A. Problem und Ziel
Die Gefahren und negativen Effekte, die von einem unregulierten Handel mit Rüstungsgütern ausgehen, sind evident. Sie zeigen sich im massenweisen Missbrauch von Waffen zur Verletzung von Menschenrechten und Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht und in der Existenz eines umfangreichen illegalen Marktes. Die bisherige Situation, in der es keine global gültigen Standards für den Handel mit Rüstungsgütern gibt, wurde insbesondere von der Zivilgesellschaft seit Jahren kritisiert.
Ziel des Vertrages über den Waffenhandel ist es, den internationalen Handel mit konventionellen Rüstungsgütern durch die Schaffung von rechtlich bindenden, weltweit einheitlichen Mindeststandards, insbesondere für Exporte, zum Zwecke der Stärkung von Frieden und Sicherheit zu regulieren. Das ist ein Meilenstein in unserem weltweiten Bemühen um Rüstungskontrolle und Sicherheit.
Neben Großwaffensystemen (mindestens alle Waffen der Kategorien des Waffenregisters der Vereinten Nationen) werden auch Kleinwaffen und leichte Waffen sowie weite Bereiche an Munition und wesentliche Bauteile für die vom Vertrag abgedeckten Waffen erfasst. Die Exportbewertungskriterien, der Kern des Vertrages, spiegeln einen wesentlichen Teil der bereits in Deutschland und der Europäischen Union seit Längerem geltenden umfangreicheren Bewertungskriterien wider. Insbesondere ist die "Goldene Regel" (keine Genehmigung von Ausfuhren, falls ein eindeutiges Risiko schwerer Menschenrechtsverletzungen oder schwerer Verletzungen des Kriegsvölkerrechts besteht) weitgehend enthalten.
Es gibt absolute Verbotstatbestände bei Kenntnis des Ausfuhrstaats über die bevorstehende Verwendung, z.B. zu Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die Untergrabung von Frieden und Sicherheit ist ein weiteres Versagungskriterium. Außerdem ist auch ein festgestelltes Umleitungsrisiko Erwägungsgrund für eine Versagung der Ausfuhrgenehmigung. Besondere, aber weniger detaillierte Vorschriften gelten für Einfuhren, Durchfuhren bzw. Umladungen sowie Vermittlungsgeschäfte.
Der Vertrag tritt neunzig Tage nach Hinterlegung der fünfzigsten Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde in Kraft. Die Annahme des Vertrages in der Generalversammlung der Vereinten Nationen mit 155 Ja-Stimmen dokumentiert die große internationale Akzeptanz des Vertrages. Viele seiner Unterstützer haben erklärt, durch rasches Inkrafttreten des Vertrages schnellstmöglich einen Beitrag zur Reduzierung der durch illegale und unverantwortliche Waffentransfers weltweit verursachten Probleme zu leisten. Auch die Bundesregierung setzt sich für ein zügiges Inkrafttreten des Vertrages und dessen internationale Durchführung ein. Wichtig hierfür wird auch die Unterstützung sein, die insbesondere Entwicklungs- und Schwellenländern angeboten werden kann, um die jeweiligen innerstaatlichen Voraussetzungen zur Um setzung der Vertragsverpflichtungen bis spätestens zum Inkrafttreten zu schaffen.
Die Bundesregierung wird nicht nur gegenüber den Partnerstaaten in der Europäischen Union für eine frühzeitige Unterzeichnung und Ratifikation des Vertrages werben, sondern sich auch dafür einsetzen, dass - aus unterschiedlichen Gründen - zögerliche Staaten diesen Vertrag unterzeichnen und ratifizieren, um eine möglichst universelle Anwendung des Vertrages zu erreichen.
Durch die frühzeitige Unterzeichnung und innerstaatliche Ratifizierung des Vertrages soll der besondere Stellenwert unterstrichen werden, den der Vertrag über den Waffenhandel für die Bundesrepublik Deutschland einnimmt.
B. Lösung
Durch das vorliegende Gesetz sollen die Voraussetzungen nach Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes für die Ratifizierung des Vertrages über den Waffenhandel geschaffen werden.
Das Gesetz beschränkt sich auf die Zustimmung zum Vertrag und regelt nicht Fragen der innerstaatlichen Durchführung des Vertrages.
Da die Regeln des Vertrages für die Kontrolle von Waffentransfers hinter den deutschen Regelungen im Zusammenhang mit dem Kriegswaffenkontrollgesetz, dem Außenwirtschaftsgesetz und dem Waffengesetz sowie den EU-Regeln zurückbleiben, ist grundsätzlich von keinem gesetzlichen Änderungsbedarf zur Durchführung des Vertrages auszugehen.
C. Alternativen
Keine.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
D.1 Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand sind durch das Gesetz nicht zu erwarten.
D.2 Vollzugsaufwand
Über die Finanzordnung einschließlich der Verteilung der Kosten im Zusammenhang mit den im Vertrag vorgesehenen Konferenzen der Vertragsstaaten und des Sekretariats beschließt gemäß Artikel 17 Absatz 3 des Vertrages die Konferenz der Vertragsstaaten. Ausgehend von dem üblichen Verfahren der anteilmäßigen Umlage entsprechend des angepassten Beitragsschlüssels der Vereinten Nationen werden die Kosten aus heutiger Sicht - gemessen an den Erfahrungen z.B. des Waffenübereinkommens der Vereinten Nationen - für Deutschland auf etwa 60 000 Euro pro Jahr geschätzt. Dafür wird Vorsorge im Haushaltsplan des Auswärtigen Amts getroffen.
Durch das Gesetz entsteht keine weitere Kostenbelastung der Bundesrepublik Deutschland. Insbesondere sieht Artikel 16 des Vertrages keine rechtliche Verpflichtung zu Maßnahmen der internationalen Unterstützung vor.
Im Rahmen ihres Einsatzes für ein zügiges Inkrafttreten des Vertrages und dessen internationale Umsetzung plant die Bundesregierung Haushaltsmittel zur Stärkung der internationalen Sicherheit durch Implementierung von Transfer-Kontrollen für Rüstungsgüter in Schwellen- und Entwicklungsländern für das Jahr 2014 ein. Der Mittelansatz für die folgenden Jahre ist aufwachsend. Dafür wird Vorsorge im Einzelplan des Auswärtigen Amts getroffen. Die Umsetzung des Vertrages erfolgt im Rahmen der bestehenden Haushalts- und Finanzplanansätze.
Vollzugsaufwand entsteht beim Auswärtigen Amt, beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie sowie beim Bundesministerium der Verteidigung. Dieser dürfte im Rahmen der bisherigen Kosten für die Durchführung der Transferkontrollen liegen.
Länder und Gemeinden werden durch die Ratifizierung des Vertrages unmittelbar nicht mit Kosten belastet.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Kein Erfüllungsaufwand.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Kein bezifferbarer Erfüllungsaufwand.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Für den Bereich der Verwaltung werden sechs Informationspflichten (Artikel 5 Absatz 4 und 6, Artikel 7 Absatz 6, Artikel 8 Absatz 1, Artikel 13 Absatz 1 und 3) eingeführt. Betroffen sind hiervon das Auswärtige Amt, das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und das Bundesministerium der Verteidigung. Die Höhe der erwarteten Mehrkosten lässt sich aus heutiger Sicht nicht beziffern. Sie wird erfahrungsgemäß im Rahmen üblicher Verwaltungskosten in derartigen Fällen liegen. Etwaiger Mehrbedarf an Sach- und Personalmitteln ist finanziell und stellenmäßig im jeweiligen Einzelplan auszugleichen.
F. Weitere Kosten
Sonstige Kosten für die sozialen Sicherungssysteme sowie Auswirkungen auf die Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 2. April 2013 über den Waffenhandel
Bundesrepublik Deutschland
Berlin, den 23. Mai 2013
Die Bundeskanzlerin
An den Präsidenten des Bundesrates
Hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 2. April 2013 über den Waffenhandel mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Auswärtige Amt.
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 04.07.13
Entwurf
Gesetz zu dem Vertrag vom 2. April 2013 über den Waffenhandel
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Dem von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 2. April 2013 angenommenen und von der Bundesrepublik Deutschland am 3. Juni 2013 in New York unterzeichneten Vertrag über den Waffenhandel wird zugestimmt. Der Vertrag wird nachstehend mit einer amtlichen deutschen Übersetzung veröffentlicht.
Artikel 2
- (1) Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
- (2) Der Tag, an dem der Vertrag über den Waffenhandel nach seinem Artikel 22 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt, ist im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.
Begründung zum Vertragsgesetz
Zu Artikel 1
Auf den Vertrag über den Waffenhandel findet Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes Anwendung, da sich der Vertragsinhalt auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung bezieht.
Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz nach Artikel 26 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes (Kriegswaffen). Denn zur Kriegsführung bestimmte Waffen dürfen gemäß Artikel 26 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes nur mit Geneh migung der Bundesregierung hergestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden. Außerdem hat der Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz nach Artikel 73 Absatz 1 Nummer 12 des Grundgesetzes (Waffen- und Sprengstoffrecht).
Zu Artikel 2
Die Bestimmung des Absatzes 1 entspricht dem Erfordernis des Artikels 82 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes.
Nach Absatz 2 ist der Zeitpunkt, zu dem der Vertrag über den Waffenhandel nach seinem Artikel 22 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt, im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.
Vertrag über den Waffenhandel (Übersetzung)
Präambel
Die Vertragsstaaten dieses Vertrags - geleitet von den Zielen und Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen,
- - eingedenk des Artikels 26 der Charta der Vereinten Nationen, der darauf abzielt, die Herstellung und Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit so zu fördern, dass von den menschlichen und wirtschaftlichen Hilfsquellen der Welt möglichst wenig für Rüstungszwecke abgezweigt wird,
- - unter Hervorhebung der Notwendigkeit, den unerlaubten Handel mit konventionellen Waffen zu verhüten und zu beseitigen und deren Umleitung auf den illegalen Markt oder für nicht genehmigte Endverwendung und Endverwender, einschließlich zu Zwecken der Begehung terroristischer Handlungen, zu verhüten,
- - in Anerkennung der berechtigten politischen Interessen, Sicherheitsinteressen, wirtschaftlichen Interessen und Handelsinteressen, welche die Staaten am internationalen Handel mit konventionellen Waffen haben,
- - in Bekräftigung des souveränen Rechts eines jeden Staates, konventionelle Waffen im Einklang mit seinem eigenen Rechts- oder Verfassungssystem zu regeln und zu kontrollieren, sofern sie sich ausschließlich in seinem Hoheitsgebiet befinden,
- - anerkennend, dass Frieden und Sicherheit, Entwicklung und die Menschenrechte Säulen des Systems der Vereinten Nationen und Grundlagen der kollektiven Sicherheit sind und dass Entwicklung, Frieden und Sicherheit sowie die Menschenrechte miteinander verflochten sind und einander gegenseitig verstärken,
- - eingedenk der von der Abrüstungskommission der Vereinten Nationen aufgestellten Leitlinien für internationale Waffentransfers im Sinne der Resolution 046/36 H der Generalversammlung vom 6. Dezember 1991,
- - in Anbetracht des Beitrags des Aktionsprogramms der Vereinten Nationen zur Verhütung, Bekämpfung und Beseitigung des unerlaubten Handels mit Kleinwaffen und leichten Waffen unter allen Aspekten, des Zusatzprotokolls gegen die unerlaubte Herstellung von Feuerwaffen, deren Teilen, Komponenten und Munition sowie gegen den unerlaubten Handel damit zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität wie auch des Internationalen Rechtsinstruments zur Ermöglichung der rechtzeitigen und zuverlässigen Identifikation und Rückverfolgung illegaler Kleinwaffen und leichter Waffen durch die Staaten,
- - in Erkenntnis der Auswirkungen des unerlaubten und ungeregelten Handels mit konventionellen Waffen auf die Sicherheit sowie seiner sozialen, wirtschaftlichen und humanitären Auswirkungen,
- - in Anbetracht dessen, dass Zivilpersonen, insbesondere Frauen und Kinder, die überwiegende Mehrheit der von bewaffneten Konflikten und bewaffneter Gewalt betroffenen Personen stellen,
- - auch in Erkenntnis der Herausforderungen, denen Opfer bewaffneter Konflikte gegenüberstehen, und ihres Bedürfnisses nach angemessener Fürsorge, Rehabilitation und sozialer und wirtschaftlicher Eingliederung,
- - nachdrücklich darauf hinweisend, dass die Staaten durch diesen Vertrag nicht daran gehindert werden, zusätzliche wirksame Maßnahmen beizubehalten und zu ergreifen, um Ziel und Zweck dieses Vertrags zu fördern,
- - eingedenk des rechtmäßigen Handels mit bestimmten konventionellen Waffen, des rechtmäßigen Eigentums an ihnen und ihres Gebrauchs für Zwecke der Freizeitgestaltung und für kulturelle, geschichtliche und sportliche Betätigungen, wo dieser Handel, dieses Eigentum und dieser Gebrauch rechtlich zulässig oder geschützt sind,
- - auch eingedenk der Rolle, die regionale Organisationen dabei spielen können, die Vertragsstaaten auf Ersuchen bei der Durchführung dieses Vertrags zu unterstützen,
- - in Anerkennung der freiwilligen und aktiven Rolle, welche die Zivilgesellschaft, einschließlich nichtstaatlicher Organisationen, und die Industrie dabei spielen können, das Bewusstsein für Ziel und Zweck dieses Vertrags zu schärfen und seine Durchführung zu unterstützen,
- - in der Erkenntnis, dass die Regelung des internationalen Handels mit konventionellen Waffen und die Verhütung ihrer Umleitung nicht die internationale Zusammenarbeit und den rechtmäßigen Handel mit Material, Ausrüstung und Technologie für friedliche Zwecke behindern sollen,
- - nachdrücklich darauf hinweisend, dass es wünschenswert ist, die weltweite Befolgung dieses Vertrags zu erreichen,
- - entschlossen, nach den folgenden Grundsätzen zu handeln:
Grundsätze
- - das naturgegebene Recht aller Staaten zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung (wie in Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen anerkannt);
- - die Beilegung internationaler Streitigkeiten durch friedliche Mittel in einer Weise, dass der Weltfriede, die internationale Sicherheit und die Gerechtigkeit nicht gefährdet werden (nach Artikel 2 Absatz 3 der Charta der Vereinten Nationen);
- - die Unterlassung jeder gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichteten oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbaren Androhung oder Anwendung von Gewalt in den internationalen Beziehungen (nach Artikel 2 Absatz 4 der Charta der Vereinten Nationen);
- - das Nichteingreifen in Angelegenheiten, die ihrem Wesen nach zur inneren Zuständigkeit eines Staates gehören (nach Artikel 2 Absatz 7 der Charta der Vereinten Nationen);
- - die Einhaltung und die Durchsetzung der Einhaltung des humanitären Völkerrechts unter anderem nach den Genfer Abkommen von 1949 sowie die Achtung und die Durchsetzung der Achtung vor den Menschenrechten unter anderem nach der Charta der Vereinten Nationen und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte;
- - die Verantwortung aller Staaten im Einklang mit ihren jeweiligen internationalen Verpflichtungen, den internationalen Handel mit konventionellen Waffen wirksam zu regeln und deren Umleitung zu verhüten, sowie die von allen Staaten vorrangig wahrzunehmende Verantwortung, ihre jeweiligen nationalen Kontrollsysteme zu schaffen und anzuwenden;
- - die Achtung vor den berechtigten Interessen der Staaten, konventionelle Waffen zur Ausübung ihres Rechts auf Selbstverteidigung und für Friedenssicherungseinsätze zu erwerben sowie sie herzustellen, auszuführen, einzuführen und zu transferieren;
- - die Durchführung dieses Vertrags in einer einheitlichen, objektiven und nichtdiskriminierenden Art und Weise - sind wie folgt übereingekommen:
Artikel 1
Ziel und Zweck
Ziel dieses Vertrags ist es,
- - die höchstmöglichen gemeinsamen internationalen Normen für die Regelung oder die Verbesserung der Regelung des internationalen Handels mit konventionellen Waffen zu schaffen;
- - den unerlaubten Handel mit konventionellen Waffen zu verhüten und zu beseitigen und deren Umleitung zu verhüten; dies geschieht zu dem Zweck,
- - zum Weltfrieden und zum regionalen Frieden sowie zur internationalen und regionalen Sicherheit und Stabilität beizutragen;
- - menschliches Leid zu mindern;
- - Zusammenarbeit, Transparenz und verantwortungsvolles Handeln durch die Vertragsstaaten im internationalen Handel mit konventionellen Waffen zu fördern und dadurch Vertrauen zwischen den Vertragsstaaten zu schaffen.
Artikel 2
Geltungsbereich
- (1) Dieser Vertrag findet auf alle konventionellen Waffen innerhalb der folgenden Kategorien Anwendung:
- a) Kampfpanzer;
- b) gepanzerte Kampffahrzeuge;
- c) großkalibrige Artilleriesysteme;
- d) Kampfflugzeuge;
- e) Angriffshubschrauber;
- f) Kriegsschiffe;
- g) Flugkörper und Abfeuereinrichtungen für Flugkörper;
- h) Kleinwaffen und leichte Waffen.
- (2) Für die Zwecke dieses Vertrags umfassen die Tätigkeiten des internationalen Handels die Ausfuhr, die Einfuhr, die Durchfuhr, die Umladung und die Vermittlungstätigkeit, die im Folgenden als "Transfer" bezeichnet werden.
- (3) Dieser Vertrag findet keine Anwendung auf den internationalen Transport konventioneller Waffen durch einen Vertragsstaat selbst oder in seinem Namen zur eigenen Verwendung, vorausgesetzt, die konventionellen Waffen verbleiben im Eigentum dieses Vertragsstaats.
Artikel 3
Munition
Jeder Vertragsstaat schafft und unterhält ein nationales Kontrollsystem zur Regelung der Ausfuhr von Munition, die von den konventionellen Waffen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 abgefeuert, abgeschossen oder ausgebracht wird, und wendet die Artikel 6 und 7 vor Genehmigung der Ausfuhr dieser Munition an.
Artikel 4
Teile und Komponenten
Jeder Vertragsstaat schafft und unterhält ein nationales Kontrollsystem zur Regelung der Ausfuhr von Teilen und Komponenten, sofern die Ausfuhr in einer Art und Weise erfolgt, die den Zusammenbau der konventionellen Waffen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 ermöglicht, und wendet die Artikel 6 und 7 vor Genehmigung der Ausfuhr dieser Teile und Komponenten an.
Artikel 5
Allgemeine Durchführung
- (1) Jeder Vertragsstaat führt diesen Vertrag in einer einheitlichen, objektiven und nichtdiskriminierenden Art und Weise durch und ist sich dabei der in diesem Vertrag genannten Grundsätze bewusst.
- (2) Jeder Vertragsstaat schafft und unterhält ein nationales Kontrollsystem einschließlich einer nationalen Kontrollliste, um diesen Vertrag durchzuführen.
- (3) Jeder Vertragsstaat wird ermutigt, diesen Vertrag auf die größtmögliche Bandbreite konventioneller Waffen anzuwenden. Nationale Begriffsbestimmungen der in Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben a bis g bezeichneten Kategorien dürfen keinen begrenzteren Bedeutungsumfang haben als die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Vertrags im Register der Vereinten Nationen für konventionelle Waffen verwendeten Beschreibungen. Was die in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe h bezeichnete Kategorie anbelangt, so dürfen nationale Begriffsbestimmungen keinen begrenzteren Bedeutungsumfang haben als die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Vertrags in einschlägigen Instrumenten der Vereinten Nationen verwendeten Beschreibungen.
- (4) Jeder Vertragsstaat übermittelt dem Sekretariat im Einklang mit seinen innerstaatlichen Gesetzen seine nationale Kontrollliste, die das Sekretariat den anderen Vertragsstaaten zur Verfügung stellt. Die Vertragsstaaten werden ermutigt, ihre Kontrolllisten öffentlich zugänglich zu machen.
- (5) Jeder Vertragsstaat ergreift die zur Durchführung dieses Vertrags erforderlichen Maßnahmen und bestimmt zuständige nationale Behörden, um über ein wirksames und transparentes nationales Kontrollsystem zu verfügen, durch das der Transfer von konventionellen Waffen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 und Gütern im Sinne der Artikel 3 und 4 geregelt wird.
- (6) Jeder Vertragsstaat bestimmt eine oder mehrere nationale Kontaktstellen, um Informationen über Angelegenheiten betreffend die Durchführung dieses Vertrags auszutauschen. Jeder Vertragsstaat notifiziert dem nach Artikel 18 errichteten Sekretariat seine nationale(n) Kontaktstelle(n) und hält die entsprechenden Angaben auf dem neuesten Stand.
Artikel 6
Verbote
- (1) Ein Vertragsstaat darf keinerlei Transfer von konventionellen Waffen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 oder Gütern im Sinne des Artikels 3 oder 4 genehmigen, wenn der Transfer die Verpflichtungen dieses Vertragsstaats aufgrund von Maßnahmen verletzen würde, die der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen beschlossen hat, insbesondere Waffenembargos.
