Empfehlungen der Ausschüsse 813. Sitzung des Bundesrates am 8. Juli 2005
Verordnung über den Zugang zu Elektrizitätsversorgungsnetzen (Stromnetzzugangsverordnung - StromNZV)

A

B.

* Die Beratung im Ausschuss für innere Angelegenheiten ist für den 30. Juni 2005 vorgesehen.

Anlage
Verordnung über den Zugang zu Elektrizitätsversorgungsnetzen (Stromnetzzugangsverordnung - StromNZV)

Auf Grund des § 2b Abs. 4, des § 24 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2 Nr. l, 2 und 3 sowie Satz 3 und des § 29 Abs. 3 des Energiewirtschaftsgesetzes vom ... (BGBl. I S. ...) verordnet die Bundesregierung:

Teil 1
Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Anwendungsbereich

Diese Verordnung regelt die Bedingungen für Einspeisungen von elektrischer Energie in Einspeisestellen der Elektrizitätsversorgungsnetze und die damit verbundene zeitgleiche Entnahme von elektrischer Energie an räumlich davon entfernt liegenden Entnahmestellen der Elektrizitätsversorgungsnetze. Die Regelungen der Verordnung sind abschließend im Sinne des § 111 Abs. 2 Nr. 2 des Energiewirtschaftsgesetzes.

§ 2 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung bedeutet

§ 3 Grundlagen des Netzzugangs

(1) Netznutzungsvertrag oder Lieferantenrahmenvertrag vermitteln den Zugang zum gesamten Elektrizitätsversorgungsnetz. Der Anspruch auf Netznutzung wird begrenzt durch die jeweiligen Kapazitäten der Elektrizitätsversorgungsnetze. Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen werden durch Netznutzungs- und Lieferantenrahmenverträge nicht gehindert, Änderungen an der Ausgestaltung ihrer Netze vorzunehmen. Die §§ 14 und 17 bleiben unberührt.

(2) Die Netznutzung durch die Letztverbraucher und Lieferanten setzt voraus, dass der Bilanzkreis in ein nach § 26 vertraglich begründetes Bilanzkreissystem einbezogen ist.

Teil 2
Zugang zu Übertragungsnetzen

Abschnitt 1
Bilanzkreissystem

§ 4 Bilanzkreise

(1) Innerhalb einer Regelzone sind von einem oder mehreren Netznutzern Bilanzkreise zu bilden. Bilanzkreise müssen aus mindestens einer Einspeise- oder einer Entnahmestelle bestehen. Abweichend davon können Bilanzkreise auch für

Geschäfte, die nicht die Belieferung von Letztverbrauchern zum Gegenstand haben, gebildet werden. Die Zuordnung eines Bilanzkreises als Unterbilanzkreis zu einem anderen Bilanzkreis ist zulässig. Die Salden eines Bilanzkreises können mit Zustimmung der betroffenen Bilanzkreisverantwortlichen bei der Abrechnung einem anderen Bilanzkreis zugeordnet werden, wobei auch dieser Bilanzkreis die Funktion eines Unterbilanzkreises haben kann.

(2) Für jeden Bilanzkreis ist von den bilanzkreisbildenden Netznutzern gegenüber dem Betreiber des jeweiligen Übertragungsnetzes ein Bilanzkreisverantwortlicher zu benennen. Der Bilanzkreisverantwortliche ist verantwortlich für eine ausgeglichene Bilanz zwischen Einspeisungen und Entnahmen in einem Bilanzkreis in jeder Viertelstunde und übernimmt als Schnittstelle zwischen Netznutzern und Betreibern von Übertragungsnetzen die wirtschaftliche Verantwortung für Abweichungen zwischen Einspeisungen und Entnahmen eines Bilanzkreises.

(3) Jede Einspeise- oder Entnahmestelle ist einem Bilanzkreis zuzuordnen. Ein Netznutzer darf nur einem Bilanzkreis, dessen Bilanzkreisverantwortlicher die Verantwortung nach Absatz 2 Satz 2 trägt, zugeordnet werden.

(4) Die Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen sind verpflichtet, dem Bilanzkreisverantwortlichen und anderen Betreibern von Elektrizitätsversorgungsnetzen die zur Abrechnung und Verminderung der Bilanzkreisabweichungen erforderlichen Daten in elektronischer Form unverzüglich zu übermitteln.

