatsachenfragen eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Zudem sind existenzielle Leistungen häufig Streitgegenstand. In den meisten sozialgerichtlichen Rechtsbereichen ist daher eine zweite Tatsacheninstanz notwendig. Auch im sozialgerichtlichen Verfahren sind jedoch Bereiche zu identifizieren, in denen es vorwiegend um die Klärung von Rechtsfragen geht. In diesen Bereichen wird fast zwangsläufig der Weg in die zweite Instanz gegangen - zum Teil auch zum Revisionsgericht -, um diese Rechtsfragen endgültig durch ein Obergericht klären zu lassen. Das Sozialgericht erfüllt in diesen Fällen häufig die Funktion einer nicht endgültig streitschlichtenden Instanz.

Zur Entlastung der Sozialgerichte und zur Verkürzung der Phase der Unsicherheit, mit der die Parteien während des im Instanzenzug teilweise über Jahre anhängigen Rechtsstreits belastet sind, wird eine erstinstanzliche Zuständigkeit der Landessozialgerichte für die genannten Rechtsstreitigkeiten geschaffen. Dies dient der Prozessökonomie. Die Verfahrensbeteiligten erhalten schneller Rechtssicherheit; insbesondere die Sozialverwaltungen gewinnen rascher Klarheit für die Handhabung einzelner Normen.

Die in Absätzen 2 bis 4 genannten Verfahren werden in der Regel vor die Landessozialgerichte getrieben. Die unteren Instanzen werden mit den häufig sehr komplexen und schwierigen Sachverhalten in der Regel nicht befasst, um den Rechtsstreit einer endgültigen Klärung zuzuführen, sondern um die Voraussetzungen für eine Entscheidung des Landessozialgerichts herbeizuführen. Richter und Urkundsbeamte werden durch solche durchlaufenden Verfahren in erheblichem Maße belastet. Für die Justizhaushalte entstehen finanzielle Belastungen. Gleichzeitig wird die Erledigung vergleichsweise unkomplizierter Verfahren blockiert. Die Konzentration der Verfahren aus den in den Absätzen 3 und 4 genannten Bereichen vor einem bestimmten Landessozialgericht führt dazu, dass das dort aufgebaute Erfahrungswissen unmittelbar genutzt wird.

Die Zuständigkeit erstreckt sich auch auf Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz.

Auf die instanzliche und örtliche Zuständigkeit für vor In-Kraft-Treten der Gesetzesänderung anhängige Klageverfahren wirkt sich die Änderung in der Zuständigkeit nicht aus (Grundsatz der perpetuatio fori, § 98 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG).

Zu Absatz 3

Absatz 3 begründet eine spezielle örtliche Zuständigkeit des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen für die im einzelnen aufgeführten Angelegenheiten.

Zu Nr. 1

Die Prüfung des Risikostrukturausgleichs findet nach geltendem Recht (§ 57a Abs. 2) durch das Sozialgericht Köln statt. Sie soll künftig erstinstanzlich vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen durchgeführt werden. Die Erweiterung auf die Anerkennung von strukturierten Behandlungsprogrammen und Streitigkeiten, die sich aus der Verwaltung des mit der Gesundheitsreform zum Jahr 2009 einzuführenden Gesundheitsfonds ergeben, ist sachgerecht, da sie in Bezug auf Umfang, Komplexität und Bedürfnis nach letztinstanzlicher Entscheidung denen des Risikostrukturausgleiches vergleichbar sind.

Zu Nr. 2

Der Finanzausgleich der gesetzlichen Pflegeversicherung (§ 66 Elftes Buch Sozialgesetzbuch) erfordert eine komplexe Prüfung. Die Durchführung durch das Bundesversicherungsamt mit den Spitzenverbänden der Pflegekassen wird in erster Instanz vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen überprüft. Es ist sachgerecht, für den Finanzausgleich in der Pflegeversicherung die gleiche erstinstanzliche und örtliche Zuständigkeit wie für die Risikostrukturausgleich in der Krankenversicherung vorzusehen, da auch im Bereich des Finanzausgleichs der Grundsatz gilt "Pflegeversicherung folgt Krankenversicherung".

Zu Absatz 4

Absatz 4 begründet eine spezielle örtliche Zuständigkeit des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg für die im einzelnen aufgeführten Angelegenheiten.

Zu Nr. 1

In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist geklärt, dass die Partner der jeweiligen Verträge die Entscheidungen der Bundesschiedsämter (§ 89 Abs. 4 und Abs. 7 SGB V) mit einer Klage anfechten können. Zur Beschleunigung der Verfahren und Entlastung der Sozialgerichte sollen die Entscheidungen der Bundesschiedsämter vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in erster Instanz angefochten werden können.

Zu Nr. 2

Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) eröffnet in zahlreichen Konstellationen unmittelbare Klagemöglichkeiten gegen Entscheidungen und Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses. Das betrifft beispielsweise die Zusammenstellung von Arzneimitteln, für die Festbeträge festgesetzt worden sind (§ 92 Abs. 2 Satz 1 i.V.m § 92 Abs. 3 SGB V).

In diesen Fällen wird die entsprechende Geltung der Vorschriften über die Anfechtungsklage angeordnet weil die Zusammenstellung kein Verwaltungsakt, sondern Teil der dem Gemeinsamen Bundesausschuss beim Erlass der Arzneimittelrichtlinien (AMR) obliegenden Normsetzung ist. Weitergehende Klagemöglichkeiten eröffnet § 34 Abs. 6 SGB V in der ab dem 1. April 2007 geltenden Fassung des GKV-WSG. Danach hat der Gemeinsame Bundesausschuss über Anträge von pharmazeutischen Unternehmern auf Aufnahme bestimmter Arzneimittel in die Zusammenstellung nach Abs. 1 mit Rechtsmittelbelehrung zu entscheiden. Es besteht eine unmittelbare Klagemöglichkeit der antragstellenden Unternehmen.

Über die gesetzlich geregelten Fälle hinaus lässt die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts unter bestimmten Voraussetzungen Klagen unmittelbar gegen Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses zu, obwohl das Sozialgerichtsgesetz eine § 47 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) entsprechende Vorschrift nicht kennt. Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit solcher im Rahmen der Feststellungsklage geführten Rechtsmittel sind im Urteil des Bundessozialgerichts vom 31. Mai 2006 - B 6 KA 13/05 R - im Einzelnen dargestellt. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Januar 2006 - 1 BvR 541/02 - verdeutlicht die Notwendigkeit einer fachgerichtlichen Rechtsschutzmöglichkeit gegen untergesetzliche Rechtssätze. Hierfür kommt grundsätzlich die Feststellungsklage als Rechtsschutzmittel in Betracht. Da nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Reichweite der Normenkontrollmöglichkeit bei untergesetzlichen Normen durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz bestimmt wird und die oben dargestellte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts diesen Anforderungen auf Basis des geltenden Rechts sachgerecht Rechnung trägt, bedarf es der Schaffung einer § 47 VwGO entsprechenden Norm nicht.

Im Hinblick auf die Besonderheiten von unmittelbar gegen den Gemeinsamen Bundesausschuss gerichteten Klagen und der regelmäßig das gesamte Bundesgebiet betreffenden Ausstrahlungswirkung einer entsprechenden Entscheidung sowie vor dem Hintergrund des zukünftigen Sitzes des Gemeinsamen Bundesausschusses ab 1. Januar 2009 in Berlin erscheint es insoweit geboten, auch für diese Fälle eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg zu begründen.

Wegen des engen Zusammenhangs zu Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses im Bereich der Versorgung mit Arzneimitteln und Hilfsmitteln sollen auch diejenigen Klagen, die unmittelbar gegen die Spitzenverbände der Krankenkassen und ab dem 1. Oktober 2008 gegen den Spitzenverband Bund zu richten sind (§ 35 Abs. 7 SGB V; über § 36 Abs. 3 SGB V gilt dies auch für Hilfsmittel) erstinstanzlich vom Landessozialgericht Berlin-Brandenburg entschieden werden.

Zu Nr. 3

Auch der Ausgleich unter den gewerblichen Berufsgenossenschaften ( § 176 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch) erfordert eine komplexe Prüfung. Die örtliche und erstinstanzliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Sitz der den Ausgleich durchführenden Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. in Berlin.

Zu Nummer 9 (§ 31)

Auf die Begründung zu Nr. 2 (§ 10) wird Bezug genommen.

