Gesetzesantrag der Länder Rheinland-Pfalz, Berlin, Bremen
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes
(Artikel 86a und 125d)

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Gesetzesantrag der Länder Rheinland-Pfalz, Berlin, Bremen
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 86a und 125d)

Der Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz Mainz, den 9. Dezember 2009

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Bürgermeister Jens Böhrnsen
Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen

Sehr geehrter Herr Präsident,

die Regierungen der Länder Rheinland-Pfalz, Berlin und Bremen haben beschlossen die in der Anlage mit Vorblatt und Begründung beigefügten


zuzuleiten mit dem Antrag, dass der Bundesrat diese gemäß Artikel 76 Absatz 1 GG im Bundestag einbringen möge.
Ich bitte Sie, diese Gesetzesanträge gemäß § 36 Absatz 2 GO BR in die Tagesordnung der 865. Sitzung des Bundesrates am 18. Dezember 2009 aufzunehmen und anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.


Mit freundlichen Grüßen
Kurt Beck
* siehe Drucksache 877/09 (PDF)

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 86a und 125d)

Vom ...

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen Artikel 79 Absatz 2 des Grundgesetzes ist eingehalten:

Artikel 1
Änderung des Grundgesetzes

Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch das Gesetz vom ..... (BGBl. I S. ....) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Inkrafttreten

Begründung

A. Allgemeiner Teil

Die Grundsicherung für Arbeitsuchende wird im gesetzlichen Regelfall von Arbeitsgemeinschaften durchgeführt, die die örtlichen Agenturen für Arbeit und der jeweils zuständige kommunale Träger zur gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung errichtet haben.

Mit seinem Urteil vom 20. Dezember 2007 hat das Bundesverfassungsgericht diese Form der Durchführung des Gesetzes für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt. Nach dem Urteil handelt es sich bei den Arbeitsgemeinschaften um eine vom Grundgesetz nicht zugelassene Form der Mischverwaltung. Das Bundesverfassungsgericht hat § 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt, die Norm bleibt jedoch bis zum 31. Dezember 2010 anwendbar. Dem Gesetzgeber ist aufgegeben, bis zum Ablauf der Übergangsfrist einen verfassungsgemäßen Zustand herzustellen.

Die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende in den Arbeitsgemeinschaften hat sich grundsätzlich bewährt. Beide zuständigen Leistungsträger können dabei ihre Kompetenzen bei der Wahrnehmung der Aufgabe einbringen. Die Zusammenarbeit von Arbeitsagenturen und Kommunen gewährleistet, dass die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen aus einer Hand betreut werden und Leistungen aus einer Hand erhalten. Sie soll daher fortgesetzt werden. Der Gesetzentwurf schafft dafür die verfassungsrechtlichen Grundlagen. Die Zusammenarbeit von Bund und Ländern oder die nach Landesrecht zuständigen Gemeinden und Gemeindeverbände wird als eine zulässige Form der Verwaltungsorganisation zur Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende ins Grundgesetz aufgenommen. Dies stellt sicher, dass die Zusammenarbeit von Arbeitsagenturen und Kommunen über 2010 hinaus auf der Grundlage eines einfachen Gesetzes weitergeführt werden kann.

Näheres zur Ausgestaltung der gemeinsamen Einrichtungen kann durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates geregelt werden.

Der Entwurf stellt sicher, dass die zugelassenen kommunalen Träger ihre Aufgaben in der Grundsicherung für Arbeitsuchende dauerhaft wahrnehmen dürfen. Ihnen können insoweit durch Bundesgesetz Aufgaben übertragen werden. Die Regelung erfasst die am 31. Dezember 2008 zugelassenen kommunalen Träger. Die Finanzbeziehungen zwischen Bund und zugelassenen kommunalen Trägern werden geregelt. Der Bund trägt, wie bisher die Ausgaben aus der alleinigen Aufgabenwahrnehmung.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1

Zu Nummer 1 (Artikel 86a GG)

Zu Satz 1

Die Bestimmung erlaubt die Ausführung von Bundesgesetzen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende und die Erfüllung der Aufgaben von Bund und Ländern oder den nach Landesrecht zuständigen Gemeinden und Gemeindeverbänden auf diesem Gebiet in gemeinsamen Einrichtungen von Bund und Ländern. Insoweit wird Mischverwaltung zugelassen. Die Aufgabenverantwortung der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende wird davon nicht berührt. Die Zusammenarbeit hat in Anstalten öffentlichen Rechts zu erfolgen. Durch einfaches Gesetz kann eine Verpflichtung der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende zur gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung in den Anstalten öffentlichen Rechts vorgesehen werden. Den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende verbleibt die Möglichkeit, einzelne Aufgaben von der gemeinsamen Einrichtung auf einen Dritten oder einen der Träger zu übertragen. Bei der Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende durch die gemeinsamen Einrichtungen handelt es sich um eine neue, durch die Änderung des Grundgesetzes zugelassene Verwaltungsform, die weder bundeseigene Verwaltung noch Landesverwaltung ist. Sie zielt unmittelbar auf die gemeinsame Aufgabenwahrnehmung nach der Maßgabe näherer gesetzlicher Regelung. Artikel 84 GG ist für die gemeinsame Aufgabenwahrnehmung nicht anwendbar. Die Verwaltungskompetenzen der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach Artikel 87 Absatz 3 und Artikel 84 GG bleiben unberührt.

