Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Einführung erstinstanzlicher Zuständigkeiten des Oberlandesgerichts in aktienrechtlichen Streitigkeiten

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen

E. Sonstige Kosten

Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Einführung erstinstanzlicher Zuständigkeiten des Oberlandesgerichts in aktienrechtlichen Streitigkeiten

Der Bundesrat hat in seiner 842. Sitzung am 14. März 2008 beschlossen, den beigefügten Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.

Anlage
Entwurf eines Gesetzes zur Einführung erstinstanzlicher Zuständigkeiten des Oberlandesgerichts in aktienrechtlichen Streitigkeiten

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung der Zivilprozessordnung

Die Zivilprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3202, 2006 I S. 431, 2007 I S. 1781), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes

Das Gerichtsverfassungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

Artikel 3
Änderung des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes

Artikel 4
Änderung des Aktiengesetzes

Das Aktiengesetz vom 6. September 1965 (BGBl. I S. 1089), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

Artikel 5
Änderung des SE-Ausführungsgesetzes

Artikel 6
Änderung des Spruchverfahrensgesetzes

Das Spruchverfahrensgesetz vom 12. Juni 2003 (BGBl. I S. 838), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

Artikel 7
Änderung des Umwandlungsgesetzes

Artikel 8
Änderung des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter

Haftung Das Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4123-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

Artikel 9
Änderung des Gerichtskostengesetzes

Die Anlage 1 (Kostenverzeichnis) zu § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Artikel 10
Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes

Die Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 (Vergütungsverzeichnis) des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I, S. 718), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Artikel 11
Übergangsvorschrift

Die Artikel 1 bis 8 finden keine Anwendung auf Verfahren, die vor dem in Artikel 12 genannten Zeitpunkt bereits anhängig und noch nicht rechtskräftig entschieden waren.

Artikel 12
Inkrafttreten

Begründung

A. Allgemeiner Teil

1. Notwendigkeit der Verlagerung der Eingangsinstanz

a) Ausgangslage

Das Aktienrecht räumt jedem Aktionär die Möglichkeit ein, gegen Beschlüsse der Hauptversammlung gerichtlich vorzugehen. Dies gilt unabhängig davon, ob er angesichts der Größe seiner Beteiligung tatsächlich ein ökonomisches Interesse als Anteilseigner hat, oder ob er lediglich eine Aktie besitzt. Viele Hauptversammlungsbeschlüsse, darunter insbesondere die für das Unternehmen besonders bedeutsamen Beschlüsse über Umstrukturierungsmaßnahmen werden indessen erst wirksam, wenn sie im Handelsregister eingetragen sind. Da der Registerrichter die Eintragung im Fall der Klage gegen einen Hauptversammlungsbeschluss aussetzen kann und in der Praxis regelmäßig auch aussetzt, entfaltet die Klage eine Sperrwirkung.

Dies hat zur Entstehung eines Klagegewerbes geführt, in dem Berufskläger auf der Grundlage des Besitzes weniger Aktien Hauptversammlungsbeschlüsse anfechten, um nicht gerechtfertigte Sondervorteile für sich zu erlangen, zu deren Gewährung die Gesellschaft bereit ist, um die Sperrwirkung des Verfahrens möglichst schnell zu beseitigen.

Der Gesetzgeber hat bereits mehrfach versucht, diesen Missbrauch des Aktionärsklagerechts einzudämmen. So wurde beispielsweise die Frage der Angemessenheit des Ausgleichs für Aktionäre, in deren Rechte im Rahmen von Umstrukturierungsmaßnahmen eingegriffen wird, in das der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuzurechnende Verfahren nach dem Spruchverfahrensgesetz (SpruchG) ausgelagert. Um darüber hinaus eine Eintragung vor rechtskräftiger Entscheidung über die Klage gegen den Hauptversammlungsbeschluss über die Umstrukturierungsmaßnahme in der Hauptsache zu ermöglichen, wurden in § 16 Abs. 3 UmwG und § 319 Abs. 6 AktG so genannte Freigabeverfahren eingeführt.

Der 63. Deutsche Juristentag (vgl. Deutscher Juristentag, Verhandlungen des 63. DJT Leipzig 2000, Bd. II/2, Sitzungsberichte, 2001, S. O 220 - O 225) und die Regierungskommission Corporate Governance (vgl. Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, BT-Drs. 014/7515, S. 76 ff) haben sich allerdings für weitere Reformen des Rechts der Beschlussmängelkontrolle und -anfechtung ausgesprochen.

In jüngerer Zeit hat das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) vom 22. September 2005 (BGBl. I S. 2802) mit § 246a AktG in enger Anlehnung an das Freigabeverfahren nach § 16 Abs. 3 UmwG und § 319 Abs. 6 AktG auch außerhalb von Umstrukturierungsmaßnahmen ein Freigabeverfahren für bestimmte Hauptversammlungsbeschlüsse über Kapitalmaßnahmen und Unternehmensverträge eingeführt. Die auf einen Vorschlag der Regierungskommission Corporate Governance zurück gehende Regelung stellt diese Sachverhalte den Umstrukturierungsmaßnahmen gleich und sieht hier wie dort ein besonderes Interesse an einer schnellen rechtskräftigen Klärung. Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes vom 19. April 2007 (BGBl. I S. 542) wurde die im UMAG eingeführte Dreimonatsfrist für die gerichtliche Entscheidung im Freigabeverfahren zur Durchsetzung der Eintragung einer gesellschaftsrechtlichen Maßnahme trotz erhobener Anfechtungsklage auf Umstrukturierungsfälle ausgedehnt. Die bisherigen gesetzgeberischen Maßnahmen vermochten das Klagegewerbe allerdings nicht einzudämmen. Die jüngste Studie von Baums/Keinath/Gajek (vgl. ZIP 2007, 1629 ff.) belegt, dass die Zahl der Beschlussmängelklagen von 1980 bis 2006 um das 60fache gestiegen ist; selbst relativ, bezogen auf die gleichfalls gestiegene Zahl der Gesellschaften, ergibt sich immer noch ein Anstieg um das Achtfache. Eine dämpfende Wirkung durch das UMAG ist danach nicht zu erkennen (vgl. Baums/Keinath/Gajek, ZIP 2007, 1629, 1634; ebenso Noack, BB 2007, 1). Der durchschnittliche Anteilsbesitz der Anfechtungskläger lag in den untersuchten Fällen bei 0,01 Prozent; in über 70 Prozent der untersuchten Verfahren entstammten die Kläger einer Gruppe von acht Berufsklägern (vgl. Baums/Keinath/Gajek, ZIP 2007, 1629, 1649). Dies bestätigt, dass Berufskläger die Zwangslage der Unternehmen bewusst ausnutzen, um sich ungerechtfertigte Vorteile zu verschaffen (vgl. z.B. FAZ vom 18. Juni 2007, S. 18: "Anfechtungsklagen bleiben ein lukratives Geschäft", vom 10. Juli 2007, S. 21: "Es klagen immer dieselben", vom 30. Juli 2007, S. 9: "Zahl der Anfechtungsklagen auf neuem Höchststand" und vom 17. Oktober 2007, S. 28: "Schluss mit der Erpressung!").

Auch die zum Schutz gegen den Missbrauch des Aktionärsklagerechts in jüngster Zeit ergangene Rechtsprechung vermag das Drohpotenzial der Berufskläger nicht umfassend zu beseitigen. So ist der Bundesgerichtshof am 18. Juni 2007 (II ZB 23/06 -, BB 2007, 1524) der Praxis der Berufskläger entgegen getreten, sich im Wege der Nebenintervention fremden Beschlussmängelklagen anzuschließen. Er entschied dass der in § 101 Abs. 1 ZPO geregelte Grundsatz, Kosten des Nebenintervenienten wie solche der Hauptpartei zu behandeln, nur in Fällen einfacher Nebenintervention und damit gerade nicht für die wegen der Rechtskrafterstreckung nach den §§ 248, 249 AktG bei Beschlussmängelklagen vorliegende streitgenössische Nebenintervention gilt. Die Anwaltskosten des Nebenintervenienten sind danach vom beklagten Unternehmen nicht automatisch mit zu tragen, wenn es sich zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten der Hauptpartei verpflichtet. Dies dürfte zwar den Anreiz für Berufskläger senken, als Trittbrettfahrer aufzutreten. Die Entscheidung bietet aber keinen Schutz vor eigenständigen Klagen der Berufskläger.

Insoweit ist zwar das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 2. Oktober 2007 (3-5 O 177/07 -, BB 2007, 2362) beachtlich, das einen aus der Studie von Baums/Keinath/Gajek bekannten Berufskläger dem Grunde nach zu Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung durch Missbrauch seines Aktionärsklagerechts verurteilt hat. Die Entscheidung beruht aber auf den besonderen Umständen des Einzelfalls, die durch einen besonders offensichtlichen Versuch gekennzeichnet waren sich das Klagerecht durch die Gewährung von Bezugsrechten für neue Aktien abkaufen zu lassen, auf die kein Anspruch bestand. Da Berufskläger in der Regel den Eindruck vermeiden, sie wollten Sondervorteile für sich selbst erlangen und statt dessen vorgeben, Vorteile für alle außenstehenden Aktionäre zu erstreiten (vgl. Falkenhausen/Baus, ZIP 2007, 2037, 2038) wird die Entscheidung das Klagegewerbe nicht wirkungsvoll eindämmen können.

Als problematisch erweist sich indessen nicht nur der Missbrauch des Aktionärsklagerechts gegen Hauptversammlungsbeschlüsse, sondern auch die Möglichkeit der Geltendmachung der Unangemessenheit einer Ausgleichsleistung im Spruchverfahren.