Zu Nummer 10 (§ 40)

Die Erwägungen zu § 10 (Begründung zu Nummer 2) gelten auch für das Bundessozialgericht, in dem bislang zwingend ein spezieller Senat für Knappschaftsangelegenheiten zu bilden war. Dieses Erfordernis entfällt künftig. Die Bildung eines Knappschaftssenates wird in das Ermessen des Bundessozialgerichts gestellt. Dem Bundessozialgericht soll daneben die Möglichkeit eingeräumt werden, bei entsprechendem Bedarf mehr als einen Vertragsarztsenat einzurichten. Daraus entsteht kein Anspruch auf zusätzlichen Personalbedarf.

Zu Nummer 11 (§ 51)

Folgeänderung aufgrund Aufhebung des § 96 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit Wirkung vom 1. Juli 2005 durch Art. 1 Nr. 60 i. V. m Art. 4 des Siebten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 7. Juli 2005 (BGBl. I Nr. 42, S. 1954).

Zu Nummer 12 (§ 57a)

§ 57a unterscheidet vier Fallgruppen für eine spezielle örtliche Zuständigkeit der Sozialgerichte in Fragen der gesetzlichen Krankenversicherung. Redaktionell wird klar gestellt, dass sich die Absätze 1 und 2 ausschließlich auf Fragen des Vertragsarztrechts beziehen.

Absatz 3 betrifft sowohl vertragsärztliche als auch nichtvertragsärztliche Fragen auf Landesebene, während Absatz 4 eine Parallelregelung zu Absatz 3 auf Bundesebene darstellt.

Die redaktionelle Überarbeitung ist notwendig, weil in Rechtsprechung und Literatur Uneinigkeit über die Auslegung der Vorschrift besteht. Das Bundessozialgericht legt § 57a als "Sonderzuständigkeitsregel" zu § 51 Abs. 1 Nr. 2 aus und nimmt an, dass alle vier Alternativen ausschließlich Angelegenheiten des Vertragsarztrechts beträfen (BSG, Urteil vom 27. Mai 2004, Az. B 7 SG 6/04 S). Diese Auslegung wird in der Literatur kritisiert (vgl. Meyer-Ladewig, SGG-Kommentar, 7. Aufl. 2002, § 57a, Rn 6; Groß, in Handkommentar SGG, 2003, § 57a, Rn 7; vgl. auch LSG Niedersachsen/Bremen, L 4(B) 297/02 KR). Sie wird auch von den Spitzenverbänden der gesetzlichen Krankenkassen nicht geteilt.

Die spezielle örtliche Zuweisung der genannten Rechtsstreitigkeiten erfolgt aus Gründen der Verwaltungsökonomie und der Einheitlichkeit der Rechtsprechung. Die Materie des Vertragsarztrechts, insbesondere soweit sie auf Verträgen oder Entscheidungen der Bundesträger beruht ist äußerst komplex. Mittels der Zuweisung kann sich das zuständige Sozialgericht die notwendige Fachkompetenz aneignen und eine einheitliche Rechtsprechung entwickeln. Auf diese Weise entsteht auch ein höheres Maß an Rechtssicherheit für die Betroffenen. Würden mehrere unterschiedliche Spruchkörper mit diesen Fragen befasst würden die Verfahren länger dauern und wäre eine Klärung wesentlicher Rechtsfragen unter Umständen erst im Revisionsverfahren möglich.

In Absatz 1 wird der Streitigkeit um die Zulassung die Streitigkeit um die Ermächtigung eines Arztes gleichgestellt, weil sie im Kern teilweise ähnliche Rechtsfragen wie Zulassungsstreitigkeiten betreffen.

Die Sonderzuständigkeit des Sozialgerichts Köln nach § 57a Abs. 2 entfällt, da für Maßnahmen des Bundesversicherungsamtes bei der Durchführung des Risikostrukturausgleiches gem. § 29 Abs. 3 Nr. 1 das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen zuständig ist.

Zu Nummer 13 (§ 85)

Bei den Sozialleistungsträgern kommt es immer wieder zu so genannten "Massenwiderspruchsverfahren", bei denen eine Vielzahl gleichgerichteter Widersprüche gegen gleichartige Verwaltungsakte eingelegt werden. So wurden beispielsweise gegen die Rentenanpassung nur in Höhe der Inflationsrate im Jahr 2000 rund zwei Millionen Widersprüche eingelegt. Die Aussetzung der Rentenanpassung im Jahr 2004 (so genannte "Nullanpassung") hat zur Einlegung von rund einer Million Widersprüche geführt, und über eine Million Widersprüche wurden gegen die Rentenanpassungsmitteilung im Jahr 2005, die Erhebung eines zusätzlichen Beitrages zur Krankenversicherung in Höhe von 0,9% und die Einführung des Beitragszuschlags für Kinderlose in der Pflegeversicherung eingelegt. Solche Widersprüche werden in der Praxis mit Einverständnis der Widerspruchsführer ruhend gestellt und so lange nicht beschieden, bis in einem oder mehreren Musterprozessen zu der Thematik ein höchstrichterliches Urteil ergangen ist. Die abschließende Bearbeitung der Widersprüche bedeutet eine extrem hohe personelle und finanzielle Belastung für die Rentenversicherungsträger. Allein die für den Versand der Widerspruchsentscheidung notwendigen Portokosten belaufen sich zwischen 0,25 und 0,55 Euro pro Fall. Um das Verfahren zu erleichtern, wird die Möglichkeit der öffentlichen Bekanntgabe der Widerspruchsentscheidung geschaffen.

Die öffentliche Bekanntgabe der Widerspruchsentscheidung ist so ausgestaltet, dass der verfassungsrechtliche Rechtsschutz des Betroffenen gewährleistet ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wirkt sich der Grundrechtsschutz auch auf die Gestaltung von Verfahren aus (BVerfG, NVwZ 2000, 185, 186). Zwar muss der Zugang zu den Gerichten nicht schrankenlos gewährleistet sein; dem Beteiligten darf aber der Zugang nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise erschwert werden (BVerfGE 61, 82, 110). Bei einer öffentlichen Bekanntmachung besteht das Risiko, dass der Verwaltungsakt dem Betroffenen nicht zur Kenntnis gelangt. Da der Verwaltungsakt aber seinem Wesen nach für eine bestimmte Person gilt und damit grundsätzlich bekannt zu machen ist, tangiert die öffentliche Bekanntgabe den Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes (BVerfGE, NJW 1985, 729).

Die Ausgestaltung der öffentlichen Bekanntgabe der Widersprüche berücksichtigt auch, dass in Massenverfahren, in denen der Kreis der Betroffenen groß ist und sich nicht immer von vornherein überschauen lässt, auch das Verfassungsprinzip der Rechtssicherheit tangiert ist und bringt dieses mit dem Erfordernis des effektiven Rechtsschutzes in Einklang (BVerwGE 67, 206, 209 f.). Für das Verwaltungsverfahrensrecht ist anerkannt, dass ein besonderer Rechtfertigungsgrund für die öffentliche Bekanntgabe nicht nur die schwierige Ermittlung der einzelnen Adressaten ist, sondern auch die schiere Vielzahl von Adressaten (BVerfG, NVwZ 2000, 185, 186 f.). Dies gilt auch, wenn die ungewöhnliche Vielzahl der Individualbekanntgaben Personal und Sachmittel in unzumutbarem Ausmaß bindet.

Für das Sozialverwaltungsrecht hat das Bundessozialgericht (BSGE 69, 247, 250) weitere Anforderungen an die öffentliche Bekanntgabe von Verwaltungsakten formuliert: Danach muss der Bescheid zu einer Gruppe von gleichartigen Verwaltungsakten in größerer Zahl gehören. Diese sind nur zu erlassen, wenn ein und derselbe Verwaltungsträger aufgrund einer ihn bindenden Rechtsvorschrift gegenüber einer Vielzahl von Normadressaten zur selben Zeit Verwaltungsakte erlassen muss, welche die Rechtstellung der Betroffenen nach einem für alle identischen Maßstab verändern. Hierunter fallen nur schematische Entscheidungen, also Verwaltungsakte, die ausschließlich eine in einer Rechtsnorm vorgegebene Rechtsänderungsformel für die davon Betroffenen konkretisieren (z.B. Rentenanpassungsbescheide nach gesetzlichen, prozentualen Rentenerhöhungen; Beitragsbescheide nach satzungsgemäßen Beitragssatzänderungen). Für die Gleichartigkeit der Verwaltungsakte kommt es somit vor allem darauf an, dass die Rechtmäßigkeit der durch sie bewirkten Änderungen in den Rechtsstellungen der Betroffenen allein von der richtigen Anwendung einer abstrakten und deshalb für Alle gleichen Rechtsformel abhängt, hingegen nicht von individuellen Umständen, insbesondere nicht von den jeweiligen persönlichen oder wirtschaftlichen Umständen.

