Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Hochqualifizierten-Richtlinie der Europäischen Union

Der Bundesrat hat in seiner 892. Sitzung am 10. Februar 2012 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat begrüßt ausdrücklich den von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf. Mit dem Entwurf werden nicht nur die Vorgaben der Europäischen Union umgesetzt, sondern darüber hinaus Verbesserungen in der Arbeitsmigration geschaffen.

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Artikel2 Buchstabe g der Hochqualifizierten-Richtlinie (Richtlinie 2009/50/EG des Rates vom 25. Mai 2009 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer hochqualifizierten Beschäftigung) sieht vor, dass ein "höherer beruflicher Bildungsabschluss" auch dann vorliegen kann, wenn eine mindestens fünfjährige einschlägige Berufserfahrung nachgewiesen wird, deren Niveau mit einem Hochschulabschluss vergleichbar ist und die in dem im Arbeitsvertrag oder verbindlichen Arbeitsplatzangebot genannten Beruf oder der Branche erforderlich ist. Dies muss das innerstaatliche Recht vorsehen. Mit den neuen § 19a Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 AufenthG-E ist eine erste innerstaatliche Regelung vorgesehen. Damit die Blaue Karte EU jedoch auch an Ausländer erteilt werden kann, die die o.g. Voraussetzungen erfüllen, bedarf es zudem der Regelung in einer Rechtsverordnung.

Der Fachkräftebedarf auf Grund der demografischen Entwicklung besteht auch im Bereich der Berufe, die nicht zwingend einen Hochschulabschluss voraussetzen (z.B. Elektrotechniker, Pflegekräfte etc.). Die Blaue Karte EU ist ein attraktives Instrument, um die Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte zu fördern. Daher sollten auch die dringend benötigten Fachkräfte, dessen Erwerbstätigkeit keinen Hochschulabschluss voraussetzt, von dieser Regelung profitieren.

Zu Buchstabe b:

Für Fachkräfte aus Drittstaaten ist es schwierig, potentielle Arbeitsgeber allein aus dem Ausland heraus zu identifizieren, etwaige Kontakte zu knüpfen, Vorstellungsgespräche zu führen und letztlich einen Arbeitsvertrag festzuschreiben. Ebenso ist es für potentielle Arbeitgeber schwierig, ausländische Fachkräfte "aus der Ferne" einzuschätzen, ob sie die notwendigen Qualifikationen bieten und für das Unternehmen als Fachkraft von Interesse sind.

Es ist daher erforderlich, dass Fachkräfte aus Drittstaaten Möglichkeiten erhalten, mit dem Ziel der Arbeitssuche für einen begrenzen Zeitraum nach Deutschland einzureisen. Für diesen Zeitraum muss ihr Lebensunterhalt gesichert sein, da kein Anspruch auf staatliche Leistungen aus den Sozialsystemen erworben wird. Ebenso dürfen keine Sicherheitsbedenken vorliegen.

Um Fehlentwicklungen sowie Fehleinschätzungen vorzubeugen, müssen die Fachkräfte aber eine Qualifikation besitzen, die eine erfolgreiche Arbeitsaufnahme erwarten lassen.

Zu Buchstabe c:

Die Erfüllung der nach § 21 Aufenthaltsgesetz vorgesehenen Voraussetzungen, nach denen in der Regel Satz 1 Nummer 1 und 2 erfüllt sind - mindestens 250.000 Euro Investitionen und Schaffung von fünf Arbeitsplätzen -, sind für junge Start-ups aus dem Hochschulbereich teilweise nur schwer zu erfüllen. Zwar ist bei Nichterreichen dieser Voraussetzungen die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nicht ausgeschlossen, liegt allerdings im Ermessen der zuständigen Behörden. Dies kann auf interessierte, junge, ausländische Gründer abschreckend wirken bzw. führt auf Grund der Rechtsunsicherheit zu mangelndem Erfolg bei dem Versuch, Kapital für die Geschäftsidee zu sammeln. Deutschland läuft damit Gefahr, hier ausgebildete, junge Hochqualifizierte mit sehr guter Integrationsprognose zu verlieren.