Die große Komplexität der den Spruchverfahren regelmäßig zu Grunde liegenden Fragen der Unternehmensbewertung hat dazu geführt, dass der Abschluss eines Spruchverfahrens häufig lange Zeit auf sich warten lässt. Praktiker haben darauf hingewiesen dass acht bis zehn Jahre bis zu endgültigen Entscheidung keine Seltenheit sind (vgl. Fritzsche/Freier, BB 2002, 737, 739). Zwar hat der Gesetzgeber auch hier bereits reagiert (vgl. das Gesetz zur Neuordnung des gesellschaftsrechtlichen Spruchverfahrens vom 12. Juni 2003, BGBl. I S. 838). Die Verfahrensdauer bei Spruchverfahren konnte bislang aber nicht grundlegend verringert werden.

Dies dürfte neben der besonderen Komplexität der oft mit Hilfe umfangreicher Sachverständigengutachten aufzuarbeitenden Materie dem Umstand geschuldet sein dass Spruchverfahren in besonderem Maß rechtsmittelträchtig sind. In Verbindung mit den umfangreichen Gutachten zur Unternehmensbewertung führt die Rechtsmittelhäufigkeit bei Spruchverfahren zu erheblichen Verfahrenverzögerungen.

Kommen Eingangs- und Rechtsmittelgericht etwa zu unterschiedlichen rechtlichen Auffassungen bezüglich der Vorgaben für das Gutachten, muss in der Rechtsmittelinstanz ein ergänzendes Gutachten eingeholt werden, wodurch das Verfahren um weitere Jahre verlängert wird.

Sowohl der Missbrauch des Aktionärsklagerechts gegen Beschlussmängel als auch die lange Dauer von Spruchverfahren können erhebliche betriebswirtschaftliche und gesamtwirtschaftliche Schäden verursachen. Schadensträchtig ist sowohl die Verzögerung existenziell bedeutsamer Umstrukturierungsmaßnahmen als auch die Blockade unternehmerischer Entscheidungen angesichts jahrelanger Ungewissheit über das Erfordernis zusätzlicher Abfindungszahlungen in mehrstelliger Millionenhöhe.

Dies beeinträchtigt wegen der besonderen Bedeutung aktienrechtlicher Streitigkeiten für die Gesellschaft und den Börsenkurs nicht nur die Aktionäre, sondern auch Arbeitnehmer und Kreditgeber.

b) Lösungsvorschlag

Zur Beendigung des Missbrauchs des Aktionärsklagerechts bei Beschlussmängeln wurde in jüngerer Zeit die Einführung eines Mindestquorums vorgeschlagen, das die Klageerhebung durch Kleinstaktionäre völlig ausschließt (vgl. Noack, BB 2007, 1; Pressemitteilung des bayerischen Staatsministeriums der Justiz Nr. 126/2007).

Ob ein solches Mindestquorum das Klagegewerbe wirkungsvoll eindämmen könnte, kann bezweifelt werden. Zum einen könnten sich bislang getrennt agierende Berufskläger zu Klagepools zusammenfinden, um das erforderliche Quorum zu erreichen.

Zum anderen könnten die Berufskläger ihre Tätigkeit auf die Geltendmachung von Abfindungs- oder Schadenersatzansprüchen verlagern, die an die Stelle des Primärrechtsschutzes über eine Beschlussmängelklage treten müssten. Da diese Abfindungs- oder Schadenersatzansprüche im Zweifel allen Aktionären zukommen müssten wären die Unternehmen wiederum gezwungen, über Jahre hinweg vorsorglich Rückstellungen zu bilden. Trotz seines zweifelhaften Ertrags würde ein Mindestquorum den Wert des Aktienbesitzes redlicher Kleinaktionäre und deren Rechtsschutzmöglichkeiten erheblich beeinträchtigen. Dies erscheint auch rechtspolitisch bedenklich da das deutsche Aktienrecht der Klagebefugnis des einzelnen Aktionärs eine wichtige Kontroll- und Überwachungsfunktion zumisst, die eine gewisse Zurückhaltung des Staates bei der Aufsicht über Aktiengesellschaften ermöglicht.

Der Missstand der langjährigen Unsicherheit über mögliche Erhöhungen der Abfindungsbeträge im Spruchverfahren könnte mit einem Mindestquorum nicht beseitigt werden.

Anstelle eines Mindestquorums erscheint deshalb eine verfahrensrechtliche Lösung geboten die zwar das Aktionärsklagerecht in seinem Bestand unberührt lässt, aber das Drohpotenzial der Beschlussmängelklagen von Berufsklägern wirkungsvoll reduziert, indem sie den rechtskräftigen Abschluss der Verfahren beschleunigt.

Dazu ist die Eingangszuständigkeit bei Klagen gegen die Wirksamkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen und bei Spruchverfahren unter Beteiligung einer Aktiengesellschaft vom Landgericht auf das Oberlandesgericht zu verlagern. Angesichts der großen Verbreitung der Rechtsform der Aktiengesellschaft vor allem bei großen und mittleren Unternehmen würde die damit einhergehende Beschleunigung der Klärung aktienrechtlicher Streitigkeiten einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland leisten.

Für Spruchverfahren wird die Verlagerung der Eingangszuständigkeit zum Oberlandesgericht bereits seit langem gefordert (vgl. die Stellungnahmen des Handelsrechtsausschusses des DAV Nr. 3/02 vom Januar 2002 und Nr. 9/03 vom Februar 2003 zu Artikel 1 § 2 Spruchverfahrensneuordnungsgesetz). In jüngerer Zeit haben Verzögerungen bei der Umstrukturierung großer Konzerne zu einer Ausweitung dieser Forderung auf aktien- und umwandlungsrechtliche Freigabeverfahren sowie die zugehörigen Hauptsacheverfahren geführt (vgl. Waclawik, ZIP 2006, 1428, 1432). Der Handelsrechtsausschuss des Deutschen Anwaltsvereins hat in seinem Gesetzgebungsvorschlag zum Spruchverfahren bei Umwandlung und Sachkapitalerhöhung und zur Erfüllung des Ausgleichsanspruchs durch Aktien vom Juni 2007 (Nr. 27/ 07, S. 7) eine Beschleunigung der Rechtsschutzverfahren, insbesondere durch die Beschränkung sowohl des Freigabeverfahrens als auch des Spruchverfahrens auf jeweils eine Instanz gefordert. Die Herbstkonferenz der Justizministerinnen und Justizminister hatte sich bereits 2005 für eine allgemeine erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts in aktienrechtlichen Streitigkeiten ausgesprochen.

Die erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts hat zur Folge, dass sich bereits in erster Instanz ein mit mehreren Berufsrichtern besetztes Kollegialorgan mit der Angelegenheit befasst. Zwar entscheiden auch die Landgerichte in aktienrechtlichen Streitigkeiten regelmäßig durch die Kammer. Dabei handelt es sich aber in der Regel um eine Kammer für Handelssachen, die nur mit einem Berufsrichter besetzt ist. Im Gegensatz zu einem Senat des Oberlandesgerichts ist bei der Kammer für Handelssachen weder ein spruchkörperinterner Belastungsausgleich noch ein regelmäßiger Erfahrungs- und Meinungsaustausch möglich, da die Handelsrichter nur in der mündlichen Verhandlung mitwirken. Bei Urlaub, Erkrankung oder beruflichem Wechsel des Vorsitzenden muss die Kammer für Handelssachen das Verfahren regelmäßig neu beginnen; bisher erworbene Fallkenntnisse gehen verloren.

Die Zuweisung an einem mit mehrerern Berufsrichtern besetzten Spruchkörper kann daher Verzögerungen beim Abschluss einer Instanz vermeiden.

In erster Linie führt die Verlagerung der Eingangszuständigkeit zum Oberlandesgericht aber zu einer Verkürzung des Instanzenzugs. Ist das Oberlandesgericht bereits als Eingangsinstanz zuständig, entfällt eine Überprüfungsinstanz. Das Verfahren kann damit schneller rechtskräftig abgeschlossen werden. Dieser Umstand wiegt bei aktienrechtlichen Streitigkeiten besonders schwer, da die Rechtsmittelquoten hier deutlich über der Rechtsmittelquote in anderen Zivil- und Handelssachen liegen.

Für Spruchverfahren unter Beteiligung von Aktiengesellschaften und Klagen gegen die Wirksamkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen einschließlich der zugehörigen Freigabeverfahren ergab eine Stichprobe im Bezirk des Oberlandesgerichts Stuttgart, dass die Zahl der beim Oberlandesgericht verzeichneten Rechtsmitteleingänge im Jahr 2006 der Zahl der streitigen Entscheidungen der Landgerichte im selben Zeitraum entsprach; im Bereich der Spruchverfahren kam noch ein Rechtsmittel gegen ein Ende des Vorjahres in erster Instanz abgeschlossenes Verfahren hinzu. Dies entspricht einer Rechtsmittelquote von 100 Prozent. Das Ergebnis der Stichprobe wurde durch eine parallele Erhebung beim Oberlandesgericht Dresden bestätigt. Der Anzahl der streitigen Entscheidungen über Klagen gegen die Wirksamkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen einschließlich der zugehörigen Freigabeverfahren stand dort im Jahr 2006 eine ebenso große Anzahl von Eingängen bei der Rechtsmittelinstanz gegenüber. Die Stichproben zeigen, dass die Entscheidung in aktienrechtlichen Streitigkeiten im Ergebnis ohnehin regelmäßig dem Oberlandesgericht obliegt. Wird dieses bereits als Eingangsinstanz tätig, kann das Verfahren schneller abgeschlossen werden.