Neben den "klassischen" Bekanntmachungsmedien behördlicher Verfügungen, dem elektronischen Bundesanzeiger und überregionalen Tageszeitungen wahrt die Internetbekanntmachung das Kenntnisnahmeinteresse der betroffenen Widerspruchsführer in der heutigen Lebenswirklichkeit am ehesten. Sie ist gleichzeitig für die betroffene Behörde ohne großen Verwaltungsaufwand zu bewerkstelligen. Die Internetbekanntmachung muss für die Widerspruchsführer leicht auffindbar sein. Das Medium der öffentlichen Bekanntgabe sowie ihr Ort sind bereits in der Ruhensmitteilung aufzuführen, um dem Widerspruchsführer die bestmögliche Kenntnisnahme der späteren Entscheidung zu ermöglichen.

Die Klagefrist gegen im Wege der öffentlichen Bekanntmachung ergangene Widerspruchsentscheidungen beträgt gem. § 87 Abs. 1 Satz 3 ein Jahr. Auch auf diese Frist ist bereits in der Ruhensmitteilung hinzuweisen.

Zu Nummer 14 (§ 87)

Wegen der Gefahr, dass die von einer öffentlichen Bekanntgabe nach § 85 Abs. 4 betroffenen Widerspruchsführer nicht hinreichend Kenntnis von der Entscheidung der Widerspruchsbehörde erlangen wird die Klagefrist in § 87 Abs. 1 Satz 3 auf ein Jahr erstreckt.

Die Frist beginnt mit dem Tage an zu laufen, an dem seit dem Tag der letzten Veröffentlichung zwei Wochen verstrichen sind. Damit soll sicher gestellt werden, dass der Ort der Veröffentlichung keinen Einfluss auf das eventuelle Verstreichen einer Frist hat.

Zu Nummer 15 (§ 92)

Um den Sozialgerichten die Erledigung der eingehenden Klagen zeitnah zu ermöglichen, wird die Soll-Vorschrift betreffend die Klagebegründung in den Punkten Beteiligte und Streitgegenstand zu einer Muss-Vorschrift umgestaltet. Durch die Festlegung dieser Mindestvoraussetzungen soll das Gericht in die Lage versetzt werden, seiner Aufklärungspflicht nach § 106 besser nachzukommen.

Sind diese Anforderungen nicht erfüllt, muss der Vorsitzende den Kläger zu einer entsprechenden Ergänzung auffordern. Hierzu hat er ihm eine angemessene Frist zu setzen. Der Vorsitzende kann dem Kläger für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen wenn es an einem der in Absatz 1 Satz 1 genannten Erfordernisse fehlt.

Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gilt § 67 entsprechend.

Die Fristsetzung des § 82 Absatz 2 der Verwaltungsverfahrensordnung wird übernommen, damit das Gericht die Möglichkeit erhält, eine mangelhafte Klage zu sanktionieren.

Bei der Ermessensausübung sind die im sozialgerichtlichen Verfahren herrschenden Grundsätze der Barriere- und Formfreiheit zu beachten.

Eine Verletzung der in § 92 genannten Erfordernisse macht die Klage unzulässig, soweit es sich nicht nur um Soll-Bestimmungen handelt oder der Mangel jedenfalls bis zum Abschluss der mündlichen Verhandlung bzw. - wenn dem Kläger dafür nach Abs. 2 Satz 2 eine Ausschlussfrist gesetzt wurde - bis zu deren Ablauf beseitigt wird (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 82 Rn. 1). Das Gericht ist verpflichtet, eine am Einzelfall orientierte, sachgerechte und begründete Entscheidung zu treffen, die etwa das Vorhandensein oder Fehlen anwaltlicher Vertretung oder die intellektuellen Möglichkeiten eines unvertretenen Klägers berücksichtigt.

Zu Nummer 16 (§ 96)

Die Vorschrift verfolgt die Ziele, eine schnelle, erschöpfende Entscheidung über das gesamte Streitverhältnis in einem Verfahren zu ermöglichen, divergierende Entscheidungen zu vermeiden und den Kläger vor Rechtsnachteilen zu schützen, die ihm daraus erwachsen dass er im Vertrauen auf den eingelegten Rechtsbehelf bezüglich weiterer Verwaltungsakte rechtliche Schritte unterlässt. Die Sozialgerichte haben die Vorschrift in der Vergangenheit verschiedentlich extensiv ausgelegt. Teilweise wurde sogar die Einbeziehung des neuen Verwaltungsaktes in das anhängige Verfahren schon dann als gerechtfertigt angesehen wenn der neue Verwaltungsakt mit dem anhängigen Streitgegenstand in irgendeinem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stand. Die neuere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts schränkt den Anwendungsbereich der Norm wieder ein.

Künftig soll die Einbeziehung des neuen Verwaltungsaktes - entsprechend der ursprünglichen Zielsetzung der Norm -, nur noch möglich sein, wenn nach Klageerhebung der Verwaltungsakt durch einen neuen Verwaltungsakt ersetzt oder abgeändert wird. Die Regelung wird erstreckt auf den Zeitraum zwischen Erlass des Widerspruchsbescheides und Klageerhebung.

Zu Nummer 17 (§ 102)

Die Fiktion einer Klagerücknahme wird für die Fälle eingeführt, in denen der Kläger oder die Klägerin ungeachtet einer Aufforderung des Gerichts nicht fristgemäß die vom Gericht als geboten angesehene Mitwirkungshandlung erbringt oder hinreichend substantiiert darlegt warum er oder sie die geforderte Handlung nicht vornehmen kann. Die Klagerücknahmefiktion des Absatzes 2 ist an § 92 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) angelehnt der mit dem 6. VwGOÄndG vom 1. November 1996 (BGBl. I 1996, 1626) eingefügt wurde und § 81 AsylVfG nachgebildet ist. Die Verkürzung auf die Zwei-Monatsfrist durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz vom 24. August 2004 (BGBl. I 2004, 2198) wurde wegen der Besonderheiten des sozialgerichtlichen Verfahrens auf drei Monate erstreckt. Damit soll insbesondere dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die vor den Sozialgerichten vorwiegend klagenden bedürftigen oder kranken Menschen zur Entscheidungsfindung über die Klagerücknahme unter Umständen mehr Zeit brauchen.

Der Gedanke einer gesetzlichen Rücknahmefiktion beruht auf einem ab einem gewissen Zeitpunkt zu unterstellenden Wegfall des Rechtsschutzinteresses des Klägers oder der Klägerin. Die Vorschrift unterliegt keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG, NVwZ 1994, 62, 63). Da eine fiktive Klagerücknahme aber weit reichende Konsequenzen hat, darf die Auslegung und Anwendung der Norm nur vor dem Hintergrund ihres strengen Ausnahmecharakters erfolgen (BVerfG, NVwZ 1994, 62, 63; BVerwG NVwZ 2001, 918).

Eine fiktive Klagerücknahme setzt - wie zu § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO bereits entschieden ist - aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 19 Abs. 4, Art. 103 Abs. 1 GG) voraus, dass im Zeitpunkt des Erlasses der Betreibensaufforderung bestimmte, sachlich begründete Anhaltspunkte für einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses des Klägers bestanden haben (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des 2. Senats vom 27. Oktober 1998 - 2 BvR 2662/95 - DVBl 1999, 166, 167; BVerwG, Urteil vom 23. April 1985 - BVerwG 9 C 48.84 - BVerwGE 71, 213, 218 f.). Dieses in ständiger Rechtsprechung zu den entsprechenden asylverfahrensrechtlichen Regelungen entwickelte ungeschriebene Tatbestandsmerkmal gilt auch für die dem Asylverfahrensrecht nachgebildete Vorschrift des § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO und somit auch im vorliegenden Fall (vgl. zu § 92 VwGO BVerwG, Beschluss vom 12. April 2001 - BVerwG 8(B) 2.01 - Buchholz 310 § 92 VwGO Nr. 13 S. 5 f. m.w.N.). Hinreichend konkrete Zweifel an einem Fortbestand des Rechtsschutzinteresses können sich etwa aus dem fallbezogenen Verhalten des jeweiligen Klägers, aber auch daraus ergeben, dass er prozessuale Mitwirkungspflichten verletzt hat.

