983. Sitzung des Bundesrates am 29. November 2019
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1. Der federführende Finanzausschuss, der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, dem Gesetz gemäß Artikel 105 Absatz 3, 108 Absatz 4 Satz 1 und Absatz 5 Satz 2 des Grundgesetzes zuzustimmen.
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Ferner empfehlen der federführende Finanzausschuss, der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz und der Wirtschaftsausschuss dem Bundesrat, folgende Entschließungen zu fassen:
2. Zur Förderung ehrenamtlichen Engagements
Der Bundesrat begrüßt das Ziel des vorliegenden Gesetzes, eine nachhaltige, bezahlbare und klimafreundliche Mobilität zu fördern, um den Herausforderungen der Energiewende gerecht zu werden. Ebenso ist zu begrüßen, dass entlastende Maßnahmen u.a. für Arbeitnehmer, Verfahrenserleichterungen für Arbeitgeber, unterstützende Maßnahmen für die Entspannung des Wohnungsmarkts und Maßnahmen zur Sicherung des Steueraufkommens vorgesehen sind.
Nicht weniger dringend sind jedoch Reformen für Menschen, die sich in der Pflege, im Sport, in der Kultur oder in anderen gesellschaftlichen Bereichen ehrenamtlich betätigen. Der Bundesrat bedauert, dass die von ihm eingebrachten Änderungsanträge im Bereich des Ehrenamts in diesem Gesetzgebungsverfahren nicht aufgegriffen worden sind.
Der Bundesrat erwartet, dass diese Änderungen zeitnah und mit Wirkung zum 1. Januar 2020 umgesetzt werden. Dazu gehören insbesondere:
- − Bürokratieentlastungen für kleinere Vereine durch Abschaffung der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung bei jährlichen Einnahmen bis zu 45.000 Euro;
- − Ertragsteuerliche Entlastungen für ehrenamtlich Tätige durch eine zusätzliche Steuerbefreiung für Sachleistungen aufgrund einer Ehrenamtskarte, beispielsweise für die freien Eintritte in Museen, Schwimmbäder oder andere öffentliche Einrichtungen;
- − Erhöhung der Übungsleiterpauschale von 2.400 auf 3.000 Euro im Jahr sowie eine Anhebung der Ehrenamtspauschale um weitere 120 Euro auf 840 Euro;
- − Anhebung der Freigrenze bei der Körperschaft- und Gewerbesteuer für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe gemeinnütziger Vereine von 35.000 Euro auf 45.000 Euro;
- − Ausweitung des Anwendungsbereichs für das vereinfachte Spendenbescheinigungsverfahren.
3. Zu "Wohnen für Hilfe"
- a) Wohnraummangel, aber auch Veränderungen in der Gesellschaft führen dazu, dass sich mehr und mehr alternative Wohnformen etablieren. So leben viele ältere Menschen allein, sind jedoch auf Hilfe im täglichen Leben angewiesen. Ein freies Zimmer in der Wohnung oder im Haus bietet da eine Wohnraumperspektive für Mitmenschen mit beschränkten finanziellen Möglichkeiten, die im Gegenzug im Haushalt und Garten mithelfen. Das Konzept "Wohnen für Hilfe" ist ein Geben und Nehmen, bei dem regelmäßig soziales Engagement, Aufgeschlossenheit und Solidarität im Vordergrund stehen. Der Bundesrat bedauert daher, dass die im Gesetzentwurf vorgesehene Steuerbefreiung für diese alternativen Wohnformen vom Deutschen Bundestag nicht beschlossen wurde.
- b) Zwar liegen beim Konzept "Wohnen für Hilfe" aus steuerfachlicher Perspektive im Regelfall eine entgeltliche Vermietung sowie ein Arbeitsverhältnis vor, es wäre jedoch aus gesellschaftspolitischer Sicht problematisch, die entsprechenden lohn- und einkommensteuerrechtlichen Konsequenzen zu ziehen. Denn durch eine Steuerbelastung sowie Bürokratie würden Hürden für diese alternativen Wohnformen errichtet, die die auf gegenseitiger Hilfe gründenden Vorteile deutlich relativieren würden. Es besteht die Gefahr, dass "Wohnen für Hilfe" letztlich vor dem Aus steht.