Eine solche Verkürzung des Instanzenzugs durch die Verlagerung der Eingangszuständigkeit auf das Oberlandesgericht muss neben Spruchverfahren auch alle Beschlussmängelklagen umfassen. Die Studie von Baums/Keinath/Gadjek zeigt, dass sich die Angriffe der Berufskläger nicht nur gegen Umstrukturierungsmaßnahmen richten sondern auch Entlastungsbeschlüsse, Aufsichtsratswahlen, Satzungsänderungen oder Kapitalmaßnahmen zum Gegenstand haben (vgl. ZIP 2007, 1629, 1639). Die Berechtigung des Beschleunigungsinteresses außerhalb von Umstrukturierungsmaßnahmen hat das UMAG bestätigt, indem es mit § 246a AktG in enger Anlehnung an das Freigabeverfahren nach § 16 Abs. 3 UmwG und § 319 Abs. 6

AktG ein Freigabeverfahren für Beschlüsse über Kapitalmaßnahmen und Unternehmensverträge eingeführt hat. Besteht eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts bei Klagen gegen die Wirksamkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen über Umstrukturierungsmaßnahmen, Kapitaländerungen und Unternehmensverträge, erschiene es wenig stimmig, Klagen gegen die Wirksamkeit sonstiger Hauptversammlungsbeschlüsse beim Landgericht anzusiedeln. Ansonsten müssten Anfechtungsklagen gegen Beschlüsse derselben Hauptversammlung unter Umständen in verschiedenen Rechtszügen anhängig gemacht werden, obwohl sich der betroffene Lebenssachverhalt, etwa hinsichtlich der Einberufung und Bekanntmachung oder der Wirksamkeit der Stimmabgabe, überschneiden kann.

Die Verkürzung des Instanzenzuges in der Hauptsache muss sich auch in den zugehörigen Freigabeverfahren nach den §§ 246a, 319 Abs. 6 AktG, § 16 Abs. 3 UmwG wiederspiegeln die hinsichtlich der Zuständigkeit an den Hauptsacherechtszug anknüpfen.

Eine darüber hinausgehende Verlagerung der Eingangszuständigkeit für sämtliche aktienrechtlichen Streitigkeiten erscheint dagegen derzeit nicht geboten. Zwar ist auch bei Streitigkeiten über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats, über das Auskunftsrecht von Aktionären oder über Schadenersatzansprüche der Gesellschaft gegen herrschende Unternehmen oder Organe regelmäßig ein schneller Verfahrensabschluss wünschenswert. Ein Missbrauch des Klagerechts oder überlange Verfahrensdauern sind hier allerdings gegenwärtig noch nicht in vergleichbarem Umfang festzustellen.

Ebensowenig ist die Verlagerung der Eingangszuständigkeit zum Oberlandesgericht bei anderen Gesellschaftsformen als der Aktiengesellschaft und den sich daran anlehnenden Sonderformen geboten. Zwar können rechtlich und tatsächlich komplexe Streitigkeiten im Einzelfall auch bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) oder bei großen Personengesellschaften auftreten. Ein dem Befund beim Aktionärsklagerecht vergleichbares Klagegewerbe ist derzeit aber weder bei der GmbH noch bei den Personengesellschaften zu erkennen. Diese Gesellschaftsformen sind zumindest nach ihrer gesetzlichen Typik nicht als Publikumsgesellschaften ausgelegt bei denen Auseinandersetzungen eine Vielzahl von Beteiligten betreffen, sondern auf einen überschaubaren Gesellschafterkreis. Sonderformen sind nach den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften zwar möglich, sollten aber schon wegen der Schwierigkeiten ihrer Abgrenzung nicht zum Gegenstand besonderer Zuständigkeitsregelungen gemacht werden.

Anders als viele Aktiengesellschaften sind GmbH und Personengesellschaften zudem nicht börsennotiert. Bei einer Börsennotierung sind die Zahl der betroffenen Anteilseigner und die Bedeutung des Unternehmens für die Gesamtwirtschaft angesichts der Einflüsse und Empfindlichkeiten des Kapitalmarkts besonders groß. Zu erwägen wäre vor diesem Hintergrund, die erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts auf börsennotierte Aktiengesellschaften zu beschränken. Zur Anknüpfung der Eingangszuständigkeit im gerichtlichen Verfahren erscheint die Börsennotierung aber wenig geeignet. Zum einen kann ein Delisting nicht nur durch einen nach außen erkennbaren Verwaltungsakt der Zulassungsstelle, sondern auch durch rein tatsächliche Umstände erfolgen, wie etwa den Wegfall der Börsennotiz oder den Verlust der Börsenfähigkeit. Zum anderen kann das Delisting selbst Gegenstand gesellschaftsrechtlicher Streitigkeiten sein.

c) Keine Beeinträchtigung der Rechte der Verfahrensbeteiligten

Die Rechte der Verfahrensbeteiligten werden durch die Verkürzung des Instanzenzugs im Zuge der Verlagerung der Eingangszuständigkeit zum Oberlandesgericht nicht beeinträchtigt. Das Grundgesetz gebietet keinen mehrstufigen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 107, 395, 408). Hinzu kommt, dass die erste Rechtsmittelebene mit der Neugestaltung des Rechtsmittelsrechts der ZPO zum 1. Januar 2002 ohnehin von einer zweiten Tatsacheninstanz in eine Fehlerkontrollinstanz umgestaltet wurde.

Im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit findet sich bereits seit Mitte der 1980er Jahre eine erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte in § 48 VwGO, die durch eine Verkürzung des Instanzenzugs bei wirtschaftlich bedeutsamen

Großvorhaben (z.B. Anlagen nach dem AtomG, Planfeststellungsverfahren nach dem BundesfernstraßenG) die Verfahrensdauer merklich verkürzt. Für eine solche Verkürzung des Instanzenzugs hat sich der Gesetzgeber jüngst auch bei bedeutsamen Verfahren im Bereich des Kapitalanlagerechts entschieden. Nach dem am 1. November 2005 in Kraft getretenen Gesetz zur Einführung von Kapitalanleger-Musterverfahren (KapMuG, BGBl. I S. 2437, 3095) werden Musterverfahren vor dem Oberlandesgericht geführt, wobei die daraus resultierende Verkürzung des Rechtsschutzes mit der Entlastung der Justiz und der höheren Richtigkeitsgewähr der Entscheidung des Oberlandesgerichts gerechtfertigt wurde (vgl. BT-Drs. 015/5091, S. 38 und 43).

2. Änderungen des Instanzenzugs im Einzelnen

a) Betroffene Verfahren

Die vorgeschlagene Verlagerung der Eingangszuständigkeit zum Oberlandesgericht erstreckt sich auf

Nicht erfasst ist dagegen die allgemeine Feststellungsklage nach § 256 ZPO. Dieser kommt neben Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage allerdings nur ein geringer Anwendungsbereich zu (vgl. Hüffer, AktG, 7. Aufl., § 246 Rnr. 41). Auf sie sind § 246 Abs. 3 Satz 1 und 2 und § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG schon jetzt nicht anzuwenden (vgl. Hüffer, AktG, 7. Aufl., § 249 Rn. 12, Hüffer, in: Münchner Kommentar zum Aktiengesetz 2. Aufl., § 241 Rn. 16); eine Verlagerung der Eingangszuständigkeit erscheint deshalb nicht erforderlich. Die Feststellung der Unwirksamkeit betrifft hier nicht die Geltendmachung von Gesetzesverstößen, sondern ist Folge eines unvollständigen rechtsgeschäftlichen Tatbestandes, zum Beispiel der fehlenden Eintragung eines Hauptversammlungsbeschlusses. Dieser Mangel kann von der Gesellschaft durch Eintragung in das Handelsregister analog § 242 AktG geheilt werden (vgl. Hüffer, in: Münchner Kommentar zum Aktiengesetz, 2. Aufl., § 241 Rnr. 20).

Ein den Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen entsprechendes Drohpotenzial besteht daher nicht. Gleiches gilt bei Nichtigkeitsklagen Dritter, die nicht unter den Personenkreis des § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG fallen, aber trotzdem ausnahmsweise ein Festsstellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO haben können.

Nicht von der Verlagerung der Eingangszuständigkeit betroffen sind auch sonstige zivilprozessuale Streitigkeiten, die entweder spezifisch aktienrechtliche Grundlagen haben (z.B. die Schadenersatzklage gegen ein herrschendes Unternehmen oder ein Organ) oder solche, an denen eine Aktiengesellschaft wie jede andere Partei beteiligt ist beispielsweise als Mieter oder Verkäufer einer Sache. Ebenfalls nicht betroffen sind die der streitigen freiwilligen Gerichtsbarkeit angehörenden aktienrechtlichen Verfahren (z.B. über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats oder das Auskunftsrecht des Aktionärs) sowie Verfahren, die der Tätigkeit des Registergerichts zuzuordnen sind.

Neben der Aktiengesellschaft soll die Zuständigkeitsverlagerung allerdings auch die Gesellschaftsformen erfassen, deren Ausgestaltung sich in weiten Teilen an die Aktiengesellschaft anlehnt. Dies betrifft zum einen die Kommanditgesellschaft auf Aktien, auf die nach § 278 Abs. 3 AktG die für die Aktiengesellschaft geltenden Bestimmungen des 1. Buches des Aktiengesetzes anzuwenden sind, sofern sich aus ihrer Eigenschaft als Personengesellschaft nichts anderes ergibt. Zum anderen betrifft dies den Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit und die Europäische Gesellschaft (SE), auf die nach den §§ 34 bis 36 VAG bzw. nach dem SEAG und der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE-VO) in weitem Umfang aktienrechtliche Regelungen anwendbar sind.

b) Weiterer Instanzenzug

Zu beachten ist, dass sich die Verlagerung der Eingangszuständigkeit notwendig auch auf die Rechtsmittel gegen die Entscheidung in erster Instanz auswirkt.

Klagen gegen die Wirksamkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen richten sich nach der ZPO. Diese eröffnet gegen die Berufungsentscheidungen des Oberlandesgerichts nach allgemeinen Regeln die Revision zum Bundesgerichtshof. Folgerichtig ist durch Anpassung der Rechtsmittelvorschriften der ZPO künftig die Revision gegen erstinstanzliche Entscheidungen des Oberlandesgerichts zu eröffnen.

In den als Eilverfahren einzuordnenden Freigabeverfahren nach den §§ 246a, 319 Abs. 6 AktG und § 16 Abs. 3 UmwG kann der Bundesgerichtshof dagegen schon jetzt nicht angerufen werden (vgl. BGH ZIP 2006, 1151 zu § 16 Abs. 3 UmwG). Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung ist hier auch in Zukunft kein Rechtsmittel zu eröffnen, so dass die Entscheidung des Oberlandesgerichts wie bisher den Rechtszug abschließt.

In Spruchverfahren kommt eine Befassung des Bundesgerichtshofs derzeit nur im Wege der Divergenzvorlage nach § 28 Abs. 2 und 3 FGG in Betracht, die auf Grund der Verweisung des § 12 Abs. 2 Satz 2 SpruchG derzeit im Rahmen der Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts anwendbar ist. Danach hat das Oberlandesgericht die Beschwerde unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen wenn es bei der Auslegung einer bundesgesetzlichen Vorschrift, die eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit betrifft, von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts bzw. des Bundesgerichtshofs abweichen will.

Nach dem Entwurf der Bundesregierung eines FGG-Reformgesetzes (vgl. BR-Drs. 309/07 (PDF) ) soll künftig allerdings die Divergenzvorlage nach § 28 Abs. 2 und 3 FGG im Zuge der Verlagerung der Beschwerdezuständigkeit vom Landgericht auf das Oberlandesgericht als allgemeine Regelung für die freiwillige Gerichtsbarkeit entfallen und durch eine Rechtsbeschwerde ersetzt werden. Da in Spruchverfahren die Möglichkeit der Befassung des Bundesgerichtshofs zur Rechtsvereinheitlichung und Rechtsfortbildung schon im Hinblick auf die besondere Bedeutung aktienrechtlicher Streitigkeiten auch künftig unverzichtbar erscheint, ist nach dem Vorbild des Entwurfs der Bundesregierung des FGG-Reformgesetzes gegen die erstinstanzliche Entscheidung des Oberlandesgerichts im Spruchverfahren die Rechtsbeschwerde zu eröffnen. Dies entspricht der vergleichbaren Situation bei Musterverfahren nach dem KapMuG, in denen das Oberlandesgericht schon jetzt in erster Instanz tätig wird. Da die Rechtsbeschwerde eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erst im Fall der Divergenz zweier Oberlandesgerichte, sondern bereits beim ersten Auftreten eines Falles mit Grundsatzbedeutung ermöglicht, ist sie auch unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensbeschleunigung der Divergenzvorlage vorzuziehen.

Dem kann nicht entgegen gehalten werden, die Eröffnung der derzeit nicht vorgesehenen Rechtsbeschwerde führe anstelle einer Instanzenzugverkürzung lediglich zu einer Instanzenzugverlagerung. Entsprechend dem Entwurf des FGG-Reformgesetzes wird die Rechtsbeschwerde als reines Zulassungsrechtsmittel ausgestaltet.

Der Zugang zum Bundesgerichtshof wird daher nur eröffnet, wenn dessen Entscheidung wegen grundsätzlicher Bedeutung oder zur Sicherung der Rechtseinheit oder zur Rechtsfortbildung erforderlich ist. Zur Vermeidung der Inanspruchnahme eines "Justizkredits" durch die unterlegene Partei wird dabei von der Eröffnung einer Nichtzulassungsbeschwerde abgesehen. Die Beurteilung der Zulassungsvoraussetzungen obliegt deshalb nicht den Parteien, sondern dem Oberlandesgericht.

Dieses kann in den Fällen, in denen es bislang eine Divergenzvorlage gefertigt hätte künftig die Rechtsbeschwerde zulassen. Entgegen der Regelung des § 15 Abs. 1 KapMuG für Musterverfahren ist bei Spruchverfahren nicht stets die Eröffnung der Rechtsbeschwerdeinstanz geboten. Während bei Verfahren nach dem KapMuG die Grundsatzbedeutung in jedem Fall aus dem Umstand zu folgern ist, dass mehrere Verfahren zu einem Musterverfahren zusammengeführt werden, kann einem Spruchverfahren unter Umständen eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung fehlen.

c) Systematische und kostenrechtliche Überlegungen

Die Verlagerung der Eingangszuständigkeit folgt der bisherigen Gesetzessystematik.

Anstelle einer Generalnorm im Prozessrecht werden die einzelnen verfahrensbezogenen Zuständigkeitsbestimmungen im materiellen Recht beibehalten.

Die Gerichtsgebühren für die streitigen Verfahren, für die künftig in erster Instanz das Oberlandesgericht zuständig ist, werden maßvoll angepasst. Der Ansatz höherer Gebühren gegenüber dem erstinstanzlichen Verfahren vor dem Amts- oder Landgericht im Rahmen des Gerichtskostengesetzes entspricht der Regelung für erstinstanzliche Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht. Dabei ist auf der einen Seite berücksichtigt dass die Gebühreneinnahmen der Länder für eine Instanz wegfallen.

Auf der anderen Seite wird der besonderen Bedeutung der Verfahren für die Parteien durch schnelle obergerichtliche Entscheidungen Rechnung getragen. Entsprechendes gilt für das der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuzurechnende Spruchverfahren (vgl. § 15 SpruchG).

3. Auswirkungen der Verlagerung der Eingangsinstanz

Da beim Oberlandesgericht ein mit drei Berufsrichtern besetzter Senat zur Entscheidung berufen ist, während die in Beschlussmängelklagen und Spruchverfahren beim Landgericht derzeit regelmäßig tätige Kammer für Handelssachen nur mit einem Berufsrichter besetzt ist, ist der Personalbedarf für die erstinstanzliche Tätigkeit des Oberlandesgerichts tendenziell größer als der Personalbedarf für eine erstinstanzliche Tätigkeit des Landgerichts. Allerdings muss dem daraus resultierenden Personalmehrbedarf die Entlastung gegen gerechnet werden, die durch den Wegfall der Rechtsmittelentscheidung des Oberlandesgerichts entsteht. Im Einzelnen ist die Ermittlung des Personalmehrbedarfs im Fall einer erstinstanzlichen Zuständigkeit des Oberlandesgerichts naturgemäß mit vielen Unwägbarkeiten verbunden. Zur Annährung an den realistischerweise zu erwartenden Personalmehrbedarf bietet sich ein Betrachtung der beiden theoretischen Extremwerte an.

Im denkbar günstigsten Fall können die Oberlandesgerichte die Verfahren in erster Instanz mit demselben Personalaufwand erledigen, den sie derzeit als Rechtsmittelinstanz benötigen. Dazu ist der gegenwärtige Personaleinsatz der Oberlandesgerichte je Verfahren mit den Eingangszahlen der Landgerichte zu multiplizieren.

Nach einer auf das Jahr 2006 bezogenen Stichprobe im Bezirk des Oberlandesgerichts Stuttgart konnten acht Rechtsmittel gegen Spruchverfahren mit 0,8 AKA und ein Rechtsmittel gegen eine Beschlussmängelklage mit 0,2 AKA bewältigt werden.

Da im Erhebungszeitraum (nach Verbindung gemessen) zwölf Spruchverfahren und vier Beschlussmängelklagen in erster Instanz eingingen, hätte das Oberlandesgericht in erster Instanz im günstigsten Fall 1,2 bzw. 0,8 AKA, insgesamt also 2,0 AKA benötigt.

Nähme man dagegen an, beim Oberlandesgericht entstünde wegen der Besetzung eines Senats mit drei Berufsrichtern der dreifache Aufwand, müsste man den gegenwärtigen Personaleinsatz der Landgerichte verdreifachen. Dieser betrug im Bezirk des Oberlandesgerichts Stuttgart im Jahr 2006 für Spruchverfahren 1,2 AKA und für Beschlussmängelklagen 0,2 AKA. Mal drei genommen ergäbe sich für das Oberlandesgericht danach ein Personalbedarf von 3,6 bzw. 0,6 AKA, insgesamt also 4,2 AKA.

Der durch die vorgeschlagene Änderung ausgelöste Personalmehrbedarf ergibt sich, wenn man hiervon den gegenwärtigen Personaleinsatz abzieht. Dieser betrug im Zeitraum der Stichprobe beim Oberlandesgericht Stuttgart insgesamt 1,0 AKA und bei den zugehörigen Landgerichten insgesamt 1,4 AKA. Im denkbar günstigsten Fall könnte der Personalbedarf im Bezirk des Oberlandesgerichts Stuttgart damit von 2,4 AKA auf 2,0 AKA reduziert oder ein Personalmehrbedarf zumindest ausgeschlossen werden. Selbst bei einer Unterstellung des dreifachen Personaleinsatzes der Landgerichte betrüge der Personalmehrbedarf höchstens 4,2 abzüglich 2,4, also 1,8 AKA.

Da angesichts der Arbeitsteilung innerhalb eines Senats des Oberlandesgerichts zwischen Vorsitzendem, Berichterstatter und Beisitzer nicht jedes einzelne Senatsmitglied den Aufwand betreibt, der derzeit beim Berufsrichter in der Kammer für Handelssachen anfällt, spricht vieles dafür, das der Personalmehrbedarf eher am unteren als am oberen Ende anzusiedeln ist. Zu bedenken ist allerdings die zusätzliche Mehrbelastung durch den Umstand, dass im Senat beim Oberlandesgericht neben den nach R2 besoldeten einfachen Mitgliedern auch ein höher besoldeter Vorsitzender tätig ist, wohingegen der Berufsrichter in der Kammer für Handelssachen nur nach R2 besoldet wird.

In Oberlandesgerichtsbezirken, die geringere Eingangszahlen bei Spruchverfahren und Beschlussmängelklagen aufweisen als das Oberlandesgericht Stuttgart, wird die Gesamtbelastung durch die Verlagerung der Eingangszuständigkeit zum Oberlandesgericht entsprechend geringer sein. In Oberlandesgerichtsbezirken mit größeren Eingangszahlen im fraglichen Bereich, wie etwa Frankfurt am Main, könnte sie etwas größer sein. In jedem Fall ergäbe sich durch die Verlagerung der Eingangszuständigkeit für die Länder insgesamt nur ein überschaubarer Personalmehrbedarf.