Zu Buchstabe d:

Im geltenden Recht wird bei der Rentenhöhe von Berechtigten mit gewöhnlichem Auslandsaufenthalt im Wesentlichen nur auf die Staatsangehörigkeit geachtet. Mit der geplanten Rechtsänderung wird künftig für Hochqualifizierte mit gewöhnlichem Auslandsaufenthalt, die nicht bereits durch Sonderregelungen privilegiert sind, die Rentenhöhe nicht mehr auf 70 Prozent gemindert. Dagegen verbleibt es für Personen, die eine nicht hochqualifizierte Beschäftigung ausgeübt haben, bei der Rentenminderung auf 70 Prozent. Es findet damit eine Differenzierung der Rentenhöhe nicht mehr nur nach der Staatsangehörigkeit, sondern zusätzlich nach der Qualifikation statt; dies erscheint insbesondere im Hinblick auf das im Rentenrecht geltende Äquivalenzprinzip sachwidrig.

2. Zu Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe a - neu - (§ 16 Absatz 3 Satz 1 AufenthG)

Artikel 1 Nummer 6 ist wie folgt zu fassen:

'6. § 16 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Die Änderung erweitert die Beschäftigungsmöglichkeit zum Nebenverdienst für Studenten während des Studiums. So werden erweiterte Beschäftigungen oder selbständige Tätigkeiten ermöglicht, die zum einen zur Sicherung des Lebensunterhaltes beitragen und zum anderen Freiräume für gewünschtes unternehmerisches Engagement und insbesondere Ausgründungen aus dem Wissenschafts- und Forschungsbereich schaffen. Darüber hinaus eröffnet der Weg über eine "Nebenbeschäftigung" nicht selten den Weg für eine Anschlussbeschäftigung nach dem Studium. Eine Anhebung der Beschäftigungsmöglichkeit empfiehlt zudem die Hochrangige Konsensgruppe Fachkräftebedarf und Zuwanderung in Ihrem Abschlussbericht "Vom Anwerbestopp zur Gewinnung von Fachkräften" vom 30. November 2011 (Seite 67).

3. Zu Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe a (§ 16 Absatz 4 Satz 1 AufenthG), Buchstabe a1 - neu - (§ 16 Absatz 4 Satz 1a - neu - AufenthG)

Artikel 1 Nummer 6 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Der bislang für die Arbeitssuche eingeräumte Zeitraum von nur einem Jahr erweist sich z.B. nach den Erfahrungen des Hamburg Welcome Centers regelmäßig als zu kurz, um einen angemessenen Arbeitsplatz zu finden und alle erforderlichen Verhandlungen zu führen. Eine Verlängerung auf 18 Monate erscheint deshalb angebracht. Die Hamburgische Bürgerschaft hat sich die Forderung nach einer Verlängerung der Jahresfrist ebenfalls zu Eigen gemacht.

Zu Buchstabe b:

Die Änderung folgt der Empfehlung der "Hochrangigen Konsensgruppe Fachkräftebedarf und Zuwanderung", den Begriff "angemessen" in § 16 Absatz 4 AufenthG-E flexibel auszulegen und festzuschreiben, dass es ausreicht, wenn ein Arbeitsplatz in der Regel einen Hochschulabschluss voraussetzt. Dadurch soll verhindert werden, dass ein Arbeitsplatz nicht mit einem ausländischen Hochschulabsolventen besetzt werden kann, weil sein Studienabschluss als nicht einschlägig bewertet wird.

4. Zu Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe b - neu - (§ 16 Absatz 5 Satz 3 - neu - AufenthG), Nummer 6a - neu - (§ 17 Satz 4 - neu - AufenthG)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

In Artikel 5 Absatz 3 Nummer 6 ( § 27 BeschV) eröffnet der Gesetzentwurf der Bundesregierung Ausländern, die in Deutschland eine qualifizierte Ausbildung erfolgreich abschließen, generell die Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung in ihrer Ausbildung entsprechenden Beschäftigungen. Um den betroffenen Ausländern, die sich zum Zweck einer qualifizierten Ausbildung in Deutschland aufhalten, auch die Suche eines angemessenen Arbeitsplatzes zu ermöglichen, sollen auch sie einen entsprechenden Aufenthaltstitel zur Arbeitsplatzsuche in entsprechender Anwendung von § 16 Absatz 4 AufenthG-E erhalten können. Die Leistungsausschlüsse für Arbeitssuchende in § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 SGB II und in § 23 Absatz 3 Satz 1 SGB XII verhindern dabei eine missbräuchliche Ausübung dieses Rechts. Außerdem sollen die ausländischen Auszubildenden auch die Gelegenheit erhalten, nebenher im selben Umfang wie Studierende eine Nebenbeschäftigung auszuüben, um es ihnen zu erleichtern, ihren Lebensunterhalt während der Ausbildung zu bestreiten.