- (2) Ein Vertragsstaat darf keinerlei Transfer von konventionellen Waffen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 oder Gütern im Sinne des Artikels 3 oder 4 genehmigen, wenn dieser Transfer die einschlägigen völkerrechtlichen Verpflichtungen dieses Vertragsstaats verletzen würde, die sich aufgrund völkerrechtlicher Übereinkünfte, deren Vertragspartei er ist, insbesondere derjenigen betreffend den Transfer von oder den unerlaubten Handel mit konventionellen Waffen, ergeben.
- (3) Ein Vertragsstaat darf keinerlei Transfer von konventionellen Waffen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 oder Gütern im Sinne des Artikels 3 oder 4 genehmigen, wenn er zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Genehmigung Kenntnis davon hat, dass die Waffen oder Güter bei der Begehung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, schweren Verletzungen der Genfer Abkommen von 1949, Angriffen auf zivile Objekte oder Zivilpersonen, die als solche geschützt werden, oder anderen Kriegsverbrechen im Sinne völkerrechtlicher Übereinkünfte, deren Vertragspartei er ist, verwendet werden würden.
Artikel 7
Ausfuhr und deren Bewertung
- (1) Ist die Ausfuhr nicht nach Artikel 6 verboten, so bewertet jeder ausführende Vertragsstaat vor Erteilung der Genehmigung für die unter seiner Hoheitsgewalt erfolgende Ausfuhr von konventionellen Waffen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 oder Gütern im Sinne des Artikels 3 oder 4 in Übereinstimmung mit seinem nationalen Kontrollsystem, auf objektive und nichtdiskriminierende Weise und unter Berücksichtigung entscheidungserheblicher Faktoren, einschließlich Informationen, die der einführende Staat nach Artikel 8 Absatz 1 zur Verfügung gestellt hat, die Möglichkeit, dass die konventionellen Waffen oder die Güter
- a) zu Frieden und Sicherheit beitragen oder diese untergraben würden;
- b) dazu verwendet werden könnten,
- i) eine schwere Verletzung des humanitären Völkerrechts zu begehen oder zu erleichtern;
- ii) eine schwere Verletzung der internationalen Menschenrechtsnormen zu begehen oder zu erleichtern;
- iii) eine Handlung vorzunehmen oder zu erleichtern, die nach völkerrechtlichen Übereinkommen oder Protokollen betreffend den Terrorismus, deren Vertragspartei der ausführende Staat ist, eine Straftat darstellt;
- iv) eine Handlung vorzunehmen oder zu erleichtern, die nach völkerrechtlichen Übereinkommen oder Protokollen betreffend die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität, deren Vertragspartei der ausführende Staat ist, eine Straftat darstellt.
- (2) Der ausführende Vertragsstaat prüft auch, ob es Maßnahmen gibt, die zur Minderung der in Absatz 1 Buchstaben a und b bezeichneten Risiken ergriffen werden könnten, wie zum Beispiel vertrauensbildende Maßnahmen oder gemeinsam von den ausführenden und einführenden Staaten entwickelte und vereinbarte Programme.
- (3) Stellt der ausführende Vertragsstaat nach Vornahme dieser Bewertung und Prüfung der verfügbaren Maßnahmen zur Risikominderung fest, dass ein eindeutiges Risiko besteht, dass eine der in Absatz 1 genannten negativen Folgen eintritt, so darf er die Ausfuhr nicht genehmigen.
- (4) Bei Vornahme dieser Bewertung berücksichtigt der ausführende Vertragsstaat das Risiko, dass die konventionellen Waffen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 oder die Güter im Sinne des Artikels 3 oder 4 dazu verwendet werden, schwerwiegende Handlungen geschlechtsspezifischer Gewalt oder schwerwiegende gewalttätige Handlungen gegen Frauen und Kinder vorzunehmen oder zu erleichtern.
- (5) Jeder ausführende Vertragsstaat ergreift Maßnahmen, um sicherzustellen, dass alle Genehmigungen für die Ausfuhr von konventionellen Waffen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 oder Gütern im Sinne des Artikels 3 oder 4 ausführlich sind und vor der Ausfuhr erteilt werden.
- (6) Jeder ausführende Vertragsstaat stellt nach Maßgabe seiner innerstaatlichen Gesetze, seiner Verwaltungspraxis oder seiner Politik dem einführenden Vertragsstaat und den durchführenden oder umladenden Vertragsstaaten auf Ersuchen geeignete Informationen über die betreffende Genehmigung zur Verfügung.
- (7) Erlangt ein ausführender Vertragsstaat nach Erteilung der Genehmigung Kenntnis von neuen entscheidungserheblichen Informationen, so wird er ermutigt, die Genehmigung, wenn angebracht nach Konsultierung des einführenden Staates, neu zu bewerten.
Artikel 8
Einfuhr
- (1) Jeder einführende Vertragsstaat ergreift Maßnahmen, um sicherzustellen, dass im Einklang mit seinen innerstaatlichen Gesetzen dem ausführenden Vertragsstaat auf dessen Ersuchen geeignete und entscheidungserhebliche Informationen zur Verfügung gestellt werden, um ihn dabei zu unterstützen, seine nationale Ausfuhrbewertung nach Artikel 7 vorzunehmen.
Zu diesen Maßnahmen kann die Übermittlung von Nachweisen über die Endverwendung oder den Endverwender gehören.
- (2) Jeder einführende Vertragsstaat ergreift Maßnahmen, die es ihm erlauben, unter seiner Hoheitsgewalt erfolgende Einfuhren von konventionellen Waffen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 bei Bedarf zu regeln.
Zu diesen Maßnahmen können Einfuhrsysteme gehören.
- (3) Jeder einführende Vertragsstaat kann den ausführenden Vertragsstaat um Informationen über anhängige oder erteilte Genehmigungen für Ausfuhren, für die der einführende Vertragsstaat das Endbestimmungsland ist, ersuchen.
Artikel 9
Durchfuhr oder Umladung
Jeder Vertragsstaat ergreift geeignete Maßnahmen, um, wenn dies erforderlich und durchführbar ist, die unter seiner Hoheitsgewalt erfolgenden Durchfuhren oder Umladungen von konventionellen Waffen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 durch sein beziehungsweise in seinem Hoheitsgebiet in Übereinstimmung mit dem einschlägigen Völkerrecht zu regeln.
Artikel 10
Vermittlungstätigkeit
Jeder Vertragsstaat ergreift im Einklang mit seinen innerstaatlichen Gesetzen Maßnahmen, um Vermittlungstätigkeiten in Bezug auf konventionelle Waffen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1, die unter seiner Hoheitsgewalt stattfinden, zu regeln.
Zu diesen Maßnahmen kann gehören, dass vor Aufnahme ihrer Vermittlungstätigkeit von den Vermittlern die Registrierung oder die Einholung einer schriftlichen Genehmigung verlangt wird.
Artikel 11
Umleitung
- (1) Jeder Vertragsstaat, der am Transfer von konventionellen Waffen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 beteiligt ist, ergreift Maßnahmen, um deren Umleitung zu verhüten.
- (2) Der ausführende Vertragsstaat bemüht sich darum, die Umleitung des Transfers von konventionellen Waffen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 durch sein in Übereinstimmung mit Artikel 5 Absatz 2 geschaffenes nationales Kontrollsystem zu verhüten, indem er das Risiko der Umleitung der Ausfuhr bewertet und die Ergreifung von Maßnahmen zu dessen Minderung, wie zum Beispiel vertrauensbildenden Maßnahmen oder gemeinsam von den ausführenden und einführenden Staaten entwickelten und vereinbarten Programmen, prüft.
Zu sonstigen Präventionsmaßnahmen kann geeignetenfalls Folgendes gehören: die Überprüfung von an der Ausfuhr beteiligten Parteien, das Erfordernis zusätzlicher Nachweise, Bescheinigungen oder Zusicherungen, die Versagung der Ausfuhrgenehmigung oder sonstige geeignete Maßnahmen.
- (3) Im Einklang mit ihren innerstaatlichen Gesetzen und wenn dies angebracht und durchführbar ist, arbeiten einführende, durchführende, umladende und ausführende Vertragsstaaten zusammen und tauschen Informationen aus, um das Risiko der Umleitung des Transfers von konventionellen Waffen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 zu mindern.
- (4) Deckt ein Vertragsstaat die Umleitung von konventionellen Waffen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1, die Gegenstand eines Transfers sind beziehungsweise waren, auf, so ergreift er im Einklang mit seinen innerstaatlichen Gesetzen und in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht geeignete Maßnahmen, um dieser Umleitung zu begegnen.
Zu derartigen Maßnahmen kann gehören, dass die möglicherweise betroffenen Vertragsstaaten gewarnt werden, dass die umgeleiteten Lieferungen der betreffenden konventionellen Waffen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 überprüft werden und dass Folgemaßnahmen in Form von Ermittlungen und Durchsetzungsmaßnahmen ergriffen werden.
- (5) Um die Umleitung von konventionellen Waffen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1, die Gegenstand eines Transfers sind beziehungsweise waren, besser nachvollziehen und verhüten zu können, werden die Vertragsstaaten ermutigt, einschlägige Informationen über wirksame Maßnahmen zur Begegnung der Umleitung auszutauschen.
Zu diesen Informationen kann Folgendes gehören: Informationen über unerlaubte Tätigkeiten einschließlich der Korruption, über Wege des internationalen unerlaubten Handels, illegale Vermittler, Quellen un erlaubter Lieferungen, Verschleierungsmethoden, übliche Versendeorte oder über Bestimmungsorte, die von organisierten Gruppen genutzt werden, die an Umleitung beteiligt sind.
- (6) Die Vertragsstaaten werden ermutigt, anderen Vertragsstaaten über das Sekretariat von Maßnahmen zur Begegnung der Umleitung von konventionellen Waffen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1, die Gegenstand eines Transfers sind beziehungsweise waren, zu berichten.
Artikel 12
Führen von Aufzeichnungen
- (1) Jeder Vertragsstaat führt im Einklang mit seinen innerstaatlichen Gesetzen und sonstigen Vorschriften innerstaatliche Aufzeichnungen über die durch ihn erteilten Genehmigungen für die Ausfuhr oder seine tatsächlich erfolgten Ausfuhren von konventionellen Waffen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1.
- (2) Jeder Vertragsstaat wird ermutigt, Aufzeichnungen über konventionelle Waffen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 zu führen, die in sein Hoheitsgebiet als Endbestimmungsort transferiert wurden oder deren Durchfuhr durch das beziehungsweise deren Umladung im Gebiet unter seiner Hoheitsgewalt genehmigt wurde.
- (3) Jeder Vertragsstaat wird ermutigt, wo geeignet, Folgendes in diese Aufzeichnungen aufzunehmen: Menge, Wert, Modell-/ Typenbezeichnung, genehmigte internationale Transfers von konventionellen Waffen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1, tatsächlich transferierte konventionelle Waffen, Angaben über den/die ausführenden Staat(en), den/die einführenden Staat(en), den/die durchführenden und umladenden Staat(en) und die Endverwender.
- (4) Die Aufzeichnungen werden mindestens zehn Jahre lang aufbewahrt.
Artikel 13
Berichterstattung
- (1) Jeder Vertragsstaat legt dem Sekretariat innerhalb des ersten Jahres, nachdem dieser Vertrag in Übereinstimmung mit Artikel 22 für ihn in Kraft getreten ist, einen Erstbericht über die zur Durchführung dieses Vertrags ergriffenen Maßnahmen vor; hierzu gehören innerstaatliche Gesetze, nationale Kontrolllisten und sonstige Vorschriften und Verwaltungsmaßnahmen. Jeder Vertragsstaat berichtet dem Sekretariat zum geeigneten Zeitpunkt über neue Maßnahmen, die zur Durchführung dieses Vertrags ergriffen wurden. Die Berichte werden durch das Sekretariat zur Verfügung gestellt und an die Vertragsstaaten verteilt.
- (2) Die Vertragsstaaten werden ermutigt, den anderen Vertragsstaaten über das Sekretariat von Maßnahmen zu berichten, die sich als wirksam bei der Begegnung der Umleitung von konventionellen Waffen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1, die Gegenstand eines Transfers sind beziehungsweise waren, erwiesen haben.
- (3) Jeder Vertragsstaat legt dem Sekretariat jährlich bis zum 31. Mai für das vorangegangene Kalenderjahr einen Bericht über genehmigte oder tatsächlich erfolgte Ausfuhren und Einfuhren von konventionellen Waffen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 vor. Die Berichte werden durch das Sekretariat zur Verfügung gestellt und an die Vertragsstaaten verteilt. Der dem Sekretariat vorgelegte Bericht kann dieselben Informationen enthalten, die der Vertragsstaat im Rahmen einschlägiger Mechanismen der Vereinten Nationen, einschließlich des Registers der Vereinten Nationen für konventionelle Waffen, vorgelegt hat. Die Berichte können sensible Geschäftsinformationen oder Informationen, die die nationale Sicherheit betreffen, ausklammern.
Artikel 14
Durchsetzung
Jeder Vertragsstaat ergreift geeignete Maßnahmen, um die innerstaatlichen Gesetze und sonstigen Vorschriften, durch die dieser Vertrag durchgeführt wird, durchzusetzen.
Artikel 15
Internationale Zusammenarbeit
- (1) Die Vertragsstaaten arbeiten in einer mit ihren jeweiligen Sicherheitsinteressen und innerstaatlichen Gesetzen vereinbaren Weise zusammen, um diesen Vertrag wirksam durchzuführen.
- (2) Die Vertragsstaaten werden ermutigt, die internationale Zusammenarbeit zu erleichtern; dazu gehört der Austausch von Informationen über Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse betreffend die Durchführung und Anwendung dieses Vertrags im Einklang mit ihren jeweiligen Sicherheitsinteressen und innerstaatlichen Gesetzen.
- (3) Die Vertragsstaaten werden ermutigt, Konsultationen in Angelegenheiten gemeinsamen Interesses zu führen und, sofern angebracht, Informationen auszutauschen, um die Durchführung dieses Vertrags zu unterstützen.
- (4) Die Vertragsstaaten werden ermutigt, im Einklang mit ihren innerstaatlichen Gesetzen zusammenzuarbeiten, um zur innerstaatlichen Durchführung dieses Vertrags beizutragen, auch durch den Austausch von Informationen über unerlaubte Tätigkeiten und illegal Handelnde und zur Verhütung und Beseitigung der Umleitung von konventionellen Waffen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1.
- (5) Wenn dies unter den Vertragsstaaten vereinbart wurde und mit ihren innerstaatlichen Gesetzen vereinbar ist, leisten die Vertragsstaaten einander im größtmöglichen Umfang Hilfe bei den Ermittlungen, der Strafverfolgung und den Gerichtsverfahren in Bezug auf Verletzungen innerstaatlicher Maßnahmen, die aufgrund dieses Vertrags festgelegt worden sind.
- (6) Die Vertragsstaaten werden ermutigt, innerstaatliche Maßnahmen zu ergreifen und zusammenzuarbeiten, um zu verhüten, dass der Transfer von konventionellen Waffen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Gegenstand von korrupten Praktiken wird.
- (7) Die Vertragsstaaten werden ermutigt, Erfahrungen und Informationen über die Erkenntnisse auszutauschen, die sie bezüglich aller Aspekte dieses Vertrags gewonnen haben.
Artikel 16
Internationale Unterstützung
- (1) Bei der Durchführung dieses Vertrags kann sich jeder Vertragsstaat um Unterstützung, einschließlich rechtlicher Unterstützung oder Hilfe bei der Gesetzgebung, Hilfe beim Aufbau institutioneller Kapazitäten sowie technischer, materieller oder finanzieller Hilfe, bemühen.
Zu dieser Unterstützung kann Folgendes gehören: Lagerhaltung, Entwaffnungs-, Demobilisierungs- und Wiedereingliederungsprogramme, Mustergesetze und wirksame Durchführungsverfahren. Jeder Vertragsstaat, der dazu in der Lage ist, leistet diese Unterstützung auf Ersuchen.
- (2) Jeder Vertragsstaat kann unter anderem über die Vereinten Nationen, internationale, regionale, subregionale oder nationale Organisationen, nichtstaatliche Organisationen oder auf zweiseitiger Grundlage um Unterstützung ersuchen, diese anbieten oder erhalten.
- (3) Die Vertragsstaaten richten einen freiwilligen Treuhandfonds ein, der ersuchende Vertragsstaaten unterstützt, die internationale Unterstützung benötigen, um diesen Vertrag durchzuführen. Jeder Vertragsstaat wird ermutigt, Mittel zu diesem Fonds beizutragen.
Artikel 17
Konferenz der Vertragsstaaten
- (1) Eine Konferenz der Vertragsstaaten wird spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten dieses Vertrags von dem nach Artikel 18 eingerichteten vorläufigen Sekretariat einberufen und danach zu den Terminen, welche die Konferenz der Vertragsstaaten beschließen kann.
- (2) Die Konferenz der Vertragsstaaten beschließt auf ihrer ersten Tagung durch Konsens ihre Geschäftsordnung.
- (3) Die Konferenz der Vertragsstaaten beschließt eine Finanzordnung für sich selbst sowie eine Finanzordnung zur Finanzierung aller gegebenenfalls von ihr einzurichtenden Nebenorgane und Finanzvorschriften für die Arbeit des Sekretariats. Auf jeder ordentlichen Tagung verabschiedet sie einen Haushalt für die Finanzperiode bis zur nächsten ordentlichen Tagung.
- (4) Die Konferenz der Vertragsstaaten
- a) überprüft die Durchführung dieses Vertrags, einschließlich der Entwicklungen auf dem Gebiet der konventionellen Waffen;
- b) prüft und beschließt Empfehlungen zur Durchführung und Wirkungsweise dieses Vertrags, insbesondere zur Förderung seiner weltweiten Geltung;
- c) prüft Änderungen dieses Vertrags nach Artikel 20;
- d) prüft Fragen, die sich aus der Auslegung dieses Vertrags ergeben;
- e) prüft und entscheidet über die Aufgaben und den Haushalt des Sekretariats;
- f) prüft die Einrichtung von Nebenorganen, die zur Verbesserung der Arbeitsweise dieses Vertrags gegebenenfalls notwendig sind;
- g) nimmt alle sonstigen Aufgaben im Einklang mit diesem Vertrag wahr.
- (5) Außerordentliche Sitzungen der Konferenz der Vertragsstaaten finden statt, wenn es die Konferenz der Vertragsstaaten für notwendig erachtet oder wenn es ein Vertragsstaat schriftlich beantragt, sofern dieser Antrag von mindestens zwei Dritteln der Vertragsstaaten unterstützt wird.
Artikel 18
Sekretariat
- (1) Durch diesen Vertrag wird hiermit ein Sekretariat eingerichtet, das die Vertragsstaaten bei der wirksamen Durchführung dieses Vertrags unterstützt. Bis zur ersten Sitzung der Konferenz der Vertragsstaaten ist ein vorläufiges Sekretariat für die Verwaltungsaufgaben aufgrund dieses Vertrags zuständig.
- (2) Das Sekretariat wird in angemessener Weise mit Personal ausgestattet. Das Personal muss über das erforderliche Fachwissen verfügen, um sicherzustellen, dass das Sekretariat die in Absatz 3 beschriebenen Verpflichtungen wirksam wahrnehmen kann.
- (3) Das Sekretariat ist den Vertragsstaaten gegenüber verantwortlich. Das Sekretariat nimmt im Rahmen einer möglichst kleinen Struktur die folgenden Verpflichtungen wahr:
- a) es nimmt die durch diesen Vertrag vorgeschriebenen Berichte entgegen, stellt sie zur Verfügung und verteilt sie;
- b) es führt die Liste der nationalen Kontaktstellen und stellt sie den Vertragsstaaten zur Verfügung;
- c) es erleichtert die Zusammenführung von Angeboten für und Ersuchen um Unterstützung bei der Durchführung des Vertrags und fördert auf Ersuchen die internationale Zusammenarbeit;
- d) es erleichtert die Arbeit der Konferenz der Vertragsstaaten; hierzu gehört, dass es Vorkehrungen für die Abhaltung der im Rahmen dieses Vertrags vorgesehenen Sitzungen trifft und die dafür erforderlichen Dienste bereitstellt;
- e) es nimmt sonstige Aufgaben wahr, die von der Konferenz der Vertragsstaaten beschlossen werden.
Artikel 19
Beilegung von Streitigkeiten
- (1) Die Vertragsstaaten konsultieren einander und arbeiten, soweit Einvernehmen besteht, zusammen im Hinblick auf die Beilegung von etwa zwischen ihnen auftretenden Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung dieses Vertrags, einschließlich im Wege von Verhandlungen, der Vermittlung, des Vergleichs, der gerichtlichen Entscheidung oder durch andere friedliche Mittel.
- (2) Die Vertragsstaaten können einvernehmlich ein Schiedsverfahren einschlagen, um Streitigkeiten zwischen ihnen über Fragen der Auslegung oder Anwendung dieses Vertrags beizulegen.
