Präsident des Senats der Bremen, 27. Juni 2018 Freien Hansestadt Bremen
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Regierenden Bürgermeister
Michael Müller
Sehr geehrter Herr Präsident,
im Namen der Länder Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Thüringen übersende ich hiermit den Antrag Entschließung des Bundesrates "ELFE - Einfach Leistungen für Eltern"
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der 969. Sitzung am 6. Juli 2018 zu setzen und anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Carsten Sieling
Entschließung des Bundesrates "ELFE - Einfach Leistungen für Eltern"
Der Bundesrat möge beschließen:
- 1. Zurzeit sind in Deutschland mit der Geburt gleich mehrere Behördenkontakte verbunden: Die Geburt muss entweder über das Krankenhaus, das Geburtshaus etc. oder direkt beim Standesamt des Geburtsortes (nicht des Wohnortes) angezeigt werden. Die Krankenhäuser, Geburtshäuser etc. sind ebenfalls zur Meldung der Geburt verpflichtet. Neben Ausweisen sind auch die Geburts- und Heiratsurkunden bzw. Vaterschaftserklärungen oder ähnliche Unterlagen vorzulegen. Das Kindergeld muss beim Jobcenter oder bei einer Familienkasse des Arbeitgebers (letzteres für Beschäftigte im öffentlichen Dienst) beantragt werden. Die meisten berufstätigen Eltern wählen zudem ein Eltern(teil)zeit-Modell nach der Geburt, um Beruf und Familie miteinander zu verknüpfen, und beantragen dafür Elterngeld, dies wiederum bei der Elterngeldstelle. Für die verschiedenen Anträge müssen die Eltern separat oft die gleichen Daten angeben und Dokumente vorlegen.
- 2. Im Rahmen des beim IT-Planungsrat angesiedelten Projekts ELFE (Einfach Leistungen für Eltern) wurden in Interviews mit Eltern und zuständigen Dienststellen folgende Probleme identifiziert:
- - Anträge sind kompliziert und auch unter Hilfestellung nur schwer zu verstehen,
- - Eltern verstehen nicht, warum sie immer wieder dieselben Daten eingeben müssen, obwohl andere Behörden schon über die Informationen verfügen,
- - Eltern geben nicht gerne Originalurkunden, wie ihre eigenen Geburts- und Heiratsurkunden, aus der Hand - alternativ müssen sie dafür aber persönlich erscheinen,
- - online ausfüllbare Formulare sind zwar vorhanden, da aber Papiernachweise wie z.B. Geburtsurkunde oder Gehaltsbescheinigungen vorgelegt werden müssen, ergeben sich kaum Anreize für eine digitale Abwicklung.
- 3. Für die Behörden ist der Prozess nicht minder aufwändig. Durch die arbeitsteilige Antragsbearbeitung kommt es zu Doppelarbeiten und zu Verzögerungen, da z.B. Elterngeld- und Kindergeldstellen auf Vorlage einer besonderen Geburtsurkunde angewiesen sind, die zuvor durch das Standesamt ausgestellt werden muss.
- 4. In dieser Situation ermöglicht eine Digitalisierung der Prozesse rund um die Geburt eines Kindes für alle Beteiligten erhebliche Verbesserungen. ELFE möchte daher zukünftig die Eltern von der Antragstellung entlasten. Die Lösung "ELFE - Einfach Leistungen für Eltern" soll Eltern die Geburtsurkunde für ihr Kind zuschicken und Elterngeld und Kindergeld auszahlen, ohne dass die Eltern dafür Behörden aufsuchen und komplizierte Anträge stellen müssen. Ihre Mitwirkung braucht lediglich aus einer Einwilligung bzw. Beauftragung zur Datenverarbeitung und der Entscheidung über Lebenssachverhalte, die die Eltern selbst bestimmen, insbesondere Eltern- und Teilzeitwünsche, zu bestehen. Die technische Machbarkeit der Lösung ist im Grundsatz gewährleistet. Zur Verwirklichung der Ideen ist es jedoch erforderlich, dass die einschlägigen Fachgesetze geändert werden, um die benötigten rechtlichen Grundlagen zu schaffen. Dazu ist ein Einvernehmen der Länder untereinander und mit dem Bund herzustellen.
- 5. Der Bundesrat spricht sich deshalb dafür aus, dass Eltern freiwillig Behörden beauftragen können sollen, in ihrem Namen und in ihrem Interesse die erforderlichen Daten von anderen Behörden zusammenzuführen, um einfach Geburtsurkunden auszustellen und Elterngeld und Kindergeld auszuzahlen.
- 6. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, geeignete Gesetzesvorschläge für die Umsetzung des Projektes ELFE zu unterbreiten, insbesondere zu
- - datenschutzrechtlichen Verankerungen in den einschlägigen Fachgesetzen Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG), Bundeskindergeldgesetz (BKGG), Personenstandsgesetz (PStG), Abgabenordnung (AO) und Bundesmeldegesetz (BMG),
- - der Einrichtung eines automatischen Abrufverfahrens von Daten zu Personenstandsurkunden durch Elterngeldstellen und Familienkassen,
- - einer Regelung, alternativ beim Elterngeld für den Nachweis des Einkommens bei nichtselbständiger Arbeit die elektronische Lohnsteuerbescheinigung aus dem letzten Veranlagungszeitraum zuzulassen,
- - Kindergeld anlässlich einer Geburt eines Kindes automationsunterstützt ohne Antrag zu gewähren und - rechtlichen Verankerungen der Nutzung der Identifikationsnummer nach § 139b AO zur verfahrensübergreifenden Identifikation für den begrenzten Zweck der Eltern- und Kindergeldverfahren und entsprechender technischer und organisatorischer Maßnahmen zur Wahrung des Steuergeheimnisses.