§ 5 Grundsätze der Fahrplanabwicklung und untertäglicher Handel

(1) Die Abwicklung von Lieferungen elektrischer Energie zwischen Bilanzkreisen erfolgt auf Grundlage von Fahrplänen. Betreiber von Übertragungsnetzen sind berechtigt, Bilanzkreisverantwortliche dazu zu verpflichten, ihnen Fahrpläne gemäß den nach § 27 Abs. 1 Nr. 16 von der Regulierungsbehörde festgelegten Regelungen mitzuteilen. Fahrpläne für den Zeitraum des folgenden Tages bis zum nächsten Werktag sind den Betreibern von Übertragungsnetzen bis spätestens 14.30 Uhr mitzuteilen, sofern die Betreiber von Übertragungsnetzen nicht die Mitteilung zu einem späteren Zeitpunkt zugelassen haben oder die Regulierungsbehörde nach § 27 Abs. 1 Nr. 16 eine abweichende Regelung getroffen hat. Rechtzeitig im Sinne der Absätze 2 bis 4 dem Betreiber von Übertragungsnetzen mitgeteilte Fahrpläne und Fahrplanänderungen sind von diesem der Bilanzierung des jeweiligen Bilanzkreises und der Regelzone zu Grunde zu legen, es sei denn, Netzengpässe wurden nach § 15 Abs. 4 veröffentlicht und begründet. Die Fahrpläne müssen vollständig sein, eine ausgeglichene Bilanz des Bilanzkreises und damit eine ausgeglichene Bilanz der jeweiligen Regelzone ermöglichen.

(2) Fahrpläne innerhalb einer Regelzone und regelzonenübergreifende Fahrpläne können mit einem zeitlichen Vorlauf von mindestens drei Viertelstunden zu jeder Viertelstunde eines Tages geändert werden. Der Betreiber von Übertragungsnetzen hat das Recht, Änderungen von regelzonenübergreifenden Fahrplänen abzulehnen, wenn durch die Anwendung der geänderten Fahrpläne ein Engpass entstehen würde. Die Ablehnung ist zu begründen. Fahrplanänderungen müssen nach Maßgabe der von der Regulierungsbehörde nach § 27 Abs. 1 Nr. 16 erlassenen Regelungen dem Betreiber von Übertragungsnetzen mitgeteilt werden.

(3) Nachträgliche Fahrplanänderungen regelzoneninterner Fahrpläne können bis 16 Uhr des auf den Erfüllungstag folgenden Werktags erfolgen. Der Betreiber von Übertragungsnetzen veröffentlicht hierfür auf seiner Internetseite einen Kalender, dem die Werktage zu entnehmen sind.

(4) Das durch ungeplante Kraftwerksausfälle entstehende Ungleichgewicht zwischen Einspeisungen und Entnahmen ist vom Betreiber von Übertragungsnetzen für vier Viertelstunden einschließlich der Viertelstunde, in der der Ausfall aufgetreten ist, auszugleichen. Für die Zeit nach Ablauf dieser vier Viertelstunden ist der Bilanzkreisverantwortliche zum Ausgleich der ausgefallenen Leistung verpflichtet. Hierzu kann er abweichend von Absatz 2 Satz 1 seine Fahrpläne mit einer Vorlaufzeit von 15 Minuten zum Beginn einer jeden Viertelstunde ändern. Der Betreiber von Übertragungsnetzen kann nach der Fahrplanänderung vom Bilanzkreisverantwortlichen einen Nachweis darüber verlangen, dass ein ungeplanter Kraftwerksausfall vorliegt.

Abschnitt 2
Ausgleichsleistungen

§ 6 Grundsätze der Beschaffung von Regelenergie

(1) Die Betreiber von Übertragungsnetzen sind verpflichtet, die jeweilige Regelenergieart im Rahmen einer gemeinsamen regelzonenübergreifenden anonymisierten Ausschreibung über eine Internetplattform zu beschaffen.

(2) Abweichend von Absatz 1 sind die Betreiber von Übertragungsnetzen zum Zweck der Erfüllung ihrer Verpflichtungen nach § 12 Abs. 1 und 3 sowie § 13 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes berechtigt, einen technisch notwendigen Anteil an Regelenergie aus Kraftwerken in ihrer Regelzone auszuschreiben, soweit dies zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit in ihrer jeweiligen Regelzone, insbesondere zur Aufrechterhaltung der Versorgung im Inselbetrieb nach Störungen, erforderlich ist.

(3) Die Primärregelung ist als zusätzliche Einspeisung oder Reduzierung des Bezugs oder Reduzierung der Einspeisung (positive oder negative Primärregelung) auszuschreiben. Die Sekundärregelung, Minutenreserve sowie weitere Regelenergieprodukte sind getrennt nach positivem und negativem Regelenergiebedarf auszuschreiben.

(4) Betreiber von Übertragungsnetzen sind berechtigt, Mindestangebote festzulegen. Die Anbieter sind berechtigt, zeitlich und mengenmäßig Teilleistungen anzubieten. Dabei dürfen die Teilleistungen nicht das jeweilige Mindestangebot unterschreiten. Die Bildung einer Anbietergemeinschaft ist auch zur Erreichung der Mindestangebote zulässig.

(5) Potenzielle Anbieter von Regelenergieprodukten haben den Nachweis zu erbringen, dass sie die zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit erforderlichen Anforderungen für die Erbringung der unterschiedlichen Regelenergiearten erfüllen. Nachzuweisen sind insbesondere die notwendigen technischen Fähigkeiten und die ordnungsgemäße Erbringung der Regelleistung unter betrieblichen Bedingungen.

§ 7 Erbringung von Regelenergie

Die Regelenergiearten Primärregelung, Sekundärregelung und Minutenreserve sowie sonstige beschaffte und eingesetzte Regelenergieprodukte sind entsprechend den Ausschreibungsergebnissen auf Grundlage der Angebotskurven beginnend mit dem jeweils günstigsten Angebot von den jeweiligen Betreibern von Übertragungsnetzen einzusetzen. Bei Netzeinschränkungen kann von den Angebotskurven abgewichen werden, wenn die Netzeinschränkungen begründet dargelegt werden können.

§ 8 Abrechnung von Regelenergie

(1) Betreiber von Übertragungsnetzen haben die Kosten für Primärregelleistung und -arbeit, für die Vorhaltung von Sekundärregelleistung und Minutenreserveleistung sowie weiterer beschaffter und eingesetzter Regelenergieprodukte als eigenständige Systemdienstleistungen den Nutzern der Übertragungsnetze in Rechnung zu stellen. Für jedes Angebot, das zum Zuge kommt, bemisst sich die zu zahlende Vergütung nach dem im jeweiligen Angebot geforderten Preis.

(2) Die einzelnen Betreiber von Übertragungsnetzen sind verpflichtet, innerhalb ihrer jeweiligen Regelzone auf 15-Minutenbasis die Mehr- und Mindereinspeisungen aller Bilanzkreise zu saldieren. Sie haben die Kosten der Beschaffung von positiver Sekundärregelarbeit und positiver Minutenreservearbeit als Ausgleichsenergie den Bilanzkreisverantwortlichen auf Grundlage einer viertelstündlichen Abrechnung in Rechnung zu stellen. Sofern negative Sekundärregelarbeit und negative Minutenreservearbeit beschafft wird, erfolgt die Abrechnung der Ausgleichsenergie auf Grundlage der erzielten Preise. Die Preise, die je Viertelstunde ermittelt werden, müssen für Bilanzkreisüberspeisungen und Bilanzkreisunterspeisungen identisch sein. Die Abrechnung des Betreibers von Übertragungsnetzen gegenüber den Bilanzkreisverantwortlichen hat spätestens zwei Monate nach dem jeweiligen Abrechnungsmonat zu erfolgen. Diese Frist kann auf Antrag des Betreibers von Übertragungsnetzen von der Regulierungsbehörde verlängert werden.

§ 9 Transparenz der Ausschreibung, Beschaffung und Inanspruchnahme von Regelenergie

(1) Betreiber von Übertragungsnetzen sind verpflichtet, die Ausschreibungsergebnisse in einem einheitlichen Format getrennt nach Primärregelung, Sekundärregelung und Minutenreserve sowie der sonstigen Regelenergieprodukte der Regulierungsbehörde auf Anforderung unverzüglich zur Verfügung zu stellen sowie nach Ablauf von zwei Wochen auf ihrer Internetseite in anonymisierter Form zu veröffentlichen und dort für drei Jahre verfügbar zu halten. Hierbei ist insbesondere der Preis des Grenzanbieters zu veröffentlichen.

(2) Die Betreiber von Übertragungsnetzen haben auf ihrer gemeinsamen Internetplattform für jede Ausschreibung eine gemeinsame Angebotskurve zu veröffentlichen.