Artikel 20
Änderungen
- (1) Sechs Jahre nach Inkrafttreten dieses Vertrags kann jeder Vertragsstaat eine Änderung dieses Vertrags vorschlagen. Danach können Änderungsvorschläge von der Konferenz der Vertragsstaaten nur alle drei Jahre geprüft werden.
- (2) Jeder Vorschlag zur Änderung dieses Vertrags wird dem Sekretariat schriftlich vorgelegt; dieses leitet ihn mindestens 180 Tage vor der nächsten Sitzung der Konferenz der Vertragsstaaten, bei der nach Absatz 1 Änderungen geprüft werden können, an alle Vertragsstaaten weiter. Die Änderung wird auf der nächsten Konferenz der Vertragsstaaten, bei der nach Absatz 1 Änderungen geprüft werden können, geprüft, wenn spätestens 120 Tage nach Weiterleitung des Änderungsvorschlags durch das Sekretariat eine Mehrheit der Vertragsstaaten dem Sekretariat notifiziert hat, dass sie eine Prüfung des Vorschlags befürwortet.
- (3) Die Vertragsstaaten bemühen sich nach Kräften, zu einem Konsens über jede Änderung zu kommen. Sind alle Bemühungen um einen Konsens erschöpft und wird keine Einigung erzielt, so wird als letztes Mittel die Änderung mit Dreiviertelmehrheit der auf der Sitzung der Konferenz der Vertragsstaaten anwesenden und abstimmenden Vertragsstaaten beschlossen. Im Sinne dieses Artikels bedeutet "anwesende und abstimmende Vertragsstaaten" die anwesenden Vertragsstaaten, die eine Ja-Stimme oder eine Nein-Stimme abgeben. Der Verwahrer übermittelt allen Vertragsstaaten jede beschlossene Änderung.
- (4) Eine nach Absatz 3 beschlossene Änderung tritt für jeden Vertragsstaat, der seine Urkunde über die Annahme dieser Änderung hinterlegt hat, neunzig Tage nach dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem die Mehrheit der Staaten, die bei der Beschlussfassung über die Änderung Vertragsstaaten waren, ihre Annahmeurkunden beim Verwahrer hinterlegt haben. Danach tritt sie für jeden weiteren Vertragsstaat neunzig Tage nach dem Zeitpunkt der Hinterlegung seiner Urkunde über die Annahme dieser Änderung in Kraft.
Artikel 21
Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme, Genehmigung oder Beitritt
- (1) Dieser Vertrag liegt für alle Staaten vom 3. Juni 2013 bis zu seinem Inkrafttreten am Sitz der Vereinten Nationen in New York zur Unterzeichnung auf.
- (2) Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung durch jeden Unterzeichnerstaat.
- (3) Nach seinem Inkrafttreten steht dieser Vertrag allen Staaten, die ihn nicht unterzeichnet haben, zum Beitritt offen.
- (4) Die Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunden werden beim Verwahrer hinterlegt.
Artikel 22
Inkrafttreten
- (1) Dieser Vertrag tritt neunzig Tage nach dem Zeitpunkt der Hinterlegung der fünfzigsten Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde beim Verwahrer in Kraft.
- (2) Für jeden Staat, der seine Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde nach dem Inkrafttreten dieses Vertrags hinterlegt, tritt dieser Vertrag neunzig Tage nach dem Zeitpunkt der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde in Kraft.
Artikel 23
Vorläufige Anwendung
Jeder Staat kann zum Zeitpunkt der Unterzeichnung oder der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungsoder Beitrittsurkunde erklären, dass er die Artikel 6 und 7 bis zum Inkrafttreten dieses Vertrags für ihn vorläufig anwenden wird.
Artikel 24
Geltungsdauer und Rücktritt
- (1) Die Geltungsdauer dieses Vertrags ist unbegrenzt.
- (2) Jeder Vertragsstaat hat in Ausübung seiner staatlichen Souveränität das Recht, von diesem Vertrag zurückzutreten. Diesen Rücktritt notifiziert er dem Verwahrer, der ihn allen anderen Vertragsstaaten notifiziert. Die Rücktrittsnotifikation kann eine Darlegung der Gründe für seinen Rücktritt enthalten. Die Rücktrittsanzeige wird neunzig Tage nach Eingang der Rücktrittsnotifikation beim Verwahrer wirksam, es sei denn, die Rücktrittsnotifikation sieht ein späteres Datum vor.
- (3) Der Rücktritt entbindet einen Staat nicht von den Verpflichtungen, einschließlich etwaiger finanzieller Verpflichtungen, die ihm als Vertragsstaat dieses Vertrags erwachsen sind.
Artikel 25
Vorbehalte
- (1) Zum Zeitpunkt der Unterzeichnung, der Ratifikation, der Annahme, der Genehmigung oder des Beitritts kann jeder Staat Vorbehalte anbringen, es sei denn, diese sind mit Ziel und Zweck dieses Vertrags unvereinbar.
- (2) Jeder Vertragsstaat kann seinen Vorbehalt jederzeit durch eine an den Verwahrer gerichtete diesbezügliche Notifikation zurücknehmen.
Artikel 26
Verhältnis zu anderen völkerrechtlichen Übereinkünften
- (1) Die Durchführung dieses Vertrags lässt die Verpflichtungen der Vertragsstaaten aus bestehenden oder zukünftigen völkerrechtlichen Übereinkünften, deren Vertragsparteien sie sind, unberührt, sofern diese Verpflichtungen mit diesem Vertrag vereinbar sind.
- (2) Dieser Vertrag darf nicht als Begründung dafür herangezogen werden, zwischen Vertragsstaaten dieses Vertrags geschlossene Übereinkünfte über Verteidigungszusammenarbeit aufzulösen.
Artikel 27
Verwahrer
Der Generalsekretär der Vereinten Nationen ist der Verwahrer dieses Vertrags.
Artikel 28
Verbindliche Wortlaute
Die Urschrift dieses Vertrags, dessen arabischer, chinesischer, englischer, französischer, russischer und spanischer Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, wird beim Generalsekretär der Vereinten Nationen hinterlegt.
Geschehen zu New York am 2. April 2013.
Denkschrift
I. Allgemeines
- 1. Von einem unregulierten Handel mit Rüstungsgütern gehen erhebliche Gefahren und negative Effekte aus. Sie zeigen sich im regelmäßigen Missbrauch von Waffen zur Verletzung von Menschenrechten und Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht sowie in der Existenz eines umfangreichen illegalen Marktes. Die bisherige Situation, in der es keine global gültigen Standards für den Handel mit Rüstungsgütern gibt, wurde insbesondere durch die Zivilgesellschaft seit Jahren kritisiert.
An dieser Stelle setzt der Vertrag über den Waffenhandel an (synonym: Internationaler Waffenhandelsvertrag, "Arms Trade Treaty", in der Regel und im Folgenden mit "ATT" abgekürzt). Durch die erstmalige Vereinbarung von global gültigen, rechtlich bindenden, gemeinsamen Mindeststandards für den grenzüberschreitenden Handel mit konventionellen Rüstungsgütern werden Staaten in die Verantwortung genommen. Sie verpflichten sich, Ausfuhren, Einfuhren, Durchfuhren, Umladung und Vermittlungstätigkeit von Waffen (im Folgenden Transfers) zu kontrollieren und insbesondere Ausfuhren einer strukturierten Gefahrenanalyse unter Zugrundelegung international vergleichbarer Entscheidungskriterien zu unterziehen.
- 2. Die Bundesregierung kontrolliert insbesondere vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte schon seit Jahrzehnten Transfers von Rüstungsgütern, insbesondere von Kriegswaffen, und legt besonders restriktive Maßstäbe zugrunde. Das deutsche Exportkontrollsystem für konventionelle Rüstungsgüter wurde dabei kontinuierlich weiterentwickelt und ist heute weltweit anerkannt. Gleichzeitig engagierte sich die Bundesregierung auf internationaler Ebene für die Fortentwicklung internationaler Exportkontrollstandards, z.B. als Gründungs -Teilnehmerstaat des Ende 1995 ins Leben gerufenen "Wassenaar Arrangements" für die Exportkontrolle konventioneller Rüstungsgüter und Dualuse-Güter und Technologien, dem wesentliche Rüstungsexportstaaten angehören. Auch im Rahmen der Europäischen Union hat die Bundesregierung eine Gestaltungsrolle bei der Aushandlung des ab 1998 geltenden EU-Verhaltenskodex für Rüstungsgüterausfuhren übernommen, der im Dezember 2008 in den "Gemeinsamen Standpunkt des Rates der Europäischen Union 2008/944/GASP betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern" überführt wurde. Alle diese Regelungen auf regionaler Ebene oder mit ausgewählten wichtigen Exportstaaten sind jedoch nicht global gültig.
- 3. Kerngedanke des Vertrages ist die Regulierung der Transfers von konventionellen Waffen und die damit verbundene Zielsetzung einer effektiveren Bekämpfung des Missbrauchs von Waffen und des unerlaubten Waffenhandels. Im bestehenden internationalen Gefüge aus völkerrechtlichen Normen und politisch verbindlichen Vereinbarungen, ist der Vertrag insofern ein Novum, wenngleich er nicht losgelöst von bestehenden Regelungen und Praktiken ist.
- 4. Der Vorschlag für ein rechtlich verbindliches internationales Abkommen über den Handel mit konventionellen Rüstungsgütern geht ursprünglich auf die Initiative mehrerer Nobelpreisträger und einer Kampagne von Nichtregierungsorganisationen zurück. Eng mit dem Prozess verknüpft ist die Arias-Stiftung um den ehemaligen Präsidenten Costa Ricas, Oscar Arias. Die Aktivitäten der Zivilgesellschaft wurden bis zum Ende der Verhandlungen durch das Aktionsbündnis "Waffen unter Kontrolle! / control arms", dem u.a. Amnesty International und Oxfam angehören, koordiniert und haben den Prozess stark mitgeprägt.
Die Initiative wurde 2006 von den "Ko-Autoren" Argentinien, Australien, Costa Rica, Finnland, Großbritannien, Japan und Kenia unter maßgeblicher britischer Führung in die Vereinten Nationen eingeführt. Die VN-Generalversammlung nahm am 6. Dezember 2006 eine von 116 Ko-Sponsoren (darunter auch Deutschland) unterstützte Resolution 061/89 "Towards an arms trade treaty: establishing common international standards for the import, export and transfer of conventional arms" an (153 Ja-Stimmen, eine Nein-Stimme (USA) und 24 Enthaltungen (u.a. China, Russland, Indien, Pakistan, Israel, Iran, Ägypten und andere arabische Staaten)). Die Resolution forderte die VN-Mitgliedstaaten auf, im Laufe des Jahres 2007 Stellungnahmen gegenüber dem VN-Generalsekretär zum ATT-Projekt abzugeben. Darüber hinaus wurde mit dieser Resolution eine VN-Regierungsexpertengruppe (28 Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland) für 2008 einberufen. Vor dem Hintergrund des Berichts der Regierungsexpertengruppe beschloss die VN-Generalversammlung am 24. Dezember 2008 in Resolution 063/240 die Fortsetzung des VN-Prozesses bis zum Jahr 2011 in Form einer sog. Offenen Arbeitsgruppe (Open-Ended Working Group (OEWG)). Diese sollte allen VN-Mitgliedstaaten offenstehen und über konsensfähige Elemente eines möglichen ATT beraten. Formale Verhandlungen waren damit zunächst nicht verbunden.
Im Sommer 2009 verabschiedete die Open-Ended Working Group nach zwei jeweils einwöchigen Sitzungen einen vornehmlich prozeduralen Konsensbericht, in dem erstmalig von allen VN-Mitgliedstaaten anerkannt wurde, dass der nicht regulierte internationale Waffenhandel ein Problem darstellt. Zentrale Aspekte wie die Wahrung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts sowie die Auswirkungen des Waffenhandels auf bewaffnete Konflikte wurden darin allerdings nicht explizit benannt.
- 5. Im Oktober 2009 legte die Gruppe der Ko-Autoren einen Resolutionsentwurf vor, der trotz der weiterhin großen Positionsunterschiede zwischen wichtigen Staaten die Umwandlung der für 2010 und 2011 vorgesehenen OEWG-Sitzungen in Sitzungen eines sog. Vorbereitungsausschusses (Preparatory Committee/ PrepCom) vorsah und zudem für das Jahr 2012 eine VN-Konferenz zur Ausarbeitung eines Vertrages über den Waffenhandel ansetzte. Am 2. Dezember 2009 beschloss die VN-General versammlung mit Resolution 064/48 die Aufnahme von Verhandlungen und den entsprechenden beschleunigten Vorbereitungsprozess zu einem ATT sowie den Zeitplan für die Jahre 2010 bis 2012 (151 Staaten stimmten mit Ja, darunter diesmal auch die USA; 20 Enthaltungen (u.a. von Russland, China, Indien, Pakistan, Ägypten und anderen arabischen Staaten) und eine Nein-Stimme von Simbabwe).
Zwischen Juli 2010 und Februar 2012 fanden unter dem Vorsitz des argentinischen Botschafters Roberto Garcia Moritán in der Folge insgesamt vier Sitzungen dieses Vorbereitungssauschusses statt, in denen sowohl inhaltliche Elemente eines Vertrages angesprochen als auch prozedurale Fragen für die Konferenz festgelegt wurden.
Vom 2. bis 27. Juli 2012 tagte schließlich die VN-Konferenz zum "Arms Trade Treaty" bei den Vereinten Nationen in New York. Sie stand wiederum unter dem Vorsitz von Botschafter Moritán. Trotz sehr intensiver Verhandlungen und Annäherungen der Standpunkte in vielen wichtigen Fragen ging die Konferenz zwar mit wesentlichen Verhandlungsfortschritten, aber ohne Einigung auf einen Vertragstext zu Ende.
Maßgeblicher Grund war die Unschlüssigkeit wichtiger Verhandlungsteilnehmer wie der USA und Russland am letzten Konferenztag, denen sich auch Weißrussland, Kuba, Syrien und Nordkorea anschlossen. Deutschland, die anderen EU-Mitgliedstaaten und zahlreiche weitere Staaten (insgesamt 91) sprachen sich zu Ende der Konferenz im Juli 2012 in einer gemeinsamen Erklärung dafür aus, weiterhin an dem Ziel festzuhalten, möglichst zügig zu einem wirkungsvollen und global gültigen ATT zu gelangen und den Prozess im Rahmen der Vereinten Nationen auf der Basis des bisher Erreichten fortzuführen.
- 6. Den Weg für den Abschluss der Verhandlungen machte die VN-Generalversammlung am 24. Dezember 2012 durch die Annahme der Resolution 067/234 frei (133 Ja-Stimmen (erstmals auch Indien und China, keine Nein-Stimmen, 17 Enthaltungen)). Diese Resolution sah eine "abschließende VN-Konferenz zum Arms Trade Treaty" vom 18. bis 28. März 2013 bei den Vereinten Nationen auf der Basis des letzten Vertragsentwurfs der Juli-Konferenz vom 26. Juli 2012 und mit den gleichen Verfahrensregeln (u.a. Konsenszwang für die Annahme des Ergebnisses) vor.
- 7. Parallel zum Vorbereitungsprozess und im Hinblick auf die Verhandlungen im Rahmen der Vereinten Nationen finanzierte die Europäische Union seit 2009 auf der Basis von insgesamt zwei Ratsbeschlüssen weltweit eine Reihe von Regionalseminaren, um international für einen ATT zu werben. An diesen Seminaren nahmen als Experten auch Vertreter des Auswärtigen Amtes teil. Darüber hinaus organisierte die interessierte Zivilgesellschaft, insbesondere das Aktionsbündnis "control arms" sowie die Nichtregierungsorganisation "Saferworld" eine Vielzahl von Seminaren und Aktionen. Mit großem Interesse begleitet daneben das schwedische Forschungsinstitut SIPRI den ATT-Prozess.
Auch die Bundesregierung beteiligte sich an den Vorbereitungen durch die Förderung eines durch die VN durchgeführten zweitägigen Seminars für afrikanische Staaten in Addis Abeba Anfang März 2013, durch die Finanzierung eines Treffens afrikanischer Parlamentarier in Windhuk sowie durch ein dreitägiges Vorbereitungstreffen wichtiger Staaten ("neue Gestaltungsmächte") in Berlin Ende Februar 2013.
- 8. Die "abschließende VN-Konferenz zu einem Arms Trade Treaty" tagte vom 18. bis 28. März 2013 bei den Vereinten Nationen in New York. In ihrem Verlauf legte Konferenzpräsident Botschafter Peter Woolcott aus Australien nach zwei Zwischenentwürfen vom 20. und 22. März am 27. März 2013 seinen letzten Vertragsentwurf als Entscheidungsvorschlag der Konferenz zur Annahme vor. Vorausgegangen waren hochintensive Verhandlungen, die vorwiegend in Treffen unter der Leitung diverser Moderatoren ("facilitators") zu verschiedenen Themenstellungen, in informellen Diskussionen und in bilateralen Konsultationen stattfanden, aber auch in Plenarsitzungen.
Die Konferenz endete am 28. März 2013 nach neun Verhandlungstagen mit einem Bruch der Annahme im Konsens durch Iran, Nord korea und Syrien und daher ohne Annahme dieses Vertragstextes. Diese offene Ablehnung des ATT-Entwurfs vom Vortag durch Iran, Syrien und Nordkorea und die in den Abschlusserklärungen deutlich gewordene implizite Ablehnung durch eine Reihe anderer ATT-Gegner (u.a. Kuba, Venezuela) und Skeptiker (u.a. Weißrussland, Ägypten und einige andere arabische Staaten) sowie die deutlich kritische Haltung von Indien, Pakistan, Algerien, Indonesien war in der abschließenden Sitzung der Konferenz nicht zu überbrücken. Der greifbare Wille einer großen Mehrheit der vertretenen Staaten zu einer Konsenseinigung unter Inkaufnahme von zum Teil schwierigen Kompromisslösungen wurde damit von einer kleinen Staatengruppe verhindert. Die große Mehrheit der VN-Mitgliedstaaten sprach sich in ihren Erklärungen für einen starken und robusten Vertrag aus und machte klar, dass sie den vorliegenden Vertragsentwurf vom 27. März 2013 als Verhandlungsergebnis unterstützte.
- 9. Ein noch während der letzten Stunde der Konferenz vorgestellter Resolutionsentwurf für die VN-Generalversammlung, der die unveränderte Annahme des abschließenden Vertragsentwurfs vom 27. März 2013 vorsah, erreichte aus dem Stand mehr als 60 Ko-Sponsoren. Weitere Staaten schlossen sich diesem Resolutionsentwurf an, sodass dieser schließlich am 2. April 2013 mit 110 Ko-Sponsoren in die VN-Generalversammlung eingebracht und noch am selben Tag mit überwältigender Mehrheit (155 Ja-Stimmen, drei Nein-Stimmen (Iran, Nordkorea, Syrien), 22 Enthaltungen (u.a. Russland, China, Indien, Indonesien), 13 Abwesenheiten) angenommen werden konnte. Der Vertrag, auf den diese Resolution verweist, wird ab dem 3. Juni 2013 bei den Vereinten Nationen in New York zur Zeichnung aufgelegt.
- 10. Der Vertragstext ist im Rahmen der Erwartungen sehr positiv ausgefallen, er ist ein rechtlich solider und inhaltlich wichtige Normen und Standards setzender Text. Er ist insbesondere gegenüber der gegenwärtigen Situation des völligen Fehlens global gültiger Regeln ein erheblicher Fortschritt und stellt zudem als positives Signal die Fähigkeit der VN unter Beweis, Verträge zu wichtigen Themen aus dem Bereich Frieden und Sicherheit auszuhandeln und abzuschließen.
Der vorliegende Vertrag ist - als Kompromissergebnis eines konvergierenden Verhandlungsprozesses - eine umsetzbare und vor allem für viele Staaten grundlegend neue Richtschnur für die Schaffung bzw. die Verbesserung der Regeln für den grenzüberschreitenden Rüstungsgüterhandel.
Neben Großwaffensystemen (mindestens alle Waffen der Kategorien des VN-Waffenregisters) werden auch Kleinwaffen und leichte Waffen sowie weite Bereiche an Munition und wichtige Teile und Komponenten für die vom Vertrag abgedeckten Waffen erfasst. Die Ausfuhrbewertungskriterien, der Kern des Vertrages, spiegeln einen wesentlichen Teil der bereits in Deutschland und der EU seit Längerem geltenden - jedoch hier umfangreicheren und weiter reichenden - Bewertungskriterien wider. Insbesondere ist die "Goldene Regel" (keine Genehmigung von Ausfuhren, falls ein eindeutiges Risiko schwerer Menschenrechtsverletzungen oder schwerwiegender Verletzungen des humanitären Völkerrechts besteht) weitgehend enthalten. Wenn ein eindeutiges Risiko der Untergrabung von Frieden und Sicherheit gegeben ist, so darf die Ausfuhr ebenfalls nicht genehmigt werden. Neben absoluten Verbotstatbeständen bei Kenntnis des ausführenden Staates über die bevorstehende Verwendung z.B. zu Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist auch ein festgestelltes Um leitungsrisiko Erwägungsgrund für eine Versagung der Ausfuhrgenehmigung. Besondere, aber weniger detaillierte Vorschriften gelten für Einfuhren, Vermittlungsgeschäfte sowie Durchfuhren bzw. Umladungen. Der Vertrag sieht ein Sekretariat, Regelungen zur internationalen Zusammenarbeit und Unterstützung sowie Vertragsänderungen (mit Dreiviertelmehrheit der abstimmenden Vertragsstaaten frühestens sechs Jahre nach Inkrafttreten) vor. Darüber hinaus sind Berichtspflichten der Vertragsstaaten zur Durchführung und Anwendung des Vertrages vorgesehen.
