Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. November 2009 zu den Vorbereitungen auf das Gipfeltreffen EU-Russland am 18. November 2009

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 4766 - vom 24. November 2009.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 12. November 2009 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass sich die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Russland in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt haben, was eine tief gehende und umfassende wirtschaftliche Integration und Interdependenz herbeigeführt hat, die in Zukunft zwangsläufig noch stärker wird,

B. in der Erwägung, dass der Abschluss eines neuen allgemeinen Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Union und Russland, dessen sechste Verhandlungsrunde Anfang Oktober 2009 stattfand und dessen nächste für Mitte Dezember 2009 anberaumt ist, für die weitere Entwicklung und die Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen den beiden Partnern nach wie vor von entscheidender Bedeutung ist,

C. in der Erwägung, dass die Europäische Union und Russland, das Mitglied des UN-Sicherheitsrats ist, gemeinsam Verantwortung für die Erhaltung der weltweiten Sicherheit tragen, sowie in der Erwägung, dass eine engere Zusammenarbeit und gutnachbarschaftliche Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Russland für die Stabilität, die Sicherheit und den Wohlstand Europas von besonderer Bedeutung sind,

D. unter Hinweis darauf, dass der Beitritt Russlands zur Welthandelsorganisation (WTO) wesentlich zur weiteren Verbesserung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Russland und der Europäischen Union beitragen würde, sofern Russland verbindlich zusagt, die WTO-Auflagen und -Verpflichtungen in vollem Umfang einzuhalten und umzusetzen, und dem Abschluss eines Abkommens über die tief greifende und umfassende wirtschaftliche Integration auf der Grundlage echter Gegenseitigkeit zwischen den beiden Partnern den Weg ebnen würde,

E. in der Erwägung, dass die Sicherheit der Energieversorgung eine der größten Herausforderungen für Europa darstellt und einer der wichtigsten Bereiche der Zusammenarbeit mit Russland ist; in der Erwägung, dass gemeinsame Anstrengungen notwendig sind, um sowohl die bereits bestehenden als auch die noch auszubauenden Energieübertragungssysteme vollständig und effizient zu nutzen; unter Hinweis darauf, dass die jüngste Entscheidung Russlands, seine Unterschrift unter den Vertrag über die Energie-Charta zurückzuziehen, die Beziehungen in diesem Bereich weiter erschwert und Besorgnis hinsichtlich des laufenden Dialogs über Energiefragen und künftiger Entwicklungen weckt; sowie in der Erwägung, dass die starke Abhängigkeit der Europäischen Union von fossilen Brennstoffen aus Russland die Formulierung einer ausgewogenen, kohärenten und wertebestimmten europäischen Politik gegenüber Russland erschweren könnte,

F. in der Erwägung, dass es für die Europäische Union äußerst wichtig ist, mit einer Stimme zu sprechen, eine starke interne Solidarität zu zeigen, eine gemeinsame Haltung einzunehmen und Russlands Angebote zur Intensivierung der bilateralen Beziehungen mit Mitgliedstaaten, die dazu bereit sind, nicht zu akzeptieren; in der Erwägung, dass sich die Beziehungen der Europäischen Union zu Russland auf gegenseitige Interessen und gemeinsame Werte stützen sollten,

G. in der Erwägung, dass nach wie vor ernste Besorgnis herrscht über die Entwicklungen in Russland in den Bereichen Demokratie, Menschenrechte, Unabhängigkeit der Justiz, verstärkte staatliche Kontrolle der Medien, die Unfähigkeit der Polizei und der Justizbehörden, die für die Ermordung von Journalisten und Menschenrechtsaktivisten Verantwortlichen zu finden, repressive Maßnahmen gegen die Opposition, selektive Anwendung der Gesetze durch die Behörden sowie ordnungsgemäße Abwicklung der Wahlen, auch der Regional- und Kommunalwahlen vom 11. Oktober 2009; in der Erwägung, dass die Russische Föderation Vollmitglied des Europarates und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa ist und sich damit den Grundsätzen der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte verpflichtet hat; sowie in der Erwägung, dass das Europäische Parlament den Sacharow-Preis für geistige Freiheit 2009 der russischen Bürgerrechtsorganisation Memorial und ihren Vertretern verliehen hat,

H. in der Erwägung, dass die Europäische Union und Russland bei der Schaffung von Frieden und Stabilität auf dem europäischen Kontinent, besonders in der gemeinsamen Nachbarschaft, gemeinsam eine aktive Rolle spielen könnten und sollten, und insbesondere im Hinblick darauf zusammenarbeiten sollten, im Rahmen des Völkerrechts die Konflikte zwischen Russland, Georgien und seinen abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien sowie in Berg-Karabach und Transnistrien friedlich beizulegen; in der Erwägung, dass Russland das Recht der Nachbarländer, ihre politische und wirtschaftliche Selbstbestimmung wahrzunehmen, uneingeschränkt achten sollte,

I. in der Erwägung, dass Russland und die Vereinigten Staaten am 19. Oktober 2009 in Genf ihre Gespräche über die Ausarbeitung eines neuen Nachfolgeabkommens zum Vertrag zur Verringerung der strategischen Nuklearwaffen (START) aufgenommen haben und so der erste konkrete Schritt hin zu einer Verbesserung der Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Russland, die von der Regierung Obama angekündigt wurde, unternommen wurde; in der Erwägung, dass der amerikanische Verteidigungsminister Robert Gates am 23. Oktober 2009 auf einer Pressekonferenz im Anschluss an ein NATO-Ministertreffen in Bratislava mitteilte, dass die von Russland zur gemeinsamen Nutzung vorgeschlagenen russischen Radaranlagen in Gabala und Armavir für das allgemeine Raketenabwehrsystem für Europa, das die USA derzeit einrichten, von echtem Nutzen sein könnten, und dass damit die Perspektive gegeben sei, dass die Vereinigten Staaten, die NATO und Russland beim Aufbau eines gemeinsamen Raketenabwehrsystems Partner werden könnten; sowie in der Erwägung, dass Russland und Belarus vom 18. September bis 5. Oktober 2009 strategische Manöver durchgeführt haben, die zwar im Einklang mit den im Dokument der OSZE von Wien 1999 festgelegten Verfahren standen, jedoch ernsthafte Besorgnisse darüber auslösten, ob dies auch dem Geist der guten Zusammenarbeit und des gegenseitigen Respekts zwischen Russland und der Europäischen Union gerecht wird,