Für den Bund kann eine geringfügige Mehrbelastung des Bundesgerichtshofs nur entstehen wenn die Oberlandesgerichte häufiger die Rechtsbeschwerde zulassen als in der Vergangenheit von dem Vorlageverfahren nach § 28 Abs. 2 und 3 FGG Gebrauch gemacht worden ist.

4. Gesetzgebungskompetenz, Zustimmungsbedürftigkeit

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 GG.

Das Gesetz ist nicht zustimmungsbedürftig.

5. Kosten und Preise, geschlechtsspezifische Auswirkungen

Für die Länder ergeben sich durch die Verlagerung der Eingangszuständigkeit für aktienrechtliche Streitigkeiten vom Landgericht zum Oberlandesgericht geringe Mehrbelastungen durch den zusätzlichen Bedarf von einigen wenigen Richterstellen bundesweit und durch die höhere Besoldung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht im Verhältnis zum Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen.

Daneben ist zu bedenken, dass durch den Wegfall einer Instanz in den Ländern auch die dort derzeit erhobenen Gerichtsgebühren entfallen. Diese Einnahmeausfälle spielen für die Haushalte der Länder allerdings kaum eine Rolle. Die bereits er- wähnte stichprobenartige Untersuchung der Spruchverfahren und Beschlussmängelklagen im Bereich des Oberlandesgerichtsbezirks Stuttgart im Jahr 2006 hat ergeben, dass die Gebühreneinnahmen der Spruchverfahren und Beschlussmängelklagen in beiden Instanzen nur knapp über 30 000 Euro betrugen. Dies beruht unter anderem auf der Begrenzung der Streitwerte der einschlägigen Verfahren durch § 247 Abs. 1 AktG bzw. § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG. Ein Teil der Gebührenausfälle wird zudem durch maßvolle Anpassung der Gebühren ausgeglichen, die mit der Orientierung an der Gebührenstruktur des Verwaltungsprozesses für erstinstanzliche Verfahren vor Obergerichten einhergeht.

Der geringfügigen Mehrbelastung des Bundesgerichtshofs sind die Gebühreneinnahmen gegenüberzustellen die der Gesetzentwurf künftig dem Bund zuweist, während das bisherige Vorlageverfahren gebührenfrei war.

Den danach zu erwartenden geringfügigen Mehrkosten für Bund und Länder stehen erhebliche Vorteile für die als Aktiengesellschaften ausgestalteten Wirtschaftsunternehmen sowie deren Aktionäre, Kreditgeber und Arbeitnehmer durch die schnellere Entscheidung über aktienrechtliche Streitigkeiten gegenüber. Diese können zwar im Einzelnen nicht beziffert werden. Ein Blick auf die Auswirkungen der Verzögerung der Entscheidung über die Wirksamkeit einer Umstrukturierung auf die strategische Planung des Unternehmens und auf seinen Börsenkurs zeigt aber, dass die Verfahrensbeschleunigung im Einzelfall unter Umständen mehrere Millionen Euro einsparen kann. Der Gesetzentwurf trägt damit wesentlich zur Verbesserung des Wirtschaftsstandorts Deutschland bei.

Spezifische Auswirkungen auf Männer und Frauen sind von den vorgeschlagenen Regelungen nicht zu erwarten.

B. Einzelbegründung

Zu Artikel 1 (Änderung der Zivilprozessordnung)

Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)

Die Inhaltsübersicht wird um die neu einzufügenden §§ 510c bis 510e ergänzt.

Zu Nummer 2 (§ 36 Abs. 2 Satz 2 - neu - )

Nach § 36 Abs. 2 ZPO bestimmt das Oberlandesgericht, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört, in den Fällen, in denen das nächsthöhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof ist, die gerichtliche Zuständigkeit.

Hinsichtlich der künftigen Zuständigkeit der Oberlandesgerichte in erstinstanzlichen Verfahren ist dies nicht sachgerecht. Die Regelung wird daher für die erstinstanzlichen Verfahren der Oberlandesgerichte mit dem neu anzufügenden Satz 2 ausgeschlossen.

Dies führt dazu, dass in diesen Verfahren die allgemeine Regelung des § 36 Abs. 1 ZPO und damit die Zuständigkeit des Bundesgerichtshofs zum Tragen kommt. Im Ergebnis entspricht dies den Regelungen der VwGO, die ebenfalls eine erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte und in diesem Fall die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Zuständigkeitsbestimmung kennt.

Zu Nummer 3 (§§ 510c bis 510e)

Das zweite Buch der ZPO (Verfahren im ersten Rechtszug) kennt bislang nur das Verfahren vor den Landgerichten und das Verfahren vor den Amtsgerichten. Anknüpfend an die bisherige Systematik wird es um einen gesonderten Abschnitt über das Verfahren vor den Oberlandesgerichten ergänzt. Inhaltlich nehmen die ergänzten Bestimmungen grundsätzlich auf das Verfahren vor den Landgerichten Bezug.

Da für das erstinstanzliche Verfahren vor dem Oberlandesgericht grundsätzlich das Kollegialprinzip gelten soll, sind allerdings von den §§ 348 ff. ZPO, die den Einzelrichter als Regelfall ansehen, abweichende Bestimmungen zu treffen. An Stelle der §§ 348 ff. ZPO wurden entsprechend den §§ 526, 527 ZPO Regelungen über die ausnahmsweise Übertragung des Rechtsstreits auf den entscheidenden Einzelrichter nach Ermessen des Gerichts sowie über den vorbereitenden Einzelrichter geschaffen.

Zudem sind Klageerweiterungen und Widerklagen auf Streitgegenstände zu beschränken, für die gleichfalls die erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts begründet ist, um zu verhindern, dass die Parteien über diese Rechtsinstitute solche Verfahren erstinstanzlich an das Oberlandesgericht bringen, für die ansonsten das Amts- oder Landgericht zuständig wäre. Einzelnen Klägern - im Fall der Klageänderung - und einzelnen Beklagten - im Fall der Widerklage - wäre sonst die einseitige Gestaltung des Instanzenzuges eröffnet.

Eine Beschränkung von Aufrechnungserklärungen erscheint dagegen nicht geboten.

Da die von der Verlagerung der Eingangszuständigkeit betroffenen Verfahren, die sich nach der ZPO richten, keine Zahlungsansprüche zum Gegenstand haben, wird es meistens bereits an der Gleichartigkeit der Ansprüche fehlen. Liegen die Aufrechnungsvoraussetzungen ausnahmsweise vor, bestehen keine Bedenken, das Oberlandesgericht als Eingangsinstanz auch über Ansprüche entscheiden zu lassen, die in die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts fallen.

Zu Nummer 4 (§ 511 Abs. 1)

Die Anpassung ist erforderlich, um auszuschließen, dass gegen die Urteile des Oberlandesgerichts in erster Instanz die Berufung eröffnet wird.

Zu Nummern 5 bis 15 (§§ 542 bis 563)

Die Anpassung des Revisionsrechts berücksichtigt, dass künftig gegen die Urteile des Oberlandesgerichts in erster Instanz die Revision statthaft ist.

Zu Artikel 2 (Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes)

Zu Nummer 1 (§ 23)

Die Ergänzung ist erforderlich, da abweichende Sonderzuweisungen künftig nicht nur zu Gunsten der Landgerichte, sondern auch der Oberlandesgerichte bestehen können.

Zu Nummer 2 (§ 71 Abs. 1)

Die Ergänzung ist erforderlich, da von § 23 GVG abweichende Sonderzuweisungen künftig auch zu Gunsten der Oberlandesgerichte bestehen können.

Der Entwurf der Bundesregierung eines FGG-Reformgesetzes, der die Regelung der sachlichen Zuständigkeit des Landgerichts für die Verfahren nach dem Spruchverfahrensgesetz in das GVG verlagern will (vgl. Artikel 22 Nr. 11 Buchstabe a § 71 Abs. 2 Nr. 4 Buchstabe e GVG), ist nicht aufzugreifen, da die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 SpruchG künftig gebotene Differenzierung der Eingangszuständigkeit die Übersichtlichkeit der Bestimmung beeinträchtigen könnte. Dementsprechend ist entgegen dem Entwurf des FGG-Reformgesetzes der Bundesregierung auch die Ermächtigung zur örtlichen Zuständigkeitskonzentration für den Fall der Eingangszuständigkeit des Landgerichts bei Spruchverfahren weiterhin im Spruchverfahrensgesetz selbst zu regeln.

Zu Nummer 3 (§ 95 Abs. 2)

Da für Verfahren nach § 246 Abs. 3 Satz 1 AktG künftig in erster Instanz das Oberlandesgericht zuständig ist, bei dem keine Kammer für Handelssachen errichtet wird ist die entsprechende Verweisung zu streichen. Statt dessen ist im Hinblick auf die fortbestehende Zuständigkeit der Landgerichte für GmbH-rechtliche Streitigkeiten die Parallelbestimmung des § 51c GmbHG zu nennen, die künftig eine eigene Zuständigkeitsbestimmung enthält, welche auch im Fall des § 75 Abs. 2 GmbHG anzuwenden ist.

Zu Nummer 4 (§ 96 Abs. 3 - neu - )

Da auf Grund der Neubegründung erstinstanzlicher Zuständigkeiten der Oberlandesgerichte in Zukunft häufiger als nach geltendem Recht Verweisungen vom Oberlandesgericht wegen fehlender sachlicher Zuständigkeit an Landgerichte zu erwarten sind ist zu bestimmen, dass der Kläger den Antrag auf Verhandlung vor der Kammer für Handelssachen bereits vor dem Oberlandesgericht zu stellen hat. Dies entspricht der gleichgelagerten und in § 96 Abs. 2 GVG geregelten Prozesslage im Fall der Verweisung vom Amtsgericht zur Kammer für Handelssachen.