An vielen Stellen des Vertrages, an denen eine Verpflichtung der Vertragsstaaten nicht im Konsens durchzusetzen war, wurde die entsprechende Bestimmung in eine Aufforderung zu einem bestimmten Verhalten umgewandelt. Deren Vorhandensein im Vertrag drückt unterhalb der Schwelle einer rechtlichen Verpflichtung die Erwartung an die Vertragsstaaten aus, sich entsprechend zu verhalten. Insbesondere bei diesen Vertragsbestimmungen wird es stark darauf ankommen, in welchem Maße die Vertragsstaaten diesen Aufforderungen tatsächlich nachkommen und mit gutem Beispiel bei der innerstaatlichen Umsetzung (in Form von "Best Practice"- Richtlinien) die im Vertrag zum Ausdruck gebrachte Erwartungshaltung untermauern.
- 11. Auch nach Inkrafttreten des Vertrages über den Waffenhandel werden die Entscheidungen über mögliche Genehmigungen für Transfers, insbesondere Ausfuhren, in nationaler Verantwortung getroffen werden. Neu ist hingegen für viele Staaten, dass dieser Entscheidungsprozess nunmehr auf der Basis von konkreten, gemeinsamen und verbindlichen Kriterien als Mindestmaßstab innerhalb eines verpflichtend zu errichtenden nationalen Kontrollsystems erfolgen muss. Jenseits bestehender regionaler Absprachen im Bereich der Exportkontrolle (z.B. innerhalb der EU, aber auch im Rahmen anderer Regionalorganisationen) und internationaler, aber nicht universeller Exportkontrollregime (wie z.B. dem "Wassenaar Arrangement") wird damit erstmals eine ausbaufähige Grundstruktur für ein weltweit anzuwendendes System der Transferkontrollen für Rüstungsgüter geschaffen.
- 12. Von Beginn an hat die Bundesregierung die Vorbereitungen sowie die eigentlichen Verhandlungen aktiv, intensiv, fachkundig und kontinuierlich mitgestaltet und insbesondere zu den Kernfragen Regelungsumfang (Güterkreis und Transferarten), Bewertungskriterien, Verringerung von Umleitungsrisiken sowie Transparenz auf sachgerechte, v.a. dem humanitären Grundanliegen des Vertrages entsprechende Lösungen hingewirkt. Dieses Engagement wurde gerade auch von den Nichtregierungsorganisationen uneingeschränkt gewürdigt. Mehrfach drückte Bundesminister Westerwelle zusammen mit europäischen und internationalen Amtskollegen die starke Unterstützung der Bundesregierung für einen ATT aus. Die Bundesregierung hatte sich u.a. für die Einbeziehung sämtlicher konventioneller Rüstungsgüter, zusätzliche Bewertungskriterien, eine klare Festlegung von Rechtsfolgen als Konsequenz der Risikobewertungen (insbesondere eine klare Versagungspflicht bei "eindeutigem Risiko"), für eine umfassendere und explizit für die Öffentlichkeit verfügbare Transparenzberichterstattung, für die unmissverständliche Unterwerfung von Rüstungskooperationsabkommen unter die Regeln des Vertrages sowie für die Strafbewehrung in nationaler Verantwortung bei Zuwiderhandlung gegen nationale Durchführungsregeln für den ATT ausgesprochen. Ziel aller EU-Mitgliedstaaten war zudem eine mögliche Teilnahme von regionalen Integrationsorganisationen als Vertragsparteien.
- 13. Die EU hat durch intensive Vorbereitung und Koordinierung der Positionen ihrer Mitgliedstaaten insgesamt ein sehr hohes Maß an Geschlossenheit gezeigt und so unter Führung des Europäischen Auswär tigen Dienstes die Verhandlungen maßgeblich mitbestimmen können. Auch diesem Umstand, wie der Unterstützung des Prozesses durch die weltweiten, von der EU initiierten und finanzierten Regionalseminare, ist es zu verdanken, dass im ATT wesentliche Züge der deutschen und euro päischen Exportkontrollregelungen verankert sind.
- 14. Nichtregierungsorganisationen haben weltweit eine zentrale Rolle bei der Mobilisierung von Regierungen und Öffentlichkeit für den ATT-Prozess gespielt und das Bewusstsein und Verständnis für die Problematik des bisher weitgehend ungeregelten internationalen Waffenhandels in signifikanter Weise vorangetrieben. Im gesamten ATT-Prozess wurde ihnen von der Gruppe der Ko-Autoren eine teilweise herausgehobene Rolle eingeräumt. Auch beim zügigen Inkrafttreten und der späteren Durchführung des Vertrages können sie eine wichtige Rolle übernehmen.
- 15. Angesichts des Konsenszwanges für die Annahme des Vertrages zum Abschluss der Verhandlungskonferenzen hatten insbesondere Staaten, die zu den großen Im- und Exporteuren von Rüstungsgütern zählen und ohne deren Beteiligung ein ATT-Vertragsregime nur begrenzt wirkungsvoll sein kann, ihre Verhandlungspositionen mit großem Nachdruck verfechten können. Sie und andere Verhandlungsteilnehmer konnten zum Teil Regelungen verhindern, ändern oder abschwächen, die ihren Interessen, Vorstellungen und nationalen Kontrollsystemen widersprechen. Wie allgemein unter dieser Entscheidungsregel zu erwarten, war es im Vergleich deutlich schwerer sicherzustellen, dass eine bestimmte Regelung im Vertrag in befriedigender Weise verankert ist. Jedoch bot die Konsensregel mittelfristig immerhin die Möglichkeit, dass eine deutliche Mehrheit der Staatengemeinschaft einen so angenommenen Vertrag ratifiziert oder ihn zumindest befolgt.
Entscheidend für die Zustimmung der Bundesregierung zum ATT-Entwurf vom 27. März 2013 war am Ende, dass der Kompromisscharakter des Gesamtpakets einem breiten Spektrum von Verhandlungsteilnehmern, darunter vor allem auch den wichtigen Im- und Exporteuren von Rüstungsgütern, die Zeichnung und Ratifikation des Vertrages ermöglichen sollte und dass der Entwurf eine solide, entwicklungsfähige Basis für ein weltweit anzuwendendes System der Transferkontrollen für Rüstungsgüter darstellt.
Bemerkenswert ist außerdem die breite Übereinstimmung von Staaten der "westlichen" industrialisierten Welt, Schwellenländern und Entwicklungsländern, die bei den übergeordneten Themen Frieden, Sicherheit und Abrüstung nicht immer anzutreffen ist: Diese breite Mehrheit von Staaten hat sich im Verhandlungsablauf für einen starken und robusten ATT eingesetzt. Unter diesen Voraussetzungen und mit der soliden Basis des Vertrages sind die Aussichten für eine wirkungsvolle Umsetzung und Durchführung des Vertrages, seinen Präzedenzcharakter und - im Zeitablauf - seine weltweite Befolgung durchaus als gut zu bewerten.
Es wird auch darauf ankommen, Staaten, insbesondere Entwicklungsländern, die bislang über kein nennenswertes Transferkontrollsystem verfügen, Hilfsund Unterstützungsleistungen anzubieten. Hiervon wird entscheidend die Geschwindigkeit abhängen, mit der sie in die Lage versetzt werden, den Vertrag durchführen, umsetzen und sich entsprechend seinen Verpflichtungen unterwerfen zu können. Die Bundesregierung ist bereit, hierbei anderen Staaten zur Seite zu stehen.
- 16. Der vorliegende Gesetzentwurf und diese Denkschrift reflektieren den Stand der authentischen Sprachfassungen des Vertrages über den Waffenhandel, wie er am 3. Juni 2013 zur Unterzeichnung aufgelegt wird. Der VN-Generalsekretär hat als Verwahrer des Vertrages über eingegangene Korrekturvorschläge für die arabische, chinesische, französische, russische und spanische Sprachfassung unterrichtet, die gemäß Artikel 79 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge ab initio (rückwirkend) wirksam werden, sofern nicht bis Mitte August 2013 Widerspruch gegen diese erhoben wird.
II. Besonderes Präambel/Prinzipien
Die Präambel ordnet den Vertragstext thematisch ein und gibt gleichzeitig den Rahmen für den operativen Teil des Vertrages vor. Abweichend von der sonst üblichen Norm völkerrechtlicher Texte ist dem Vertrag im Rahmen der Präambel zudem eine Reihe von Prinzipien vorangestellt, die an dieser Stelle zum Teil konstituiert, zum Teil aus bestehenden Instrumenten, insbesondere aus der Charta der Vereinten Nationen übernommen werden. Sie haben aber dennoch durch ihre Stellung im Vertragstext vor der Formel "sind wie folgt übereingekommen" ebenfalls einen präambulären Charakter und sind nicht Bestandteil der rechtlich bindenden Bestimmungen des Vertrages. Sie können aber zur Feststellung des vertragspolitischen Verständnisses der Verhandlungsstaaten herangezogen werden.
Insgesamt wird dieser Abschnitt, Präambel und Prinzipien, von einer Dichotomie zwischen der Wiederholung von humanitären Zielen und der Bekräftigung sicherheitspolitischer Interessen der Staaten dominiert. Dazu zählen einerseits u.a. die Verhinderung des illegalen Waffenhandels, die Betonung von Frieden, Sicherheit und Entwicklung, die Einhaltung des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte. Andererseits werden die Grund sätze der Souveränität, der politischen Unabhängigkeit, des Gewaltverzichts, des Rechts auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung und der Nichteinmischung, die aus der Charta der Vereinten Nationen entnommen sind (Prinzipien 1 bis 4) sowie der Hauptverantwortung der Staaten bei der Regulierung des Handels mit konven tionellen Waffen wiederholt.
Die Gestaltung von Präambel und Prinzipien war Gegenstand intensiver Verhandlungen, auf deren einer Seite insbesondere die arabischen Staaten, angeführt von Ägypten, Algerien und Syrien, sowie eine Reihe von bedeutenden Importeuren, z.B. Indonesien, standen. Diese Gruppe sah diesen Abschnitt des Vertrages als notwendiges Korrektiv und Gegengewicht zu den Artikeln 6 und 7, die insbesondere die Bewertung von Ausfuhren regeln und die Entscheidungsgewalt klar in die Hände des genehmigenden ausführenden Staates legen. Die letztendlich nur in sehr abgeschwächter Form umgesetzte, bereits im Vertragsentwurf vom 26. Juli 2012 angelegte prominente Rolle der Prinzipien sollte aus Sicht der o.g. Gruppe von Staaten diese gegen einen befürchteten "Missbrauch" des Vertrages in Form von Erschwernissen bei der Einfuhr von Rüstungsgütern "immunisieren". Dieser Stoßrichtung haben sich insbesondere europäische Staaten, aber auch die USA und andere erfolgreich entgegengestellt. Ziel der Bundesregierung war es, diesen Teil des Vertrages einerseits klar als präambulär kenntlich zu machen und andererseits eine inhaltliche Verfremdung durch nicht themenbezogene Elemente zu verhindern.
Aus diesem Grund ist der Unterabschnitt Prinzipien nunmehr eindeutig nur als politisch verpflichtend formuliert.
Zu den bemerkenswerten Elementen dieses Abschnitt es zählen:
- - der Bezug zu Gefahren des Terrorismus, der auf indischen Wunsch in Erwägungsgrund 3 aufgenommen wurde,
- - das Recht jeden Staates, innerstaatlich Waffen nach seinem eigenen Rechts- und Verfassungssystem zu regulieren und zu kontrollieren, in Erwägungsgrund 5,
- - der Themenkomplex der bewaffneten Gewalt, der auf Wunsch der nordischen Länder in Erwägungsgrund 10 aufgenommen wurde,
- - die klare Aussage, dass über den Vertrag hinausgehende Regelungen möglich sind auf Wunsch der, insbesondere europäischen, Staaten, die bereits über ausdifferenzierte und restriktivere Exportkontrollsysteme verfügen, in Erwägungsgrund 12,
- - die Rechtmäßigkeit des Handels mit Waffen für den privaten Gebrauch (Freizeitgestaltung, Kultur, Geschichte, Sport) unter bestimmten Umständen v. a. auf Drängen von USA und Kanada in Erwägungsgrund 13 sowie
- - die Anerkennung der Bedeutung von Regionalorganisationen auf gemeinsames Drängen Deutschlands, Ghanas und anderer afrikanischer Staaten hin in Erwägungsgrund 14.
Artikel 1
Ziel und Zweck
Die Zielsetzung des Vertrages war spätestens seit der Resolution der Generalversammlung 064/48 vom 2. Dezember 2009 eine doppelte: einerseits die Regulierung des legalen Handels, andererseits die Eindämmung und Beseitigung des illegalen Handels. Daneben galt es, die Hervorhebung des humanitären Zwecks des Vertrages sicherzustellen. Die Bewahrung dieser mehrfachen Logik war ein wichtiges Ziel der Bundesregierung. Der Artikel war bereits seit Sommer 2011 weitestgehend stabil und gab nur wenig Anlass für Debatten, wenngleich das Konzept wegen seiner ersten Hälfte auch von einigen Verhandlungsparteien weiterhin stark angezweifelt wird. Den Kritikern ging und geht es vor allem um die Bewahrung der uneingeschränkten Souveränität über Ausfuhrentscheidungen im Rüstungsgüterbereich.
Tatsächlich liegt in diesem Artikel die Innovation des Instrumentes. Erstmals werden rechtlich bindende Mindeststandards für einen Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik vereinbart, in dem bisher, meist regional begrenzt, lediglich Handlungsempfehlungen, z.B. im Rahmen der OSZE, oder politisch bindende Leitstrukturen, z.B. im Rahmen des "Wassenaar Arrangements", existierten. Unabhängig von der Ausgestaltung der operativen Kernbestimmungen des Vertrages in den Artikeln 2 bis 11 und deren Defiziten, ist es ein Erfolg, dieses von progressiven Regierungen und der Zivilgesellschaft geforderte Konzept des Handel(n)s nach gemeinsamen Regeln durchgesetzt zu haben.
Die in Artikel 1 erwähnten Vertragszwecke - Beitrag zu Frieden und Sicherheit, Minderung menschlichen Leids, Förderung von Zusammenarbeit, Transparenz und Verantwortlichkeit - waren dagegen wenig umstritten, sind aber für die teleologische Auslegung des Vertrages von großer Bedeutung.
Artikel 2
Geltungsbereich
Der Artikel steckt im Hinblick auf den Güterkreis (Absatz 1) und das Aktivitätenspektrum (Absätze 2 u n d 3) den Geltungsbereich des Vertrages im Wesentlichen ab. In diesem Bereich mussten insbesondere mit Rücksicht auf die USA einige der schwierigsten Kompromisse gefunden werden. So wurden einige Güterarten, obgleich durch Teile der materiellen Regelungen des Vertrages betroffen, nicht unter der Überschrift des Güterkreises geführt, sondern sind in separaten Artikeln (Artikel 3 zu Munition und Artikel 4 zu Teilen und Komponenten) geregelt. Neben dieser optischen und teilweise inhaltlichen Abtrennung einiger Güter werden die Vertragsstaaten ermutigt, den Güterkreis, auf den der Vertrag angewendet wird, in nationaler Verantwortung auf die größtmögliche Bandbreite konventioneller Waffen auszudehnen (Artikel 5 Absatz 3 Satz 1).
Der minimal zu erfassende Güterumfang wird durch Bezugnahme auf bestehende Beschreibungen von Güterkategorien des VN-Waffenregisters oder anderer VN-Instrumente definiert. Die Kombination aus Aufforderung zu einer möglichst breiten Anwendung, Verweis auf bestimmte Minimaldefinitionen sowie Nennung von konkreten Kategorien des VN-Waffenregisters hatte sich bereits während der Konferenz im Juli 2012 herausgeschält. Die damals erarbeitete Formulierung war aber aufgrund ihrer Ambiguität (Aufforderung, mindestens die Waffen der Kategorien des VN-Waffenregisters zu erfassen) mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden.
Wenngleich damit das Ziel der Bundesregierung, sämtliche konventionellen Waffen sowie Munition, Teile und Komponenten und Technologie in einem Waffenhandelsvertrag verbindlich zu erfassen, nicht vollumfänglich erreicht werden konnte, so spricht aus dem vorliegenden Vertrag doch ein Mehr an Klarheit gegenüber dem Entwurf vom Juli 2012. Durch die in Artikel 5 Absatz 3 enthaltene Aufforderung zur Ausdehnung des Güterkreises in der Anwendung ist das erwünschte Verhalten klar benannt.
Absatz 1 erfasst in den Buchstaben a bis g konkret die Güter innerhalb der sieben Kategorien des VN-Waffenregisters und damit im Wesentlichen alle Großwaffensysteme. Darüber hinaus sind auch Kleinwaffen und leichte Waffen erfasst (Buchstabe h). Die Erfassung der letzteren Kategorie war lange sehr umstritten. Es war einer der großen "Durchbrüche" der Verhandlungen im Juli 2012, als es v.a. den afrikanischen Staaten gelang, chinesischen Widerstand gegen die Erfassung von Kleinwaffen und leichten Waffen zu überwinden. Ohne deren Erfassung hätte der ATT seiner humanitären Zielsetzung kaum gerecht werden können.
Die Transfers der aufgezählten Rüstungsgüter werden durch das deutsche Kriegswaffenkontrollgesetz, das Außenwirtschaftsgesetz und das Waffengesetz abgedeckt. Unklar bleibt aber, wie diese Kategorien exakt abgegrenzt werden können. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang der teildynamische Verweis in Artikel 5 Absatz 3 auf den Stand des VN-Waffenregisters bei Inkrafttreten des Vertrages. Allerdings reicht auch dieser Verweis nicht aus, um in bestimmten Fällen, z.B. im Bereich der gepanzerten Fahrzeuge, Abgrenzungsfragen aufzulösen. Diese Aufgabe wäre letztlich nur im Rahmen einer umfänglichen gemeinsamen Ausfuhrliste lösbar gewesen, für deren Konzeption und Ausarbeitung der erforderliche Konsens nicht vorhanden gewesen ist. Die Aufgabe, entsprechende Listen im Sinne von Guter Übung/Best Practice zu entwickeln, könnte der Konferenz der Vertragsstaaten zufallen.
Die Regelungen des Vertrages beziehen sich immer mindestens auf die in Absatz 1 aufgezählten Güter. Spezielle Regelungen, die nur für die Güter aus Artikel 3 zu Munition und Artikel 4 zu Teilen und Komponenten gelten, gibt es nicht. Die zentralen Verbote in Artikel 6 und Vorschriften zur Ausfuhrbewertung in Artikel 7 gelten jedoch für alle vom Vertrag erfassten Güter, also auch Munition und Teile/Komponenten. Dies trifft jedoch nicht auf die Regelungen zur Umleitungsgefahr in Artikel 11 zu.
Im Hinblick auf die Aktivitäten beschränkt sich Absatz 2 auf die Nennung von Ausfuhr, Einfuhr, Durchfuhr, Umladung und Vermittlungsgeschäften, die in der Legaldefinition "Transfer" zusammengefasst werden. Nach Verständnis der Bundesregierung sind damit auch Leihgaben, Leasinggeschäfte und Geschenke erfasst. Insbesondere China teilt diese von der Mehrheit der Staaten unterstützte Auffassung aber nicht.
Gegenstand intensiver Debatten war die Schaffung einer Ausnahmeklausel für Transfers der Sicherheits- und Streitkräfte der Vertragsstaaten mit der Maßgabe, deren operative Sicherheit und Freiheit nicht durch bürokratische Ausfuhrkontrollen und mögliche, die allgemeine Veröffentlichung ggf. einschließende Berichtspflichten zu gefährden. Die Bundesregierung nahm in diesem Bereich im NATO- und EU-Rahmen eine herausgehobene Stellung ein und brachte das Thema immer wieder in die Verhandlungen ein. Die gefundene Regelung stellt den grenzüberschreitenden Transport von Rüstungsgütern zur eigenen Verwendung im Ausland von den Kontrollen des Vertrages frei, solange der transferierende Staat Eigentümer bleibt.
