Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften

A. Problem und Ziel

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll die steuerliche Verlustverrechnung bei Körperschaften neu ausgerichtet werden. Die geltende Vorschrift zum Verlustabzug bei Körperschaften ( § 8c des Körperschaftsteuergesetzes) regelt, dass nicht genutzte Verluste wegfallen, wenn Anteilserwerbe an einer Körperschaft in bestimmter Höhe stattfinden. Die Beschränkung gilt nicht für bestimmte Übertragungen im Konzern (Konzernklausel) und auch nicht, soweit zum Zeitpunkt des schädlichen Erwerbs stille Reserven (Stille-Reserven-Klausel) vorhanden sind. Diese Ausnahmen kommen Unternehmen zugute, die in entsprechenden Konzernstrukturen organisiert sind und die aufgrund ihrer Geschäftstätigkeit ausreichend hohe stille Reserven gebildet haben. Daneben gibt es Unternehmen, die die Voraussetzungen dieser Regelungen nicht erfüllen, bei denen für die Unternehmensfinanzierung aber häufig die Neuaufnahme oder der Wechsel von Anteilseignern notwendig wird und bei denen dann nicht genutzte Verluste wegfallen. Die Neuregelung trägt der Situation dieser Unternehmen Rechnung und soll steuerliche Hemmnisse bei der Kapitalausstattung dieser Unternehmen vermeiden. In diesen Fällen bleibt eine steuerliche Nutzung der bisher aufgelaufenen Verluste daher weiterhin möglich, wenn der Geschäftsbetrieb der Körperschaft nach dem Anteilseignerwechsel erhalten bleibt und eine anderweitige Nutzung der Verluste ausgeschlossen ist.

B. Lösung

Die mit diesem Gesetzentwurf angestrebte Neuausrichtung zielt darauf ab, dass nicht genutzte Verluste trotz eines qualifizierten Anteilseignerwechsels weiterhin genutzt werden können, wenn der Geschäftsbetrieb der Körperschaft nach dem Anteilseignerwechsel erhalten bleibt und wenn eine anderweitige Verlustnutzung ausgeschlossen ist.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

GebietskörperschaftVolle Jahreswirkung1)Kassenjahr
20162017201820192020
Insgesamt-600.-420-660-600-600
Bund-180.-126-198-180-180
Länder-185.-130-204-185-185
Gemeinden-235.-165-259-235-235

1) Wirkung für einen vollen (Veranlagungs-)Zeitraum von 12 Monaten

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Für die Bürgerinnen und Bürger ändert sich der Erfüllungsaufwand nicht.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Durch die Einführung eines Antragserfordernisses für die Anwendung des § 8

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten

Der Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft entfällt in voller Höhe auf Informationspflichten.

Der laufende Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft aus diesem Regelungsvorhaben unterliegt der "One in, one out"-Regelung (Kabinettbeschluss vom 25. März 2015). Im Sinne der "One in, one out"-Regelung stellt der jährliche Erfüllungsaufwand der Wirtschaft in diesem Regelungsvorhaben ein "In" von rund 214 000 Euro dar. Die erforderliche Kompensation kann durch bereits beschlossene Regelungsvorhaben erbracht werden.

E.3 Erfüllungsaufwand für die Verwaltung

Es ist ein neues Antragsverfahren einzurichten. Der Finanzverwaltung entsteht dadurch ein jährlicher Erfüllungsaufwand von rund 285 000 Euro.

Zusätzlich entsteht in den Ländern einmaliger automationstechnischer Umstellungsaufwand. Dieser wird aufgrund der gegenwärtigen Überlegungen zur technischen Umsetzung auf ca. 360 000 Euro geschätzt.

F. Weitere Kosten

Der Wirtschaft, einschließlich mittelständischer Unternehmen, entstehen keine direkten weiteren Kosten.

Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften

Bundesrepublik Deutschland
Die Bundeskanzlerin
Berlin, 23. September 2016

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Stanislaw Tillich

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften mit Begründung und Vorblatt.

Der Gesetzentwurf ist besonders eilbedürftig, damit das Gesetzgebungsverfahren noch in 2016 abgeschlossen werden kann.

Federführend sind das Bundesministerium der Finanzen und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.

Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 04.11.16
besonders eilbedürftige Vorlage gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 GG

Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften

Vom ...