Zu Nummer 5 (§ 118)

§ 118 ist um den neuen Bereich der aktienrechtlichen Streitigkeiten sowie der gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten unter Beteiligung einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, einer Europäischen Gesellschaft oder eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit zu erweitern. Entsprechend der bisherigen Systematik sollen sich die Zuständigkeitszuweisungen aber auch künftig aus den einzelnen Anordnungen in den materiellrechtlichen Gesetzen ergeben; insoweit ist auf die Zuständigkeitsbegründung an anderer Stelle zu verweisen. Damit ist eine genaue Abgrenzung der dem Oberlandesgericht künftig in erster Instanz zugewiesenen Verfahren an dieser Stelle entbehrlich.

Absatz 2 Satz 1 und 2 enthält für die Fälle der erstinstanzlichen Zuständigkeit der Oberlandesgerichte eine Ermächtigung der Landesregierungen zur Konzentration der örtlichen Zuständigkeit. Solche Konzentrationsermächtigungen bestehen in den betroffenen Verfahren schon jetzt auf der Ebene der Landgerichte. Zwar führt bereits die Verlagerung der Eingangszuständigkeit vom Landgericht zum Oberlandesgericht zu einer Konzentration. Zur Förderung der Spezialisierung und der Einheitlichkeit der Rechtsprechung kann in denjenigen Ländern, in denen mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, aber auch eine Konzentration auf ein Oberlandesgericht oder auf ein Oberstes Landesgericht geboten sein. Die Transformation der Konzentrationsermächtigungen auf die neue Eingangszuständigkeit wird nach dem Vorbild des Entwurfs der Bundesregierung eines FGG-Reformgesetzes für die streitwertunabhängige Eingangszuständigkeit der Landgerichte im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. dort Artikel 22 Nr. 11 Buchstabe b § 71 Abs. 4 - neuGVG) dazu genutzt, die bisherigen Einzelbestimmungen in einer allgemeinen Regelung zusammen zu fassen, die sich an die Sonderregelung des § 118 Abs. 1 GVG zur sachlichen Zuständigkeit anschließt. Satz 3 übernimmt hinsichtlich der Verfahren nach dem KapMuG die dortige Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 3.

Zu Artikel 3 (Änderung des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes)

Auf Grund der Zusammenfassung der Vorschriften über die örtliche Zuständigkeitskonzentration in § 118 Abs. 2 Satz 1 und 2 GVG-E sowie der Übernahme der Sonderbestimmung des § 4 Abs. 5 Satz 3 KapMuG in § 118 Abs. 2 Satz 3 GVG-E kann die Vorschrift aufgehoben werden.

Zu Artikel 4 (Änderung des Aktiengesetzes)

Zu Nummer 1 (§ 246 Abs. 3)

§ 246 Abs. 3 Satz 1 regelt unter anderem die sachliche Zuständigkeit für Anfechtungsklagen.

Anstelle des Landgerichts ist die Eingangszuständigkeit des Oberlandesgerichts vorzusehen. Die Abgrenzung zwischen allgemeiner Zivilkammer und Kammer für Handelssachen im bisherigen Satz 2 kann entfallen. Der bisherige Satz 3 ist ebenfalls zu streichen, da die örtliche Konzentrationsermächtigung für die Eingangszuständigkeit vor dem Oberlandesgericht zwar übernommen, aber in die allgemeine Regelung des § 118 Abs. 2 Satz 1 und 2 GVG überführt wird.

Über die Verweisungen in § 250 Abs. 3 Satz 1, § 251 Abs. 2, § 257 Abs. 2 Satz 1 und § 275 Abs. 4 Satz 1 AktG gilt die Zuständigkeitsverlagerung auch für die Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage betreffend die Wahl eines Aufsichtsratsmitgliedes durch die Hauptversammlung, die Anfechtung der Feststellung des Jahresabschlusses durch die Hauptversammlung und die Klage auf Nichtigerklärung der Gesellschaft.

Zu Nummer 2 (§ 246a Abs. 3 Satz 3)

Die Verlagerung der Eingangszuständigkeit für Anfechtungsklagen vom Landgericht zum Oberlandesgericht durch die Änderung des § 246 Abs. 3 Satz 1 hat eine entsprechende Zuständigkeitsverlagerung bei dem durch das UMAG neu geschaffenen Freigabeverfahren nach § 246a zur Folge. Die sofortige Beschwerde entfällt auf Grund der Zuständigkeitsverlagerung. Da es sich um eine Eilentscheidung handelt, ist entsprechend § 319 Abs. 6 AktG und § 16 Abs. 3 UmwG schon jetzt kein Rechtsmittel zum Bundesgerichtshof eröffnet (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Mai 2006 - II ZB 5/06 -, ZIP 2006, 1151 zu § 16 Abs. 3 UmwG). Dies hat das Zweite Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes klargestellt.

Zu Nummer 3 (§ 249 Abs. 1 Satz 1, § 250 Abs. 3 Satz 1)

Es handelt sich um Folgeänderungen zur Änderung des § 246 Abs. 3.

Zu Nummer 4 (§ 319 Abs. 6 Satz 1, 6)

Infolge der Zuständigkeitsverlagerung in § 246 Abs. 3 Satz 1 entscheidet über die Klage gegen die Wirksamkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses über die Eingliederung einer Aktiengesellschaft in eine andere das Oberlandesgericht in erster Instanz. § 319 Abs. 6 Satz 1, der dem Gericht der Hauptsache auch die Zuständigkeit für das dort geregelte Freigabeverfahren zuweist, ist entsprechend anzupassen.

Die sofortige Beschwerdemöglichkeit entfällt auf Grund der Zuständigkeitsverlagerung.

Da im Rahmen des Freigabeverfahrens schon bislang kein Rechtsmittel zum Bundesgerichtshof eröffnet war (vgl. BGH, a.a.O.), ist die Entscheidung des Oberlandesgerichts unanfechtbar. Dies wurde durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes klargestellt.

Zu Artikel 5 (Änderung des SE-Ausführungsgesetzes)

Es handelt sich um Folgeänderungen zur Änderung des § 246 Abs. 3 AktG.

Zu Artikel 6 (Änderung des Spruchverfahrensgesetzes)

Zu Nummer 1 (§ 2)

Soweit Spruchverfahren die Abfindung außenstehender Aktionäre einer Aktiengesellschaft, einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder einer Europäischen Gesellschaft zum Gegenstand haben, wird die Eingangszuständigkeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SpruchG-E auf das Oberlandesgericht verlagert. Dies ist in den Fällen des § 1 Nr. 1 bis 3 und 5 SpruchG stets der Fall. Im Fall des § 1 Nr. 1 SpruchG ist beherrschtes Unternehmen stets eine Aktiengesellschaft oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, da das Spruchverfahrensgesetz sonst nicht anwendbar ist. Im Fall des § 1 Nr. 2 SpruchG sind notwendig sowohl die eingegliederte als auch die Hauptgesellschaft Aktiengesellschaften. Bei § 1 Nr. 3 ist das Spruchverfahrensgesetz wiederum nur anwendbar, wenn die Gesellschaft, aus der Gesellschafter ausgeschlossen wurden eine Aktiengesellschaft oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien ist. Im Fall des § 1 Nr. 5 SpruchG ist notwendig eine Europäische Gesellschaft betroffen.

Anders verhält es sich bei § 1 Nr. 4 SpruchG. Hier können die beteiligten Rechtsträger auch eine andere Rechtsform haben. Zur Verlagerung der Eingangszuständigkeit für aktienrechtliche Streitigkeiten zum Oberlandesgericht könnte darauf abgestellt werden dass die übertragende bzw. formwechselnde Gesellschaft eine Aktiengesellschaft ist. Sinnvoller erscheint es demgegenüber, stets dann eine Zuständigkeitsverlagerung vorzunehmen wenn einer der beteiligten Rechtsträger eine Aktiengesellschaft ist da die mit der Zuständigkeitsverlagerung verfolgten Zwecke gerade auch dann eingreifen, wenn eine Aktiengesellschaft übernehmender Rechtsträger ist. Als übernehmender Rechtsträger ist die Aktiengesellschaft zur Abfindung von Anteilsinhabern des übertragenden Rechtsträgers verpflichtet. Die Höhe dieser Ausgleichszahlungen kann für die strategische Planung der Gesellschaft und für ihren Börsenkurs von existenzieller Bedeutung sein.

Da die Eingangszuständigkeit des Oberlandesgerichts damit zukünftig den Regelfall darstellt wird § 2 SpruchG hieran ausgerichtet. Die ausnahmsweise Zuständigkeit des Landgerichts ist in Absatz 1 Satz 2 geregelt. Von einer Auslagerung der Regelung der sachlichen Zuständigkeit in das GVG nach dem Vorbild des Entwurfs der Bundesregierung zum FGG-Reformgesetz wird abgesehen, da sich die neue Differenzierung nicht für die Aufnahme in eine allgemeine Regelung eignet. Entsprechendes gilt für die Auslagerung der Ermächtigung zur Konzentration der örtlichen Zuständigkeit oder die Regelung betreffend die Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen.

Statt dessen enthält Absatz 2 für den Fall der Eingangszuständigkeit des Landgerichts die Zusammenfassung der bislang auf Absatz 2 und 3 verteilten Zuständigkeitsregelungen betreffend die Kammer für Handelssachen. Zwar dürfte die danach bestehende Restzuständigkeit des Landgerichts angesichts der geringen Zahl der Fälle eines Spruchverfahrens ohne Beteiligung einer Aktiengesellschaft nur selten eingreifen. Der damit verbundenen Gefahr fehlender Fachkenntnisse der Landgerichte kann aber nicht dadurch entgegen gewirkt werden, dass die Verfahren nach dem Spruchverfahrensgesetz insgesamt in erster Instanz dem Oberlandesgericht zugewiesen werden. Andernfalls käme es zu einem systemwidrigen Auseinanderfallen der Zuständigkeit für die Überprüfung der Wirksamkeit der Umstrukturierungsmaßnahme einerseits und der damit verbundenen Abfindungsregelung andererseits.