§ 10 Verlustenergie

(1) Die Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen sind verpflichtet, Verlustenergie in einem marktorientierten, transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren zu beschaffen. Dabei sind Ausschreibungsverfahren durchzuführen, soweit nicht wesentliche Gründe entgegenstehen. Ein wesentlicher Grund kann insbesondere dann vorliegen, wenn die Kosten der Ausschreibungsverfahren in einem unangemessenen Verhältnis zu deren Nutzen stehen. Von der Verpflichtung nach Satz 1 sind Netzbetreiber ausgenommen, an deren Verteilernetz weniger als 100 000 Kunden unmittelbar oder mittelbar angeschlossen sind.

(2) Die Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen sind verpflichtet, einen Bilanzkreis zu führen, der ausschließlich den Ausgleich von Verlustenergie umfasst.

Von der Verpflichtung nach Satz 1 sind Netzbetreiber ausgenommen, an deren Verteilernetz weniger als 100 000 Kunden unmittelbar oder mittelbar angeschlossen sind.

§ 11 Bilanzkreis für Energien nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz

Die Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen sind verpflichtet, einen Bilanzkreis zu führen, der ausschließlich Energien nach dem Erneuerbare-Energie-Gesetz von Einspeisern im Netzgebiet zur Durchleitung an den Bilanzkreis für Energien nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz der Betreiber von Übertragungsnetzen aufweist. Von der Verpflichtung nach Satz 1 sind Netzbetreiber ausgenommen, an deren Verteilernetz weniger als 100 000 Kunden unmittelbar oder mittelbar angeschlossen sind.

Teil 3
Zugang zu Elektrizitätsverteilernetzen

§ 12 Standardisierte Lastprofile

(1) Die Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen haben für die Abwicklung der Stromlieferung an Letztverbraucher mit einer jährlichen Entnahme von bis zu 100 000 Kilowattstunden vereinfachte Methoden (standardisierte Lastprofile) anzuwenden, die eine registrierende Lastgangmessung nicht erfordern. Die Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen können in begründeten Fällen Lastprofile auch für Verbrauchsgruppen mit einer jährlichen Entnahme festlegen, die über den in Satz 1 genannten Wert hinausgehen.

(2) Standardisierte Lastprofile müssen sich am typischen Abnahmeprofil jeweils folgender Gruppen von Letztverbrauchern orientieren:

Die Grenzen für die Anwendung von standardisierten Lastprofilen sind auf alle Letztverbraucher einer Lastprofilgruppe gleichermaßen anzuwenden. Der Netznutzer ist berechtigt, mit dem Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen im Einzelfall eine niedrigere Grenze zu vereinbaren.

(3) Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen sind verpflichtet, einen Differenzbilanzkreis zu führen, der ausschließlich die Abweichungen der Gesamtheit der Letztverbraucher mit einer jährlichen Entnahme von bis zu 100 000 Kilowattstunden oder einer individuell festgelegten anderen Grenze nach den Absätzen 1 und 2 von dem prognostizierten Verbrauch dieser Letztverbraucher erfasst. In dem Differenzbilanzkreis dürfen keine Letztverbraucher bilanziert werden. Die Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen sind verpflichtet, die Ergebnisse der Differenzbilanzierung jährlich auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen. Von der Verpflichtung nach Satz 1 sind Netzbetreiber ausgenommen, an deren Verteilernetz weniger als 100 000 Kunden unmittelbar oder mittelbar angeschlossen sind.

§ 13 Jahresmehr- und Jahresmindermengen

(1) Die Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen sind verpflichtet, für jeden Lastprofilkunden des Lieferanten eine Prognose über den Jahresverbrauch festzulegen, die in der Regel auf dem Vorjahresverbrauch basiert. Die Prognose ist dem Lieferanten oder Netznutzer mitzuteilen. Dieser kann unplausiblen Prognosen widersprechen und dem Betreiber des Elektrizitätsverteilernetzes eine eigene Prognose unterbreiten. Kommt keine Einigung zustande, legt der Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen die Prognose über den Jahresverbrauch fest. In begründeten Ausnahmefällen kann die Jahresverbrauchsprognose vom Lieferanten und dem Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen gemeinsam auch unterjährig angepasst werden.

(2) Jahresmehr- und Jahresmindermengen zwischen der bei Entnahmestellen ohne registrierende Viertelstunden-Lastgangzählung (Standard-Lastprofilkunde) gemessenen oder auf sonstige Weise ermittelten elektrischen Arbeit und der sich aus den prognostizierten Lastprofilen ergebenden elektrischen Arbeit gelten als vom Netzbetreiber geliefert oder abgenommen.

