Antrag des Landes Rheinland-Pfalz
Entschließung des Bundesrates Kinderlärm: kein Grund zur Klage - gesetzliche Klarstellungen zum Umgang mit Geräuschemissionen von Kinder- und Jugendeinrichtungen

Der Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz Mainz, den 14. November 2009

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Bürgermeister Jens Böhrnsen
Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen

Sehr geehrter Herr Präsident,

die Landesregierung von Rheinland-Pfalz hat beschlossen, beim Bundesrat den in der Anlage beigefügten


einzubringen.
Ich bitte Sie, diesen Entschließungsantrag gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 864. Sitzung des Bundesrates am 27. November 2009 aufzunehmen und nach der Vorstellung im Plenum in die Ausschüsse zu überweisen.


Mit freundlichen Grüßen
Kurt Beck

Entschließung des Bundesrates Kinderlärm: kein Grund zur Klage - gesetzliche Klarstellungen zum Umgang mit Geräuschemissionen von Kinder- und Jugendeinrichtungen

Der Bundesrat möge beschließen:

I. Der Bundesrat stellt fest:

Wenn Kinder spielen, verursachen sie Geräusche, Lärm und Krach. Diese Geräuschkulisse ist jedoch nicht mit Gewerbe- oder Verkehrslärm gleichzusetzen, sondern eine notwendige Ausdrucksform und Begleiterscheinung kindlichen Verhaltens.

Kinder brauchen Freiräume, um spielerisch soziales Verhalten zu erlernen und sich geistig wie körperlich entwickeln zu können. Diese Freiräume sind stets aufs Neue gefährdet und müssen daher immer wieder neu erschlossen und für die Kinder gesichert werden.

Der durch kindliches Spielen erzeugte Lärm hat in der jüngeren Vergangenheit zu Klagen von Anwohnern gegen Kindertageseinrichtungen bzw. gegen erteilte Baugenehmigungen geführt die in Einzelfällen zur Schließung dieser Einrichtungen führten.

Das gilt in besonderer Weise für Kindertagesstätten in Wohngebieten. Grundlagen der Gerichtsentscheidungen waren Bestimmungen im Wohnungseigentums- und Mietrecht, im öffentlichen Baurecht und im Immissionsschutzrecht.

Gesetzliche Regelungen, wie Kinderlärm konkret rechtlich einzuordnen ist, bestehen jedoch nicht. Allerdings werden z.B. Kindertageseinrichtungen als nicht genehmigungsbedürftige Anlagen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes angesehen.

Somit gelten auch für diese Einrichtungen das Vermeidungs- und Minimierungsgebot von Lärmemissionen, wenn sie die Grenze der Erheblichkeit überschreiten, d.h. schädliche Umwelteinwirkungen darstellen.

Untergesetzliche Vorschriften zur Konkretisierung des Begriffs der Erheblichkeit fehlen beim Kinderlärm. Die Sozialverträglichkeit ist daher im Streitfall einzelfallbezogen zu ermitteln. Oft wird die Erheblichkeit im Sinne des Immissionsschutzrechts von der Rechtsprechung mit dem zivilrechtlichen Begriff der Wesentlichkeit gleichgesetzt, so dass Kinderlärm, der immissionsschutzrechtlich unzulässig ist, auch im Miet- und Wohnungseigentumsrecht so bewertet wird.

Schließlich sieht die Baunutzungsverordnung für Anlagen für soziale Zwecke (z.B. Kindertageseinrichtungen) derzeit nur eine ausnahmsweise Zulässigkeit in reinen Wohngebieten vor. Das widerspricht aber dem fundamentalen Bedürfnis von Familien, Kindertagesstätten und andere Angebote für Kinder in unmittelbarer - möglichst fußläufiger - Nähe zu haben. Kinder werden damit in ihrer Selbstständigkeit gefördert und Hol- und Bringdienste für Eltern gering gehalten.

II. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung,