Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 3509 - vom 10. Juli 2007.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 20. Juni 2007 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,
- - unter Hinweis auf die Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge1,
- - unter Hinweis auf die Richtlinie 93/36/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge2,
- - unter Hinweis auf die Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge3,
- - unter Hinweis auf die Richtlinie 93/38/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor4,
- - unter Hinweis auf die Richtlinie 97/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1997 zur Änderung der Richtlinien 92/50/EWG, 93/36/EWG und 93/37/EWG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge, öffentlicher Lieferaufträge und öffentlicher Bauaufträge5,
- - unter Hinweis auf die Richtlinie 98/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 zur Änderung der Richtlinie 93/38/EWG zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor6,
- - unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung (KOM (2000) 0276),
- - unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge, öffentlicher Dienstleistungsaufträge und öffentlicher Bauaufträge (KOM (2000) 0275),
- - unter Hinweis auf die Interinstitutionelle Vereinbarung über bessere Rechtsetzung7,
- - unter Hinweis auf die Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste8,
- - unter Hinweis auf die Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge9,
- - gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,
- - in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz sowie der Stellungnahme des Rechtsausschusses (A6-0226/2007),
A. in der Erwägung, dass die Gemeinschaftsgesetzgebung über das öffentliche Beschaffungswesen darauf abzielt, die öffentlichen Märkte in den EU-Mitgliedstaaten für den grenzüberschreitenden Wettbewerb zu öffnen, indem gleiche Marktbedingungen für die Dienstleistungserbringer geschaffen werden und folglich die Entwicklung des Binnenmarkts unterstützt wird,
B. in der Erwägung, dass die rechtzeitige und korrekte Umsetzung und Anwendung der Rechtsvorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen wesentlich dazu beiträgt, dass die Ziele des Programms der EU für eine bessere Rechtsetzung erreicht werden,
C. in der Erwägung, dass die Richtlinie 2004/18/EG die drei früheren Richtlinien für Bau-, Dienstleistungs- und Lieferaufträge zusammenfasst und damit die früheren Bestimmungen klarstellt und modernisiert,
D. in der Erwägung, dass mit den Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG (Vergaberichtlinien) neue Bestimmungen und fakultative Vorschriften eingeführt werden, die den erwerbenden Behörden größere Flexibilität geben, und dass im öffentlichen Beschaffungswesen generelle Effizienzsteigerungen durch die Einführung der fakultativen Elemente der Richtlinie 2004/18/EG erzielt werden können, da diese die Transaktionskosten verringern,
E. in der Erwägung, dass mit der Richtlinie 2004/17/EG eine Ausnahmeregelung für Tätigkeiten eingeführt wird, die in der gesamten EU uneingeschränkt für den Wettbewerb geöffnet sind,
F. in der Erwägung, dass die Frist für die Umsetzung der Vergaberichtlinien in die nationalen Rechtsvorschriften der 31. Januar 2006 war und dass bisher nur 20 von 27 Mitgliedstaaten sie umgesetzt haben, sowie in der Erwägung, dass die verspätete Umsetzung unterschiedliche Marktbedingungen innerhalb der Europäischen Union schafft,
G. in der Erwägung, dass auch Handelsschranken entstehen können, wenn nicht alle fakultativen Elemente der Richtlinie 2004/18/EG von den Mitgliedstaaten in kohärenter Weise übernommen werden,
H. in der Erwägung, dass die Kommission den Mitgliedstaaten nur auf freiwilliger Grundlage ihre Unterstützung im Umsetzungsprozess anbieten kann, der folglich nicht immer wirksam gewährleistet ist,
I. in der Erwägung, dass die am häufigsten genannten Hindernisse für die zufriedenstellende Umsetzung mangelnder nationaler juristischer Sachverstand, mangelnde Personalausstattung sowie das Fehlen von politischem Willen in den Mitgliedstaaten sind,
J. in der Erwägung, dass laut dem Binnenmarktanzeiger vom Dezember 2006 wesentliche Verbesserungen bei den Umsetzungsquoten zu verzeichnen sind,
K. in der Erwägung, dass im öffentlichen Beschaffungswesen, das den Vergaberichtlinien unterliegt, mehrheitlich die Vorschriften eingehalten werden, weshalb Vorwürfe, dass der Binnenmarkt im öffentlichen Beschaffungswesen versage und das Erreichen der Ziele der Lissabon-Agenda gefährde, unbegründet sind,
L. in der Erwägung, dass nichtsdestotrotz Probleme bei der Sammlung von Daten über das öffentliche Beschaffungswesen existieren, die im Wesentlichen mit der Vielzahl der öffentlichen Auftraggeber und den unvollständigen Daten über die fehlerhafte Anwendung der Vorschriften zusammenhängen,
M. in der Erwägung, dass die Kommission über die Zahl illegaler direkter Auftragsvergaben beunruhigt ist,
N. in der Erwägung, dass illegale direkte Auftragsvergaben aus einer Reihe von Faktoren resultieren können, darunter Missverständnissen in Bezug auf die Vorschriften für das öffentliche Beschaffungswesen gemäß den Vergaberichtlinien, den Vertragsgrundsätzen und der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, Fehler bei komplexen Beschaffungen, Verlängerungen der Rahmenvereinbarungen über ihren ursprünglichen Bereich oder ihre ursprüngliche Laufzeit hinaus, mutmaßliche Korruption, die Umgehung übermäßig langer Zeithorizonte in Verbindung mit der EU-weiten Bekanntmachung und unnötig komplizierte nationale Ausschreibungserfordernisse, z.B. komplexe elektronische Kaufvereinbarungen,
O. in der Erwägung, dass die Befürchtung besteht, die in der Richtlinie 2004/18/EG verankerten umweltbezogenen oder sozialen Kriterien könnten fehlerhaft angewendet werden,
P. in der Erwägung, dass die Fähigkeit der Kommission, bei einer fehlerhaften Anwendung der Vorschriften systematisch unverzügliche gerichtliche Schritte einzuleiten, durch einen Mangel an geeignetem Personal begrenzt ist,
Q. in der Erwägung, dass die Daten über Umsetzung und Anwendung durch die Förderung von professionellem Vorgehen und besten Praktiken im Rahmen der Politik der Mitgliedstaaten im öffentlichen Beschaffungswesen verbessert werden könnten,
R. in der Erwägung, dass in mehreren Mitgliedstaaten die besten Praktiken in wirksamen Systemen zur Überprüfung des Beschaffungswesens kodifiziert wurden,
S. in der Erwägung, dass das vorkommerzielle Beschaffungswesen in Europa als ungenutzte Möglichkeit ermittelt wurde, den öffentlichen Bedarf als Motor für Innovation zu nutzen; in der Erwägung, dass vorkommerzielle Beschaffungstransaktionen innerhalb der bestehenden Rechtsrahmen gemäß dem WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen, den Richtlinien über das öffentliche Beschaffungswesen, dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, dem Wettbewerbsrecht einschließlich des Rechts betreffend staatliche Beihilfen und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs organisiert werden können,
- 1. begrüßt die jüngste Modernisierung und Vereinfachung der EU-Rechtsvorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen, durch die sich die Effizienz der öffentlichen Beschaffungsverfahren in der Europäischen Union wesentlich gesteigert hat;
Umsetzung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen
- 2. vertritt die Auffassung, dass die Mitgliedstaaten die Unterstützung der Kommission bei der Umsetzung umfassend nutzen sollten;
- 3. ist der Ansicht, dass der Kommission das Personal für eine wirksamere Überwachung einer verspäteten und inkorrekten Umsetzung zur Verfügung gestellt werden sollte;
- 4. betont, dass die Mitgliedstaaten Kenntnisse und beste Praktiken bezüglich der Umsetzung der Rechtsvorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen aktiv untereinander austauschen und die Zusammenarbeit mit der Kommission in diesem Bereich verbessern sollten;
- 5. vertritt die Auffassung, dass die nicht kohärente Umsetzung der fakultativen Elemente der Richtlinie 2004/18/EG negative Auswirkungen auf den Binnenmarkt haben könnte, und ermutigt die Mitgliedstaaten folglich, die Übernahme aller Optionen der Flexibilität in Betracht zu ziehen; betont insbesondere, dass diese fakultativen Elemente das Risiko illegaler Praktiken verringern könnten;
- 6. fordert die Kommission daher auf, eine Untersuchung durchzuführen, um die Auswirkungen einer nicht harmonisierten Umsetzung der fakultativen Elemente der Richtlinie 2004/18/EG auf grenzüberschreitende Ausschreibungen in der Europäischen Union zu bewerten;
- 7. ersucht die Mitgliedstaaten, die dies bisher noch nicht getan haben, ihren Behörden die erforderlichen Rechtsinstrumente zur Verfügung zu stellen, um auf unbürokratische Weise im Rahmen einer öffentlich-öffentlichen Partnerschaft zusammenzuarbeiten und dadurch den Behörden die erforderliche Rechtssicherheit dafür zu bieten, dass sie im Einklang mit dem EU-Recht handeln, insbesondere mit den Richtlinien über das öffentliche Beschaffungswesen und der Rechtsprechung des EuGH;
Anwendung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen
- 8. ist der festen Überzeugung, dass Verstöße gegen die Vorschriften reduziert werden könnten, wenn die Mitgliedstaaten und die Kommission mehr kooperative Praktiken einführen würden; ermutigt die Mitgliedstaaten und die Kommission daher, einen informellen Austausch in einer frühen Phase aktiv zu fördern;