(3) Unterschreitet die Summe der in einem Zeitraum ermittelten elektrischen Arbeit die Summe der Arbeit, die den bilanzierten Lastprofilen zu Grunde gelegt wurde (ungewollte Mehrmenge), so vergütet der Netzbetreiber dem Lieferanten oder dem Kunden diese Differenzmenge. Überschreitet die Summe der in einem Zeitraum ermittelten elektrischen Arbeit die Summe der Arbeit, die den bilanzierten Lastprofilen zu Grunde gelegt wurde (ungewollte Mindermenge), stellt der Netzbetreiber die Differenzmenge dem Lieferanten oder dem Kunden in Rechnung. Die Abrechnung der Jahresmehr- und Jahresmindermengen erfolgt nach Ablauf des jeweiligen Abrechnungsjahres zwischen Lieferanten und Netzbetreiber oder zwischen Kunden und Netzbetreiber. Der Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen berechnet für Jahresmehr- und Jahresmindermengen auf Grundlage der monatlichen Marktpreise einen einheitlichen Preis. Dieser Preis ist auf der jeweiligen Internetseite des Betreibers von Elektrizitätsverteilernetzen zu veröffentlichen.

Teil 4
Sonstige Pflichten der Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen

§ 14 Lieferantenwechsel

(1) Der Wechsel von Entnahmestellen zu anderen Lieferanten ist nur zum Ende eines Kalendermonats durch An- und Abmeldung bei dem Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen, an dessen Netz die Entnahmestelle angeschlossen ist, möglich.

(2) Der bisherige Lieferant ist verpflichtet, unverzüglich

(3) Der neue Lieferant ist verpflichtet, dem Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen spätestens einen Monat vor dem beabsichtigten Beginn der Lieferung alle Entnahmestellen seiner neuen Kunden und alle hinzukommenden Entnahmestellen seiner bisherigen Kunden, soweit die Entnahmestellen an das Netz des Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen angeschlossen sind, und den beabsichtigten Beginn der Netznutzung mitzuteilen. Gleichzeitig hat er anzugeben, ob der Kunde ein Haushaltskunde ist.

(4) Eine Entnahmestelle ist anhand von nicht mehr als drei mitgeteilten Daten zu identifizieren. Es soll eine der folgenden Datenkombinationen mitgeteilt werden:

(5) Wird die Belieferung eines Kunden an einer Entnahmestelle von mehreren Lieferanten für den gleichen Zeitraum oder Lieferbeginn in Anspruch genommen, so hat der Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen die beteiligten Lieferanten unverzüglich über die bestehende Lieferantenkonkurrenz zu informieren. Findet nicht rechtzeitig vor Lieferbeginn eine Einigung zwischen den Lieferanten statt, ist der Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen verpflichtet, das Netz dem Lieferanten zur Verfügung zu stellen, der die Belieferung des Kunden zuerst mitgeteilt hat.

(6) Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen dürfen den Lieferantenwechsel nicht von anderen Bedingungen als den in den Absätzen 1 bis 5 genannten abhängig machen. § 27 Abs. 1 Nr. 17 bleibt unberührt.

§ 15 Engpassmanagement

(1) Betreiber von Übertragungsnetzen haben im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren das Entstehen von Engpässen in ihren Netzen und an den Kuppelstellen zu benachbarten Netzen mit Hilfe von netzbezogenen und marktbezogenen Maßnahmen zu verhindern, die auch die Zusammenarbeit der Betreiber von Übertragungsnetzen einschließen kann.

(2) Lässt sich die Entstehung eines Engpasses mit Hilfe von Maßnahmen nach Absatz 1 nicht vermeiden, so sind Betreiber von Übertragungsnetzen verpflichtet, die verfügbaren Leitungskapazitäten nach marktorientierten und transparenten Verfahren diskriminierungsfrei zu bewirtschaften.

(3) Die Erlöse, die Netzbetreiber aus der Durchführung der Engpassbewirtschaftung erzielen, sind unverzüglich für Maßnahmen zur Beseitigung von Engpässen zu verwenden, hierfür zurückzustellen oder entgeltmindernd in den Netzentgelten zu berücksichtigen. Die Erlöse, die Netzbetreiber aus der Durchführung der Engpassbewirtschaftung erzielen, sind von den Betreibern von Übertragungsnetzes zu dokumentieren. Die Dokumentation ist der Regulierungsbehörde vorzulegen.