5. Zu Artikel 1 Nummer 7 Buchstabe a - neu - (§ 18 Absatz 3 Satz 2 - neu - AufenthG)

Artikel 1 Nummer 7 ist wie folgt zu fassen:

'7. § 18 wird wie folgt geändert:

6. Zu Artikel 1 Nummer 8 (§ 18b Nummer 2 AufenthG)

In Artikel 1 Nummer 8 § 18b sind in Nummer 2 die Wörter "zum Zeitpunkt der Antragstellung" zu streichen.

Begründung:

Das Aufenthaltsrecht differenziert bisher nicht, zu welchem Zeitpunkt eine bestimmte Voraussetzung vorgelegen hat, so dass dies entbehrlich erscheint. Außerdem würden sehenden Auges Fallkonstellationen geschaffen, in denen der Ausländer bei Antragstellung einen entsprechenden Arbeitsplatz inne hat, ihn aber noch vor der Entscheidung der Ausländerbehörde verliert. In diesem Fall müsste ihm gleichwohl eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden.

7. Zu Artikel 1 Nummer 8 (§ 18b Nummer 4 AufenthG), Nummer 10 (§ 19a Absatz 6 Satz 2 AufenthG)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die bisherige Fassung lässt es zu, dass Absolventen deutscher Hochschulen und Inhabern einer Blauen Karte EU nach zwei Jahren qualifizierter Beschäftigung eine Niederlassungserlaubnis auch dann zu erteilen ist, wenn sie krankheits- oder behinderungsbedingt keine ausreichenden deutschen Sprachkenntnisse, keine Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland besitzen oder der Lebensunterhalt nicht gesichert ist. Dies erscheint angesichts dieses privilegierten Personenkreises als zu weitgehend.

8. Zu Artikel 1 Nummer 9 (§ 19 Absatz 2 Nummer 3 AufenthG), Nummer 20 (§ 51 Absatz 1a AufenthG), Nummer 25 (§ 81 Absatz 4 AufenthG)

9. Zu Artikel 1 Nummer 9 (§ 19 Überschrift, Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 AufenthG)

Artikel 1 Nummer 9 ist wie folgt zu fassen:

'9. " § 19 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Die Änderungen ergänzen die von der Bundesregierung vorgenommene Änderung des § 19 AufenthG. Die Bundesregierung hat durch die Absenkung der Einkommensgrenze der Vorschrift den Ausnahmecharakter genommen. Folgerichtig müssen auch die übrigen Tatbestandsmerkmale angepasst werden. Dies dient dazu, Deutschland im internationalen Wettbewerb um die Besten noch weiter zu stärken. Aufgrund des demografischen Wandels in Europa und der Bundesrepublik Deutschland sowie der wirtschaftlichen Entwicklung wächst der Fachkräftebedarf auch für nicht ausschließlich Hochqualifizierte stetig. Sinn und Zweck der Änderung ist ferner, gut ausgebildeten Fachkräften auch zum Berufseinstieg eine rechtliche Perspektive in der Bundesrepublik Deutschland zu bieten und so deren Zuwanderung und Verfestigung zu fördern. Durch die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis und damit eines Daueraufenthaltsrechts wird eine solche Perspektive, die auch eine längerfristige Planung ermöglicht, eröffnet.

10. Zu Artikel 1 Nummer 10 (§ 19a Absatz 1 Nummer 3 und Absatz 2 Nummer 1 AufenthG), Artikel 5 Absatz 3 Nummer 8 ( § 41a BeschV)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu überprüfen, ob der in Artikel 5 Absatz 3 Nummer 8 ( § 41a BeschV) vorgesehene Maßstab zur Bestimmung der nach Artikel 1 Nummer 10 (§ 19a Absatz 1 Nummer 3 und Absatz 2 Nummer 1 AufentG) festzulegenden Gehaltsgrenzen für die Erteilung einer Blauen Karte mit dem in Artikel 5 Absätze 3 und 5 der Richtlinie 2009/50/EG geforderten Mindestniveau vereinbar ist.

Begründung:

Der Bundesrat begrüßt die Vorlage des Gesetzentwurfs zu einer verbesserten Steuerung der Arbeitsmigration. Damit erfolgt ein erster, dringend erforderlicher Schritt zur Sicherung des Fachkräftebedarfs durch Zuwanderung nach Deutschland.

Die Richtlinie 2009/50/EG des Rates vom 25. Mai 2009 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer hochqualifizierten Beschäftigung (Hochqualifizierten-Richtlinie) bestimmt in Artikel 5 Absätze 3 und 5, dass die festzusetzende Gehaltsschwelle einem Vielfachen des "durchschnittlichen Bruttojahresgehalts in dem betreffenden Mitgliedstaat" entsprechen muss. Entsprechend dem 10. Erwägungsgrund der Richtlinie handelt es sich dabei um ein Mindestniveau. Die Mitgliedstaaten können jedoch ein höheres Gehaltsniveau festlegen.

Demgegenüber stellt der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf für die Festlegung der Gehaltsschwellen auf die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung ab. Dies könnte, wie sich am Beispiel der Mindestgehaltsgrenze für Mangelberufe zeigt, dazu führen, dass im Einzelfall die im Gesetzentwurf vorgesehene Gehaltsschwelle die Gehaltsschwelle der Richtlinie unterschreitet.

In dem Abschlussbericht der Hochrangigen Konsensgruppe Fachkräftebedarf und Zuwanderung geht diese von einem jährlichen Bruttodurchschnittsgehalt in Deutschland in 2010 von 28 500 Euro aus. Dies würde in den Mangelberufen nach Artikel 5 Absatz 5 der Hochqualifiziertenrichtlinie einem Wert von 34 200 Euro entsprechen. Nach dem Gesetzentwurf ergibt sich aber ausweislich der Gesetzesbegründung ein Wert von 33 000 Euro (= 50 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze 2011).

11. Zu Artikel 1 Nummer 10 ( § 19a AufenthG)

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung zu prüfen, welcher zusätzliche personelle und finanzielle Aufwand bei der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) durch die Prüfung der Vergleichbarkeit ausländischer Hochschulabschlüsse mit entsprechenden deutschen Hochschulabschlüssen entsteht und die Kosten mitzuteilen.

Begründung:

Die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen ist ein Teil der Kultusministerkonferenz und wird von den Ländern finanziert.

Bei der Prüfung der Vergleichbarkeit von ausländischen mit inländischen Hochschulabschlüssen kann zwar vielfach auf die von der ZAB betriebenen und im Internet öffentlich zugängliche Datenbank anabin zugegriffen werden. In der Praxis ergeben sich jedoch angesichts der Vielfalt ausländischer Hochschulabschlüsse, die zudem einem ständigen Wandel unterliegen, oftmals schwierige Bewertungsfragen, die eine gutachterliche Stellungnahme der ZAB erforderlich machen und zu einem Mehraufwand führen.

12. Artikel 1 Nummer 11a - neu - ( § 21 Absatz 1 AufenthG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 11 folgende Nummer einzufügen:

'1 1a. § 21 Absatz 1 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Der wirtschaftliche Nutzen aus der Zuwanderung von Selbständigen ist groß, da in modernen Volkswirtschaften neue Arbeitsplätze vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen entstehen. Die Zuwanderung von ausländischen Unternehmern mit zukunftsfähigen Konzepten soll daher erleichtert werden. Durch Streichung der Wörter "übergeordnetes" und "besonderes" werden die Hürden für einen Aufenthaltstitel nach § 21 AufenthG abgesenkt. Diese Regelvoraussetzung wurde bislang in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle nicht erfüllt.

Die Streichung des § 21 Absatz 1 Satz 2 AufenthG (Regelbeispiel) führt zu mehr Flexibilität. Kriterium ist nicht mehr das Umsatzvolumen, sondern Branche und Konzept des Unternehmens sowie die regionalen Bedingungen. Der Behörde wird damit ein weitreichender Entscheidungsspielraum eingeräumt. Im Übrigen handelt es sich um redaktionelle Anpassungen.

13. Zu Artikel 1 Nummer 23 ( § 72 Absatz 7 AufenthG)

In Artikel 1 Nummer 23 § 72 Absatz 7 ist die Angabe " §§ 18, 19 und 19a" durch die Angabe " §§ 18, 18b, 19 und 19a" zu ersetzen.

Begründung:

§ 18b Nummer 2 AufenthG-E setzt für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis u.a. voraus, dass der Ausländer einen seinem Abschluss angemessenen Arbeitsplatz innehat. Da dies die Ausländerbehörde zu prüfen hat, sollte es ihr auch in diesem Fällen möglich sein, die Bundesagentur für Arbeit zu beteiligen.

14. Zu Artikel 3 Nummer 1 ( § 113 Absatz 3 SGB VI) Nummer 2 (§ 114 SGB VI)

Artikel 3 Nummern 1 und 2 sind wie folgt zu fassen:

'1. § 113 Absatz 3 wird aufgehoben.

2. § 114 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Mit den im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehenen Änderungen zu den §§ 113 und 114 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch soll die uneingeschränkte Zahlung einer deutschen Rente an Inhaberinnen und Inhaber einer "Blauen Karte EU" und deren Hinterbliebene ermöglicht werden. Zur Vereinfachung der Auslandsrentenbestimmungen sollten jedoch alle Rentenzahlungen in das Ausland, ungeachtet der Staatsangehörigkeit, uneingeschränkt erfolgen. Hierfür sprechen mehrere Aspekte.

Die im Gesetzentwurf gewählte Formulierung "Hinterbliebene" ist nicht eindeutig. Sie könnte so interpretiert werden, dass eine Ehegattin oder ein Ehegatte bzw. eine eingetragene Lebenspartnerin oder ein eingetragener Lebenspartner einer Blue Card-Inhaberin oder eines Blue Card-Inhabers nach deren oder dessen Tod auch Anspruch auf eine volle Rentenzahlung aus eigenem Recht hat, und sich dieser nicht nur auf die Hinterbliebenenrente beschränkt. Damit würde die Einschränkung des Rentenexports mit dem Tod der Ehegattin oder des Ehegatten bzw. der eingetragenen Lebenspartnerin oder des eingetragenen Lebenspartners entfallen. In der Praxis könnten sich so ungewollte Fallkonstellationen ergeben, die den Betroffenen schwer zu vermitteln wären.

Für einen Großteil der Berechtigten sehen das über- und zwischenstaatliche Recht sowie Sonderregelungen für Drittstaatsangehörige ohnehin bereits heute einen uneingeschränkten Export von Rentenleistungen ins Ausland vor, so dass aktuell nur noch wenige Personen von der Einschränkung erfasst werden.

Für einen unbeschränkten Export von Rentenansprüchen in das Ausland spricht zudem, dass im Rahmen der innerhalb der nächsten zwei Jahre umzusetzenden Richtlinie 2011/98 EU vom 13. Dezember 2011 Drittstaatsangehörigen weitere Gleichheitsrechte einzuräumen sind. Auch diese beinhalten die uneingeschränkte Rentenzahlung bei Verzug in einen Drittstaat. Die noch verbleibende Reichweite der den Rentenexport einschränkenden Regelungen wird sich zukünftig deshalb weiter verringern müssen.

Außerdem ist seit der Reform der Rentenbesteuerung im Jahre 2005 auch für Rentnerinnen und Rentner im Ausland grundsätzlich eine Steuer auf die Rente an den deutschen Fiskus zu zahlen. Somit steht dem auch in Auslandsrenten enthaltenen Bundeszuschuss grundsätzlich ein Steuerrückfluss an den deutschen Fiskus gegenüber. Zudem ist darauf zu verweisen, dass die Wirkung einer Rentenkürzung angesichts der Dämpfungsfaktoren in der Rentenanpassungsformel nicht auf einen Ausschluss vom inländischen Produktivitätsfortschritt beschränkt bleibt, sondern darüber hinaus auch zu einer Auszehrung der exportierten Rente führt. Schließlich ist unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten weder die bisherige, noch die im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgeschlagene Lösung überzeugend. Maßgebliche Begründungen für die Einschränkung des Rentenexports verlieren aus heutiger Sicht also zunehmend an Bedeutung oder sind grundsätzlich zu hinterfragen.

Ein uneingeschränkter Rentenexport trägt vor diesem Hintergrund zur Verwaltungsvereinfachung bei, während die im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgeschlagene Regelung zu einer weiteren Rechtszersplitterung führen würde.