Stets muss sich daraus aber der Schluss auf den Wegfall des Rechtsschutzinteresses, also auf ein Desinteresse des Klägers an der weiteren Verfolgung seines Begehrens ableiten lassen (BVerwG, Beschlüsse vom 12. April 2001 a. a. O. S. 6 und vom 18. September 2002 - BVerwG 1(B) 103/02 - Buchholz 310 § 92 VwGO Nr. 16 S. 12). Nicht geboten ist insoweit allerdings ein sicherer, über begründete Zweifel am Fortbestand des Rechtsschutzinteresses hinausgehender Schluss. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus den Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Oktober 1998 (a. a. O. S. 168). Dort ist ein solches Erfordernis nur für den Fall angenommen worden, dass ein Gericht das Rechtsschutzinteresse verneinen will, ohne - anders als nach § 92 Abs. 2 VwGO - vorher auf Zweifel an dessen Fortbestand hingewiesen und Gelegenheit gegeben zu haben, sie auszuräumen.

Es bedarf für eine gesetzliche Fiktion der Klagerücknahme zunächst einer deutlichen und in den Handlungsaufträgen klaren Betreibensaufforderung durch das Gericht. Die Betreibensaufforderung darf nur ergehen, wenn das Gericht sachlich begründete Anhaltspunkte für einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses des Klägers hat. Diese Anhaltspunkte müssen so gravierend sein, dass der spätere Eintritt der Klagerücknahmefiktion als gerechtfertigt erscheint (BVerfG, NVwZ 1994, 62, 63; BVerwG, NVwZ 2000, 1297; BVerwG, NVwZ 2001, 918). Eine Verletzung der sich aus § 103 ergebenden prozessualen Mitwirkungspflichten des Klägers kann solche Anhaltspunkte liefern und tut dies in der Regel dann, wenn das Gericht konkrete Auflagen verfügt hat. Verweigert der Kläger beispielsweise Angaben zu einem bestimmten Sachverhalt, obwohl ihm dies möglich wäre legt er vom Gericht näher bezeichnete Unterlagen nicht vor oder erscheint er nicht zu einer ihm zumutbaren ärztlichen Untersuchung, spricht dies für das Desinteresse des Klägers an der weiteren Verfolgung seines Begehrens und ist indiziell für den Wegfall des Rechtsschutzinteresses (BVerwG, NVwZ 2001, 918; BVerwG, NVwZ 2000, 1297). Die Betreibensaufforderung als solche muss für den Kläger angesichts der mit ihr verbundenen Rechtsfolgen klar und eindeutig sein. Sie muss sich auf konkrete, verfahrensfördernde Handlungen beziehen. Sie muss als prozessleitende Maßnahme erkennbar sein, eine Belehrung über die Fiktionswirkung enthalten und förmlich zugestellt werden (BVerwG, NVwZ 1986, 46, 47).

Die Fiktionswirkung des Abs. 2 tritt nur ein, wenn das Verfahren länger als drei Monate nicht betrieben wird. Nichtbetreiben liegt vor, wenn der Kläger sich gar nicht oder nur unzureichend innerhalb von drei Monaten äußert, sodass nicht oder nur unzureichend dargelegt ist, dass das Rechtsschutzbedürfnis im konkreten Fall ungeachtet der vorliegenden Indizien fort besteht (vgl. BVerfG, NVwZ 1994, 62, 63). Diese Indizwirkung kann der Kläger aufheben, indem er binnen der Drei-Monatsfrist substantiiert darlegt, dass und warum das Rechtsschutzinteresse trotz des Zweifels an seinem Fortbestehen, aus dem sich die Betreibensaufforderung ergeben hat, nicht entfallen ist (BVerfG, NVwZ 1994, 62, 63). Nur wenn beide Voraussetzungen vorliegen, kann von einer willkürfreien, durch Sachgründe gerechtfertigten Beschränkung des Zugangs zum weiteren Verfahren gesprochen werden.

Die Folge der Klagerücknahme ist die Erledigung der Hauptsache. In die Kostenentscheidung sind in der Zwischenzeit ergangene Entscheidungen nach § 193, die wirkungslos geworden sind, mit einzubeziehen. Die Kostenentscheidung erfolgt im Anwendungsbereich des § 193 nach billigem Ermessen. Den Kläger trifft also anders als in den anderen Verfahrensordnungen nicht ohne weiteres die Kostenlast. In den Verfahren, in denen Gerichtskosten erhoben werden und über § 197a bestimmte Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend anzuwenden sind, sind die Kosten gem. § 155 Abs. 2 VwGO dem Kläger aufzuerlegen.

Das Gericht stellt das Verfahren auf Antrag durch Beschluss ein und entscheidet über die Kosten. Der Beschluss ist unanfechtbar. Dadurch wird die "Schieflage" beseitigt, dass bei Kostenentscheidungen nach Klagerücknahme und Anwendung des § 183 SGG eine Beschwerde gegeben war, in den übrigen Fällen des § 197a i. V. m § 158 Abs. 2 VwGO aber nicht.

Die Regelungen über die fiktive Klagerücknahme gelten auch im einstweiligen Rechtsschutz.

Zu Nummer 18 (§ 104)

Buchstabe a

In Anlehnung an § 85 Abs. 1 Satz 2 letzter Halbsatz Verwaltungsgerichtsordnung wird auch im sozialgerichtlichen Verfahren die Möglichkeit geschaffen, die Äußerung durch Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorzunehmen.

Buchstabe b

Die Aufforderung zur Stellungnahme soll dem Vorsitzenden die nach § 103 obliegende Aufklärung des Sachverhalts erleichtern. Mit der Übermittlung der Klageschrift soll der Vorsitzende zugleich weitere prozessfördernde Maßnahmen treffen, damit der Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung beendet werden kann, vgl. § 106 Abs. 2.

Bereits mit der Übermittlung der Klageschrift treffen die Sozialgerichte daher bestimmte Anordnungen. Hierzu gehört in der Regel die Übersendung der Verwaltungsakten, da sich hieraus der Sach- und Streitstand betreffend das Vorverfahren umfassend ergibt. Bei medizinischen Sachverhalten betrifft dies insbesondere eventuelle bereits im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten. Um dem Gericht eine zeitnahe Erledigung des Rechtsstreits zu ermöglichen, soll die Verwaltung die Akten binnen eines Monats nach der Übersendungsaufforderung dem Gericht vorlegen.

Die Übersendung einer von der Behörde beglaubigten Abschrift steht der Übersendung der Originalakten gleich. Das Gericht kann jedoch die Übersendung der Originalverwaltungsakten anfordern um zu gewährleisten, dass das Gericht zumindest im Streitfall die Vollständigkeit der Akten nach § 106 überprüfen kann. Bei elektronischer Aktenführung hat die Behörde einen vollständigen Ausdruck der elektronisch geführten Akte vorzulegen.

Zu Nummer 19 (§ 106a)

Teilweise wird die Erledigung eines Rechtsstreits verzögert, weil Beteiligte nicht oder nur verspätet am Verfahren mitwirken, indem sie beispielsweise den behandelnden Arzt nicht nennen oder Unterlagen, die sich nur in ihrem Besitz befinden, nicht übergeben. Mit der Einführung der fakultativen Präklusionsregelungen soll erreicht werden, dass Beteiligte, die nach eindeutiger und ausdrücklicher Aufforderung des Gerichts nicht das ihnen Mögliche und Zumutbare dazu beitragen, den Prozess zu fördern, die Zurückweisung des angeforderten Vorbringens zu einem späteren Zeitpunkt riskieren. Die Präklusion basiert auf der Annahme, dass die Zulassung des Vorbringens den Rechtsstreit erheblicher verzögern würde, als wenn der Vortrag zurückgewiesen wird (BGHZ 86, 31). Die Vorschrift entspricht im Wesentlichen § 87b Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Zurückweisung verspäteten Vorbringens tangiert den Grundsatz der Amtsermittlung im öffentlichrechtlichen Gerichtsverfahren, da nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz in Verbindung mit der Verpflichtung zur rechtsstaatsgemäßen Ausgestaltung des Verfahrensrechts nicht nur der Herbeiführung gesetzmäßiger und unter diesem Blickpunkt richtiger Entscheidungen dient, sondern darüber hinaus auch im Rahmen der Richtigkeit gerechter Entscheidungen eine Ausstrahlungswirkung entfaltet (BVerfGE 55, 72, 94; 42, 64, 73; 46, 325, 333). Den Prozessparteien ist im Rahmen der Verfahrensordnung daher gleichermaßen die Möglichkeit einzuräumen alles für die gerichtliche Entscheidung Erhebliche vortragen und alle zur Abwehr des gegnerischen Angriffs erforderlichen prozessualen Verteidigungsmittel geltend machen zu können (BVerfGE 55, 72, 94; 52, 131, 156). Diese Notwendigkeit, verfahrensrechtlich eine Waffengleichheit der Parteien herzustellen, tritt besonders deutlich im sozialgerichtlichen Verfahren zutage, wo private Kläger häufig um existenzielle Grundfragen streiten und sich in der Regel einem an materiellen und finanziellen Ressourcen überlegenen Verwaltungsträger gegenüber sehen.