Artikel 3
Munition
Der Artikel regelt die Erfassung von Munition innerhalb des Vertrages. Diese Gütergruppe ist bewusst gegen den Güterkreis des Artikels 2 Absatz 1 abgesetzt. Erfasst ist (trotz der im Englischen zunächst aufgrund der Begriffsverkettung durch Schrägstrich klärungsbedürftig erscheinenden Terminologie "Ammunition/Munitions") nur Munition, die durch die Waffen nach Artikel 2 Absatz 1 abgefeuert, abgeschossen oder ausgebracht werden kann. Dagegen sind wichtige anders (z.B. von Hand) auszubringende Wirkmittel wie Minen und Handgranaten sowie Munitionsbestandteile nicht erfasst. Außerdem sind auf Munition die Bestimmungen zur Bekämpfung der Umleitung nach Artikel 11 sowie Aufzeichnungs- und Berichtspflichten gemäß den Artikeln 12 und 13 nicht anzu wenden.
Die Bundesregierung hatte sich hier für eine deutlich weiter gehende Erfassung von Munition eingesetzt. Erheblicher Widerstand einer Reihe von Delegationen entzündete sich an diesem Thema. Die USA verwiesen auf aus US-verfassungsrechtlichen Gründen ("2nd Amendment") nicht existierende staatliche Durchsetzungs-, Aufzeichnungs- und Archivierungsmöglichkeiten und lehnten eine vollwertige Aufnahme von Munition in den Güterkreis und eine Unterwerfung unter alle Regelungen des Vertrages ab. Im Vergleich zu vorherigen Vertragsversionen, insbesondere im Vergleich zum Ergebnis der Konferenz im Juli 2012, ist Munition als Gütergruppe zwar weder definitorisch ausgedehnt noch hinsichtlich der anzuwendenden Kriterien aufgewertet worden; dennoch bleibt festzustellen, dass die Schaffung eines eigenen Artikels und dessen Heranrücken an den eigentlichen Güterkreis der Regelung mehr Gewicht gibt.
Artikel 4
Teile und Komponenten
Der Artikel schreibt ein nationales Kontrollsystem für bestimmte Teile und Komponenten vor, sofern diese die Fähigkeit verleihen, eine Waffe nach Artikel 2 Absatz 1 zusammenzubauen.
Auch auf Teile und Komponenten sind die Bestimmungen zur Bekämpfung der Umleitung nach Artikel 11 sowie Aufzeichnungs- und Berichtspflichten der Artikel 12 und 13 nicht anzuwenden.
Diese Regelung ist in hohem Maße interpretationsbedürftig, da die Zerlegungstiefe und damit die Frage, was wirklich für den Zusammenbau nötig ist, offenbleibt. Bei einer engen Auslegung wäre es denkbar, dass lediglich komplette, aber zerlegte "Bausätze" für Waffen erfasst sind und damit der Sinn dieser Norm darin besteht, Umgehungslieferungen von zerlegten Komplettsystemen zu verhindern.
Aus Sicht der Bundesregierung greift dies zu kurz; sie hat dem Vertrag im Verständnis einer weiteren Auslegung zugestimmt. Es scheint dem Sinn und Zweck der Norm entsprechend, zumindest alle wichtigen Teile und Komponenten, die für die Funktionen des Gesamtsystems nötig sind, zu erfassen. Dadurch können Umgehungen durch getrennte Teillieferungen verhindert werden.
Artikel 5
Allgemeine Durchführung
Kern dieses Artikels waren ursprünglich allgemeine Vorgaben zur Art der Durchführung, zum Verhältnis mit bestehenden Rüstungskooperationsabkommen sowie zur Verhinderung von Umleitungsrisiken. Im Laufe der Verhandlungen wurden die letzten beiden Aspekte herausgelöst und separat behandelt. Der verbleibende Rumpf wurde genutzt, um allgemeine Regelungen zur Durchführung des Vertrages zu spezifizieren. In diesem Sinne wirkt der Artikel zum Teil heterogen, da hier unterschiedliche Regelungsbereiche zusammengestellt sind.
Die Absätze 1, 5 und 6 sind erkennbar aus vorherigen Vertragsentwürfen übernommen. Der erste Absatz greift Sprache zur diskriminierungsfreien, objektiven und einheitlichen Anwendung des Vertrages direkt aus der Präambel wortwörtlich auf; hier sind Reste des Versuchs erkennbar, einzelne lediglich politisch bindende Prinzipien aus dem Vorspann des Vertrages als rechtlich bindende Regelungsmomente in den Vertrag zu importieren. Dies geht auf das Bedürfnis einiger importierender Staaten insbesondere der arabischen Welt zurück, einen Ausgleich zu den Artikeln 6 und 7 zu finden. Die Bundesregierung hatte sich dafür eingesetzt, diese Rückbezüge auf die Präambel zu vermeiden.
Die Absätze 5 und 6 beinhalten zum einen die selbstverständliche Aufforderung zur Umsetzung der Bestimmungen des Vertrages in nationale Regelungen und zum anderen die wichtige Verpflichtung zur Einrichtung eines nationalen Kontrollsystems (allerdings teilredundant im Verhältnis zu Absatz 2) und einer nationalen Kontaktstelle für die internationale Zusammenarbeit im Rahmen des Vertrages.
Wesentliche Regelungen sind in den Absätzen 2 bis 4 enthalten. Gegenstand der rechtlichen Verpflichtung sind die Einrichtung eines nationalen Kontrollsystems einschließlich einer national definierten Kontrollliste und deren Veröffentlichung, zumindest aber deren Verfügbarmachung für alle anderen Vertragsstaaten. Ohne Kenntnis dieser Kontrollliste könnten die anderen Vertragsstaaten die Durchführung des Vertrages kaum bewerten.
Von zentraler Bedeutung ist Absatz 3, der zum einen die Staaten auffordert, den Vertrag auf die größtmögliche Bandbreite konventioneller Waffen anzuwenden. Zum anderen legt er den Mindestumfang der Definitionen der nationalen Kontrolllisten unter Bezugnahme auf bestehende Definitionen im VN-Rahmen fest. Dieser Verweis ist teildynamisch, da auf die jeweiligen Definitionen anderer Instrumente zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrages abgestellt wird; er könnte Rückwirkungen auf die Bereitschaft zur Weiterentwicklung eben dieser Instrumente haben. Andererseits könnte eine erfolgte, weitgehende Weiterentwicklung Staaten von der Zeichnung/ Ratifizierung des ATT abhalten. Besondere Bedeutung kommt hier dem VN-Waffenregister zu, das noch vor Inkrafttreten des ATT einer turnusgemäßen Überprüfung unterzogen wird. Hier gilt es, eine ausgewogene Balance zwischen der aus deutscher Sicht dringend erforderlichen Weiterentwicklung der Instrumente und der Sicherstellung einer breiten Teilnahme von Staaten am ATT zu gewährleisten. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die großen Im- und Exporteure.
Artikel 6
Verbote
Dieser und Artikel 7 sind das Herzstück des ATT. Sie enthalten die wesentlichen Versagungsgründe und Bewertungskriterien für Transfergenehmigungen. Der zusätzliche Versagungsgrund "Umleitungsgefahr" wird in Artikel 11 behandelt.
Der Artikel schafft selbst keine neuen, über den bisherigen Bestand hinausgehenden völkerrechtlichen Verbotsnormen, sondern bezieht sich auf bereits in anderen Teilen des völkerrechtlichen Bestandes vorhandene Verbote. Sie werden hier jedoch zu einem Verbot der Erteilung von Transfergenehmigungen konkretisiert. Der Artikel hat somit vom völkerrechtlichen Gehalt her im Wesentlichen reiterativen Charakter. Er setzt jedoch einen für die Bewertungen der Vertragsstaaten überaus wichtigen normativen Rahmen absoluter Verbote, die sich - anders als die Bestimmungen in Artikel 7 - der Ermessensausübung in Form der Bewertung durch die Vertragsparteien entziehen.
Durch die Verwendung des Begriffes "Transfer" erstrecken sich die Verbote grundsätzlich auf alle in der Legaldefinition in Artikel 2 Absatz 2 aufgeführten Aktivitäten des internationalen Handels. Sie entfalten jedoch vor allem Wirkung auf Ausfuhren, da nur für diese - wie sich im Umkehrschluss aus dem Umfang der völkerrechtlichen Verpflichtungen gemäß den Artikeln 8 bis 10 hinsichtlich Einfuhren, Durchfuhren, Umladungen und Vermittlungsgeschäften ergibt - durchgängig eine Verpflichtung zur vorherigen Genehmigung besteht.
Nach Absatz 1 dürfen keine Genehmigungen für Transfers erteilt werden, wenn der Transfer gegen Verpflichtungen der Vertragspartei aus einer vom VN-Sicherheitsrat nach Kapitel VII der VN-Charta beschlossenen Maßnahme verstoßen würde, beispielsweise ein VN-Waffenembargo oder sonstige restriktive Maßnahmen des VN-Sicherheitsrats.
Nach Absatz 2 dürfen keine Genehmigungen für Transfers erteilt werden, wenn der Transfer gegen einschlägige Verpflichtungen der Vertragspartei aus anderen internationalen Vereinbarungen, deren Vertragspartei sie ebenfalls ist, verstoßen würde, insbesondere wenn diese Verpflichtung sich auf Transfers konventioneller Waffen oder deren unerlaubten Handel bezieht. Entsprechende Verpflichtungen sind für EU-Mitgliedstaaten z.B. die von der EU im Rahmen der GASP beschlossenen Waffenembargos.
Die Verbotsbestimmung in Absatz 3 zu Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht war Gegenstand besonders intensiver Verhandlungen, u.a. weil einige Verhandlungsparteien auf einer sehr genauen Abgrenzung der Verbotstatbestände beharrten. Während in früheren Vertragsentwürfen das Verbot nur einschlägig gewesen wäre, wenn es die Absicht des genehmigenden Staates gewesen wäre, eine völkerrechtswidrige Handlung zu unterstützen, und diese Norm damit praktisch leergelaufen wäre, bezieht sie sich nun auf das Wissen des genehmigenden Staates zum Zeitpunkt der Genehmigung um den zu erwartenden Einsatz der zu transferierenden Rüstungsgüter zu völkerrechtswidrigen Zwecken. Konkret werden dem Verbot unterworfen: Einsatz zur Begehung von Völkermord, zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit, zu schweren Verletzungen der Genfer Abkommen von 1949, zu Angriffen, die sich unmittelbar gegen als solche geschützte zivile Objekte oder Zivilisten richten, sowie andere Kriegsverbrechen, wie sie in internationalen Vereinbarungen definiert werden, deren Vertragspartei die genehmigende Vertragspartei ist.
Der Begriff "Genfer Abkommen von 1949" im Sinne von Absatz 3 ist deckungsgleich mit den in Satz 1 der Anlage zu § 8 Absatz 6 Nummer 1 des Völkerstrafgesetzbuches vom 26. Juni 2002 (BGBl. I S. 2254) aufgezählten völkerrechtlichen Verträgen. Was unter "schweren Ver letzungen gegen die Genfer Abkommen von 1949" zu verstehen ist, folgt aus Artikel 50 des I. Genfer Abkommens von 1949, Artikel 51 des II. Genfer Abkommens von 1949, Artikel 130 des III. Genfer Abkommens von 1949 und Artikel 147 des IV. Genfer Abkommens von 1949. Die in diesen Bestimmungen genannten Straftaten sind Kriegsverbrechen. Soweit Absatz 3 von "anderen Kriegsverbrechen im Sinne völkerrechtlicher Über einkünfte deren Vertragspartei er (der genehmigende Vertragsstaat) ist" spricht, handelt es sich um völkervertragsrechtlich begründete Straftatbestände, die nicht schon von den genannten Vorschriften in den Genfer Abkommen von 1949 erfasst sind; es handelt sich mithin nicht um Straftatbestände, von denen angenommen wird, dass sie völkergewohnheitsrechtlich anwendbar seien. Ein Beispiel für ein "anderes Kriegsverbrechen im Sinne völkerrechtlicher Übereinkünfte, deren Vertragspartei er (der genehmigende Vertragsstaat) ist", ist für seine Vertragsparteien Artikel 8 des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs, dessen Absatz 2 Buchstabe b Ziffer xx unter den dort genannten Voraussetzungen auf schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht durch die Verwendung von Waffen, Geschossen, Stoffen und Methoden der Kriegführung, die geeignet sind, überflüssige Verletzungen oder unnötige Leiden zu verursachen, oder die ihrer Natur nach unterschiedslos wirken, abstellt. Hierfür hatte sich die Bundesregierung mit ihren europäischen Partnern und zahlreichen anderen Staaten sehr stark engagiert. Es ist vorauszusetzen, dass die Vertrags parteien Absatz 3 nach Maßgabe des strafrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes und der einschlägigen völkerrechtlichen Auslegungsgrundsätze anwenden.
Verbotstatbestände in Bezug auf die Verletzungen von Menschenrechten ließen sich in den Verhandlungen nicht durchsetzen.
Allerdings würde in der Praxis der Anwendung der Regelungen des Artikels 7 auf Ausfuhren - und bei entsprechender Auslegung des Begriffes "overriding risk" als "eindeutiges Risiko" (s. nachstehend die Ausführungen zu Artikel 7) - bei der Risiko-Analyse nach Artikel 7 Absatz 1 Buch stabe b Ziffer i und ii in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 3 schon eine geringere Voraussetzung als das Wissen des genehmigenden Staates um den zu erwartenden Einsatz der zu transferierenden Rüstungsgüter zu völkerrechtswidrigen Zwecken ausreichen, um zu einer Verpflichtung zur Versagung einer Ausfuhrgenehmigung zu führen. Dadurch erscheint sichergestellt, dass es auch bei von den Verboten des Artikels 6 nicht erfassten Gefahren des Einsatzes der zu transferierenden Rüstungsgüter zu Kriegsverbrechen oder schweren und systematischen Verletzungen von Menschenrechten nicht zu einer Ausfuhrgenehmigung kommt.
Artikel 7
Ausfuhr und deren Bewertung
Dieser Artikel zu Ausfuhren und den Kriterien, die bei der Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung anzuwenden sind, dürfte den größten Einfluss auf die künftige Ausfuhrgenehmigungspolitik der Vertragsstaaten des ATT haben. Er ist deshalb der am intensivsten verhandelte Artikel des Vertragswerkes und hat im Verhandlungsprozess erhebliche Veränderungen erfahren. Für die Bundesregierung lag hier ein Schwerpunkt ihrer Verhandlungsanstrengungen, insbesondere bei der Durchsetzung der sog. "Goldenen Regel" der Versagung der Ausfuhrgenehmigung bei erheblicher Gefahr schwerer Verletzungen des Kriegsvölkerrechts oder der Menschenrechte. Dies sehen z.B. die "Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern" vom 19. Januar 2000 oder der für alle EU-Mitgliedstaaten verbindliche "Gemeinsame Standpunkt der Rates der Europäischen Union 2008/944/GASP betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern" vom 8. Dezember 2008 vor.
Die Anwendung dieses Artikels wird ganz wesentlich über die Effektivität des ATT bei der Erreichung seiner in Artikel 1 aufgestellten Vertragsziele entscheiden.
Gemäß Absatz 1 ist der Artikel auf sämtliche Ausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter anzuwenden, die vom Vertrag abgedeckt werden (d.h. die in Artikel 2 Absatz 1, Artikel 3 und 4 aufgelisteten Güter). Zwar ist die Erteilung von Einzelausfuhrgenehmigungen nicht zwingend vorgeschrieben, jedoch müssen auch vor Er teilung von Allgemein- und Sammelgenehmigungen die in Artikel 7 vorgeschriebenen Kriterien geprüft und be wertet werden. Eine dementsprechende Anpassung des Textes hatte die Bundesregierung zusammen mit ihren europäischen Partnern auch deshalb gefordert und durchgesetzt, um diese Bestimmung in Einklang mit europarechtlichen Vorgaben zu bringen. Solche Genehmi gungen werden z.B. in der Praxis der Rüstungsexport kontrollsysteme vieler europäischer Staaten einschließlich Deutschlands, aber auch für Verbringungen von Rüstungsgütern innerhalb der Europäischen Union erteilt.
Die Absätze 1 bis 4 geben eine Systematik zur Anwendung der (in den Absätzen 1 und 4 enthaltenen) Bewertungs kriterien bei der Prüfung von Ausfuhrgenehmigungen durch den ausführenden Staat vor. Gleichzeitig wird aus dem Zusammenhang von Artikel 7 und dem Verweis auf das nationale Kontrollsystem aus Artikel 5 klar, dass die Bewertung der Ausfuhr ausschließliche Aufgabe des ausführenden Staates ist. Die Anwendung der Bewertungskriterien muss dabei in objektiver und nicht diskriminierender Weise und unter Berücksichtigung relevanter Faktoren erfolgen. Dazu gehören auch die vom einführenden Staat in Übereinstimmung mit dessen Verpflichtungen aus Artikel 8 Absatz 1 zur Verfügung gestellten Informa tionen, die z.B. Endverwendungs- oder Endverwender-Dokumentation beinhalten können.
Nach Absatz 1 Buchstabe a ist zunächst der Beitrag der auszuführenden Rüstungsgüter zu Frieden und Sicherheit bzw. deren mögliche Untergrabung zu bewerten. Bei erheblichem Risiko der Untergrabung von Frieden und Sicherheit ergibt sich durch Absatz 1 i.V.m. Absatz 3 die Rechtsfolge einer Versagung. Selbst bei Zugrundelegung der US-Interpretation des Begriffs "overriding risk" in Absatz 3 als Ausdruck eines Abwägens positiver und negativer Faktoren, welches im Übrigen durch den Wortlaut von Absatz 1 Buchstabe a selbst nahegelegt wird (vgl. dazu weiter unten), bleiben erhebliche Zweifel, ob es möglich ist, nach Feststellung eines eindeutigen Risikos der Beeinträchtigung von Frieden und Sicherheit gleichzeitig zu dem Ergebnis einer Kompensation durch einen etwaigen positiven Beitrag zu Frieden und Sicherheit zu gelangen. Mithin ist ein erhebliches Risiko der Untergrabung von Frieden und Sicherheit ein zwingendes Versagungskriterium.
Daneben enthält Absatz 1 in Buchstabe b die weiteren zentralen Bewertungskriterien, bei denen nach dem Vertrag die Rechtsfolge der Genehmigungsversagung vorgesehen ist: die Möglichkeit des Einsatzes der zu prüfenden Rüstungsgüter für die Begehung oder das Erleichtern ("facilitate") von
- (i) schweren Verletzungen des humanitären Völkerrechts,
- (ii) schweren Verletzungen der internationalen Menschenrechtsnormen,
- (iii) Verbrechen im Zusammenhang mit Terrorismus und
- (iv) Verbrechen im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität;
die beiden letztgenannten jeweils definiert als Verstoß gegen die einschlägigen internationalen Konventionen und Protokolle in Bezug auf Terrorismus und organisierte grenzüberschreitende Kriminalität, deren Vertragspartei der ausführende Vertragsstaat ist.
Bei dem in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer i bis iv vorgesehenen Prüfungsmerkmal der Fähigkeit zum "Erleichtern" ("to facilitate") der Begehung der dort genannten schwerwiegenden Verletzungen handelt es sich nicht um ein Kriterium des internationalen Strafrechts, sondern um ein zur Erreichung der vertragspolitischen Zielsetzungen eingeführtes Kriterium.
Nach Prüfung der Kriterien aus Absatz 1 muss der ausführende Vertragsstaat gemäß Absatz 2 erwägen, ob es risikomindernde Maßnahmen ("mitigating measures") gibt, die entsprechend Absatz 1 Buchstabe a und b identifizierte Risiken verringern könnten. Exemplarisch werden hier vertrauensbildende Maßnahmen oder zwischen ausführendem und einführendem Staat gemeinschaftlich entwickelte und vereinbarte Programme genannt.
Verbleibt nach Prüfung der Kriterien aus Absatz 1 und unter Berücksichtigung der erwarteten Effekte verfügbarer Risikominderungsmaßnahmen nach Auffassung des ausführenden Staates ein "overriding risk" einer der negativen Konsequenzen aus Absatz 1, ist der ausführende Staat nach Absatz 3 zur Versagung der Genehmigung verpflichtet.
Eine zentrale Rolle bei der Auslegung dieses Artikels spielt die Interpretation des in den Verhandlungen bis zuletzt umstrittenen und in der angenommenen englischen Sprachfassung enthaltenen Begriffs "overriding risk". Dieser ist in verwaltungsrechtlichen Gesetzen der USA und ihrer Bundesstaaten wohletabliert, aber völkervertragsrechtlich nicht belegt und ferner in die anderen fünf authentischen Vertragssprachen schwer zu übersetzen.
Der Begriff eröffnet im Rechtsverständnis der USA eine Kompensationsmöglichkeit im Prüfungsablauf: Die Feststellung erheblicher Risiken, z.B. der Verübung schwerwiegender Verletzungen des humanitären Völkerrechts oder von internationalen Menschenrechtsnormen, kann durch eine positive Bewertung, z.B. des Beitrags zu Frieden und Sicherheit, kompensiert werden, sodass eine Genehmigungserteilung nach diesem Verständnis möglich bliebe. Nach dieser Rechtstechnik gäbe es keine zwingende Versagung bei erheblicher Gefahr schwerwiegender Verletzungen des humanitären Völkerrechts oder von internationalen Menschenrechtsnormen, wie dies z.B. die "Politischen Grundsätze der Bundesregierung" oder der "Gemeinsame Standpunkt der Rates der Europäischen Union 2008/944/GASP" vorsehen. Die USA hatten während der Verhandlungen sehr deutlich gemacht, dass sie sich ohne die Verwendung dieses rechtstechnischen Konzepts oder des Begriffs "overriding risk" dem Konsens über den Vertragstext entziehen würden.
Allerdings sind auch andere Interpretationen des in der englischen Sprachfassung enthaltenen Begriffes "overriding risk" möglich. Sie werden durch andere nach Artikel 28 gleichermaßen verbindliche Sprachfassungen sogar nahegelegt. So benutzt die spanische Sprachfassung des ATT den Begriff "riesgo manifiesto", der im Deutschen die Entsprechung "eindeutiges Risiko" hat. Die spanische Formulierung findet sich z.B. auch im Gemeinsamen Standpunkt des Rates der Europäischen Union 2008/944/GASP bei der Definition zwingender Versagungsgründe, die im Deutschen mit "eindeutiges Risiko" übersetzt ist. Die russische Sprachfassung des ATT benutzt den Begriff "3Ha4NMenbHblN pNCK", der im Deutschen die Entsprechung "erhebliches/beträchtliches Risiko" hat. Die arabische Sprachfassung des ATT benutzt einen Begriff, der im Deutschen die Entsprechung "großes Risiko" hat.
Die jeweilige der eigenen Anwendung zugrunde gelegte Sprachfassung bzw. die Auslegung des in der englischen Sprachfassung verwandten Begriffes "overriding risk" durch den ausführenden Vertragsstaat wird entscheidende Bedeutung dafür haben, ob die in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b aufgeführten Risikokriterien bei nach Bewertung des ausführenden Staates erheblicher Eintrittswahrscheinlichkeit zu einer automatischen bzw. zwingenden Versagung führen oder ob eine rechtliche Möglichkeit eingeräumt wird, dass bei der Risikoanalyse festgestellte Negativbefunde durch die Erwartung des Eintritts positiver Auswirkungen kompensiert werden können, also beispielsweise durch den perzipierten Beitrag zu Frieden und Sicherheit. Hier wird die Staatenpraxis der Vertragsstaaten großen Einfluss auf die Bedeutung haben, die dieser Artikel und dessen Absatz 3 gewinnen.
Die Bundesregierung legt für die amtliche deutsche Übersetzung von Absatz 3 und für seine Durchführung/Anwendung die sprachlich klare spanische Sprachfassung mit dem Begriff "riesgo manifiesto" zugrunde ("3. Si, una vez realizada esta evaluación y examinadas las medidas de mitigación disponibles, el Estado parte exportador determina que existe un riesgo manifiesto de que se produzca alguna de las consecuencias negativas contempladas en el párrafo 1, dicho Estado no autorizará la exportación."). Demnach wird bei einem festgestellten "eindeutigen Risiko" einer der negativen Konsequenzen aus Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a oder b eine Ausfuhrgenehmigung nicht erteilt. Entsprechend sind die in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a oder b aufgeführten negativen Konsequenzen zwingende Ver sagungsgründe im Sinne der "Goldenen Regel".
Aufgrund der Divergenz der Sprachfassungen ist allerdings eine andere Auslegung und Anwendung/Durchführung von Artikel 7 Absatz 3 durch andere Vertragsstaaten möglich und völkerrechtlich zulässig.
Aus diesem Grund wird die Bundesregierung anlässlich der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde in einer Auslegungserklärung ihr Verständnis unter Zugrundelegung der spanischen Sprachfassung des Vertrags zum Ausdruck bringen, dass der Begriff "riesgo manifiesto" in Artikel 7 Absatz 3 ein "eindeutiges Risiko" einer der negativen Konsequenzen aus Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a oder b bezeichnet, was wiederum die Verpflichtung zur Versagung der Ausfuhrgenehmigung als Rechtsfolge nach sich zieht.
Unabhängig von der jeweiligen Interpretation des Begriffs "overriding risk" bietet der ATT jeder Vertragspartei die Möglichkeit, restriktivere Regeln bei der Kontrolle von Ausfuhren anzulegen. Für eine entsprechende, rein deklaratorische Öffnungsklausel hatten sich die Bundesregierung und ihre europäischen Partner im Zusammenhang mit der Verhandlung der Präambel eingesetzt. Es steht daher auch einer unveränderten Anwendung der o.g. "Politischen Grundsätze der Bundesregierung" oder des "Gemeinsamen Standpunkts des Rates der Europäischen Union 2008/944/GASP" nichts im Wege, soweit diese strengere Beurteilungsmaßstäbe festlegen.
Nach Absatz 4 muss der ausführende Staat in seiner Bewertung das Risiko von geschlechtsspezifischer Gewalt oder Gewalt gegen Frauen und Kinder einbeziehen. Dieses Kriterium ist zu Teilen bereits durch die in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer i und ii enthaltenen Kriterien bzgl. des humanitären Völkerrechts und internationaler Menschenrechtsnormen abgedeckt, welche mit einer eigenständigen Rechtsfolge versehen sind. Es handelt sich bei Absatz 4 mithin um ein die Vorschrift aus Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b ergänzendes, jedoch nicht mit einer eigenständigen Rechtsfolge ausgestattetes Prüfungskriterium. Es trägt der Tatsache Rechnung, dass in vielen bewaffneten Konflikten gerade das Risiko dieser Form von geschlechtsspezifischer Gewalt oder Gewalt gegen Frauen und Kinder in der Prüfung von Ausfuhrgenehmigungsanträgen einer besonderen Aufmerksamkeit bedarf, beschränkt sich aber nach seinem Wortlaut nicht auf bewaffnete Konflikte. Gleichzeitig gibt es in diesem Bereich noch wenig etablierte völkerrechtliche Konzepte, die eine klare Abgrenzung in Bezug auf Rechtsfolgen wie jene einer Versagung der Genehmigung ermöglichen würden. In diesem Kontext ist auch hervorzuheben, dass der Interpretationsrahmen des Vertrages auch eine Ausdehnung derartiger Konzepte auf Situationen bewaffneter Gewalt und nicht nur auf Situationen bewaffneter Konflikte durchaus erlaubt.
Jenseits der in Artikel 7 enthaltenen Kriterien schreibt Artikel 11 Absatz 2 der ausführenden Vertragspartei die Prüfung des Umleitungsrisikos mit der möglichen Folge einer Genehmigungsversagung vor (vgl. die Ausführungen weiter unten).
Andere während der Verhandlungen intensiv diskutierte zusätzliche Kriterien für Ausfuhrgenehmigungen wie das Korruptionsrisiko und das Risiko der "Beeinträchtigung der nachhaltigen Entwicklung" oder "negativer Auswirkungen auf die sozioökonomische Entwicklung" konnten nicht durchgesetzt werden. Selbst eine Erwähnung als im Bewertungsprozess lediglich zu berücksichtigende Kriterien ohne konkrete Rechtsfolgenvorschrift fand keine allgemeine Unterstützung. Bzgl. des letztgenannten Kriteriums scheiterte dies insbesondere am erheblichen Widerstand der Schwellen- und Entwicklungsländer, die ein solches Kriterium als unvereinbar mit der souveränen Entscheidung von Staaten über ihre Verteidigungsanstrengungen - die durch den vierten Grundsatz gesichert wird - betrachteten. Ansonsten standen diese Staaten in der Mehrzahl einem starken ATT sehr positiv gegenüber. Wegen der vom ATT jeder Vertragspartei eröffneten Möglichkeit, restriktivere Regeln bei der Kontrolle von Ausfuhren anzulegen, ist eine unveränderte Anwendung des entsprechenden Kriteriums 8 des "Gemeinsamen Standpunkts des Rates der Europäischen Union 2008/944/GASP" jedoch weiter möglich.
Absatz 5 schreibt vor, dass die Genehmigungen für Ausfuhren von Rüstungsgütern in detaillierter Form vor der jeweiligen Durchführung der Ausfuhr erteilt werden müssen. Damit ist eine nachträgliche Genehmigungserteilung ausgeschlossen, die den Zwecken der Ausfuhrkontrolle und des ATT zuwiderlaufen würde, weil der ausführende Staat jenseits seines Hoheitsgebiets typischerweise keine Kontrolle über exportierte Rüstungsgüter ausüben kann und somit eine nachträgliche Verweigerung der Ausfuhrgenehmigung, z.B. im Falle eines Verbotes nach Artikel 6 oder der Verletzung der in Absatz 1 aufgeführten Kriterien, leerlaufen würde.
Absatz 6 legt dem ausführenden Vertragsstaat die Verpflichtung auf, einem einführenden oder Durchfuhr-/Umschlag-Vertragsstaat auf Anforderung angemessene Information über die erteilten Genehmigungen zur Verfügung zu stellen. Allerdings kann der Umfang dieser Verpflichtung durch bestehende nationale Gesetze, Übung und Politiken beschränkt werden, sodass beispielsweise Bewertungen verschiedener Risiken nach den Absätzen 1 bis 4 und die zu ihnen führenden Erwägungsgründe nicht weitergegeben werden müssen, wenn dem nationale Regelungen entgegenstehen oder sie für den anfordernden Staat nicht relevant sind. Mit der Verpflichtung aus Absatz 6 sollen einführende oder Durchfuhr-/Umschlag-Vertragsstaaten in die Lage versetzt werden, ihrerseits Transferkontrollen durchzuführen sowie zu prüfen, ob ein sie betreffender Transfer von der ausführenden Vertragspartei genehmigt wurde, und somit ihren Verpflichtungen aus Artikel 8 Absatz 2 und Artikel 9 nachzukommen. Die spiegelbildliche Verpflichtung des einführenden Vertragsstaates, dem ausführenden Vertragsstaat geeignete und relevante Information für die Durchführung von dessen nationaler Ausfuhr-Bewertung nach diesem Artikel zur Verfügung zu stellen, befindet sich in Artikel 8 Absatz 1.
Absatz 7 enthält die allgemein gehaltene Aufforderung, bei neuer einschlägiger Information die erteilte Genehmigung erneut zu prüfen. Eine in früheren Entwürfen enthaltene Möglichkeit bzw. Aufforderung zur Aufhebung oder Rücknahme der Genehmigung wurde wegen des anhaltenden Widerstandes einiger Verhandlungsteilnehmer hiergegen wie auch gegen eine Verpflichtung zur Neubewertung durch die neutralere Aufforderung zur Neubewertung ersetzt, die, sofern angebracht, nach Konsultationen mit dem einführenden Staat erfolgen soll.
Diese Regelung schließt allerdings eine Aufhebung oder Rücknahme der Genehmigung als Ergebnis der Neubewertung nicht aus.
Sonstige Transaktionen
Von Beginn der Diskussionen über den ATT an wurde großer Wert darauf gelegt, dass der ATT nicht nur Regelungen zu Rüstungsgüterausfuhren enthält und so zu einem im Wesentlichen an Exporteure gerichteten Vertragswerk wird, sondern sich sein Regelungsgehalt grundsätzlich an alle Staaten richtet und der Vertrag somit auch das Potential zur Universalität hat. Andererseits wurden im Verlauf der Verhandlungen von vielen Staaten, die im Wesentlichen Einfuhr- oder Durchfuhr-/Umschlagstaaten für Rüstungsgüter sind, zu umfangreiche und verwaltungsaufwändige Regelungen dieser Transferarten abgelehnt. Zudem setzte sich offenbar die Erkenntnis durch, dass die effektivste Kontrolle entlang einer Rüstungsgüter-Transfer-Kette im ausführenden Staat erfolgen kann.
Im Ergebnis sind die Regelungen zu anderen Transferarten als Ausfuhren deutlich weniger detailliert, von einer weniger imperativen Natur und nicht auf durchgängige Kontrollen aller in diese Transferart gehörenden Transaktionen, sondern im Wesentlichen auf die Schaffung der rechtlichen und organisatorischen Möglichkeit zur Kontrolle gerichtet.
Artikel 8
Einfuhr
Absatz 1 verpflichtet den einführenden Vertragsstaat, dem ausführenden Vertragsstaat angemessene und relevante Information bereitzustellen, um ihn bei dessen Bewertung von Ausfuhren bzgl. der Genehmigung oder Versagung von Ausfuhrgenehmigungen gemäß Artikel 7 zu unterstützen. Dies muss allerdings nur auf Anforderung erfolgen und ist in Umfang und Inhalt durch die nationalen Gesetze des einführenden Vertragsstaates begrenzt.
Zu den Informationen können auch Endverbleibsdokumente wie Nachweise über Endverwendung oder Endverwender gehören.
Damit ist das erforderliche Gleichgewicht zwischen der Befähigung des ausführenden Staates zu sinnvoller Bewertung des Ausfuhrvorhabens einerseits und Vermeidung über mäßiger administrativer Belastung des einführenden Vertragsstaats andererseits gewahrt.
Nach Absatz 2 ist jeder einführende Vertragsstaat verpflichtet, diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die es ihm gegebenenfalls erlauben (würden), Einfuhren, die unter seiner Hoheitsgewalt stattfinden, wo notwendig zu regulieren. Dies kann über Einfuhrsysteme erfolgen. Die Regelung enthält keine weiteren detaillierten Verpflichtungen und lässt somit dem jeweiligen Vertragsstaat ein sehr weites Ermessen bei der Ausgestaltung seiner Einfuhrkontrollen. Allerdings muss rechtlich und organisatorisch durch entsprechende Regulierungsmaßnahmen die grundsätzliche Möglichkeit zur Kontrolle gewährleistet sein. Sie bezieht sich nur auf die in Artikel 2 Absatz 1 erfassten Güter, nicht jedoch auf Munition gemäß Artikel 3 und Teile/Komponenten gemäß Artikel 4. Gegen die Erfassung der letzteren Güter hatten sich verschiedene Staaten gewandt. Auch ist die Verpflichtung auf Bereiche unter der Hoheitsgewalt des Vertragsstaates beschränkt. So sind z.B. diejenigen Transfers auf eigenem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates von der Verpflichtung zur Regulierung ausgenommen, die seiner Hoheitsgewalt durch Besatzungsstatut oder den Verlust der effektiven Kontrolle entzogen sind.
Dieser Absatz ist die Basis für zielgerichtete Maßnahmen, für die sich die Bundesregierung in den Verhandlungen eingesetzt hatte. Die von Deutschland gemäß den einschlägigen Regeln des Kriegswaffenkontrollgesetzes und des Waffengesetzes praktizierte Kontrolle der Einfuhr von Rüstungsgütern, die den von Artikel 2 Absatz 1 erfassten Güterkreis abdeckt, ist eine völkerrechtskonforme Erfüllung dieser Verpflichtung.
Absatz 3 gibt dem einführenden Vertragsstaat, der zugleich Endverbleibsland ist, die Berechtigung, den ausführenden Vertragsstaat um Auskunft über anhängige oder genehmigte Ausfuhrgenehmigungsanträge zu bitten. Dies soll ihn in die Lage versetzen, die ihn betreffenden Einfuhren besser regulieren und kontrollieren zu können. Die spiegelbildliche Verpflichtung des ausführenden Vertragsstaates findet sich in Artikel 7 Absatz 6, nach dem er Informationen über erteilte Ausfuhrgenehmigungen im Rahmen seiner nationalen Gesetze, Übung und Politiken zur Verfügung stellen muss.
Zur Aufzeichnung erteilter Einfuhrgenehmigungen oder tatsächlicher Einfuhren wird in Artikel 12 Absatz 2 lediglich aufgefordert. Die in Artikel 13 Absatz 3 begründete Berichtspflicht über genehmigte oder tatsächliche Ausfuhren und Einfuhren wird indes nur durch eine entsprechende vorherige Aufzeichnung zu erfüllen sein.
Artikel 9
Durchfuhr oder Umladung
Die Formulierung dieses Artikels legt dem durchführenden/umladenden Vertragsstaat die Verpflichtung auf, diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die es ihm erlauben, Durchfuhren oder Umladungen unter seiner Hoheitsgewalt, welche über sein Hoheitsgebiet (Land, See und Luft) erfolgen, wo notwendig und machbar zu regulieren. Die Regelung enthält keine weiteren detaillierten Verpflichtungen und lässt somit dem jeweiligen Vertragsstaat weiten Spielraum bei der Ausgestaltung seiner Durchfuhr- oder Umladungs-Kontrollen. Allerdings muss rechtlich und organisatorisch die grundsätzliche Möglichkeit zur Kontrolle gewährleistet sein.
Die Verpflichtung bezieht sich nur auf die in Artikel 2 Absatz 1 erfassten Güter, nicht jedoch auf Munition gemäß Artikel 3 und Teile/Komponenten gemäß Artikel 4. Auch ist die Verpflichtung auf Bereiche unter der Hoheitsgewalt des Vertragsstaates beschränkt, was z.B. diejenigen Transfers auf dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates von der Verpflichtung zur Regulierung ausnimmt, die seiner Hoheitsgewalt durch Besatzungsstatut oder den Verlust der effektiven Kontrolle entzogen sind. Das Erfordernis der Völkerrechtsgemäßheit der Durchfuhr oder Umladung (v.a. nach Seevölkerrecht unter Nutzung des Rechts der friedlichen Durchfahrt) ist ausdrücklich festgeschrieben.
Die völkerrechtliche Verpflichtung, angemessene Regelungsmaßnahmen für Durchfuhr oder Umladung zu ergreifen, ist durch Notwendigkeit und Machbarkeit bedingt. Diese Konditionierung geht vor allem auf Besorgnisse von Staaten mit großem Seeterritorium oder wichtigen internationalen Umschlagshäfen zurück, die befürchteten, dass ihnen durch weitergehende Verpflichtungen wegen der großen Zahl an Durchfuhren oder Umladungen eine zu umfangreiche Verwaltungslast aufgebürdet würde.
Die von Deutschland gemäß den einschlägigen Regeln des Kriegswaffenkontrollgesetzes und des Waffengesetzes praktizierte Kontrolle der Durchfuhr und Umladung von Rüstungsgütern, die den von Artikel 2 Absatz 1 erfassten Güterkreis abdeckt, ist eine völkerrechtskonforme Erfüllung dieser Verpflichtung.
Zur Aufzeichnung erteilter Genehmigungen wird in Artikel 12 Absatz 2 lediglich aufgefordert. Eine Berichtspflicht bei Durchfuhren oder Umladungen besteht gemäß Artikel 13 Absatz 3, anders als bei Ausfuhren und Einfuhren, nicht. Dies ermöglicht es u.a., in bilateralen Transitabkommen Regelungen z.B. zur Geheimhaltung und Vertraulichkeit zu vereinbaren. Durch die fehlende Berichtspflicht dürfte die konkrete Umsetzung dieser Verpflichtung durch die Vertragsparteien deutlich schwieriger einzuschätzen sein als die Umsetzung der Verpflichtungen bei Ausfuhr und Einfuhr.
Artikel 10
Vermittlungstätigkeit
Nach diesem Artikel ist jeder Vertragsstaat verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um Vermittlungstätigkeit, die unter seiner Hoheitsgewalt stattfindet, zu regulieren.
Zu diesen Maßnahmen kann die Verpflichtung für Vermittler gehören, sich zu registrieren oder eine Vermittlungstätigkeit nur nach schriftlicher Genehmigung auszuüben. Anders als bei Einfuhr (Artikel 8 Absatz 2) und Durchfuhr/ Umschlag (Artikel 9) ist die Verpflichtung des Vertragsstaates nicht durch Notwendigkeit oder Machbarkeit bedingt. Die völkerrechtliche Verpflichtung umfasst Maßnahmen, die nach Maßgabe der jeweiligen nationalen Rechtsordnung ergriffen werden. Die Regelung bezieht sich nur auf die in Artikel 2 Absatz 1 erfassten Güter, nicht jedoch auf Munition gemäß Artikel 3 und Teile/Komponente gemäß Artikel 4. Auch ist die Verpflichtung auf Bereiche unter der Hoheitsgewalt des Vertragsstaates beschränkt, was z.B. Vermittlungsgeschäfte auf eigenem Hoheitsgebiet, aber auch unter Beteiligung eigener Staatsangehöriger außerhalb des Hoheitsgebiets umfassen kann.
Die von Deutschland praktizierte Genehmigungspflicht für jedes einzelne Vermittlungsgeschäft, das den von Artikel 2 Absatz 1 erfassten Güterkreis abdeckt, wird durch die einschlägigen Regeln des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen und des Außenwirtschaftsgesetzes sichergestellt. Sie ist eine völkerrechtskonforme Erfüllung dieser Verpflichtung.
Der "Gemeinsame Standpunkt 2003/468/GASP des Rates der Europäischen Union vom 23. Juni 2003 betreffend die Überwachung von Waffenvermittlungstätigkeiten" sieht für die Vermittlung von Rüstungsgütern die Möglichkeit der Registrierung von Vermittlern und die Genehmigungspf licht für jedes einzelne Vermittlungsgeschäft vor. Diese beiden verschiedenen Maßnahmen werden in Satz 2 von Artikel 10 als mögliche Maßnahmen zur Ausfüllung der Verpflichtung aus Satz 1 beschrieben.
Für Genehmigungen von Vermittlungsgeschäften gibt es im Vertrag weder Aufzeichnungs- noch Berichtspflichten, sodass auch hier die konkrete Umsetzung dieser Verpflichtung durch die Vertragsparteien deutlich schwieriger einzuschätzen sein dürfte als die Umsetzung der Verpflichtungen bei Ausfuhr und Einfuhr.
Artikel 11
Umleitung
Bereits seit Beginn des Prozesses zum ATT war das Ziel der Bekämpfung des unerlaubten Handels ("illicit trade") von konventionellen Waffen und der damit eng verknüpften Umleitung von Rüstungsgütern für die meisten Verhandlungsteilnehmer ein wichtiges, für einige sogar das einzige Ziel, das mit dem ATT verfolgt werden sollte. Obwohl diese Zielsetzung in allen Entwürfen für den ATT im Verlaufe der Verhandlungen enthalten war, wurde erst in den Verhandlungen vom März 2013 auch spezifische Vertragssprache entwickelt und schließlich ein eigener Artikel für dieses Thema aufgenommen. Einer der Gründe dürfte die bis zum Schluss ergebnis lose Diskussion zur Frage "Verhinderung der Umleitung wohin?" sein, die im Wesentlichen in den Varianten "illegaler bzw. Schwarz-Markt", "unautorisierte Endverwendung" oder "unautorisierter Endverwender" mit unterschiedlichen Vorstellungen, ob die Autorisierung durch den ausführenden oder den einführenden Staat vorzunehmen sei, geführt wurde. Letztlich konnte die Frage im Vertragstext nur dadurch gelöst werden, dass schlicht von "Umleitung" gesprochen wird, aber nicht in wessen Hände.
Damit konnte auch der von vielen Staaten über das gesamte Meinungsspektrum in den Verhandlungen erhobenen Forderung nicht entsprochen werden, ausdrücklich auch die Verhinderung der "Umleitung an unautorisierte nichtstaatliche Akteure" zum Ziel der vom Vertrag veranlassten Maßnahmen zu machen.
Dieser nun im Vertrag verankerte Artikel enthält ein Paket wichtiger Gesamtmaßnahmen gegen Umleitungsgefahren für die in Artikel 2 Absatz 1 erfassten Waffen.
Er verpflichtet in Absatz 1 sämtliche an einer Transferkette beteiligten Vertragsparteien, also vom ausführenden Staat über die Durchfuhr- bzw. Umschlagstaaten bis hin zum einführenden Staat, Maßnahmen zur Vermeidung der Umleitung zu ergreifen.
Vergleichsweise umfangreich sind die näheren Bestimmungen zu den Verpflichtungen des ausführenden Staates in Absatz 2. Er beinhaltet insbesondere die Aufforderung, die Gefahr der Umleitung auch in die Risikobewertung innerhalb des nationalen Kontrollsystems aufzunehmen und daraus ggf. auch eine Genehmigungsverweigerung abzuleiten. Damit tritt das Umleitungsrisiko neben die anderen, nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a und b sowie Absatz 4 zu bewertenden Kriterien, wofür sich die Bundesregierung stets besonders eingesetzt hatte. Absatz 2 schreibt den ausführenden Staaten, ähnlich wie in Artikel 7 Absatz 2, weiter vor, Risikominderungsmaßnahmen wie vertrauensbildende Maßnahmen oder gemeinsam mit dem einführenden Staat entwickelte und verein barte Programme zu erwägen. Als andere Präventionsmaßnahmen werden die genaue Überprüfung von in einen Transfer involvierten Akteuren und zusätzliche Nachweise, Bescheinigungen, Zusicherungen oder andere angemessene Maßnahmen aufgeführt.
Aus Sicht der Bundesregierung ist hiermit auch die von den meisten bedeutenderen Rüstungsgüter-Exportstaaten geübte Praxis der Einforderung und genauen Prüfung von Endverbleibszusicherungen im Rahmen einer Endverbleibserklärung oder eines Endverwenderzertifikats im Sinne einer Exante-Endverbleibskontrolle abgedeckt. Die Erwähnung der ebenfalls weithin üblichen Anwendung von Re-Exportklauseln, die eine Zustimmung des ursprünglich ausführenden Staates im Falle eines Re-Exports verlangen, und die z.B. in den im Rahmen des deutschen Ausfuhrgenehmigungsverfahrens eingeforderten Endverbleibserklärungen regelmäßig enthalten sind, konnte nicht durchgesetzt werden. Ihre Anwendung wird durch den ATT aber auch nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt, wie dies der Wunsch anderer Verhandlungsteilnehmer gewesen wäre.
Durchfuhr- bzw. Umladungsstaaten und den einführenden Staaten wird in Absatz 3 die Verpflichtung zur Prävention von Umleitung auferlegt. Diese Bestimmung schreibt in allgemeiner Form Zusammenarbeit und Informationsaustausch zwischen diesen Staaten und mit dem ausführenden Staat vor, wobei der Umfang durch den Verweis auf nationale Gesetze und die Bedingung der Möglichkeit und Machbarkeit eingeschränkt ist. Umfangreichere Verpflichtungen wurden von den Staaten, die im Wesentlichen Importeure von Rüstungsgütern oder Durchfuhr- bzw. Umladungsstaaten sind, abgelehnt.
Absatz 4 enthält Regelungen für Staaten, die eine Umleitung entdecken. Maßnahmen sollen in Übereinstimmung mit nationalen Gesetzen und dem Völkerrecht erfolgen und können aus der Benachrichtigung potentiell betroffener Staaten, Untersuchungen von umgeleiteten Lieferungen oder nachfolgende Maßnahmen wie Ermittlungen und Strafverfolgung bestehen.
Nach Absatz 5 werden die Vertragsstaaten im Sinne eines völkerrechtlich nicht bindenden Best-Practice-Ansatzes zum Austausch von Information über eine Reihe von im Zusammenhang mit Umleitung möglichen Aktivitäten aufgefordert. Die Ausgestaltung dieses Informationsaustausches steht im freien Ermessen der Vertragsstaaten. Als Gegenstände dieses Informationsaustauschs werden beispielhaft genannt: Korruption, Schmuggel, illegale Vermittlung, Quellen für rechtswidrige Angebote von Waffen, Verschleierungsmethoden oder Bestimmungsorte, die von organisierten Umleitungsakteuren genutzt werden.
Gemäß Absatz 6 werden die Vertragsstaaten ermutigt, über das Sekretariat des ATT den anderen Vertragsparteien über ihre Maßnahmen, die sie hinsichtlich Umleitungen ergriffen haben, zu berichten. Eine völkerrechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht.
Aufgrund vehementen Widerstandes einiger Verhandlungsteilnehmer fanden Munition sowie Komponenten und Teile, trotz energischer Bemühungen der Bundesregierung und der europäischen Partner, aber auch vieler besonders betroffener Staaten aus Afrika und Lateinamerika, in diesem Artikel keine Berücksichtigung. Er bezieht sich nur auf die in Artikel 2 Absatz 1 erfassten Waffen. Dies bleibt bedauerlich, weil damit die Prävention der Umleitung von Munition sowie Komponenten und Teilen gemäß ATT nicht verpflichtend ist, obwohl bei diesen aufgrund der Gütereigenschaften die Umleitungsgefahr besonders hoch ist und zumindest im Falle von Munition besonders negative Auswirkungen hat.
Allerdings schließt der Vertrag entsprechende Maßnahmen nicht aus, sodass zu hoffen ist, dass die meisten Vertragsstaaten in ihrer nationalen Umsetzung auch Maßnahmen zur Prävention der Umleitung von Munition sowie Komponenten und Teilen ergreifen werden. Auch hier dürfte der Entwicklung von guter Übung ("Best Practices") durch die Vertragsstaaten große Bedeutung zukommen, ebenso wie bei den in Absatz 3 nur rudimentär geregelten Maßnahmen von einführenden Staaten oder Durchfuhr- und Umschlagstaaten gegen die Umleitung.
Artikel 12
Führen von Aufzeichnungen
Dieser Artikel schafft abgestufte Verpflichtungen zur Erfassung und Speicherung von Daten über erteilte Genehmigungen oder die tatsächlichen grenzüberschreitenden Transfers von Rüstungsgütern des Artikels 2 Absatz 1.
Nach Absatz 1 können entweder die tatsächlichen Ausfuhren oder die Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen aufgezeichnet werden. Die Vertragsstaaten werden ermuntert, auch tatsächliche Einfuhren zum Endverbleib in ihrem Hoheitsgebiet zu erfassen und darüber hinaus genehmigte Durchfuhren und Umladungen aufzuzeichnen. Da es im Unterschied zur Ausfuhr für Einfuhren bzw. Durchfuhren und Umladungen keine durchgängige Genehmigungspflicht gibt, ist es denkbar, dass Aufzeichnungen, die lediglich Genehmigungen berücksichtigen, zu einem lückenhaften Bild der Erfassung führen. Andererseits erfordert die Erfassung aller tatsächlichen Einfuhr- bzw. Durchfuhr- und Umladungsvorgänge einen erheblichen Aufwand.
Aus der Verpflichtung nach Artikel 13 Absatz 3 für alle Vertragsstaaten, jährlich u.a. entweder über alle Genehmigungen für Einfuhren oder die tatsächlichen Einfuhren von Waffen nach Artikel 2 Absatz 1 zu berichten, ergibt sich im Übrigen eine als völkerrechtliche Verpflichtung ausgestaltete Notwendigkeit zur Führung von Aufzeichnungen betreffend Einfuhren bzw. Einfuhrgenehmigungen. Diese gibt es bzgl. Durchfuhren und Umladungen nicht, weil es kein Berichtserfordernis gibt.
Derartige Aufzeichnungen sollen nach Möglichkeit die in Absatz 3 aufgeführten Details enthalten und müssen nach Absatz 4 mindestens zehn Jahre aufbewahrt werden.
Artikel 13
Berichterstattung
Um die in Artikel 1 des Vertrages als Ziel gesetzte Transparenz zu erreichen und gleichzeitig Vertrauen zwischen den Vertragsstaaten zu schaffen, sind diese zu Berichten verpflichtet. Dazu zählt ein Auftaktbericht innerhalb des ersten Jahres über die nationalen Maßnahmen zur Durchführung des Vertrages, Folgeberichte müssen zu späteren Änderungen der nationalen Gesetzgebung und Praxis erfolgen.
Außerdem sollen die Vertragsstaaten über wirkungsvolle Verfahren zur Vermeidung von Umleitungsrisiken über das Sekretariat an andere Vertragsstaaten berichten.
Darüber hinaus ist nach Absatz 3 jährlich zum 31. Mai ein Bericht über die tatsächlich erfolgten oder genehmigten Aus- und Einfuhren abzugeben. Dieser bezieht sich jedoch nur auf die in Artikel 2 Absatz 1 aufgeführten Waffen, also nicht auf Munition sowie Teile und Komponenten. Der Bericht kann die gleiche Information enthalten wie entsprechende Berichte im Rahmen z.B. des VN-Waffenregisters.
Es ist davon auszugehen, dass, wie bei anderen Vertragswerken auch, die Konferenz der Vertragsstaaten über ein Muster für entsprechende Berichte diskutieren und diese als "Gute Übung/Best Practice" vereinbaren wird. Insbesondere die Berichte nach Absatz 3 sind in Abwesenheit von Verifikationsmaßnahmen im Vertrag von großer Bedeutung für die Einschätzung der korrekten Anwendung des Vertrages durch die Vertragsstaaten und damit für das Vertrauen der Vertragsstaaten untereinander.
Alle diese Berichte sind nicht explizit öffentlich. Die Bundesregierung hatte sich für eine öffentliche Berichterstattung eingesetzt; allerdings wandten sich insbesondere Russland und China strikt dagegen. Da der Vertrag klar regelt, dass das Sekretariat die Berichte an die Vertragsstaaten verteilen soll, aber offenlässt, wem das Sekretariat die Berichte verfügbar machen soll, ist ein gewisser Interpretationsspielraum gegeben. Dieser wird möglicherweise von der Konferenz der Vertragsstaaten ausgenutzt werden, ggf. auch durch optionale öffentliche Zugänglichkeit, sofern der berichtende Vertragsstaat nicht widerspricht.
Artikel 14
Durchsetzung
Artikel 14 verpflichtet die Vertragsstaaten, die Einhaltung der im Zuge der Durchführung des Vertrages zu schaffenden innerstaatlichen Regeln durch "geeignete Maßnahmen" sicherzustellen. Solche Maßnahmen umfassen üblicherweise u.a. die Strafbewehrung von Verstößen gegen die nationalen Regelungen; diese ist jedoch nicht explizit vorgeschrieben.
Artikel 15
Internationale Zusammenarbeit
Der Artikel bestimmt in Absatz 1 zunächst eine allgemeine, durch die jeweiligen Sicherheitsinteressen und nationalen Gesetze begrenzte Pflicht zur Zusammen arbeit der Vertragsstaaten für eine wirksame Durchführung des Vertrages. Die weiteren Absätze ermutigen die Vertragsstaaten, diese Zusammenarbeit durch Informationsaustausch, Konsultationen und insbesondere den Austausch von Informationen über illegal Handelnde und unerlaubte Tätigkeiten sowie zur Verhütung und Beseitigung von Umleitung auszufüllen. Rechtshilfe bei Ver letzung innerstaatlicher Maßnahmen zur Durchführung des Vertrages muss nur gewährt werden, wenn dies bilateral vereinbart wurde. Außerdem werden die Vertragsstaaten ermutigt, Korruption im Zusammenhang mit dem Waffenhandel durch entsprechende innerstaatliche Maßnahmen und internationale Zusammenarbeit zu verhüten. Schließlich soll ein Austausch von Erfahrungen und Informationen über die gewonnenen Erkenntnisse bzgl. aller Vertragsaspekte durchgeführt werden.
Aus Sicht der Bundesregierung kommt der internationalen Zusammenarbeit aufgrund der grenzüberschreitenden
Natur von Waffentransfers und der damit verbundenen Probleme eine besondere Rolle bei der Umsetzung des Vertrages zu. Jenseits der Vertragspflichten wird hier die Übung der Vertragsstaaten wesentlich über die Effektivität des Vertrages entscheiden.
Artikel 16
Internationale Unterstützung
Viele Staaten, die bisher über keine oder nur rudimentäre Transferkontrollen verfügen, werden Beratung und Hilfe bei der Durchführung des Vertrages benötigen. Der Artikel greift diese Situation auf und fordert zu größtmöglicher gegenseitiger Unterstützung bei der Durchführung des Vertrages auf. Alle Vertragsstaaten, die dazu in der Lage sind, haben nach Absatz 1 eine Verpflichtung zur Unterstützung, sofern sie hierum gebeten werden. Diese Unterstützung kann in vielerlei Formen angefordert und gewährt werden; die Aufzählung der Beispiele in Absatz 1 ist lediglich illustrativ, nicht aber abschließend.
Die Unterstützung kann u.a. über multilaterale und nationale Organisationen, aber auch nichtstaatliche Organisationen und auf bilateraler Basis nachgefragt, angeboten und gewährt werden. Dies ist ein wichtiger Anknüpfungspunkt für zukünftige Unterstützung durch die EU, aber auch bilateral durch die Bundesregierung.
In der EU gibt es bereits erste Überlegungen hierzu, bereits vor Inkrafttreten des Vertrages Unterstützung anzubieten. Auch die Bundesregierung ist bereit, anderen Staaten zur Seite zu stehen.
In Absatz 3 wird die Einrichtung eines freiwilligen Treuhandfonds bestimmt, bei dem unterstützungsbedürftige Staaten um diese Unterstützung ersuchen können. Jeder Vertragsstaat wird ermutigt, zu diesem Fonds Mittel beizutragen.
Allerdings kann dieser Treuhandfonds erst nach Inkrafttreten des Vertrages von den Vertragsstaaten eingerichtet werden. Die Bundesregierung hat zusammen mit Australien die Bildung einer Treuhandfazilität beim Abrüstungsbüro der Vereinten Nationen (UNODA) initiiert, die es Staaten ermöglichen soll, Unterstützungsprogramme für Maßnahmen zur Vorbereitung auf die nationale Durchführung des ATT und zur Durchführung des Aktionsprogramms der Vereinten Nationen zu Kleinwaffen und leichten Waffen zu fördern. Zur Unterstützung konnten bereits mehrere Geberländer gewonnen werden. Entsprechende Projekte sollen auch in der von Deutschland zusammen mit UNODA geleiteten New Yorker"Gruppe Interessierter Staaten für Praktische Abrüstungsmaßnahmen" eingebracht werden.
Artikel 17
Konferenz der Vertragsstaaten
Nach Absatz 1 beruft das in Artikel 18 geschaffene vorläufige Sekretariat spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten des Vertrages eine Konferenz der Vertragsstaaten ein. Über die Einberufung weiterer Treffen entscheidet die Konferenz der Vertragsstaaten.
Bei ihrer ersten Sitzung soll nach Absatz 2 die Konferenz der Vertragsstaaten ihre Verfahrensregeln im Wege des Konsenses annehmen.
Nach Absatz 3 ist eine der Aufgaben der Konferenz der Vertragsstaaten, finanzielle Regeln für sich selbst und mögliche Nebenorgane sowie für das in Artikel 18 gegründete Sekretariat anzunehmen. Bei jeder regulären Sitzung soll ein Budget für die Finanzperiode bis zur nächsten regulären Sitzung der Konferenz der Vertragsstaaten angenommen werden.
Absatz 4 beschreibt die weiteren Aufgaben der Konferenz der Vertragsstaaten. Sie soll die Durchführung des Vertrages überprüfen und dabei auch Entwicklungen auf dem Gebiet der konventionellen Waffen einschließen. Diese Bestimmung ist von Bedeutung, um die Anpassung des ATT an die technologische Entwicklung zu gewährleisten. So können auch Anpassungen des von den Vertragsstaaten in ihrer einzelstaatlichen Durchführung angewandten Güterkreises unterhalb der Schwelle von Vertragsänderungen nach Artikel 20 angestoßen werden.
Die Konferenz der Vertragsstaaten soll außerdem Empfehlungen zur Durchführung des Vertrages und zu seiner Wirkungsweise beraten und annehmen, insbesondere zur Förderung seiner Universalisierung.
Diesem Punkt wird nach Inkrafttreten des Vertrages erhebliche Bedeutung zukommen, um die auslegungsfähigen und -bedürftigen Begriffe des Vertrages in seiner praktischen Anwendung unter Zugrundelegung der gemeinsamen Auffassung der Vertragsstaaten zu konkretisieren und deren Anwendung in nationales Recht zu erleichtern und zu harmonisieren. Die Konferenz der Vertragsstaaten und von ihr einzusetzende Nebenorgane wären befugt, "Best-Practice"-Richtlinien/Richtlinien "Guter Praktiken" zur Vertragsumsetzung mit Blick auf die Setzung von Standards für die Transferkontrolle von Rüstungsgütern unterhalb der Schwelle rechtlich bindender Bestimmungen zu erarbeiten.
Dazu gehört nicht zuletzt die Frage, welche Güter in die nach Artikel 5 Absatz 2 zu erstellende nationale Kontrollliste aufgenommen werden sollen, in der der jeweilige Vertragsstaat festlegt, welcher Güterkreis für die Zwecke der Durchführung des Vertrages von ihm kontrolliert wird. Zwar sind nur die in Artikel 2 Absatz 1, Artikel 3 und 4 aufgezählten Gütergruppen verbindlich aufzunehmen, gleichzeitig sind die Vertragsstaaten in Artikel 5 Absatz 3 aber aufgefordert, den Vertrag auf einen möglichst großen Kreis konventioneller Waffen anzuwenden.
Weiterhin soll die Konferenz der Vertragsstaaten Vorschläge für Vertragsänderungen gemäß dem in Artikel 20 beschriebenen Verfahren beraten. Die Entscheidungsregel dafür ist in Artikel 20 selbst vorgegeben und somit nicht von den Verfahrensregeln der Konferenz der Vertragsstaaten für sonstige Entscheidungen abhängig. Ferner soll die Konferenz der Vertragsstaaten Fragen beraten, die sich aus der Auslegung des Vertrages ergeben, über die Aufgaben und das Budget des durch Artikel 18 eingerichteten Sekretariats beraten und entscheiden und über die Einrichtung von Nebenorganen beraten, die der Verbesserung der Arbeitsweise des Vertrages dienen sollen. Abschließend erhält die Konferenz der Vertragsstaaten die Aufgabe, jede andere Funktion auszuüben, die im Einklang mit dem Vertrag steht. Damit ist das Aufgabenspektrum der Konferenz der Vertragsstaaten über das in Absatz 4 Buchstabe a bis f festgelegte hinaus erweiterbar und anpassungsfähig, was den Vertragsstaaten eine flexible Reaktion auf Entwicklungen während der Geltungsdauer des Vertrags erlaubt.
Nach Absatz 5 können auf Beschluss der Konferenz der Vertragsstaaten oder auf schriftlichen Antrag eines Vertragsstaates, sofern dieser Antrag von mindestens zwei Dritteln der Vertragsstaaten unterstützt wird, auch außerordentliche Sitzungen der Konferenz der Vertragsstaaten abgehalten werden.
Eine eigene Bestimmung zu spezifischen "Überprüfungskonferenzen", wie sie in anderen Vertragswerken enthalten ist, gibt es für den ATT nicht. Durch die Bestimmung aus Artikel 20 Absatz 1, dass Vorschläge zur Vertragsänderung erstmals nach sechs Jahren und in der Folge nur alle drei Jahre beraten und entschieden werden können, dürfte den entsprechenden Konferenzen der Vertragsstaaten aber ein gewisser Sonderstatus zukommen.
Artikel 18
Sekretariat
Mit Absatz 1 errichtet der Vertrag ein Sekretariat, das die Vertragsstaaten bei der wirkungsvollen Durchführung des ATT unterstützen soll. Bis zur ersten Konferenz der Vertragsstaaten, deren Aufgabe u.a. die Festlegung der Aufgaben und des Budgets des Sekretariats sind, werden die administrativen Aufgaben durch ein vorläufiges Sekretariat wahrgenommen. Dieses kann seine Arbeit formal jedoch frühestens mit Inkrafttreten des Vertrages aufnehmen. Wie dieses Übergangssekretariat ausgestaltet sein soll und wo es seinen Sitz hat, lässt der Vertrag offen. Dies gilt auch für die Frage der Ansiedelung und Anbindung des endgültigen Sekretariats.
Nach Absatz 2 soll das Sekretariat mit nach Anzahl und Qualifikation zur Erfüllung seiner Aufgaben angemessenem Personal ausgestattet werden.
Absatz 3 bestimmt die (ausschließliche) Verantwortlichkeit des Sekretariats gegenüber den Vertragsstaaten und beschreibt die Aufgaben, die das Sekretariat im Rahmen einer "minimierten" Struktur ausfüllen soll. Dazu gehören die Entgegennahme, Zurverfügungstellung und Verteilung von Berichten, die im Rahmen des Vertrages von den Vertragsstaaten abzugeben sind (vgl. z.B.
Artikel 5 Absatz 4, Artikel 11 Absatz 6, Artikel 13), die Führung der Liste der Nationalen Kontaktpunkte nach Artikel 5 Absatz 6, die Erleichterung der Zusammenführung ["matching"] von Angeboten und Unterstützungsbitten zur Umsetzung des Vertrages und die Förderung der internationalen Zusammenarbeit, die Unterstützung der Arbeit der Konferenzen der Vertragsstaaten einschließlich der Bereitstellung von Dienstleistungen für Treffen im Rahmen des Vertrages. Schließlich soll das Sekretariat auch andere Aufgaben erfüllen, die ihm durch Beschluss der Konferenzen der Vertragsstaaten zugewiesen werden.
Diese Bestimmung ist eine wesentliche Bedingung für die notwendige Anpassung der Sekretariatsaufgaben im Laufe der Geltungsdauer des Vertrages und gewährleistet die notwendige Flexibilität und Reaktionsfähigkeit des Sekretariats.
Der Vertrag enthält keine ausdrückliche Regelung zu den Kosten, die durch die Umsetzung des Vertrages auf internationaler Ebene entstehen, d.h. v.a. der Konferenzen der Vertragsstaaten und des Sekretariats. Diese Entscheidungen zu treffen, wird nach Artikel 17 Absatz 3 eine der Aufgaben der Konferenzen der Vertragsstaaten sein. Bzgl. der finanziellen Fragen scheint eine Regelung, die sich am angepassten Beitragsschlüssel der Vereinten Nationen orientiert, nicht ausgeschlossen; aber auch eine Finanzierung aus freiwilligen Beiträgen erscheint zumindest für einen Teilbereich der Aufgaben möglich.
Artikel 19
Beilegung von Streitigkeiten
Dieser Artikel ist den Mechanismen zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Vertragsparteien im Zusammenhang mit der Auslegung und Anwendung des Vertrages gewidmet, er umfasst jedoch nicht Fragen der nationalen Umsetzung des Vertrages.
Nach Absatz 1 gilt für die Vertragsparteien zumindest eine allgemeine Konsultationspflicht zur Streitbeilegung. In gegenseitigem Einvernehmen sind sie ferner zur Zusammenarbeit mit dem Ziel einer Beilegung der Streitigkeit über die Auslegung oder Anwendung des Vertrages verpflichtet.
Zu diesem Zweck können sie sich u.a. Verhandlungen, Vermittlung, Vergleich, gerichtlicher Entscheidung oder anderer friedlicher Mittel bedienen.
Nach Absatz 2 können Vertragsparteien einvernehmlich auch ein Schiedsverfahren zur Lösung von Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Auslegung und Anwendung des Vertrages anstreben.
Eine Verweisung an den Internationalen Gerichtshof im Einklang mit dem Statut des Gerichtshofs wird nicht ausdrücklich erwähnt. Auch die von einigen Verhandlungsteilnehmern geforderte Einrichtung einer "Appellationsstelle" gegen Genehmigungsversagungen fand keinerlei Niederschlag im Vertrag.
Artikel 20
Änderungen
Dieser Artikel legt das Verfahren für die Änderung des Vertrages fest.
Nach Absatz 1 können Vertragsänderungen frühestens sechs Jahre nach Inkrafttreten des Vertrages vorgeschlagen werden; danach können sie nur alle drei Jahre von der Konferenz der Vertragsstaaten behandelt werden. Änderungen zum Vertrag können von jedem Vertragsstaat vorgeschlagen werden.
Der Vorschlag muss gemäß Absatz 2 dem Sekretariat in schriftlicher Form übermittelt werden, welches für die Verteilung an alle Vertragsstaaten mindestens 180 Tage vor der Konferenz der Vertragsstaaten sorgt, auf der nach Absatz 1 eine Behandlung von Änderungsvorschlägen möglich ist. Befürwortet die einfache Mehrheit der Vertragsstaaten binnen 120 Tagen eine Behandlung des Vorschlags, so wird der Vorschlag auf der nächsten Konferenz der Vertragsstaaten behandelt, auf der dies nach Absatz 1 möglich ist.
Die Konferenz der Vertragsstaaten soll nach Absatz 3 zunächst alle Bemühungen unternehmen, um einen Konsens über jeden Änderungsvorschlag zu erzielen. Als letzte Möglichkeit ist jedoch auch ein Beschluss über Änderungsanträge mit Dreiviertelmehrheit der anwesenden und abstimmenden Vertragsstaaten vorgesehen.
Die so beschlossenen Änderungen treten nach Absatz 4 neunzig Tage, nachdem eine Mehrheit der Vertragsstaaten sie durch Hinterlegen der Annahmeurkunde akzeptiert hat, in Kraft, und zwar nur für jene Vertragsstaaten, die eine Annahmeurkunde hinterlegt haben. Für einen Vertragsstaat, der die Änderung zu einem späteren Zeitpunkt akzeptiert, tritt sie neunzig Tage nach Hinterlegung von dessen Annahmeurkunde in Kraft.
Die Karenzfrist von sechs Jahren nach Inkrafttreten des Vertrages wurde in dem Verständnis eingefügt, dass sofortige Änderungen des nach den Verfahrensregeln der ATT-Konferenz nur im Konsens anzunehmenden Vertragstextes ausgeschlossen sein sollen. Diese Regelung zusammen mit dem gestreckten dreijährigen Rhythmus für die Behandlung von Vertragsänderungen war Grundlage dafür, dass für Vertragsänderungen kein Erfordernis des Konsenses der Vertragsparteien beschlossen wurde, wie dies einige Verhandlungsteilnehmer gefordert hatten, die auch auf der Konsensregel für die Annahme des ATT durch die VN-ATT-Konferenz eingetreten waren. Die konservativ wirkende Änderungsregelung in Absatz 1 dient der Sicherung der Bestandsfestigkeit der vertraglichen Regelungen. Der Prozess vom Vorschlag einer Änderung bis zu deren Inkrafttreten ist damit nicht nur an bestimmte Mehrheiten gebunden, sondern nimmt auch erhebliche Zeit in Anspruch. Zugleich enthält der Vertrag eine Verfahrenserleichterung, die die wichtige und angesichts z.B. der Weiterentwicklung in der Waffentechnologie absehbar notwendige Fortentwicklung und Anpassung des Vertrages unterstützen soll.
Artikel 21
Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme, Genehmigung oder Beitritt
Dieser Artikel legt in Absatz 1 fest, dass der Vertrag vom 3. Juni 2013 an bis zu seinem Inkrafttreten für alle Staaten am Sitz der VN in New York zur Unterzeichnung aufliegt.
Absatz 2 schreibt das Erfordernis der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung des Vertrages durch die Unterzeichnerstaaten fest. Das Übereinkommen steht nach Absatz 3 darüber hinaus nach Inkrafttreten jedem Staat, der es nicht unterzeichnet hat, zum Beitritt offen. Nach Absatz 4 sind die entsprechenden Urkunden beim Verwahrer zu hinterlegen.
Insbesondere die EU-Mitgliedstaaten, aber auch andere Staaten haben während der Verhandlungen das Ziel verfolgt, in Artikel 21 regionalen Integrationsorganisationen (RIO) mit Kompetenzen in vom Vertrag geregelten Feldern die Möglichkeit einzuräumen, Vertragspartei zu werden. Dies hätte der EU den Beitritt erlaubt, die Möglichkeit zur unmittelbaren Mitwirkung bei der Ausgestaltung der Vertragsumsetzung gegeben und gleichzeitig Vereinfachungen bei der möglichen Anpassung EU-interner Regelungen mit sich gebracht. Zudem hätte die EU dadurch auch aktiver ihre bereits ohne den Vertrag bestehenden Aktivitäten zur Förderung der Errichtung von effektiven Transferkontrollen einbringen können.
Gescheitert ist eine RIO-Klausel und damit die Öffnung des Vertrages für die EU im Wesentlichen am vehementen Widerstand Chinas, das zur Begründung auf das fortdauernde Bestehen des 1989 verhängten EU-Waffenembargos verwies.
Damit werden auch andere RIOs ausgeschlossen. So hatte etwa die Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS), die ebenfalls über Kompetenzen in vom Vertrag geregelten Feldern, insbesondere im Kleinwaffenbereich, verfügt, Interesse bekundet, Vertragspartei des ATT zu werden.
Artikel 22
Inkrafttreten
Dieser Artikel regelt das Inkrafttreten des Vertrages. Er tritt nach Absatz 1 neunzig Tage nach Hinterlegung der fünfzigsten Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde in Kraft. Nach Absatz 2 tritt für weitere Staaten das Übereinkommen 90 Tage nach der jeweiligen Hinter legung in Kraft. Die in früheren Entwürfen enthaltene höhere Zahl von 65 Ratifikationen konnte vermieden werden; ebenso die Koppelung des Inkrafttretens des Vertrages an die Ratifikation durch bestimmte Staaten (etwa "die größten Exporteure und Importeure von Waffen"). Eine solche Koppelung hat bis heute das Inkrafttreten des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen verhindert.
Die Bundesregierung hofft, dass das erforderliche Quorum von 50 Ratifikationen zur Inkraftsetzung des Vertrages rasch erreicht wird. Hierfür spricht die große internationale Akzeptanz der mit dem Vertrag verfolgten Ziele und die erklärte Absicht zahlreicher Staaten, die hierfür erforderlichen Verfahren schnellstmöglich einzuleiten. Entscheidend hierfür wird auch die Unterstützung sein, die insbesondere Entwicklungs- und Schwellenländern angeboten werden kann, um die jeweiligen innerstaatlichen Voraussetzungen zur Annahme des Vertrages und der durch ihn begründeten Verpflichtungen zu schaffen.
Die Bundesregierung strebt eine zügige Schaffung der innerstaatlichen Voraussetzungen für die Ratifikation des Vertrages an. Für die Hinterlegung der Ratifikationsurkunde ist allerdings neben der Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften in der Form eines Vertragsgesetzes auch ein Ratsbeschluss der EU nach Artikel 218 Absatz 6 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) unter Beteiligung des Europäischen Parlaments erforderlich, da der ATT Bereiche berührt, die in die ausschließliche Kompetenz der EU fallen.
Artikel 23
Vorläufige Anwendung
Die Bestimmung des Artikels 23 sieht vor, dass jeder Staat bei seiner Unterzeichnung oder der Hinterlegung der Urkunde zu seiner Ratifikation, Annahme, Genehmigung oder seinem Beitritt erklären kann, dass er die Artikel 6 und 7 des Vertrages bis zu seinem Inkrafttreten bereits vorläufig anwenden wird. Dahinter steht der Gedanke, die für die Wirkung des Vertrages zentralen Verbots- und Ausfuhrbewertungs-Artikel möglichst rasch in die Praxis umzusetzen und das einmal erreichte Momentum zu zügigen weiteren Fortschritten zu nutzen.
Die Bundesrepublik Deutschland erfüllt im Ergebnis diese Verpflichtungen bereits durch die Anwendung der o.g. "Politischen Grundsätze der Bundesregierung" oder des "Gemeinsamen Standpunkts des Rates der Europäischen Union 2008/944/GASP". Auch zahlreiche andere Verpflichtungen aus Regelungen des Vertrages, die das nationale System für die Kontrolle von Rüstungsgütertransfers betreffen, erfüllt die Bundesrepublik Deutschland im Ergebnis bereits durch ihr bestehendes nationales System für die Kontrolle von Rüstungsgütertransfers.
Artikel 24
Geltungsdauer und Rücktritt
Dieser Artikel behandelt die Frage der Geltungsdauer des Vertrages und der Möglichkeit des Rücktritts vom Vertrag. Der Vertrag gilt demnach gemäß Absatz 1 zeitlich unbegrenzt. Jeder Vertragsstaat hat nach Absatz 2 jedoch in Ausübung seiner staatlichen Souveränität das Recht, von diesem Vertrag durch Erklärung gegenüber dem Verwahrer zurückzutreten. Dieser notifiziert dann den anderen Vertragsstaaten den ihm angezeigten Rücktritt. Ein solcher Schritt kann unter Darlegung der Gründe erfolgen, die den Vertragsstaat zum Rücktritt motivieren; es gibt jedoch keine Verpflichtung hierzu. Die Frist für das Wirksamwerden der Kündigung ist auf neunzig Tage nach Annahme der Rücktrittsurkunde durch den Verwahrer bestimmt.
Nach Absatz 3 entbindet der Vertragsrücktritt den betreffenden Vertragsstaat jedoch nicht von Verpflichtungen, einschließlich finanziellen Verpflichtungen, die aus seiner Zeit als Vertragsstaat resultieren.
Artikel 25
Vorbehalte
Dieser Artikel gestattet in üblicher Form die Erklärung von Vorbehalten, die gemäß Absatz 1 bei Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme, Genehmigung oder Beitritt erklärt werden können, sofern sie mit Ziel und Zweck des Vertrages nicht unvereinbar sind. Gemäß Absatz 2 können diese Vorbehalte jederzeit zurückgezogen werden.
Die oben erwähnte Erklärung über die Auslegung des Begriffs "overriding risk" in Artikel 7 Absatz 3 würde formell keinen Vorbehalt im Sinne dieses Artikels darstellen, einem solchen aber funktional nahekommen.
Artikel 26
Verhältnis zu anderen internationalen Verträgen
Nach Absatz 1 berührt die Umsetzung des ATT keine Verpflichtungen von Vertragsstaaten aus früheren oder nachfolgenden Übereinkünften, deren Vertragspartei sie sind, sofern diese Verpflichtungen mit dem ATT in Einklang stehen.
Nach Absatz 2 kann der ATT nicht als Grund für die einseitige Auflösung von Übereinkünften über Verteidigungszusammenarbeit angeführt werden, die zwischen Vertragsstaaten des ATT abgeschlossen wurden.
Im Übrigen gelten für das Verhältnis des ATT zu anderen
Verträgen, die über denselben Gegenstand geschlossen wurden, die in Artikel 30 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge niedergelegten allgemeinen Grundsätze.
Der Artikel ist das Ergebnis einer langen und intensiven Auseinandersetzung während der Verhandlungen. Insbesondere die indische Verhandlungsdelegation bestand darauf, eine Klausel in den Vertrag aufzunehmen, die sinngemäß Lieferungen im Rahmen von zwischenstaatlichen Abkommen über Verteidigungs- oder Rüstungszusammenarbeit von den nach den Artikeln 6 und 7 des ATT vorzunehmenden Kontrollen ausgenommen hätte. Eine solche Klausel hätte potentiell ein größeres Schlupfloch im ATT geschaffen. Im Verlauf der Konferenz und bereits während der Verhandlungen im Juli 2012 hatte sich die deutsche Delegation, aber auch andere europäische Staaten und die USA sehr nachdrücklich für die Streichung des Absatzes 2 eingesetzt. Die Verhandlungen hierzu wurden zum Schluss vom Präsidenten der abschließenden ATT-Konferenz auf bilateraler Basis geführt und waren daher nicht leicht nachvollziehbar.
Die festgehaltene Regelung lässt unterschiedliche Interpretationen zu und wirft die Frage von Erfüllungskonflikten auf. Nach Auffassung der Bundesregierung führt die in diesem Artikel gefundene Regelung dazu, dass die aufgrund einer Vereinbarung zur Verteidigungs- oder Rüstungszusammenarbeit zwischen zwei oder mehr Parteien des ATT bestehenden Lieferpflichten im Lichte des ATT verstanden werden müssen. D.h. sofern eine Genehmigung für eine konkrete Lieferung im Rahmen einer solchen Übereinkunft über Verteidigungszusammenarbeit nach Artikel 6 oder Artikel 7 ATT nicht erteilt werden dürfte, würde sie nicht im Einklang mit dem ATT stehen. Damit könnte die entsprechende Verpflichtung zur Lieferung aus der Übereinkunft über Verteidigungszusammenarbeit keine Bestandskraft nach Absatz 1 beanspruchen. Da nicht sinnvollerweise davon auszugehen ist, dass Absatz 1 im speziellen Fall von Übereinkünften über Verteidigungszusammenarbeit keine Anwendung finden soll, liegt der Schluss nahe, dass Absatz 2 lediglich ausschließen soll, dass der ATT als Berufungsgrundlage für eine generelle Auflösung einer Übereinkunft über Verteidigungszusammenarbeit im Falle einer solchen konkreten beschränkten Lieferung missbraucht wird.
In einer isolierten weitestmöglichen Auslegung bleibt die Klausel allerdings unbefriedigend, weil sie suggerieren könnte, dass sämtliche Lieferungen im Rahmen solcher Übereinkünfte über Verteidigungszusammenarbeit, die vor Beitritt zum ATT geschlossen wurden, nicht vom ATT erfasst sind.
Inhalt und Verhältnis der beiden Absätze des Artikels reflektieren allerdings einen Verhandlungskompromiss, mit dem eine durchaus beträchtliche Regelungsunschärfe in Kauf genommen wurde. Diese wird sich nicht konsequent mit den vom Völkerrecht zur Verfügung gestellten Auslegungsmitteln korrigieren lassen, die zu widersprüchlichen Auslegungsergebnissen führen können, sondern politischen Einigungswillen voraussetzen. Es ist zu bedenken, dass es auch zu Schwierigkeiten bei der Feststellung der völkerrechtlichen Verantwortung eines Staates für die Verletzung eines Vertrages als Konsequenz der Erfüllung des anderen Vertrages kommen kann.
Eine entscheidende Begrenzung ist zusätzlich, dass die Klausel nur auf solche Übereinkünfte über Verteidigungszusammenarbeit Anwendung findet, bei denen alle Vertragsstaaten gleichzeitig auch Vertragsstaaten des ATT sind. Damit wird für alle Staaten, die von dieser Klausel profitieren wollen, insbesondere Indien, ein klarer Anreiz für die Ratifikation des bzw. den Beitritt zum Vertrag gesetzt.
Artikel 27
Verwahrer
Verwahrer des Vertrages ist, wie bei unter der Ägide der Vereinten Nationen geschlossenen Verträgen üblich, der VN-Generalsekretär.
Artikel 28
Verbindliche Wortlaute
Der Vertrag ist im Wortlaut der sechs Amtssprachen der Vereinten Nationen (Arabisch, Chinesisch, Englisch, Französisch, Russisch und Spanisch) gleichermaßen verbindlich.
Deren gleichrangige Verbindlichkeit ist in Bezug auf auslegungsfähige und -bedürftige Begriffe des Vertragstextes und angesichts weitgehend fehlender Begriffsbestimmungen von Bedeutung.