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Körperschaftsteuergesetzes

Das Körperschaftsteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4144), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 19. Juli 2016 (BGBl. I S. 1730) und durch Artikel 13 Nummer 2 des Gesetzes vom 2. November 2015 (BGBl. I S. 1834) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. In der Inhaltsübersicht wird nach der Angabe zu § 8c folgende Angabe eingefügt:

"Fortführungsgebundener Verlustvortrag § 8d".

2. § 8a Absatz 1 Satz 3 wird wie folgt gefasst:

"Die §§ 8c und 8d gelten für den Zinsvortrag nach § 4h Absatz 1 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes mit der Maßgabe entsprechend, dass stille Reserven im Sinne des § 8c Absatz 1 Satz 7 nur zu berücksichtigen sind, soweit sie die nach § 8c Absatz 1 Satz 6 und § 8d Absatz 2 Satz 1 abziehbaren nicht genutzten Verluste übersteigen."

3. Nach § 8c wird folgender § 8d eingefügt:

" § 8d Fortführungsgebundener Verlustvortrag

4. Nach § 34 Absatz 6 wird folgender Absatz 6a eingefügt:

(6a) § 8d ist erstmals auf schädliche Beteiligungserwerbe im Sinne des § 8c anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2015 erfolgen."

Artikel 2
Änderung des Gewerbesteuergesetzes

Das Gewerbesteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4167), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 2. November 2015 (BGBl. I S. 1834) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. In § 10a Satz 10 wird der Satzteil vor Nummer 1 wie folgt gefasst:

"Auf die Fehlbeträge sind die §§ 8c und 8d des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden; dies gilt mit Ausnahme des § 8d des Körperschaftsteuergesetzes auch für den Fehlbetrag einer Mitunternehmerschaft, soweit dieser".

2. Nach § 36 Absatz 2 wird folgender Absatz 2a eingefügt:

(2a) § 10a Satz 10 in der am 1. Januar 2016 geltenden Fassung ist erstmals auf schädliche Beteiligungserwerbe im Sinne des § 8c des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2015 erfolgen."

Artikel 3
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2016 in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen

Ziel der Neuregelung ist die Beseitigung steuerliche Hemmnisse bei der Unternehmensfinanzierung durch Neueintritt oder Wechsel von Anteilseignern durch die Eröffnung der Möglichkeit für Körperschaften, nicht genutzte Verluste trotz eines qualifizierten Anteilseignerwechsels weiterhin nutzen zu können, wenn der Geschäftsbetrieb der Körperschaft nach dem Anteilseignerwechsel erhalten bleibt und eine anderweitige Verlustnutzung ausgeschlossen ist.

II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs

Unternehmen, die für die Unternehmensfinanzierung auf die Neuaufnahme oder den Wechsel von Anteilseignern angewiesen sind, soll eine Nutzung der nicht genutzten Verluste weiterhin möglich sein, sofern sie denselben Geschäftsbetrieb nach dem Anteilseignerwechsel fortführen. Die bestehenden Regelungen des § 8c KStG werden daher durch einen neuen § 8d KStG ergänzt. Danach soll der Verlustwegfall nach § 8c KStG dann nicht eintreten, wenn die Körperschaft im Wesentlichen folgende Bedingungen erfüllt:

Werden die Bedingungen nicht mehr erfüllt, entfällt der noch bestehende sog. fortführungsgebundene Verlustvortrag zum Zeitpunkt des Wegfalls der vorgenannten Bedingungen.

III. Alternativen

Keine.

IV. Gesetzgebungskompetenz

Für die Änderung des Körperschaftsteuergesetzes (Artikel 1) ergibt sich die Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Artikel 105 Absatz 2 erste Alternative des Grundgesetzes (GG), da das Steueraufkommen diesbezüglich dem Bund ganz oder teilweise zusteht.

Für die Änderung des Gewerbesteuergesetzes (Artikel 2) ergibt sich die Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Artikel 105 Absatz 2 zweite Alternative GG. Da das Aufkommen der Gewerbesteuer den Gemeinden (Artikel 106 Absatz 6 Satz 1 GG) zusteht, hat der Bund das Gesetzgebungsrecht allerdings gemäß Artikel 105 Absatz 2 zweite Alternative GG nur, wenn die Voraussetzungen des Artikels 72 Absatz 2 GG vorliegen. Danach hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

Artikel 2 des Gesetzes zielt auf eine Änderung einzelner Vorschriften des Gewerbesteuergesetzes ab. Die bundesgesetzliche Regelung ist zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich, da die in der jeweiligen Gemeinde belegenen Betriebstätten des Steuerpflichtigen gewerbesteuerpflichtig sind und der Gewerbeertrag einheitlich für alle Betriebstätten ermittelt wird. Dies erfordert, dass für die Ermittlung des Gewerbeertrags bundeseinheitliche Regelungen bestehen.