Die Möglichkeit zur Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung wird durch Präklusionsvorschriften beschränkt. Gleichwohl sind solche Präklusionsvorschriften, die auf eine Verfahrensbeschleunigung hinwirken sollen, vom Bundesverfassungsgericht auch unter dem Gesichtspunkt des Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes als verfassungsgemäß beurteilt worden (BVerfGE 55, 72, 94; 36, 92, 98; 51, 188, 191). Erforderlich ist, dass die betroffene Partei hinreichend Gelegenheit hatte, sich in allen für sie wichtigen Fragen zur Sache zu äußern, diese Gelegenheit aber schuldhaft ungenutzt verstreichen ließ. Präklusionsvorschriften müssen wegen der einschneidenden Folgen, die sie für die säumige Partei nach sich ziehen, strengen Ausnahmecharakter haben (BVerfGE 69, 126, 136; 69, 145, 149; st. Rspr.). Die Fachgerichte sind daher bei der Auslegung und Anwendung der Präklusionsvorschriften einer strengeren verfassungsgerichtlichen Kontrolle unterworfen, als dies üblicherweise bei der Anwendung einfachen Rechts geschieht. Wie das Bundesverfassungsgericht bereits mehrfach entschieden hat, ist eine Präklusion insbesondere dann nicht mit dem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs zu vereinbaren, wenn eine unzulängliche Verfahrensleitung oder eine Verletzung der gerichtlichen Fürsorgepflicht die Verzögerung mitverursacht hatte (BVerfGE 81, 264, 273 m. w. N.).

Da die Beurteilung der Prozesslage dem Gericht obliegt, ist die Zurückweisung fakultativ ausgestaltet.

Zu Nummer 20 (§ 109)

Redaktionelle Änderung.

Zu Nummer 21 (§ 114a)

Die Regelung entspricht im Wesentlichen § 93a Verwaltungsgerichtsordnung und dient der Vereinheitlichung der Verfahrensordnungen. Ein Musterverfahren kann durchgeführt werden wenn die Rechtmäßigkeit einer behördlichen Maßnahme Gegenstand von mehr als zwanzig Verfahren an einem Gericht ist. Aus der gerichtlichen Praxis wurde das Bedürfnis für die Übernahme dieser Regelung in das sozialgerichtliche Verfahren geäußert.

Die Vorweg-Durchführung von Muster-Verfahren als solche unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG, NJW 1980, 1511). Auch das Bundessozialgericht sieht die Vereinbarung der Durchführung eines Musterprozesses grundsätzlich als zulässig an (BSG, SozR 3100 § 18c Nr. 5). Die in Absatz 2 Satz 2 und 3 vorgenommenen Erleichterungen bei der Beweiserhebung tangieren zwar den Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme; letztlich sind sie jedoch darauf ausgerichtet, dem Bürger durch ein zügiges Verfahren effektiven und zeitnahen Rechtsschutz zu ermöglichen, damit aus der Menge der Verfahren nicht eine unbeherrschbare richterliche und administrative Last resultiert. Das Gericht hat eine anhörungsbewusste Praxis zu üben (vgl. Maunz/Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 19 Abs. 4, Rn 268, Fn 7 m. w. N.).

Die Auswahl der Verfahren hat nach sachgemäßen Kriterien zu erfolgen. Sämtliche Verfahren müssen ein und dieselbe behördliche Maßnahme betreffen. Es reicht nicht aus, dass mehrere behördliche Entscheidungen eine Rechtsfolge in Bezug auf einen jeweils gleich gelagerten Sachverhalt aussprechen (so genannte "unechte Massenverfahren").

Aus diesem Grund wird der Anwendungsbereich der Vorschrift im Sozialrecht relativ begrenzt sein. Zwar führen insbesondere im Rentenversicherungsrecht häufig unechte Massenverfahren zu einer Überforderung der Verwaltung und Gerichte; echte Massenverfahren hingegen stellen im Sozialverwaltungsverfahren die Ausnahme dar.

Zu Nummer 22 (§ 131)

Buchstabe a

Die Änderung in Satz 2 ist erforderlich, da bei Verpflichtungs- und Leistungsbegehren der Rechtsstreit allein durch die Aufhebung der Bescheide nicht in vollem Umfang erledigt ist.

Mit dem dritten Satz wird klargestellt, dass das Rechtsschutzbegehren mit der Aufhebung des Ablehnungsbescheides noch nicht erschöpft ist. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil des BSG vom 17. April 2007 - B 5 R 30/05 R; vgl. auch BVerwGE 107, 128, 130f.) darf das Verpflichtungs- bzw. Leistungsbegehren aber nicht unentschieden bleiben. Nach der Rechtsschutzssystematik des Sozialgerichtsgesetzes kommt dafür nur ein Bescheidungsurteil in Betracht, das ohne eine entsprechende Ermächtigung im Gesetz unzulässig wäre.

Buchstabe b

Die Ergänzung erfolgt, um klarzustellen, dass die Zurückverweisung an die Verwaltung auch für die praktisch wichtigen Bereiche der Sozialgerichtsbarkeit, insbesondere bei Verpflichtungs- und kombinierten Anfechtungs-/Leistungsklagen gilt.

Zu Nummer 23 (§ 136)

Die Änderung bezweckt eine weitere Entlastung der Sozialgerichtsbarkeit. Dem Gericht soll ermöglicht werden, von der schriftlichen Begründung eines in der mündlichen Verhandlung verkündeten Urteils abzusehen, wenn alle Beteiligten einstimmig auf ein Rechtsmittel verzichten. Die Norm ist § 313a der Zivilprozessordnung (ZPO) nachempfunden.

Anders als in § 313a ZPO wird es nicht für ausreichend erachtet, dass lediglich die Parteien den Verzicht auf Abfassen des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe erklären. Ergeht eine Entscheidung ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe, so können sich Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Streitgegenstandes und damit der Grenzen der materiellen Rechtskraft ergeben. Um diesen Problemen zu entgehen, muss auch der Beigeladene den Verzicht erklären.

Wird ein Urteil ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe erlassen, obwohl die Voraussetzungen des § 136 Abs. 4 nicht erfüllt sind, stellt dies einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, der die Anfechtbarkeit des Urteils begründet. Dagegen ist es unschädlich wenn das Gericht ein Urteil in vollständiger Form abfasst, obwohl die Voraussetzungen der Abkürzung nach § 136 Abs. 4 gegeben sind.

Zu Nummer 24 (§ 144)

Buchstabe a Buchstabe a) aa)

Der Begriff der Sachleistung umfasst keine Dienstleistungen. Diese sind jedoch der ratio der Norm nach nicht von ihrem Anwendungsbereich ausgeschlossen. Im Sinne einer Klarstellung werden daher Dienstleistungen ausdrücklich in den Geltungsbereich der Norm einbezogen.

Buchstabe a) bb) und b)

Zur Entlastung der Landessozialgerichte wird der Beschwerdewert für die Zulassungsberufung für Klagen, die Geld-, Sach- oder Dienstleistungen oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betreffen, auf 750 Euro und für Erstattungsstreitigkeiten auf 10 000 Euro erhöht. Die Anhebung der 500-Euro-Grenze entspricht im Übrigen in etwa einem an der Kaufkraftreduzierung orientierten Ausgleich. Schriebe man die seinerzeit geltende 1 000DM-Grenze aus dem Jahre 1991 fort, ergäbe sich für das Jahr 2008 eine Wertgrenze von ca. 710 Euro, die auf 750 Euro aufzurunden wäre.

Zu Nummer 25 (§ 145)

Folgeänderung aufgrund der Aufhebung des Abhilfeverfahrens (§ 174).