Für den Fall der erstinstanzlichen Zuständigkeit des Oberlandesgerichts ist die Verweisung auf § 5 FGG anzupassen. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 FGG bestimmt das Oberlandesgericht, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört, die gerichtliche Zuständigkeit in den Fällen, in denen das nächsthöhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof ist. Im Fall der erstinstanzlichen Zuständigkeit des Oberlandesgericht ist dies nicht sachgerecht. Für diesen Fall wird die Verweisung auf § 5 FGG deshalb korrigiert, so dass die Zuständigkeitsbestimmung durch den Bundesgerichtshof erfolgen kann. Dies entspricht der Regelung in § 36 Abs. 2 Satz 2 ZPO-E.

Der neue Absatz 3 enthält entsprechend § 118 Abs. 2 GVG-E eine Ermächtigung zur Konzentration der örtlichen Zuständigkeit der in erster Instanz tätigen Oberlandesgerichte bzw. Landgerichte für die der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuzuordnenden Spruchverfahren.

Zu Nummer 2 (§ 4 Abs. 1 Satz 2)

Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung infolge der Änderung des § 2 Abs. 1 SpruchG.

Zu Nummer 3 (§ 7 Abs. 7)

Der bislang an der Eingangszuständigkeit des Landgerichts und der dortigen Kammer für Handelssachen orientierte Absatz 7 ist an den Regelfall der Eingangszuständigkeit des Oberlandesgerichts anzupassen. In der Sache bleibt die Zuständigkeitsabgrenzung für die Fälle des § 2 Abs. 1 Satz 2 SpruchG-E unberührt.

Zu Nummer 4 (§ 12)

Die amtliche Überschrift des § 12 SpruchG ist neu zu fassen, da die Norm neben den Regelungen über die sofortige Beschwerde auch solche zur Rechtsbeschwerde enthält. Die Norm wird insoweit zudem neu strukturiert.

Der neue Absatz 1 Satz 1 regelt die Eröffnung der Rechtsbeschwerde im künftigen Regelfall der Entscheidung des Oberlandesgerichts im ersten Rechtszug. Die Möglichkeit einer Befassung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erscheint bei Spruchverfahren unverzichtbar.

Bislang wird diese Befassung durch die Verweisung des § 12 Abs. 2

Satz 2 SpruchG auf § 28 Abs. 2 und 3 FGG sichergestellt; danach muss das Oberlandesgericht als Beschwerdegericht in Divergenzfällen vorlegen. Im Hinblick auf den im Entwurf der Bundesregierung eines FGG-Reformgesetzes vorgesehenen Wegfall des § 28 Abs. 2 und 3 FGG sowie im Interesse einer anwenderfreundlichen Vereinheitlichung der Prozessordnungen ist die zur Sicherung der Rechtseinheit und zur Rechtsfortbildung sowie in Fällen von grundsätzlicher Bedeutung erforderliche Möglichkeit der Befassung des Bundesgerichtshofs künftig als Zulassungsrechtsbeschwerde auszugestalten. § 70 Abs. 1 Alternative 2 FamFG-E in der Fassung des FGG-Reformgesetzes sieht künftig allgemein die Eröffnung der Zulassungsrechtsbeschwerde gegen die Entscheidungen des Oberlandesgerichts im ersten Rechtszug für die freiwillige Gerichtsbarkeit vor.

Der neu zu fassende Absatz 1 Satz 2 entspricht den Regelungen der Rechtsbeschwerde in § 574 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 ZPO sowie § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG-E in der Fassung des FGG-Reformgesetzes. Eine Verweisung auf § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG-E scheidet aus, da das FGG-Reformgesetz noch nicht in Kraft getreten ist.

Absatz 1 Satz 3 verweist zur Vermeidung von Wiederholungen und im Hinblick auf das noch ausstehende Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes auf die Regelungen der ZPO zur Rechtsbeschwerde. Der Charakter der Rechtsbeschwerde als Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit bleibt dabei unberührt. Im Gegensatz zu § 70 Abs. 2 Satz 2 FamFG-E in der Fassung des FGG-Reformgesetzes enthält der neue Absatz 1 Satz 3 über die Verweisung auf § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO eine Bindungswirkung der Zulassungsentscheidung des Oberlandesgerichts für den Bundesgerichtshof. Dies entspricht der Empfehlung des Bundesrats zum FGG-Reformgesetz, der die Aufnahme der Bindungswirkung der Zulassungsentscheidung in § 70 Abs. 2 Satz 2 FamFG-E beantragt und zur Begründung auf die nachfolgenden, hier entsprechend geltenden Umstände hingewiesen hatte, vgl. BR-Drs. 309/07(B) HTML PDF , S. 24 f.:

Die in der Zivilprozessordnung vorgesehene Bindung des Rechtsbeschwerdegerichts dient dem Schutz des Vertrauens in die Statthaftigkeit eines zugelassenen Rechtsmittels. Die bisherige Entwicklung zu den §§ 543 und 574 ZPO gibt keinen Anlass zu der Annahme, die Berufungs- oder Beschwerdegerichte würden in nennenswertem Umfang von der Zulassungsmöglichkeit Gebrauch machen, ohne dass die Zulassungsvoraussetzungen vorlägen. Den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ist zu entnehmen, dass er sich dann, wenn ausnahmsweise entgegen der Annahme des Gerichts zweiter Instanz eine Rechtssache beispielsweise keine grundsätzliche Bedeutung hat - zum Beispiel weil eine Rechtsfrage vom Bundesgerichtshof schon geklärt wurde - regelmäßig durch eine knapp gehaltene Entscheidung zu helfen weiß. Zudem existiert bereits eine gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach erhebliche Gesetzesverstöße bei der Zulassungsentscheidung - zum Beispiel keine Eröffnung des Instanzenzugs oder Unanfechtbarkeit kraft gesetzlicher Bestimmung - eine Bindungswirkung ausschließen. Die Fassung sowohl des Artikels 1 § 74 Abs. 1 Satz 1 als auch - auf Grund der Verweisung auf § 74 Abs. 1 Satz 1 FamFG-E - der Artikel 21 Nr. 2 (§ 29 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 EGGVG), 36 Nr. 8 (§ 78 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 GBO) und 39 Nr. 6 (§ 83 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 SchRegO) FGG-RG-E sind geeignet, eine höhere Belastung des Bundesgerichtshofs durch die Aufbürdung der Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen zu verursachen." Der neue Absatz 2 regelt die Fälle der Eingangszuständigkeit des Landgerichts nach § 2 Abs. 1 Satz 2 SpruchG-E. In diesen Fällen bleibt es bei der Eröffnung der sofortigen Beschwerde. Im Hinblick auf die geplante Abschaffung des § 28 Abs. 2 und 3 FGG durch den Entwurf des FGG-Reformgesetzes ist die zur Sicherung der Einheit der Rechtsprechung bislang in § 12 Abs. 2 Satz 2 SpruchG vorgesehene Divergenzvorlage durch die Eröffnung der Rechtsbeschwerde gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts zu ersetzen. Die Eröffnung der Rechtsbeschwerde gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts als Beschwerdegericht in den Fällen der Eingangszuständigkeit des Landgerichts entspricht der in § 70 Abs. 1 Alternative 1 FamFG-E in der Fassung des FGG-Reformgesetzes künftig für die freiwillige Gerichtsbarkeit allgemein vorgesehenen Regelung und stellt sicher, dass auch in Fällen ohne Beteiligung einer Aktiengesellschaft, einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit eine Befassung des Bundesgerichtshofs zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und zur Fortbildung des Rechts möglich ist.

Die Konzentrationsermächtigung des Absatzes 3 betrifft die örtliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts als Beschwerdegericht und ist daher in den insoweit maßgeblichen neuen Absatz 2 zu integrieren.

Zu Nummer 5 (§ 14 Satz 2 - neu - )

Die bislang auf gerichtliche Entscheidungen beschränkte Bekanntmachungspflicht wird entsprechend den Anregungen der Praxis auf gerichtliche Vergleiche erstreckt.

Auf diese Weise können die Betroffenen über übermäßige Kostenerstattungsleistungen zu Gunsten eines Antragstellers informiert werden.

Zu Nummer 6 (§ 15 Abs. 1 Satz 5, 6, 7)

Die Kostenregelung ist an den neuen Instanzenzug anzupassen. Soweit durch die Verlagerung der Eingangszuständigkeit das Oberlandesgericht künftig bereits in erster Instanz entscheidet und die Verfahrensdauer damit erheblich verkürzt wird, ist ähnlich der für die Verfahren nach der ZPO im GKG vorgesehenen Regelung die bislang auf eine bzw. vier beschränkte Anzahl der Gebühren angemessen auf zwei bzw. sechs zu erhöhen. Damit wird zugleich dem Umstand Rechnung getragen, dass die gegenwärtigen Gebühren angesichts der geringen Gebührenhöhe nach der Kostenordnung sowie der Geschäftswertbeschränkung in § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG zu der Bedeutung und zum Aufwand der Verfahren außer Verhältnis stehen.

Absatz 1 Satz 7 ist an den neuen Rechtsmittelzug anzupassen. Die gewählte Formulierung entspricht Artikel 42 Nr. 5 FGG-RG-E.

Die übrigen im Zuge der Ersetzung des FGG durch das FamFG gebotenen Änderungen des Spruchverfahrensgesetzes in § 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 sowie in § 7 Abs. 8, § 10 Abs. 3 und § 17 Abs. 1 SpruchG sind nicht Bestandteil dieses Entwurfs, sondern im Entwurf der Bundesregierung des FGG-Reformgesetzes enthalten.