(4) Betreiber von Übertragungsnetzen sind verpflichtet, Engpässe in ihrem Netz unverzüglich und in geeigneter Form, zumindest aber auf ihrer Internetseite, zu veröffentlichen und den betroffenen Bilanzkreisverantwortlichen, soweit möglich, unverzüglich elektronisch mitzuteilen. Die Veröffentlichung und Mitteilung müssen enthalten:

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen.

§ 16 Allgemeine Zusammenarbeitspflichten

(1) Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen sind verpflichtet, gemeinsam mit den anderen Netzbetreibern einheitliche Bedingungen des Netzzugangs zu schaffen, um die Transaktionskosten des Zugangs zum gesamten Elektrizitätsversorgungsnetz so gering wie möglich zu halten.

(2) Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen sind verpflichtet, untereinander die zur effizienten Organisation des Netzzugangs erforderlichen Verträge abzuschließen und die notwendigen Daten unverzüglich auszutauschen.

§ 17 Veröffentlichungspflichten der Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen

(1) Betreiber von Übertragungsnetzen sind verpflichtet, folgende netzrelevanten Daten unverzüglich und in geeigneter Weise, zumindest auf ihrer Internetseite, zu veröffentlichen und zwei Jahre verfügbar zu halten:

(2) Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen sind verpflichtet, folgende netzrelevanten Daten unverzüglich in geeigneter Weise, zumindest im Internet, zu veröffentlichen:

§ 18 Messung

(1) Die Messung nach § 2b des Energiewirtschaftsgesetzes erfolgt bei Kunden im Sinne des § 12 durch Erfassung der entnommenen elektrischen Arbeit sowie gegebenenfalls durch Registrierung der Lastgänge am Zählpunkt. Handelt es sich nicht um Kunden im Sinne des § 12, erfolgt die Messung durch eine viertelstündige registrierende Leistungsmessung.

(2) Sofern der Netzbetreiber der Messstellenbetreiber ist, stehen die Messeinrichtungen in seinem Eigentum. Die Messeinrichtungen müssen den eichrechtlichen Bestimmungen entsprechen.

§ 19 Betrieb von Mess- und Steuereinrichtungen

(1) Der Messstellenbetreiber hat dafür Sorge zu tragen, dass eine einwandfreie Messung der Elektrizität sowie die Datenübertragung gewährleistet ist. Der Messstellenbetreiber bestimmt Art, Zahl und Größe von Mess- und Steuereinrichtungen; die Bestimmung muss unter Berücksichtigung netzwirtschaftlicher Belange zur Höhe des Verbrauchs in einem angemessenen Verhältnis stehen.

(2) Der Kunde haftet für das Abhandenkommen und die Beschädigung von Mess - und Steuereinrichtungen, soweit ihn daran ein Verschulden trifft. Er hat den Verlust, Beschädigungen und Störungen dieser Einrichtungen dem Messstellenbetreiber unverzüglich mitzuteilen.

§ 20 Nachprüfung von Messeinrichtungen

(1) Der Netznutzer kann jederzeit die Nachprüfung der Messeinrichtungen durch eine Eichbehörde oder eine staatlich anerkannte Prüfstelle im Sinne des § 2 Abs. 4 des Eichgesetzes verlangen. Stellt der Netznutzer den Antrag auf Nachprüfung nicht bei dem Messstellenbetreiber, so hat er diesen zugleich mit der Antragstellung zu benachrichtigen.

(2) Die Kosten der Nachprüfung fallen dem Messstellenbetreiber zur Last, falls die Abweichung die gesetzlichen Verkehrsfehlergrenzen überschreitet, sonst dem Netznutzer.

§ 21 Vorgehen bei Messfehlern

Ergibt eine Prüfung der Messeinrichtungen eine Überschreitung der eichrechtlichen Verkehrsfehlergrenzen und ist die Größe des Fehlers nicht einwandfrei festzustellen oder zeigt eine Messeinrichtung nicht an, so ermittelt der Netzbetreiber die Daten für die Zeit seit der letzten fehlerfreien Ablesung aus dem Durchschnittsverbrauch des ihr vorhergehenden und des der Beseitigung des Fehlers nachfolgenden Ablesezeitraumes oder auf Grund des Vorjahreswertes durch Schätzung, soweit aus Parallelmessungen vorhandene Messwerte keine ausreichende Verlässlichkeit bieten.