Zu Nummer 26 (§ 153)

Nach § 153 Abs. 4 kann das Landessozialgericht die Berufung gegen ein Urteil durch Beschluss zurückweisen wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält. Wird hingegen in erster Instanz in Sachen ohne besonderen Schwierigkeitsgrad tatsächlicher oder rechtlicher Art und bei geklärtem Sachverhalt durch den Kammervorsitzenden oder die Kammervorsitzende ohne ehrenamtliche Richter mit Gerichtsbescheid (§ 105) entschieden, ist der Senat des Landessozialgerichts gezwungen bei diesen einfach gelagerten Verfahren aufgrund mündlicher Verhandlung mit drei Berufsrichterinnen oder -richtern und zwei ehrenamtlichen Richterinnen oder Richtern zu entscheiden.

Es ist sachgerecht, es in diesen Fällen dem Senat zu ermöglichen, durch den oder die Berichterstatter/in - mit den ehrenamtlichen Richter/inne/n - zu entscheiden. Die Entscheidung ergeht aufgrund mündlicher Verhandlung, da die Beteiligten jedenfalls in einer Tatsacheninstanz das Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung haben. Eine Ausnahme gilt dann, wenn die Parteien hierauf ausdrücklich verzichten.

Den teilweise aus der gerichtlichen Praxis geäußerten Bedenken gegen die Veränderung der Richterbank, da nicht durchgehend davon ausgegangen werden könne, dass die Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 in erster Instanz zutreffend bejaht worden sind, wird dadurch Rechnung getragen, dass die Übertragung auf den Berichterstatter von einem Beschluss des Senats abhängig gemacht wird.

Zu Nummer 27 (§ 157a)

Folgeänderung wegen der Einführung der Präklusionsvorschrift in § 106a im erstinstanzlichen Verfahren. Dies zieht die Notwendigkeit einer entsprechenden Vorschrift im Rechtsmittelverfahren nach sich. § 157a gilt über § 165 auch für Verfahren vor dem Bundessozialgericht.

Zu Nummer 28 (§ 160a)

Folgeänderung wegen Aufhebung des Abhilfeverfahrens (§ 174).

Zu Nummer 29 (§ 172)

Buchstabe a

Die Änderung bewirkt eine Anpassung an § 146 Verwaltungsgerichtsordnung im Interesse der Vereinheitlichung der Verfahrensordnungen.

Buchstabe b

Zur Entlastung der Landessozialgerichte soll ein Ausschluss der Beschwerde bei den genannten wirtschaftlich nicht relevanten Kostengrundentscheidungen und sonstigen Nebenentscheidungen sowie in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und der Prozesskostenhilfe greifen. Nr. 1

Der Ausschluss der Beschwerde gegen Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutz, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre, führt dazu, dass die Rechtsschutzmöglichkeiten im einstweiligen Rechtsschutz nicht gegenüber denjenigen im Hauptsacheverfahren privilegiert werden. Nr. 2

Die Ablehnung von Prozesskostenhilfe kann mit der Beschwerde nur noch angefochten werden wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache vom Gericht verneint wurden. Hat das Gericht hingegen die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint, ist die Beschwerde gegen diese Entscheidung nicht statthaft. Nr. 3

Beschlüsse nach § 193 Abs. 1 Satz 3 sind unanfechtbar. Nr. 4

Die Beschwerde in den genannten Angelegenheiten wird wegen der relativ geringen wirtschaftlichen Bedeutung solcher Streitigkeiten im Interesse einer Entlastung der Beschwerdegerichte ausgeschlossen. Nach § 567 Abs. 2 ZPO, dem die Vorschrift nachgebildet ist fallen nur solche Streitigkeiten über Kosten darunter, die im Zusammenhang mit dem gerichtlichen Verfahren entstanden sind, z.B. die Anfechtung der Festsetzung von Zeugen- und Sachverständigengebühren, die Ablehnung einer Reisekostenbeihilfe zur Teilnahme an der mündlichen Verhandlung, nicht aber Streitigkeiten über die Erhebung von Kosten für Verwaltungshandeln.

Zu Nummer 30 (§ 174)

Das Abhilfeverfahren führt für die Sozialgerichte zu einem erhöhten Arbeitsaufwand, ist jedoch für den Abhilfesuchenden in der Praxis in der Regel nicht ertragreich. Die tatsächliche Abhilfe bewegt sich im Promille-Bereich. Der iudex a quo ist zur Prüfung der Zulässigkeit und Begründetheit der Abhilfe verpflichtet. Der Prüfaufwand, ob eine Abhilfe in Betracht kommt, ist angesichts der großen Aktenmengen im sozialgerichtlichen Verfahren zunehmend erheblich. Für die Begründung des Abhilfegesuches muss teilweise eine Akteneinsicht des Abhilfesuchenden abgewartet werden. Auch offensichtlich unzulässige oder unbegründete Abhilfegesuche müssen vorgelegt werden. Die Abgabe an den iudex ad quem hat nach der Rechtsprechung unverzüglich zu erfolgen. Von einem Abhilfegesuch geht daher ein erheblicher Druck auf die Sozialgerichte aus, der unter Umständen dazu führt, dass andere Verfahren liegen bleiben.

Aus diesen Gründen erscheint es sachgerecht, das Abhilfeverfahren zu streichen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass den Rechtsschutzsuchenden der Rechtsweg nicht abgeschnitten wird, sondern die Möglichkeit der Beschwerde zum iudex ad quem belassen bleibt.

Zu Nummer 31 (§ 183)

Redaktionelle Änderung.

Zu Nummer 32 (§ 192)

Buchstabe a

Nach der geltenden Rechtslage ist die Auferlegung von Verschuldenskosten nur bei einer Belehrung in einem Termin möglich. Das bedeutet einen zusätzlichen Aufwand in den Verfahren, in denen ansonsten auch ohne diesen eine Entscheidung möglich wäre. In Eilverfahren wird die Verhängung von Verschuldenskosten damit praktisch ausgeschlossen.

Die entsprechende Darlegung soll künftig auch in einer gerichtlichen Verfügung möglich sein.

Buchstaben b, c und d

Neuanordnung der Absätze wegen des durch Artikel 4 des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes vom 22. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3439) - in Kraft getreten am 1. Januar 2007 - eingefügten Absatzes 1a.

Buchstabe e

Teilweise werden Ermittlungen im Verwaltungsverfahren unterlassen oder nur unzureichend betrieben und müssen im Sozialgerichtsverfahren nachgeholt werden. Dies führt zu einer Verzögerung des Rechtsstreits. Gleichzeitig findet eine Kostensteigerung statt, da die Ermittlungen im gerichtlichen Verfahren - beispielsweise durch Einschalten externer Gutachter - teurer sind. Schließlich findet auch eine Kostenverlagerung von den Haushalten der Leistungsträger zu den Landesjustizhaushalten statt.

Vor diesem Hintergrund soll den Sozialgerichten die Möglichkeit gegeben werden, die Kosten für Ermittlungen, die von der Verwaltung vorzunehmen gewesen wären, dieser aufzubürden. Dies soll unabhängig vom Verfahrensausgang möglich sein. Die Norm hat mangels eines Sanktionsapparates eine eher präventive Wirkung. Sie hat zum Ziel, die Verwaltungen vor dem Hintergrund der möglichen Kostenfolge zu sorgfältiger Ermittlung anzuhalten die bei den Gerichten zu Entlastungseffekten führt.

Behörden, die wegen sachwidrig unterlassener Ermittlungen mit unter Umständen erheblichen Kosten belastet werden, soll die Beschwerde offen stehen, soweit das Sozialgericht entscheidet. Die Entscheidung nach Absatz 2 soll deshalb immer durch gesonderten Beschluss und nicht im Zusammenhang mit der Hauptsacheentscheidung ergehen. Bei Entscheidung durch das Landessozialgericht verbleibt es beim Ausschluss der Beschwerde nach § 177. § 12 Abs. 1 Satz 1 findet Anwendung.

Zu Nummer 33 (§ 197b)

Die Vollstreckung titulierter Forderungen spielte beim Bundessozialgericht bis zum Inkrafttreten des 6. SGGÄndG (BGBl. I 2001, 2144) in der Praxis keine Rolle. Die Einführung von Gerichtskosten für die in § 197a genannten Verfahren zieht die Notwendigkeit einer Rechtsgrundlage für die Vollstreckung von Gerichtskosten durch das Bundessozialgericht nach sich. Gegenwärtig ist das Bundessozialgericht bei der Beitreibung von Gerichtskosten darauf angewiesen, sich vor den Zivilgerichten einen vollstreckbaren Titel zu beschaffen.