- c) Hinzu kommt die wohnungspolitische Dimension dieser Konzepte: Viele Studierende haben Probleme, auf dem regulären Wohnungsmarkt eine finanzierbare Wohnung zu finden. Durch "Wohnen für Hilfe" werden zusätzliche Wohnraumpotenziale erschlossen, die einen Beitrag zur Entspannung der Wohnraumversorgung gerade in hochpreisigen Ballungsräumen leisten können.
- d) Der Bundesrat bittet daher, zeitnah eine Regelung zur Befreiung alternativer Wohnformen im Bereich der Einkommensteuer zu schaffen und so das gesellschaftspolitisch wichtige Konzept "Wohnen für Hilfe" zu stärken.
4. Zur Fortführung der Regelungen des § 51a des Bewertungsgesetzes
Der Bundesrat verweist auf seinen Beschluss zur weiteren Geltung der Regelungen des § 51a des Bewertungsgesetzes (vgl. BR-Drucksache 354/19(B) , Ziffer 14) und begrüßt, dass mit der Einfügung eines neuen § 13b des Einkommensteuergesetzes (Artikel 5 Nummer 3 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften) die Grundsätze des bisherigen § 51a des Bewertungsgesetzes einkommensteuerlich fortgeführt werden.
Der Bundesrat bittet vor diesem Hintergrund die Bundesregierung um Prüfung, ob für eine vollständige Fortführung der Regelungen des § 51a des Bewertungsgesetzes weitere gesetzliche Änderungen erforderlich sind.
5. Zur Sicherung der maritimen Wirtschaft
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, zukünftig eine Regelung bezüglich der steuerlichen Folgen eines Rückwechsels von der Gewinnermittlung nach Tonnage zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich ( § 5a Einkommensteuergesetz und § 7 Gewerbesteuergesetz) zu prüfen, die ohne eine finanzielle Belastung der maritimen Wirtschaft in Deutschland (hier: Reedereiwirtschaft) auskommt und das Ziel der Sicherung des Schifffahrtstandortes Deutschland einbezieht.
Begründung:
Das vorliegende Gesetz sieht eine Änderung des § 5a Einkommensteuergesetz und § 7 Satz 3 Gewerbesteuergesetz vor. Es beinhaltet unter anderem eine zehn Jahre rückwirkende Nichtanwendungsgesetzgebung eines Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. Oktober 2018 (IV R 35/16). Mit diesem Urteil hat der BFH seine Rechtsprechung zu den steuerlichen Folgen eines Rückwechsels von der Gewinnermittlung nach der Tonnage (Tonnagebesteuerung) zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich zugunsten der betroffenen Steuerpflichtigen (Reeder) geändert. In dem Urteil hat der BFH - entgegen der bis dahin auch von den Finanzbehörden praktizierten Auffassung - dargelegt, dass die gewerbesteuerliche Kürzung gemäß § 9 Absatz 3 Gewerbesteuergesetz auf Gewinne aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Seeschiffsverkehr auch auf Gewinne aus der Auflösung von Unterschiedsbeträgen anwendbar ist. Diese Auslegung führt zu einem Rückzahlungsanspruch der Gewerbesteuer an die betroffenen Unternehmen der Reedereiwirtschaft.
Das vorliegende Gesetz manifestiert nunmehr die in der Vergangenheit - vor dem oben genannten Urteil - vertretene Auffassung. Es handelt sich faktisch um die Aufhebung einer höchstrichterlichen Entscheidung durch Gesetz. Neben Fragen zur Rechtmäßigkeit einer rückwirkenden Regelung und zur Rechtssicherheit bedeutet die Regelung einen Nachteil für die durch die seit zehn Jahren andauernde Seeschifffahrtskrise bereits stark belastete deutsche Schifffahrtsbranche. Die Umsetzung dieser Regelung bedeutet ein negatives Signal für den Schifffahrtsstandort Deutschland und die hiesige maritime Wirtschaft.