Niedersächsischer Ministerpräsident Hannover, 11. April 2019
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Daniel Günther
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Niedersächsische Landesregierung hat beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der Situation der Opfer des SED-Unrechts zuzuleiten.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 977. Sitzung des Bundesrates am 17. Mai 2019 aufzunehmen und anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Weil
Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der Situation der Opfer des SED-Unrechts
Der Bundesrat möge beschließen:
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die rechtlichen Voraussetzungen für die Umsetzung der folgenden Forderungen zu schaffen.
1. Medizinische Begutachtung
Die medizinische Begutachtung von Opfern des SED-Unrechts soll vereinheitlicht und verbessert werden. Hierfür ist zu gewährleisten, dass beauftragte Gutachterinnen und Gutachter nicht nur medizinisch fachverständig sind, sondern darüber hinaus über die nötigen geschichtlichen, politischen und DDR-spezifischen Kenntnisse verfügen.
2. Bedürftigkeit bei Leistungsbezug nach § 17a StrRehaG
Leistungsgewährungen nach § 17a StrRehaG sollen künftig nicht mehr an das Vorliegen einer besonderen wirtschaftlichen Bedürftigkeit, sondern nur an eine Haftdauer von mindestens 180 Tagen gebunden sein.
3. Anrechnung von Leistungen
Der Grundsatz, wonach Leistungen aus den drei SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen nicht auf andere Zahlungen angerechnet werden, wird durch eine Klarstellung auch im Beruflichen Rehabilitierungsgesetz umgesetzt werden. Hierzu bedarf es noch einer Gesetzesanpassung.
4. Aufhebung Frist für Anträge auf Rehabilitierung
Nach aktueller Rechtslage können Opfer des SED-Unrechts nur noch bis zum 31. Dezember 2019 bzw. bis zum 31. Dezember 2020 für Leistungen nach dem Zweiten und Dritten Abschnitt des BerRehaG stellen. Die mit Beschlussdrucksache des Bundesrates 743/17 (PDF) vom 2. Februar 2018 unter Ziffer 1. zur Entfristung der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze an die Bundesregierung formulierte Bitte wird daher nochmals bekräftigt. Der Deutsche Bundestag hat die Bundesregierung bereits Ende 2014 aufgefordert, die Antragsmöglichkeit zu entfristen (vgl. Drucksache. 18/3445 vom 3. Dezember 2014).
Begründung (Allgemein)
Der Bund erkennt an, dass auch 30 Jahre nach Mauerfall und der Deutschen Wiedervereinigung vielen von SED-Unrecht Betroffenen die Aufarbeitung ihrer politischen Verfolgung schwer fällt. Die Opferinteressen werden ernst genommen. Hierzu bieten Bund und Länder weitere Unterstützung an:
So sollen künftig im Interesse der haftgeschädigten SED-Opfer bundesweit Standards bei der Auswahl von Gutachterinnen und Gutachtern erfüllt werden, die die Spezifik der Haftfolgeschäden ehemaliger politscher Häftlinge berücksichtigen.
Auch die Leistungsgewährung nach § 17a StrRehaG soll als Anerkennung des Einsatzes für Demokratie und Freiheit künftig nicht mehr an das Vorliegen einer besonderen wirtschaftlichen Bedürftigkeit, sondern nur an eine Haftdauer von mindestens 180 Tagen gebunden sein.
Diesem Geist folgend soll erreicht werden, dass Leistungen aus allen drei SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen künftig nicht auf andere Zahlungen angerechnet werden.
Lange gefordert wurde auch die Entfristung der Möglichkeit, Anträge auf Rehabilitierung zu stellen. Da die Zeit drängt, ist die Umsetzung noch in 2019 in Angriff zu nehmen. Der Deutsche Bundestag hatte die Bundesregierung Ende 2014 aufgefordert, die Antragsmöglichkeit zu entfristen (vgl. Drucksache. 18/3445 vom 3. Dezember 2014).