Zu Satz 2

Satz 2 sieht vor, dass die nähere Ausgestaltung der gemeinsamen Einrichtungen nach Maßgabe des einfachen Rechts erfolgt. Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, werden insbesondere die Organisation und Einrichtung der Behörden, das Verwaltungsverfahren, die Geschäftsführung, das Personal, die Wahrnehmung von Dienstherrnbefugnissen, der Haushalt, die Kostentragung, die Rechnungsprüfung, sowie die Aufsicht geregelt. Zum Regelungsumfang gehören auch die personalrechtlichen Kompetenzen des Geschäftsführers und die Einrichtung von Personalvertretungen.

Zu Nummer 2 (Artikel 125d GG)

Allgemeines

Die Vorschrift ermöglicht die Fortführung der Aufgabenwahrnehmung durch die in der Grundsicherung für Arbeitsuchende zugelassenen kommunalen Träger. Damit können die zugelassenen kommunalen Träger über den bisher in der gesetzlichen Experimentierklausel festgelegten Zeitpunkt 31. Dezember 2010 hinaus sämtliche Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende allein durchführen.

Artikel 125d GG konstituiert einen eigenen Verwaltungstypus für die Durchführung sämtlicher Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende durch zugelassene kommunale Träger. Soweit nicht Artikel 125d GG Sonderregelungen trifft, gilt Artikel 84 GG.

Zu Absatz 1

Zu Satz 1

Die bisher zugelassenen Träger bleiben weiter zugelassen. Die Zulassung derjenigen Kommunen, die am 31. Dezember 2008 zugelassen waren, gilt dauerhaft.

Zu Satz 2

Mit der Vorschrift wird eine Ausnahme von dem in Artikel 84 Absatz 1 Satz 7 GG bestimmten Verbot einer Aufgabenübertragung auf Gemeinden und Gemeindeverbände aufgestellt. So wird auch für zukünftige Rechtsänderungen ein Gleichklang des Aufgabenumfangs in der Grundsicherung für Arbeitsuchende ungeachtet der Unterschiede zwischen der gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung von Bund und Kommunen gemäß Artikel 86a GG und der alleinigen Aufgabenwahrnehmung durch die zugelassenen kommunalen Träger hergestellt.

Zu Satz 3

Satz 3 bestimmt, dass der Bund abweichend von Artikel 104a Absatz 5 GG diejenigen Verwaltungskosten trägt, die dadurch entstehen, dass Kommunen Aufgaben wahrnehmen die sonst dem Bund zugeordnet sind. Er schafft damit eine verfassungsrechtliche Grundlage für die Übernahme dieser Kosten durch den Bund.

Soweit die zugelassenen kommunalen Träger Aufgaben durchführen, die auch sonst in kommunaler Trägerschaft durchgeführt werden, verbleibt die Kostenlast bei den Kommunen.

Zu Absatz 2

Zu Satz 1

Satz 1 sieht vor, dass ein Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere regelt.

Der Vorbehalt näherer gesetzlicher Regelung erstreckt sich insbesondere auf die Anpassungen der Zulassung der zugelassenen kommunalen Träger an Veränderungen infolge von Gebietsreformen und den Widerruf der Zulassung.

Für die Regelung des Verwaltungsverfahrens und der Behördeneinrichtung besteht entsprechend Artikel 84 Absatz 1 GG eine Regelungskompetenz der Länder, soweit sich nicht aus auf Artikel 125d GG beruhenden ausführenden Bundesgesetzen etwas anderes ergibt.

Mit der Ermächtigung zu Anpassungen der Zulassung wegen Gebietsreformen wird dem Grundsatz der Einräumigkeit der Verwaltung Rechnung getragen.

Zu Satz 2

Soweit die kommunalen Träger Aufgaben wahrnehmen, die außerhalb des Kreises der Kommunen nach Absatz 1 Satz 1 in Bundesverwaltung wahrgenommen werden, erlässt die Bundesregierung die allgemeinen Verwaltungsvorschriften mit Zustimmung des Bundesrates. Diese können beispielsweise haushalterische Abrechnungsverfahren zwischen Bund und Kommune regeln.

Zu Artikel 2

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.

C. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

Für die Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen haben die Grundgesetzänderungen keine unmittelbaren Folgen. Die mit der Neuorganisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende verbundenen Kosten für die öffentlichen Haushalte hängen von der zukünftigen einfachrechtlichen Ausgestaltung ab.

D. Kosten- und Preiswirkungsklausel

Negative Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

E. Gleichstellungspolitische Gesetzesfolgenabschätzung

Die gleichstellungspolitischen Auswirkungen der Gesetzesänderungen wurden geprüft. Es ergeben sich keine Hinweise auf die unterschiedliche Betroffenheit von Frauen und Männern

F. Bürokratiekosten

Durch das Gesetz werden keine Informationspflichten eingeführt oder abgeschafft.

G. Vereinbarkeit mit EU-Recht

Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar.