Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Oktober 2008 zum Weißbuch: "Gemeinsam für die Gesundheit: ein strategischer Ansatz der EU für 2008-2013" (2008/2115(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 5194 - vom 22. Oktober 2008.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 9. Oktober 2008 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass die Gesundheit ein überaus hohes Gut ist, Gesundheit für alle angestrebt werden muss und ein hohes Gesundheitsniveau zu gewährleisten ist,

B. in der Erwägung, dass Artikel 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union15 vorsieht, dass Diskriminierungen unter anderem wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, und der ethnischen oder sozialen Herkunft verboten sind, und dass Artikel 35 vorsieht, dass jede Person das Recht auf Zugang zur Gesundheitsvorsorge und auf ärztliche Versorgung hat und das ein hohes Gesundheitsschutzniveau sicherzustellen ist,

C. unter Hinweis darauf, dass die positive Folge von Entwicklungen im Gesundheitsbereich darin besteht, dass immer mehr Menschen immer länger leben,

D. in der Erwägung, dass die Gesundheit in der Europäischen Union und in der Welt immer stärker durch Krebserkrankungen, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, rheumatische Erkrankungen, psychische Krankheiten, Übergewicht, Adipositas, Mangelernährung, unangemessene Essgewohnheiten und HIV/AIDS, die sich verschlechternde Umweltqualität, bestimmte wieder auftretende und mit der wachsenden sozialen Ungleichheit verbundene Krankheiten sowie durch neue Herausforderungen bedroht wird, wodurch die Notwendigkeit der Vorbeugung von Krankheiten und der Bedarf an formeller und informeller Gesundheits- und Pflegeversorgung und an Rehabilitationsmaßnahmen nach Krankheiten zunehmen,

E. in der Erwägung, dass neben der Verstärkung bereits existierender Risikofaktoren wie der Umweltverschmutzung neue Gefährdungen der Gesundheit mit grenzüberschreitendem Charakter drohen, wie z.B. Pandemien, neue Verbreitungsmuster übertragbarer Krankheiten, Tropenkrankheiten, biologischer Terrorismus sowie die Auswirkungen des Klimawandels und der Globalisierung, insbesondere im Zusammenhang mit dem Zugang zu Wasser und Nahrungsmitteln sowie der Zunahme der Armut und der Migration,

F. in der Erwägung, dass die solidarischen Gesundheitssysteme ein wesentlicher Faktor des europäischen Sozialmodells sind und dass sie als Sozial- und Gesundheitsdienste einen Auftrag von allgemeinem Interesse erfüllen und dadurch einen wichtigen Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit und zum sozialen Zusammenhalt leisten,

G. in der Erwägung, dass sich wegen der Alterung der Gesellschaft die Krankheitsmuster ändern, wodurch der Bedarf an formeller und informeller Gesundheits- und Pflegeversorgung ansteigt und die Zukunftsfähigkeit der Gesundheitssysteme erheblichen Belastungen ausgesetzt ist, dass deshalb die öffentlichen und privaten Akteure der Förderung von Forschung und Innovation einen hohen Stellenwert einräumen müssen und dass insbesondere in einigen Mitgliedstaaten tragfähige politische Fördermaßnahmen für die ersten Lebensphasen gefordert sind,

H. in der Erwägung, dass bei der Gesundheitsversorgung große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten und innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten bestehen,

I. in der Erwägung, dass die Bürger verstärkt gemeinsam durchgeführte und wirksame Maßnahmen im Gesundheitsbereich erwarten,

J. in der Erwägung, dass gleichzeitig unter strenger Wahrung des Subsidiaritätsprinzips die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten im Gesundheitsbereich und ihre Entscheidungsfreiheit bezüglich der Gesundheitsdienste, deren Erbringung sie für angemessen erachten, geachtet werden müssen, genauso wie die verschiedenen Managementsysteme und spezifischen Strategien, für die sich die Mitgliedstaaten im Rahmen der Integration der öffentlichen und privaten Bereitstellung von Gesundheitsdiensten entschieden haben,

K. in der Erwägung, dass es im Fall von Bedenken aus ethischen Gründen nach wie vor den Mitgliedstaaten obliegt zu entscheiden, ob ein bestimmter Dienst als Gesundheitsdienst eingestuft wird,

L. in der Erwägung, dass die Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz ein Bereich der Gesundheitspolitik ist, in dem die Europäische Union über eine klare Handlungsbefugnis verfügt,

