Beschluss des Bundesrates
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe bestimmter öffentlicher Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit KOM (2007) 766 endg.; Ratsdok. 16488/07

Der Bundesrat hat in seiner 842. Sitzung am 14. März 2008 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:

Der Richtlinienvorschlag berücksichtigt die Sicherheits- und Geheimschutzinteressen der Mitgliedstaaten nur unzureichend, weil bislang nicht gewährleistet ist, dass der Vorschlag eine Anwendung des deutschen Sicherheitsüberprüfungsrechts zulässt.

Nach den Sicherheitsüberprüfungsgesetzen von Bund und Ländern ist eine Person, die mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut werden soll, zuvor einer Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen. Eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit übt aus, wer mit einer Vielzahl von Verschlusssachen in Berührung kommt (Geheimschutz) oder an einer sabotagegefährdeten Stelle innerhalb einer lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtung beschäftigt werden soll (vorbeugender personeller Sabotageschutz). Durch die Sicherheitsüberprüfung wird geprüft, ob tatsächliche Anhaltspunkte Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen, Zweifel an seinem Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung oder die Besorgnis einer Erpressbarkeit begründen. Im Rahmen dieser Prüfung werden nicht nur etwaige rechtskräftige Verurteilungen, sondern auch Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern, des Bundeskriminalamts und der Nachrichtendienste des Bundes berücksichtigt.

Artikel 14 VKR nimmt Aufträge, die der Geheimhaltung unterliegen oder bestimmte Sicherheitsmaßnahmen erfordern, ausdrücklich vom Anwendungsbereich der VKR aus. Eine vergleichbare Vorschrift enthält der Richtlinienvorschlag nicht. Er bestimmt in Artikel 1 lediglich, dass die Richtlinie unbeschadet des Artikels 296 EGV gelten soll. Der Anwendungsbereich des Artikels 296 EGV ist aber deutlich enger als der des Artikels 14 VKR und erfasst die Belange des Sicherheitsüberprüfungsrechts nicht. Auch nach Artikel 13 und 14 des Vorschlags wäre eine nationale Umsetzungsnorm, die die Sicherheitsüberprüfungsgesetze von Bund und Ländern für anwendbar erklärt, mit der Richtlinie kaum vereinbar, weil Artikel 29 Abs. 1 des Vorschlags die Überprüfung der Eignung der Bewerber wohl abschließend regelt. Danach können Bewerber offenbar nur nach den Voraussetzungen der Artikel 30 und 31 ausgeschlossen werden, die im Wesentlichen rechtskräftige Verurteilungen voraussetzen.

Es ist nicht nachvollziehbar, warum bei nicht sicherheitsrelevanten öffentlichen Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen über Artikel 14 VKR im Ergebnis höhere Anforderungen an die Zuverlässigkeit der Bewerber gestellt werden können, als bei besonders sensiblen Aufträgen in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit. Im Übrigen sollte es nicht von der Auslegung des Artikels 296 EGV abhängen, ob nationale Umsetzungsnormen für Vergaben in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit, die auf die Sicherheitsüberprüfungsgesetze verweisen, insoweit auf Artikel 296 EGV gestützt werden können. Eine eindeutige entsprechende Regelung im Richtlinienvorschlag erscheint daher geboten.