Antrag des Freistaates Bayern
Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente

Punkt 8 der 853. Sitzung des Bundesrates am 19. Dezember 2008

Der Bundesrat möge beschließen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 5. Dezember 2008 verabschiedeten Gesetz die Einberufung des Vermittlungsausschusses gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes aus folgenden Gründen zu verlangen:

1. Zu Artikel 1 Nr. 22 ( § 47 SGB III)

In Artikel 1 Nr. 22 ist § 47 zu streichen.

Begründung

Im einleitenden Teil der Gesetzesbegründung heißt es "Die öffentliche Arbeitsvermittlung wird in zentralen Bereichen durch weitere Entbürokratisierung effektiver und effizienter gestaltet. Das Vermittlungsbudget ( § 45 SGB III) ermöglicht den Agenturen für Arbeit die flexible, bedarfsgerechte und unbürokratische Unterstützung des Einzelnen. Durch die Einführung von Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 46 SGB III) wird der öffentlichen Arbeitsvermittlung die Möglichkeit gegeben, bei der Vermittlung und Betreuung flexibler als bisher private Dienste einzuschalten."

Die in § 47 SGB III vorgesehene Ermächtigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung Näheres über Voraussetzungen, Grenzen, Pauschalierung und Verfahren der Förderung zu bestimmen, würde hingegen den geschaffenen höheren Spielraum vor Ort ad absurdum führen.

Eine Steuerung der Instrumente sollte über den Zielvereinbarungs- und Nachhalteprozess zwischen der Bundesagentur für Arbeit, den Regionaldirektionen und Agenturen für Arbeit erfolgen.

2. Zu Artikel 1 Nr. 54 (§§ 252 und 253 SGB III)

In Artikel 1 Nr. 54 ist die Angabe "253" durch die Angabe "251" zu ersetzen.

Begründung

Grundsätzlich wird die Absicht des Gesetzes begrüßt, die investive Förderung für bestimmte Einrichtungen zurück zu nehmen, soweit keine entsprechende Notwendigkeit besteht. Erhalten bleiben sollte aber die Förderung von Jugendwohnheimen (§§ 252 und 253 SGB III). Die Aussage der Gesetzesbegründung, die Förderung von Jugendwohnheimen bringe nur einen geringen Nutzen, kann nicht geteilt werden. Jugendwohnheime unterstützen die auch von der Bundesregierung mehrfach eingeforderte berufliche Mobilität junger Menschen (die in § 1 SGB III ausdrücklich betont wird). Sie werden weiterhin stark nachgefragt. Außerdem besteht in Jugendwohnheimen auf Grund deren Alters (viele Häuser stammen aus den 1960er und 1970er Jahren) und der geänderten Wohnbedürfnisse junger Menschen großer Nachholbedarf.

Die klare Verantwortlichkeit der Arbeitsverwaltung muss daher unbedingt erhalten bleiben. Betroffen ist darüber hinaus auch die investive Förderung von Berufsbildungswerken und Berufsförderungswerken. Im Gegensatz zum vollständigen Rückzug der BA ist auch hier ein verstärktes Engagement gefordert.

Die investive Förderung von Jugendwohnheimen kombiniert in idealer Weise die derzeit auf Bundesebene geforderte Stärkung der Konjunktur durch Investitionen mit der nachhaltigen Förderung der Ausbildungschancen junger Menschen.

3. Zu Artikel 2 Nr. 5 (§ 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II)

In Artikel 2 Nr. 5 § 16 Abs. 1 Satz 2 sind nach den Wörtern "im Fünften Kapitel, im Ersten" die Wörter "und Fünften" einzufügen.

Begründung

Durch die im Gesetzesbeschluss vorgesehene Änderung des § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II sollen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach §§ 260 ff. SGB III (ABM) nur noch im SGB III gefördert werden. Dieser Rückzug aus der Förderung im Rechtskreis des SGB II ist - insbesondere was die Förderung sozial benachteiligter Jugendlicher anbelangt - strikt abzulehnen. Die in der Gesetzesbegründung zur Streichung von ABM im Rechtskreis des SGB II aufgeführten Inhalte ("Um die Instrumentenvielfalt im Bereich der öffentlichen Beschäftigung im SGB II zu straffen und den Instrumenteneinsatz im SGB II zu vereinfachen, wird das Instrument der ABM im SGB II gestrichen.") überzeugen nicht. Insbesondere lassen sich die Förderinhalte bei Wegfall von ABM im Rechtskreis SGB II nicht, wie in der Gesetzesbegründung ausgeführt, durch Arbeitsgelegenheiten (in Entgeltvariante), wie derzeit geregelt, ersetzen. ABM sind bekanntlich strukturwirksam und vergabefähig, sie haben insbesondere für die neuen Länder eine große förderpraktische Relevanz. Mit der Streichung von ABM aus dem Förderinstrumentarium des SGB II wird gerade den Regionen mit erheblicher Langzeitarbeitslosigkeit ein wichtiges und bewährtes Instrument der Beschäftigungsförderung genommen. Bewährt haben sich die sogenannten Vergabe-ABM wegen ihres engen Bezugs zur regionalen Infrastruktur in den ostdeutschen Ländern. In § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II ist deshalb zusätzlich auf den Fünften Abschnitt des Sechsten Kapitels des SGB III zu verweisen. ABM haben sich generell auch als besonders geeignete Vorschaltmaßnahmen für den Personenkreis der sozial benachteiligten jungen Menschen im Sinne des § 13 SGB VIII erwiesen und in der Praxis vorbildliche Kooperationsstrukturen zur Sicherstellung einer gesicherten Gesamtfinanzierung (insbesondere auch Kompatibilität zur Förderung aus dem Europäischen Sozialfonds) ermöglicht.

Den im ersten Durchgang gegen den Gesetzentwurf vorgebrachten erheblichen Bedenken bezüglich der Förderung sozial benachteiligter junger Menschen wurde nicht Rechnung getragen. In der Vereinbarung der Regierungschefs von Bund und Ländern zur Qualifizierungsinitiative vom 22. Oktober 2008 wurde die Forderung aufgenommen, dass sozial benachteiligte junge Menschen von der Bundesagentur für Arbeit verstärkt gefördert werden sollen. Diese Forderungen blieben im bisherigen Verfahren unberücksichtigt.

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Die Länder haben mit Beschlüssen der Jugend- und Familienministerkonferenz (vom 29./30. Mai 2008 und vom 8. Oktober 2008) an die Bundesregierung appelliert die Zielgruppe der sozial benachteiligten jungen Menschen im Rahmen der Instrumentenreform besonders in den Blick zu nehmen und flexible Instrumente für ihre passgenaue Förderung zu erhalten.