Die Rechtsgrundlage für die Kostenbeitreibung des Bundessozialgerichts orientiert sich am Vorbild des § 12 Arbeitsgerichtsgesetz. Es wird eine Justizbeitreibungsstelle errichtet und die Justizverwaltungskostenordnung und die Justizbeitreibungsordnung werden für entsprechend anwendbar erklärt. Vollstreckungsbehörde ist für Ansprüche, die beim Bundessozialgericht entstehen, die Justizbeitreibungsstelle des Bundessozialgerichts.

Zu Artikel 2 (Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes)

Zu Nummer 1 (§ 21)

Die persönlichen Voraussetzungen für die Berufung als ehrenamtlicher Richter werden erweitert. Künftig können außer den im Gerichtsbezirk als Arbeitnehmer oder Arbeitgeber tätigen Personen auch Arbeitnehmer und Arbeitgeber als ehrenamtliche Richter berufen werden die im Gerichtsbezirk ihren Wohnsitz haben. Ein ehrenamtlicher Richter ist mit den Gepflogenheiten des Arbeitslebens im Gerichtsbezirk auch dann vertraut, wenn er dort wohnt. Aufgrund der Neuregelung können ehrenamtliche Richter auch nach einem Wechsel ihres Arbeitsplatzes in einen anderen Gerichtsbezirk weiterhin am bisherigen Gericht tätig sein.

Zu Nummer 2 (§ 46a)

Die Neuregelung stellt klar, dass der Vorsitzende einen unzulässigen Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid als unzulässig verwerfen kann. Nach der Neureglung des § 55 Abs. 1 Nr. 4a und Abs. 2 kann der Vorsitzende dies durch Urteil allein und ohne mündliche Verhandlung tun. Darüber hinaus wird zugleich geklärt, dass nach dem Übergang aus dem Mahnverfahren in das streitige Verfahren wie im Zivilprozess zunächst eine Güteverhandlung stattzufinden hat. Eine Verhandlung über den Einspruch und die Hauptsache im Gütetermin ermöglicht eine zeitnahe Erörterung des Streitstands und eine schnelle Beilegung des Rechtsstreits.

Zu Nummer 3 (§ 46c)

Die Regelung für gerichtliche elektronische Dokumente wird auf Gerichtsvollzieher erweitert und redaktionell an § 130b ZPO angepasst.

Zu Nummer 4 (§ 46d)

Die Streichung des Wortes "können" in Absatz 1 Satz 2 und das Einfügen des Wortes "mindestens" in Absatz 2 Satz 2 gleicht die Regelung an den nunmehr wortgleichen § 298a ZPO an. Ab dem von der Bundesregierung und den Landesregierungen bestimmten Zeitpunkt, ab dem elektronische Akten geführt werden, ist das Führen der elektronischen Akten obligatorisch. In Papierform eingereichte Schriftstücke und Unterlagen müssen, sofern sie in Papierform weiter benötigt werden, mindestens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens aufbewahrt werden.

Zu Nummer 5 (§ 48)

Die Neuregelung ergänzt die Regelungen der örtlichen Zuständigkeit des Arbeitsgerichts um den besonderen Gerichtstand des Arbeitsortes. Das nach § 35 der Zivilprozessordnung bestehende Wahlrecht des Klägers bei mehreren zulässigen Gerichtsständen wird erweitert. Die Neuregelung ermöglicht es der Arbeitnehmerin und dem Arbeitnehmer, Klage vor dem Arbeitsgericht zu erheben, in dessen Bezirk die Arbeit verrichtet wird. Die Formulierung entspricht Artikel 19 Nummer 2 Buchst. a) der Verordnung (EG) Nr. 044/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen.

Der Gerichtsstand des Arbeitsortes kommt vor allem den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu Gute, die Ihre Arbeit gewöhnlich nicht am Firmensitz oder am Ort der Niederlassung leisten. Vor allem Beschäftigten in der Dienstleistungsbranche, wie im Bereich der Gebäudereinigung, und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Außendienst wird die Durchsetzung ihrer Ansprüche und Rechte erleichtert. Auch bei kurzzeitigen Arbeitsverhältnissen können die Beschäftigten den Gerichtsstand des Arbeitsortes nutzen. Unerheblich ist, ob an dem Ort der Arbeitsleistung eine räumliche Verfestigung der Betriebsstruktur des Arbeitgebers besteht, ob und von wo aus Arbeitsanweisungen erteilt werden oder wo die Zahlung der Vergütung veranlasst wird. Die insoweit bei der Bestimmung des besonderen Gerichtsstandes des Erfüllungsortes ( § 29 ZPO) bestehenden Zweifelsfragen treten beim Gerichtsstand des Arbeitsortes nicht auf.

Für den besonderen Gerichtstand des Arbeitsortes ist der Ort maßgeblich, an dem die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung tatsächlich erbringt. Erfolgt die Erbringung der Arbeitsleistung gewöhnlich an mehreren Orten, ist der Ort zu bestimmen, an dem die Arbeitsleistung überwiegend erbracht wird. Dies kann auch der Ort sein, an dem die Arbeit gemessen an der Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses erst kurzzeitig geleistet wurde, wenn auf der Grundlage des Arbeitsvertrages an diesem Ort die Arbeitsleistung bis auf weiteres verrichtet werden soll. Der gewöhnliche Arbeitsort ändert sich nicht dadurch, dass die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung vorübergehend an einem anderen Ort erbringt. Bei einem beendeten Arbeitsverhältnis ist der Arbeitsort derjenige Ort, an dem die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung zuletzt gewöhnlich verrichtet hat.

Satz 2 regelt den Fall, dass ein Schwerpunkt der Tätigkeit nicht ermittelt werden kann, z.B. weil Tätigkeiten vertragsgemäß in mehreren Gerichtsbezirken zu erbringen sind. Es ist dann auf den Ort abzustellen, von dem aus die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung erbringt. Der Wohnort kann Arbeitsort sein, wenn dort mit der Arbeitsleistung verbundene Tätigkeiten erbracht werden, z.B. wenn ein Außendienstmitarbeiter zu Hause seine Reisetätigkeit für den ihm zugewiesenen Bezirk plant, Berichte schreibt oder andere mit der Arbeitsleistung verbundene Tätigkeiten verrichtet. Kein Arbeitsort ist gegeben wenn sich z.B. ein Montagearbeiter oder ein Kraftfahrer im Rahmen einer Vielzahl einzelner weisungsgebundener Entsendungen vom Wohnort aus zum jeweiligen Einsatzort begibt.

Zu Nummer 6 (§ 55)

Buchstabe a (§ 55 Abs. 1)

Doppelbuchstabe aa Die Alleinentscheidungsbefugnis des Vorsitzenden besteht nur außerhalb der streitigen Verhandlung. Erfolgt eine Entscheidung in Anwesenheit der ehrenamtlichen Richter, sind diese auch in den in § 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 10 genannten Fällen zu beteiligen.

Doppelbuchstabe bb Durch die neue Nummer 4a wird die Alleinentscheidungsbefugnis des Vorsitzenden auf die Verwerfung unzulässiger Einsprüche gegen ein Versäumnisurteil oder einen Vollstreckungsbescheid erweitert. Für eine Entscheidung der Kammer besteht kein sachliches Bedürfnis. Die Zulässigkeit des Einspruchs ist durch den Vorsitzenden von Amts wegen zu prüfen. Es handelt sich um die Prüfung einfacher Rechtsfragen, wie die Einhaltung der Einspruchsfrist. Eine Beteiligung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter ist nicht erforderlich, zumal der Vorsitzende nach geltendem Recht befugt ist, das mit dem Einspruch angegriffene Versäumnisurteil allein zu erlassen (§ 55 Abs. 1 Nr. 4 und 5).

Doppelbuchstabe cc, dd Die neue Nummer 9 vereinheitlicht, vereinfacht und beschleunigt die Kostenentscheidung.

