Der Bayerische Ministerpräsident München, 10. Dezember 2019
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Dietmar Woidke
Sehr geehrter Herr Präsident,
gemäß dem Beschluss der Bayerischen Staatsregierung wird die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates "Masterplan zum Schutz der Sparerinnen und Sparer" mit dem Antrag übermittelt, dass der Bundesrat diese fassen möge.
Es wird gebeten, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 GO BR auf die Tagesordnung der 984. Sitzung am 20. Dezember 2019 zu setzen und anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Markus Söder
Entschließung des Bundesrates "Masterplan zum Schutz der Sparerinnen und Sparer"
Der Bundesrat möge beschließen:
- 1. Zur Bewältigung der Folgen der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise verfolgt die Europäische Zentralbank (EZB) seit Jahren eine extrem expansiv ausgerichtete Geldpolitik. Der Bundesrat beobachtet mit Sorge, dass - anders als etwa in den USA - bisher keine Zinswende absehbar ist. Obwohl nach der Krise in nahezu allen Ländern des Euroraums zwischenzeitlich eine anhaltende konjunkturelle Erholung eingesetzt hat, verharren die Leitzinsen der EZB auf Rekord-Tiefständen. Nach ersten Signalen einer geldpolitischen Normalisierung Ende 2018 hat der EZB-Rat auf seiner Sitzung am 12. September 2019 unter dem Eindruck der sich aktuell wieder eintrübenden Konjunktur im Euroraum eine erneute Lockerung des geldpolitischen Kurses beschlossen: Neben einer Senkung des Einlagezinses auf jetzt -0,5 Prozent und einer Wiederaufnahme der Anleihekäufe mit einem Volumen von 20 Mrd. Euro pro Monat wurde der bisherige Ausblick auf den frühesten Zeitpunkt für eine erste Zinsanhebung aus dem Statement des EZB-Präsidenten gestrichen.
- 2. Der Bundesrat weist darauf hin, dass jahrelange Phasen mit Zinsniveaus um die null Prozent oder sogar darunter zunehmende Risiken und negative Auswirkungen jenseits der Geldpolitik mit sich bringen. Der Zins kann so seine Lenkungswirkung nicht entfalten. Das Risiko von Fehlallokationen und Blasenbildungen, etwa auf Aktien- oder Immobilienmärkten, steigt in der Folge ständig an. Daneben stellen die anhaltenden Negativzinsen eine enorme Belastung gerade für die deutschen Banken und ihr zinsbasiertes Geschäftsmodell dar.
- 3. Vor allem sieht der Bundesrat mit Sorge, dass das außerordentlich niedrige Zinsniveau alle Anstrengungen der Bevölkerung, zu sparen und privat für das Alter vorzusorgen, konterkariert. Gerade für untere und mittlere Einkommensgruppen sind zum Teil lebenslang aufgebaute Sparguthaben eine wesentliche Säule ihrer Altersabsicherung, die angesichts enormer Zinsverluste mehr und mehr an realem Wert verlieren. Darüber hinaus geben einige Banken die Negativzinsen bereits heute als Verwahrentgelte bei höheren Anlagebeträgen auch an Privatanleger weiter. Da aktuell kein Ende der Niedrigzinsphase in Sicht ist, werden absehbar auch Kleinsparer mit der Belastung konfrontiert werden.
- 4. Vor diesem Hintergrund hält der Bundesrat ein schnelles Handeln zum Schutz der Sparer in Deutschland für geboten, um eine weitere Verunsicherung in der Bevölkerung zu verhindern und das Vertrauen in die nachhaltige Werthaltigkeit ihrer Sparguthaben wiederherzustellen. Mit einem Masterplan muss Sparern vor allem auch eine Perspektive eröffnet werden, damit Sparen als Instrument der persönlichen Risikovorsorge attraktiv bleibt. Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf,
- - zu prüfen, ob die Weitergabe von Negativzinsen auch für Neukunden beschränkt werden kann. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass gegen Verwahrentgelte in Form sogenannter Negativzinsen aus Gründen der Transparenz, der Preisklarheit und des für Zahlungsdienste zu beachtenden Gebots der Angemessenheit Bedenken bestehen. Sollte dies nicht möglich sein, gilt es die Belastungswirkungen von Negativzinsen zumindest abzufedern, indem sie steuerlich zusätzlich zum Sparer-Pauschbetrag berücksichtigt werden können, ohne das Besteuerungskonzept für Kapitalerträge grundlegend zu verändern. Dabei muss auch für die Fälle eine liquiditätswirksame Lösung das Ziel sein, in denen mangels anderer positiver Kapitalerträge die Negativzinsen nicht verrechnet werden können.
- - das steuerliche Abzugsverbot für die Bankenabgabe zu überdenken, um einerseits den Kostendruck bei den Banken abzumildern, andererseits Wettbewerbsnachteile gegenüber ausländischen Konkurrenten zu beseitigen. Dies würde auch den Druck zur Weitergabe von Negativzinsen an Privatkunden beeinflussen.
- - eine Initiative zur Anhebung des Sparer-Pauschbetrages sowie zur Wiedereinführung einer Spekulationsfrist bei der Veräußerung langfristiger Kapitalanlagen im Privatvermögen sowie zur Wiedereinführung einer vollständigen Steuerbefreiung für Erträge aus Einmalauszahlungen aus Lebensversicherungen zu ergreifen. Dies würde insbesondere auch die Attraktivität des Aktiensparens erhöhen, das angesichts des strukturellen Niedrigzinsumfeldes als Baustein der Alters- und Risikovorsorge eine immer größere Bedeutung erhält.