§ 22 Datenaustausch

Der Datenaustausch zur Anbahnung und zur Abwicklung der Netznutzung zwischen Betreibern von Elektrizitätsversorgungsnetzen und Netznutzern erfolgt elektronisch. Der Datentransfer hat unverzüglich in dem von der Regulierungsbehörde vorgegebenen, bundesweit einheitlichen Format zu erfolgen. Die Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen stellen sicher, dass der Datenaustausch in einheitlichen Prozessen erfolgt, die eine größtmögliche Automatisierung ermöglichen.

Teil 5
Vertragsbeziehungen

§ 23 Vertragliche Ausgestaltung des Netzzugangs

(1) Der Netzzugangsberechtigte fordert spätestens durch Anmeldung der ersten Kundenentnahmestelle zur Netznutzung ein verbindliches Angebot zum Abschluss eines Lieferantenrahmenvertrages oder Netznutzungsvertrages beim Betreiber eines Elektrizitätsversorgungsnetzes an. Dieser ist verpflichtet, innerhalb einer Frist von sieben Arbeitstagen nach Eingang der Anforderung ein vollständiges und bindendes Angebot abzugeben.

(2) Die Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen sind berechtigt, die von ihnen geschlossenen Verträge aus wichtigem Grund fristlos zu kündigen. Sie können in begründeten Fällen vom Netznutzer eine Sicherheitsleistung verlangen.

§ 24 Netznutzungsvertrag

(1) Netznutzer haben einen Anspruch auf Abschluss eines Netznutzungsvertrages. Wird der Netznutzungsvertrag von einem Lieferanten abgeschlossen, so darf der Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen den Netzzugang nicht von dem gleichzeitigen Abschluss eines Netznutzungsvertrages zwischen ihm und dem Letztverbraucher abhängig machen.

(2) Der Vertrag muss unter Beachtung der Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes und dieser Verordnung mindestens Regelungen zu folgenden Gegenständen enthalten:

§ 25 Lieferantenrahmenvertrag

(1) Lieferanten haben gegen die Netzbetreiber einen Anspruch auf Abschluss eines Lieferantenrahmenvertrages über die Abwicklung der Belieferung ihrer Kunden mit elektrischer Energie.

(2) Der Vertrag muss unter Beachtung der Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes und dieser Verordnung mindestens Regelungen zu folgenden Gegenständen enthalten:

§ 26 Bilanzkreisvertrag

(1) Zwischen dem Bilanzkreisverantwortlichen und dem Betreiber von Übertragungsnetzen muss ein Vertrag über die Führung, Abwicklung und Abrechnung von Bilanzkreisen (Bilanzkreisvertrag) geschlossen werden.

(2) Der Vertrag muss unter Berücksichtigung der Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes und dieser Verordnung mindestens Regelungen zu folgenden Gegenständen enthalten:

(3) In den Bilanzkreisverträgen ist sicherzustellen, dass die Bilanzkreisverantwortlichen gegen angemessenes Entgelt ihren Bilanzkreis für Fahrplangeschäfte öffnen, die der Bereitstellung von Minutenreserve dienen, die ein Bereitsteller des eigenen Bilanzkreises über einen anderen Bilanzkreis abwickeln will.

Teil 6
Befugnisse der Regulierungsbehörde

§ 27 Festlegungen der Regulierungsbehörde

(1) Zur Verwirklichung eines effizienten Netzzugangs und der in § 1 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes genannten Zwecke kann die Regulierungsbehörde unter Beachtung der Anforderungen eines sicheren Netzbetriebs Entscheidungen durch Festlegungen nach § 29 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes treffen

(2) Die Regulierungsbehörde soll festlegen, dass Betreiber von Übertragungsnetzen im Zusammenhang mit der Beschaffung und dem Einsatz von Regelenergie weitere Daten veröffentlichen müssen, wenn dadurch die Angebotsbedingungen für Regelenergie durch Erhöhung der Markttransparenz verbessert werden oder die höhere Transparenz geeignet ist, die Vorhaltung oder den Einsatz von Regelenergie zu vermindern.

(3) Die Regulierungsbehörde kann abweichend von § 12 Abs. 1 Satz 1 im Einzelfall abweichende Grenzwerte für standardisierte Lastprofile festlegen, wenn der Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen nachweist, dass bei Beachtung der in § 12 Abs. 1 Satz 1 genannten Grenzwerte ein funktionierender Netzbetrieb technisch nicht zu gewährleisten ist.