Die Alleinentscheidungsbefugnis des Vorsitzenden besteht künftig auch dann, wenn ein Teilurteil vorausgegangen ist und deshalb die nachfolgende Kostenentscheidung eines Urteils bedarf ( § 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 308 Abs. 2 ZPO). Eine Beteiligung der ehrenamtlichen Richter ist auch bei zuvor ergangenem Teilurteil nicht geboten. Bei der Kostenentscheidung handelt es sich um die Ermittlung der Kostentragungspflicht für das gerichtliche Verfahren nach prozessualen Grundsätzen. Dies ist eine originäre Aufgabe des Berufsrichters. Eine Beteiligung der ehrenamtlichen Richter ist hier nicht erforderlich. Die Neuregelung sorgt für eine einheitliche Handhabung der Kostenentscheidung. Bei Klagerücknahme oder beidseitiger Erledigungserklärung entscheidet der Vorsitzende bereits nach geltendem Recht allein, wenn er über die Kosten durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 53 Abs. 1 Satz 1). Die Neuregelung passt § 55 an § 349 ZPO an wonach der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen über Kosten, Gebühren und Auslagen ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter entscheidet.

Die neu eingefügte Nummer 10 vereinfacht und beschleunigt die Berichtigung des Tatbestands außerhalb der mündlichen Verhandlung. Eine Berichtigung kommt in Betracht, wenn der Tatbestand Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche enthält ( § 320 Abs. 1 ZPO). Der Vorsitzende entscheidet allein, wenn keine der Parteien von ihrem Recht Gebrauch macht, eine mündliche Verhandlung zu beantragen ( § 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 320 Abs. 3 ZPO), der Fehler im Tatbestand und seine Berichtigung demnach zwischen den Parteien unstreitig ist. Die Beteiligung der ehrenamtlichen Richter kann auch deshalb unterbleiben, weil in der ersten Instanz der Berufsrichter allein den Tatbestand formuliert und die ehrenamtlichen Richter somit an der Entstehung der Unrichtigkeit nicht beteiligt waren. Bei erstinstanzlichen Entscheidungen reicht es aus, die Beteiligung der ehrenamtlichen Richter auf die Fälle der Tatbestandsberichtigung zu beschränken, in denen eine Partei eine mündliche Verhandlung beantragt hat. Buchstabe b (§ 55 Abs. 2 Satz 1)

Die Änderung ist eine redaktionelle Folgeregelung zu der Erweiterung des Absatzes 1 um die Nummern 4a, 9 und 10, die zu einer Vereinfachung und Beschleunigung gerichtlicher Entscheidungen führt. Der Vorsitzende kann über die Verwerfung des Einspruchs gegen ein Versäumnisurteil oder einen Vollstreckungsbescheid ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Dasselbe gilt, wenn nur noch über die Kosten zu entscheiden ist. Ohne mündliche Verhandlung kann der Vorsitzende auch über eine Berichtigung des Tatbestandes entscheiden wenn keine Partei beantragt hat, über den Berichtigungsantrag mündlich zu verhandeln.

Zu Nummer 7 (§ 62)

Die Regelung stellt klar, dass nur in den Fällen des § 707 Abs. 1 und des § 719 Abs. 1 ZPO die Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung durch unanfechtbaren Beschluss erfolgt.

Zu Nummer 8 (§ 64 Abs. 7)

Die Änderung ist eine Folgeregelung zu der Erweiterung des § 55 Abs. 1 um die Nummer 10 (Berichtigung des Tatbestands des Urteils). Wegen der besonderen Bedeutung des landesarbeitsgerichtlichen Urteils für die Revision sollen die ehrenamtlichen Richter bei der Berichtigung des Tatbestands beteiligt werden. Die Beschränkung des Alleinentscheidungsrechts des Vorsitzenden auf das erstinstanzliche Verfahren trägt zugleich dem Umstand Rechnung, dass die Entscheidung in der zweiten Instanz auch von den ehrenamtlichen Richtern unterschrieben wird. Sie sollen deshalb an der Berichtigung des Tatbestandes des landesarbeitsgerichtlichen Urteils auch dann beteiligt sein, wenn die Berichtigung außerhalb der mündlichen Verhandlung erfolgt.

Zu Nummer 9 (§ 66 Abs. 2)

Die Alleinentscheidungsbefugnis des Vorsitzenden wird auf die Verwerfung einer unzulässigen Berufung erweitert. Die Alleinentscheidung außerhalb der mündlichen Verhandlung dient der Verfahrensbeschleunigung und der Rechtsmittelvereinfachung. Für eine Entscheidung der Kammer besteht kein sachliches Bedürfnis. Wie bei der Verwerfung eines unzulässigen Einspruchs gegen ein Versäumnisurteil oder einen Vollstreckungsbescheid ist zu berücksichtigen, dass bei der Verwerfung einer unzulässigen Berufung nicht materielle Rechtsfragen, sondern formale Kriterien im Vordergrund der Prüfung stehen. Eine Beteiligung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter, die sich in der Prüfung einfacher prozessualer Formalien erschöpfen würde, ist daher nicht geboten.

Zu Nummer 10 (§ 85 Abs. 1)

Folgeregelung zur Ergänzung des § 62 Abs. 1.

Zu Nummer 11 (§ 89 Abs. 3)

Die Alleinentscheidungsbefugnis des Vorsitzenden wird auf die Verwerfung einer unzulässigen Beschwerde im Beschlussverfahren erweitert. Für eine Entscheidung der Kammer besteht kein sachliches Bedürfnis. Wie bei der Verwerfung eines unzulässigen Einspruchs gegen ein Versäumnisurteil oder einen Vollstreckungsbescheid ist zu berücksichtigen, dass bei der Verwerfung einer unzulässigen Beschwerde nicht materielle Rechtsfragen, sondern formale Kriterien im Vordergrund der Prüfung stehen. Eine Beteiligung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter, die sich in der Prüfung einfacher prozessualer Formalien erschöpfen würde, ist daher nicht geboten.

Zu Artikel 3 (Änderung des Kündigungsschutzgesetzes)

Buchstabe a

Das Verfahren der nachträglichen Zulassung der Kündigungsschutzklage wird beschleunigt die besondere Prozessförderung im Kündigungsverfahren nach § 61a ArbGG gestärkt. Das Verfahren über die nachträgliche Klagezulassung wird mit dem Verfahren über die Klage verbunden. Das Verfahren wird dadurch insgesamt beschleunigt, weil über die nachträgliche Zulassung nicht gesondert entschieden werden muss. Beschleunigt wird das Verfahren auch in der Berufungsinstanz, weil das Landesarbeitsgericht stets auch in der Sache selbst entscheiden kann. Erscheint dem Arbeitsgericht zunächst eine Klärung über die nachträgliche Klagezulassung geboten, weil schwierige tatsächliche oder rechtliche Fragen zu klären sind, kann es gesondert über die nachträgliche Zulassung durch Zwischenurteil entscheiden. Das Zwischenurteil kann mit dem gleichen Rechtsmittel angefochten werden wie das Endurteil über die Kündigungsschutzklage.

Unter den gesetzlichen Voraussetzungen ist die Berufung zum Landesarbeitsgericht und die Revision zum Bundesarbeitsgericht zulässig, weil über die nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage stets durch Urteil zu entscheiden ist. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht ermöglicht eine bundeseinheitliche Rechtsanwendung und verbessert den Rechtsschutz des Einzelnen.

Buchstabe b

Absatz 5 beschleunigt die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über den Antrag der nachträglichen Zulassung der Kündigungsschutzklage und führt damit zu einer Beschleunigung des gesamten Kündigungsschutzprozesses. Das Landesarbeitsgericht kann über den Antrag auch dann entscheiden, wenn dieser erstmals beim Landesarbeitsgericht gestellt wird oder das Arbeitsgericht nicht über den Antrag entschieden hat, z.B. weil es die erhobene Kündigungsschutzklage für fristgemäß erachtet hat. Die Neuregelung vermeidet eine Zurückverweisung an das Arbeitsgericht, die zu einer erheblichen Verzögerung des Verfahrens führt. Auch das Landesarbeitsgericht entscheidet über die nachträgliche Zulassung und die Kündigungsschutzklage in der Regel gemeinsam durch Urteil.

Zu Artikel 4 (Inkrafttreten)

Es wird das Inkrafttreten des Gesetzes geregelt.

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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes, des Arbeitsgerichtsgesetzes und anderer Gesetze

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes, des Arbeitsgerichtsgesetzes und anderer Gesetze auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.

Mit dem vorliegenden Entwurf werden keine Informationspflichten für Unternehmen, Bürger und Verwaltung eingeführt.

Der Nationale Normenkontrollrat hat daher im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Prof. Färber
Vorsitzender Berichterstatterin