Zu Artikel 7 (Änderung des Umwandlungsgesetzes)

Ist einer der beteiligten Rechtsträger eine Aktiengesellschaft, eine Kommanditgesellschaft auf Aktien oder ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, verlagert sich die Eingangszuständigkeit für die Klage gegen die Zustimmung der Hauptversammlung zu der Umstrukturierungsmaßnahme infolge der Änderung des § 246 Abs. 3 Satz 1 AktG auf das Oberlandesgericht. Da die Zuständigkeit für das Freigabeverfahren nach § 16 Abs. 3 UmwG an die Zuständigkeit des Gerichts der Hauptsache anknüpft verlagert sich die Zuständigkeit für das Freigabeverfahren entsprechend.

Entscheidet danach das Oberlandesgericht in erster Instanz über den Freigabeantrag, ist die Regelung über die Anfechtung der Freigabeentscheidung in § 16 Abs. 3 Satz 6 anzupassen. Für den Fall der Freigabeentscheidung durch das Landgericht ist dort die Eröffnung der sofortigen Beschwerde vorgesehen, über die das Oberlandesgericht zu entscheiden hat. Entscheidet das Oberlandesgericht bereits in erster Instanz, ist für eine sofortige Beschwerde aber kein Raum. Dies ist klarzustellen. Da schon bisher gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts keine Rechtsbeschwerde eröffnet ist (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Mai 2006 - II ZB 5/06 -, ZIP 2006, 1151), ist auch kein Rechtsmittel zum Bundesgerichtshof zu eröffnen. Das zweite Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes hat die Rechtsbeschwerde ausdrücklich ausgeschlossen.

Zu Artikel 8 (Änderung des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung)

Zu Nummer 1 (§ 51c - neu - )

Die Rechtsprechung wendet die §§ 246 ff. AktG derzeit im Ergebnis auch auf Klagen gegen die Wirksamkeit von Beschlüssen bei der GmbH an. Für diesen Bereich ist daher eine selbständige Regelung der Eingangszuständigkeit entsprechend dem bisherigen § 246 Abs. 3 AktG erforderlich. Eine gesetzliche Regelung der bisherigen Rechtsprechung zur Anwendung der §§ 246 ff. AktG ist darüber hinaus nicht veranlasst um die weitere Entwicklung der Rechtsprechung nicht zu beeinträchtigen.

Zu Nummer 2 (§ 75 Abs. 2 Satz 2 - neu - )

Die Bestimmung verweist derzeit für den Sonderfall der Nichtigkeitsklage ausdrücklich auf § 246 AktG. Die Verweisung ist nunmehr auf die neue autonome Zuständigkeitsregelung des § 51c zu richten.

Zu Artikel 9 (Änderung des Gerichtskostengesetzes)

Zu Nummer 1 (Gliederung)

Die Gliederung ist entsprechend der Einfügung der beiden neuen Unterabschnitte des Abschnittes 1 anzupassen.

Zu Nummer 2 (Teil 1)

Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe aa

Die unterschiedlichen Gebühren für die vor den Amts- und Landgerichten auf der einen und den Oberlandesgerichten auf der anderen Seite geführten Verfahren des ersten Rechtszuges sollen bereits systematisch durch eigene Unterabschnitte verdeutlicht werden. Die bisherigen Regelungen des Abschnitts 1 bilden dementsprechend den neuen Unterabschnitt 1.

Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe bb (Vorbemerkung 1.2.1)

Die Vorbemerkung 1.2.1 betrifft die nach § 118 Abs. 1 Nr. 2 GVG vor dem Oberlandesgericht geführten Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz. Es ist systematisch vorzugswürdig, die Vorbemerkung ausschließlich dem Unterabschnitt 2 voranzustellen, nach dem sich die Gebühren für vor dem Oberlandesgericht geführte erstinstanzliche Verfahren richten. Vor dem neuen ersten Unterabschnitt ist die Vorbemerkung daher zu streichen.

Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe cc (Unterabschnitt 2 - neu - )

Der neue Unterabschnitt 2 zu Abschnitt 1 enthält die Gebührentatbestände für die vor dem Oberlandesgericht geführten Verfahren des ersten Rechtszuges. Die Vorbemerkung 1.2.1 ist dieser Systematik entsprechend dem neuen Unterabschnitt 2 voranzustellen.

Den in erster Instanz dem Oberlandesgericht zugewiesenen aktienrechtlichen Verfahren kommt besondere Bedeutung zu, die auch in den Gerichtsgebühren zum Ausdruck kommen soll. Diese beruht nicht nur auf den oft hohen Streitwerten, sondern insbesondere auf der Beschleunigung der Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung. Denn die Parteien erhalten schnelle obergerichtliche Entscheidungen.

In Anlehnung an die Regelungen zu den Prozessverfahren im ersten Rechtszug der Verwaltungsgerichtsbarkeit nach Teil 5 Hauptabschnitt 1 Abschnitt 1 KV GKG werden für die vor den Oberlandesgerichten geführten Verfahren erster Instanz die Gebühren erhoben, die sonst in der Berufungsinstanz zivilprozessualer Verfahren anfallen.

Im Übrigen entsprechen die Tatbestände der neuen Nummern 1212 und 1213 denen der Nummern 1210 und 1211. Neben den Gebühren für das Verfahren im Allgemeinen ist also in den Fällen eine Gebührenermäßigung um 50 Prozent vorgesehen, in denen das Verfahren vorzeitig beendigt wird. Die Anmerkung zu Nummer 1212 und der Tatbestand der Nummer 1213 sind um diejenigen Aspekte (vorausgegangenes Mahnverfahren, Klage nach § 656 ZPO sowie Verfahren nach § 495a ZPO) bereinigt, die in den von der Verlagerung der Eingangszutsändigkeit betroffenen Verfahren nicht relevant werden.

Zu Buchstabe b Doppelbuchstabe aa und bb (Nummern 1642, 1642a - neu - )

Entsprechend dem bisherigen Verhältnis zwischen der Gebühr des Hauptsacheverfahren nach Nummer 1210 und der Gebühr nach Nummer 1642 wird die Gebühr nach Nummer 1642 von bisher 1,0 angemessen auf 1,5 erhöht.

Soweit für Verfahren nach § 16 Abs. 3 UmwG wie bisher das Landgericht in erster Instanz zuständig ist, soll die bisherige Gebühr von 1,0 unverändert bleiben. Gleiches gilt für die aktienrechtlichen Klagezulassungsverfahren, die von der Verlagerung der Eingangszuständigkeit nicht berührt werden. Die Gebühr für diese Verfahren ist nun gesondert in der neu einzufügenden Nummer 1642a geregelt und wird von Nummer 1642 nicht mehr erfasst.

Zu Artikel 10 (Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes)

Zu Nummer 1 (Nummer 3300)

Entsprechend der Bedeutung der in erster Instanz vor dem Oberlandesgericht geführten aktienrechtlichen Verfahren und dem damit regelmäßig verbundenen - auch haftungsrechtlich begründeten - Mehraufwand der Rechtsanwälte sollen sie wie für andere vor Obergerichten geführte Verfahren nach dem bisherigem Geltungsbereich der Nummer 3300 VV RVG eine erhöhte Gebühr von 1,6 anstatt der für sonstige bürgerlichrechtliche Verfahren im ersten Rechtszug üblichen 1,3 Gebühren erhalten.

Die Vorbemerkung 3.3.1 über die Bestimmung der Terminsgebühr sowie die Regelung zur Ermäßigung der Gebühr Nummer 3300 bei vorzeitiger Beendigung des Auftrages in Nummer 3301 gelten auch für den erweiterten Anwendungsbereich der Nummer 3300.

Zu Nummer 2 (Nummer 3325)

Parallel zur Erfassung der Verfahrensgebühr für aktienrechtliche Hauptsacheverfahren in Nummer 3300 soll auch die Verfahrensgebühr für die vor dem Oberlandesgericht zu führenden Freigabeverfahren angemessen von 0,75 auf 1,0 angehoben werden.

Zu Nummer 3 (Nummer 3325a - neu - )

Für die weiterhin vor dem Landgericht geführten Verfahren nach § 16 Abs. 3

UmwG bleibt es bei der bisherigen Verfahrensgebühr von 0,75. Gleiches gilt für die aktienrechtlichen Klagezulassungsverfahren, die von der Verlagerung der Eingangszuständigkeit nicht berührt werden. Im Übrigen wird auf die Ausführungen zu Artikel 9 Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstaben aa und bb verwiesen.

Zu Artikel 11 (Übergangsvorschrift)

Entsprechend anderen verfahrensrechtlichen Änderungen ist sicherzustellen, dass sich bei laufenden Verfahren nicht die anzuwendenden verfahrensrechtlichen Bestimmungen ändern. Besonders zu beachten ist, dass landgerichtliche Entscheidungen, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes ergangen aber noch anfechtbar sind, nach dem Inkrafttreten weiterhin nach Maßgabe der alten Vorschriften anfechtbar sein müssen, da der Rechtsmittelausschluss nur gerechtfertigt ist, wenn in erster Instanz das Oberlandesgericht entschieden hat. Hinsichtlich der allgemeinen kostenrechtlichen Bestimmungen finden die Übergangsvorschriften der § § 71 GKG, 60 RVG Anwendung.

Zu Artikel 12 (Inkrafttreten)

Der Aufschub des Inkrafttretens bis zum 1. Januar 2009 stellt sicher, dass die Länder die nötigen Vorarbeiten durch Anpassung der personellen Ausstattung der Landgerichte einerseits und der Oberlandesgerichte andererseits ausführen können.

Die neu zu schaffenden Ermächtigungen zur Konzentration der örtlichen Zuständigkeit treten dagegen vorzeitig in Kraft, damit die Länder rechtzeitig die erforderlichen Rechtsverordnungen erlassen können.