(4) Die Regulierungsbehörde kann Entscheidungen nach den Absätzen 1 bis 3 in ihrem Amtsblatt öffentlich bekannt machen.

§ 28 Standardangebote

(1) Zur Verwirklichung eines effizienten Netzzugangs und der in § 1 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes genannten Zwecke kann die Regulierungsbehörde weitere Festlegungen gegenüber Betreibern von Elektrizitätsversorgungsnetzen zur Vereinheitlichung der Vertragspflichten aus den in §§ 23 bis 26 genannten Verträgen treffen. Die Regulierungsbehörde kann Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen auffordern, ihr innerhalb einer von der Regulierungsbehörde bestimmten, angemessenen Frist einen Vorschlag für ein Standardangebot für Verträge nach den §§ 23 bis 26 vorzulegen. Sie kann in dieser Aufforderung Vorgaben für die Ausgestaltung einzelner Bedingungen machen. Das Standardangebot muss so umfassend sein, dass es von den einzelnen Nachfragern ohne weitere Verhandlungen angenommen werden kann.

(2) Die Regulierungsbehörde prüft die vorgelegten Standardangebote und gibt tatsächlichen oder potenziellen Nachfragern sowie Betreibern von Elektrizitätsversorgungsnetzen in geeigneter Form Gelegenheit zur Stellungnahme.

(3) Sie kann unter Berücksichtigung der Stellungnahmen Änderungen der Standardangebote vornehmen, insbesondere soweit Vorgaben für einzelne Bedingungen nicht umgesetzt worden sind. Sie kann Standardangebote mit einer Mindestlaufzeit versehen.

(4) Die Regulierungsbehörde macht die Festlegungsentscheidungen in ihrem Amtsblatt öffentlich bekannt und veröffentlicht sie im Internet. Im übrigen gelten die Verfahrensbestimmungen des Energiewirtschaftsgesetzes.

(5) Für Änderungen des Standardangebotes nach § 29 Abs. 2 des Energiewirtschaftsgesetzes gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

Teil 7
Sonstige Bestimmungen

§ 29 Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig im Sinne des § 95 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe a des Energiewirtschaftgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer vollziehbaren Anordnung nach § 65 Abs. 2 des Energiewirtschaftsgesetzes in Verbindung mit § 17 Abs. 1 oder 2 zuwiderhandelt.

(2) Ordnungswidrig im Sinne des § 95 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe b des Energiewirtschaftsgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer vollziehbaren Anordnung nach § 27 Abs. 1 Nr. l, 3, 7, 9, 15, 16, 17 oder 18 oder § 28 Abs. 1 Satz 2 zuwiderhandelt.

§ 30 Übergangsregelungen

(1) § 11 ist erst ab dem (einsetzen: erster Tag des dritten auf die Verkündung folgenden Monats anzuwenden.

(2) § 6 Abs. 1 ist für Minutenreserve erst ab dem (einsetzen: erster Tag des sechsten auf die Verkündung folgenden Monats und für die Primär- und Sekundärregelenergie erst ab dem (einsetzen: erster Tag des zwölften auf die Verkündung folgenden Monats anzuwenden.

§ 31 Inkrafttreten

Die Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft."

Begründung

Die Stromnetzzugangsverordnung ist eine Rechtsverordnung auf der Grundlage der §§ 21b, 24 und 29 des am 16. Juni 2005 vom Deutschen Bundestag und am 17. Juni 2005 vom Bundesrat nach einem Vermittlungsverfahren beschlossenen Energiewirtschaftsgesetzes (Artikel 1 des Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts).

Im Vermittlungsverfahren sind Veränderungen an dem mit dem Gesetz und den Netzzugangs- und Netzentgeltverordnungen der Bundesregierung vorgesehenen Ordnungsrahmen für leitungsgebundene Energie vereinbart worden, die nunmehr auch in den Verordnungen umgesetzt werden müssen. Sie betreffen in der Stromnetzzugangsverordnung insbesondere Bestimmungen zur Beschaffung von Regelenergie, von Verlustenergie und eine Reduzierung unnötiger Berichtspflichten der Netzbetreiber.

Die überarbeitete Neufassung entspricht den Ergebnissen der Beratungen in der Arbeitsgruppe des Vermittlungsausschusses zum Energiewirtschaftsgesetz.