V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen

Unmittelbare Bezüge zum EU-Recht oder völkerrechtlichen Verträgen hat das Gesetz nicht.

VI. Gesetzesfolgen

1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung

Mit dem vorliegenden Gesetz ist keine Rechts- und Verwaltungsvereinfachung verbunden.

2. Nachhaltigkeitsaspekte

Das Vorhaben entspricht einer nachhaltigen Entwicklung insbesondere der wirtschaftlichen Zukunftsvorsorge, indem es gute Investitionsbedingungen schafft und damit Wohlstand dauerhaft erhält.

3. Demografische Auswirkungen

Das Vorhaben hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Demografie.

4. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Gesetz zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften

(Steuermehr- / -mindereinnahmen (-) in Mio. €)

lfd. Nr. MaßnahmeSteuerart /
Gebietskörperschaft
Volle
Jahres-
wirkung1
Kassenjahr
20162017201820192020
1 § 8d KStG
Insg.
- 600. - 420- 660- 600- 600
Ausnahme fortführungsbedingter
Verlustvorträge vom Verlustuntergang
nach § 8c KStG auf Antrag
 
 
 
 
 
 
 
 
GewSt- 280. - 196- 308- 280- 280
KSt- 300. - 210- 330- 300- 300
SolZ- 20. - 14- 22- 20- 20

Bund
- 180. - 126- 198- 180- 180
GewSt- 10. - 7- 11- 10- 10
KSt- 150. - 105- 165- 150- 150
SolZ- 20. - 14- 22- 20- 20

Länder
- 185. - 130- 204- 185- 185
GewSt- 35. - 25- 39- 35- 35
KSt- 150. - 105- 165- 150- 150

Gem.
- 235. - 165- 259- 235- 235
GewSt- 235. - 165- 259- 235- 235
2Finanzielle Auswirkungen insgesamt
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Insg.
- 600. - 420- 660- 600- 600
GewSt- 280. - 196- 308- 280- 280
KSt- 300. - 210- 330- 300- 300
SolZ- 20. - 14- 22- 20- 20

Bund
- 180. - 126- 198- 180- 180
GewSt- 10. - 7- 11- 10- 10
KSt- 150. - 105- 165- 150- 150
SolZ- 20. - 14- 22- 20- 20

Länder
- 185. - 130- 204- 185- 185
GewSt- 35. - 25- 39- 35- 35
KSt- 150. - 105- 165- 150- 150

Gem.
- 235. - 165- 259- 235- 235
GewSt- 235. - 165- 259- 235- 235

Anmerkungen: Wirkung für einen vollen (Veranlagungs-)Zeitraum von 12 Monaten

5. Erfüllungsaufwand

5.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Für die Bürgerinnen und Bürger ändert sich der Erfüllungsaufwand nicht.

5.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Durch die Einführung eines Antragserfordernisses für die Anwendung des § 8d - neu - KStG entsteht ein jährlicher Erfüllungsaufwand aus Informationspflichten von 214 000 Euro.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten:

Der Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft entfällt in voller Höhe auf Informationspflichten.

Der laufende Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft aus diesem Regelungsvorhaben unterliegt der "One in, one ou"t-Regelung (Kabinettbeschluss vom 25. März 2015). Im Sinne1) der "One in, one out"-Regelung stellt der jährliche Erfüllungsaufwand der Wirtschaft in diesem Regelungsvorhaben ein "In" von rund 214 000 Euro dar. Die erforderliche Kompensation kann durch bereits beschlossene Regelungsvorhaben erbracht werden.

5.3 Erfüllungsaufwand für die Verwaltung

Es ist ein neues Antragsverfahren einzurichten. Die Finanzverwaltung muss die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Regelung prüfen. Aufgrund fehlender belastbarer Daten ist nur eine grobe Schätzung der Änderung des Erfüllungsaufwands für die Steuerverwaltungen der Länder möglich. Von der Regelung wird voraussichtlich nur eine sehr begrenzte Anzahl von Fällen (geschätzt etwa 2000) betroffen sein. Unter Zugrundelegung diese Fallzahl, ist mit einem jährlichen Mehraufwand von rund 285 000 Euro zu rechnen.