M. in der Erwägung, dass es Bereiche gibt, in denen die einzelnen Mitgliedstaaten alleine nicht wirksam handeln können, und dass die Europäische Union einer gemeinsamen Gesundheitspolitik verpflichtet ist, mit der sie einen zusätzlichen Nutzen erzielen kann (z.B. durch den Austausch von Informationen und bewährten Verfahren),

N. in der Erwägung, dass Investitionen in den Gesundheitsbereich für die Entwicklung der Menschheit von grundlegender Bedeutung sind und auch mittelbare Auswirkungen auf die verschiedenen Wirtschaftszweige haben,

O in der Erwägung, dass keine Klarheit hinsichtlich der Anzahl der verschiedenen Arbeitsprozesse und Arbeitsprogramme im Gesundheitsbereich besteht,

P. in der Erwägung, dass die Möglichkeiten der Vorbeugung von Krankheiten keineswegs erschöpft sind,

Q. in der Erwägung, dass die Einnahme von Antibiotika aufgrund der steigenden Antibiotikaresistenz zunehmend sinnlos wird, dass die Resistenzraten innerhalb der Europäischen Union variieren, was auf unterschiedliche Gepflogenheiten bei der Anwendung und Kontrolle von Antibiotika zurückzuführen ist (in einigen Mitgliedstaaten ist der Antibiotikaverbrauch drei bis vier Mal höher als in anderen), dass die Antibiotikaresistenz ein europäisches Problem ist, weil die Menschen sehr mobil sind, auch im Rahmen von Urlaubsreisen, wodurch die Gefahr der Ausbreitung resistenter Bakterien ansteigt, und dass das Europäische Zentrum für die Prävention und Bekämpfung von Seuchen (ECDC) die geeignete Stelle zur Koordinierung der in diesem Zusammenhang stehenden Aktivitäten ist,

R. in der Erwägung, dass 40% der Gesundheitsausgaben auf eine ungesunde Lebensweise zurückzuführen sind (sie entstehen beispielsweise durch Alkoholkonsum, Rauchen, fehlende körperliche Bewegung und falsche Ernährung),

S. in der Erwägung, dass durch einen wirksamen Schutz von Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz Arbeitsunfälle vermieden werden können, das Auftreten von Berufskrankheiten begrenzt und die Zahl der Personen, die berufsbedingt auf Dauer behindert sind, gesenkt werden kann,

T. in der Erwägung, dass die Richtlinie 2004/37/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Karzinogene oder Mutagene bei der Arbeit16 den Bürgern der Europäischen Union keinen angemessenen Schutz gegen Gefährdung durch fortpflanzungsgefährdende Stoffe bei der Arbeit bietet,

U. in der Erwägung, dass aufgrund von Mangelernährung, von der eine erhebliche Anzahl von EU-Bürgern betroffen ist, so auch 40% der Krankenhauspatienten und zwischen 40 und 80 % der in Pflegeheimen untergebrachten älteren Menschen, für die Gesundheitssysteme ähnlich hohe Kosten anfallen wie im Fall von Adipositas und Übergewicht,

V. in der Erwägung, dass die Gesundheit nicht nur durch Alkoholkonsum, Rauchen, fehlende körperliche Bewegung, falsche Ernährung und ähnliche externe Faktoren beeinflusst wird und dass deshalb den psychosomatischen Aspekten zahlreicher Krankheiten und den tieferen Ursachen für die steigende Anzahl von Menschen mit Depressionen und anderen psychischen Störungen mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte,

W. in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten weiterhin Hilfsmaßnahmen für Menschen, die unter einer chronischen Krankheit und/oder einer Behinderung leiden, fördern sollten, damit ihre größtmögliche gesellschaftliche Integration erleichtert wird,

X. in der Erwägung, dass die steigende Nachfrage nach Leistungen der Gesundheitsversorgung in vielen Mitgliedstaaten es dringend notwendig macht, dass aktiv etwas unternommen wird, um Mitarbeiter im Gesundheitswesen einzustellen und diese auch zu halten, und Dienste zur Unterstützung von Verwandten und Freunden anzubieten, die unentgeltlich pflegebedürftige Personen betreuen,

Y. in der Erwägung, dass in der Gesundheitsstrategie der Europäischen Union die Langzeitpflege mithilfe der neuen Technologien, die Pflege von Personen mit chronischen Krankheiten, die häusliche Pflege von älteren Menschen und von Menschen mit körperlichen oder geistigen Behinderungen und die Dienste für diejenigen, die sie pflegen, mehr Beachtung finden sollten und in diesem Zusammenhang Synergien zwischen Gesundheitsdiensten und Sozialdiensten angestrebt werden sollten,