- 9. vertritt die Auffassung, dass der Kommission in Anbetracht der Zahl der Verstöße das Personal für eine wirksamere Überwachung der Umsetzung der Rechtsvorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen zur Verfügung gestellt werden sollte;
- 10. fordert die Mitgliedstaaten auf, der Kommission hinreichende Daten über die Umsetzung der Vergaberichtlinien zur Verfügung zu stellen; fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission darüber hinaus nachdrücklich auf, im Hinblick auf eine Ausweitung der Kapazität für eine bessere Datenerhebung und eine bessere Überwachung der Umsetzungs- und Anwendungsprobleme zusammenzuarbeiten;
- 11. fordert die Einrichtung nationaler Beratungsstellen für das öffentliche Beschaffungswesen, um die öffentlichen Auftraggeber bei der korrekten Anwendung der Vorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen und die Bieter, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, bei Bewerbungen um öffentliche Aufträge zu unterstützen;
- 12. fordert die Mitgliedstaaten auf, die nationalen Maßnahmen auf die Aufdeckung und Sanktionierung illegaler Praktiken zu konzentrieren sowie darauf, zu gewährleisten, dass alle einschlägigen nationalen Gerichtsurteile und die Urteile des Europäischen Gerichtshofs beachtet werden;
- 13. betont, dass informelle Streitbeilegungsmechanismen förmliche Rechtsbehelfe im öffentlichen Beschaffungswesen ergänzen können und dass ihnen größere Sichtbarkeit verschafft werden sollte;
- 14. ermutigt die Mitgliedstaaten nachdrücklich, Techniken der Online-Beschaffung zu koordinieren und zu vereinfachen, um den Zugang zu solchen Beschaffungen zu erleichtern;
- 15. begrüßt das Handbuch der Kommission über die Anwendung von umweltbezogenen Kriterien;
- 16. begrüßt die laufende Untersuchung der Kommission über die Anwendung sozialer Kriterien, um eine korrekte und wirksame Anwendung dieser Kriterien zu gewährleisten; fordert die Veröffentlichung von Leitlinien zur Anwendung sozialer Kriterien bei Abschluss der Untersuchung;
Verbesserung der besten Verfahren im öffentlichen Beschaffungswesen
- 17. ist der Ansicht, dass die Mitgliedstaaten mehr Kapazität dafür aufwenden sollten, die Professionalität im Beschaffungswesen zu steigern und beste Verfahren auf nationaler Ebene auszutauschen, um eine kohärente und gleiche Anwendung der Vorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen seitens aller öffentlichen Auftraggeber und in den Anwendungsbereichen der Vorschriften sicherzustellen, in denen weniger Klarheit besteht, so insbesondere bei Beschaffungen außerhalb des Bereichs der Vergaberichtlinien;
- 18. weist darauf hin, dass die systematische Ausbildung von Fachleuten für das Beschaffungswesen in der gesamten Europäischen Union die Transparenz der nationalen Anwendungsmaßnahmen und -verfahren im öffentlichen Beschaffungswesen EU-weit erhöhen würde;
- 19. betont, dass ein Wandel notwendig ist, um im öffentlichen Beschaffungswesen von einem haushaltsbezogenen Ansatz zu einem ergebnisorientierten Konzept überzugehen, wobei die Kosten eines ganzen Projektzyklus zu berücksichtigen sind und was erfordert, dass Beschaffungsfachleute gründliche Management- und Wirtschaftskenntnisse entwickeln;
- 20. ermutigt die Kommission, partnerschaftlich mit den Mitgliedstaaten die Verbreitung der Kenntnisse auf EU-Ebene im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens zu verbessern;
- 21. ermutigt die Entwicklung nationaler "Demonstrationskonferenzen" für das Beschaffungswesen, die die besten Projekte im öffentlichen Beschaffungswesen vorstellen, sowie die Entwicklung und Koordinierung der Tätigkeit der europäischen Netzwerke für den Austausch der besten Praktiken im öffentlichen Beschaffungswesen;
- 22. ermutigt die Mitgliedstaaten, das vorkommerzielle Beschaffungswesen auf der Grundlage der Nutzen-Risiko-Teilung zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern als wirksames Instrument zur Innovationsförderung in der Europäischen Union zu nutzen, um innovative Lösungen für spezifische Probleme von öffentlichem Interesse zu entwickeln;
Schlussfolgerung
- 23. empfiehlt, dass die Kommission einen Aktionsplan vorschlägt, um die Mitgliedstaaten zu ermutigen, noch bestehende und neue Umsetzungs- und Anwendungsprobleme im öffentlichen Beschaffungswesen anzugehen und sich dabei auf illegale direkte Auftragsvergaben und eine verspätete oder inkorrekte Umsetzung zu konzentrieren;
- 24. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, dem Europäischen Bürgerbeauftragten und den Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
- 1 ABl. L 209 vom 24.7.1992, S. 1.
- 2 ABl. L 199 vom 9.8.1993, S. 1.
- 3 ABl. L 199 vom 9.8.1993, S. 54.
- 4 ABl. L 199 vom 9.8.1993, S. 84.
- 5 ABl. L 328 vom 28.11.1997, S. 1.
- 6 ABl. L 101 vom 1.4.1998, S. 1.
- 7 ABl. C 321 vom 31.12.2003, S. 1.
- 8 ABl. L 134 vom 30.4.2004, S. 1.
- 9 ABl. L 134 vom 30.4.2004, S. 114.