Zusätzlich entsteht in den Ländern einmaliger automationstechnischer Umstellungsaufwand. Dieser wird aufgrund der gegenwärtigen Überlegungen zur technischen Umsetzung auf ca. 360 000 Euro geschätzt.

6. Weitere Kosten

Der Wirtschaft, einschließlich mittelständischer Unternehmen, entstehen keine direkten sonstigen Kosten.

Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

7. Weitere Gesetzesfolgen

Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebenssituation von Frauen und Männern sind keine Auswirkungen erkennbar, die gleichstellungspolitischen Zielen gemäß § 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesregierung zuwiderlaufen.

VII. Befristung

Die Regelungen sollen dauerhaft wirken, so dass eine Befristung nicht in Betracht kommt.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Körperschaftsteuergesetzes)

Zu Nummer 1

Inhaltsübersicht

Die Inhaltsübersicht wird wegen der Einfügung des neuen § 8d redaktionell angepasst.

Zu Nummer 2 § 8a Absatz 1 Satz 3

Bislang führt ein schädlicher Beteiligungserwerb i.S.d. § 8c KStG auch zu einer (ggf. quotalen) Kürzung eines Zinsvortrags nach § 4h Absatz 1 Satz 5 EStG. Ein Zinsvortrag wirkt wirtschaftlich ähnlich wie ein Verlustvortrag. Daher soll der Antrag nach § 8d - neu - KStG auch für Zinsvorträge nach § 4h Absatz 1 Satz 5 EStG gelten. Es gelten die gleichen Voraussetzungen für die Antragstellung und für den Wegfall des dann fortführungsgebundenen Zinsvortrags.

Zu Nummer 3 § 8d - neu - Allgemeine Erwägungen

Die bisherige Besteuerungspraxis zu § 8c KStG hat gezeigt, dass auch nach Einführung der Stille-Reserven-Klausel und der Konzernklausel Fälle aufgetreten sind, in denen ein Untergang der Verluste bei Anteilseignerwechsel in einer Körperschaft aus wirtschaftlichen Erwägungen nicht gerechtfertigt und aus steuersystematischer Sicht nicht erforderlich erscheint.

Der Tatbestand des § 8c KStG knüpft für den Wegfall von Verlustvorträgen auf der Ebene der Körperschaft an Veränderungen im Bestand der Anteilseigner sowie die Durchführung von Kapitalmaßnahmen einer Gesellschaft an. Dabei handelt es sich um Vorgänge, die zu einer Veränderung der Gesellschaftsrechte und -pflichten der am Vorgang beteiligten Anteilseigner führen und daher im Ausgangspunkt für den Handel mit "Verlustmänteln" genutzt werden können.

Bei diesen gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen kann die Verlustnutzungsbeschränkung des § 8c KStG jedoch als zu restriktiv angesehen werden, solange und soweit die Kontinuität und der Bestand des Geschäftsbetriebes der Körperschaft gesichert sind. Dies gilt vor allem dann, wenn die zugrundeliegenden gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen dazu dienen, einem vorhandenen Geschäftsbetrieb in volkswirtschaftlich sinnvoller Weise neues Kapital zuzuführen. Diesen Befund greift § 8d - neu - KStG auf und erweitert für Körperschaften die Möglichkeiten zur steuerunschädlichen Kapitalbeschaffung.

§ 8d - neu - KStG eröffnet einer Körperschaft die Option, Verluste unabhängig von einem schädlichen Anteilseignerwechsel nutzen zu können, solange sie den nach § 8d - neu - KStG relevanten Geschäftsbetrieb fortführt. Dies bedeutet nicht nur, dass ein Anteilseignerwechsel bei Fortführung des konkreten Geschäftsbetriebs unschädlich ist. Umgekehrt führt der Wegfall des Geschäftsbetriebs unter dem Regime des § 8d - neu - KStG auch ohne einen Anteilseignerwechsel dazu, dass Altverluste steuerlich nicht mehr genutzt werden können, soweit diese nicht durch stille Reserven gedeckt sind. Die Neuregelung ist neben dem fortbestehenden gesetzgeberischen Ziel, den Handel mit steuerlichen Verlusten zuverlässig zu unterbinden, dem Ziel einer leichten Administrierbarkeit verpflichtet. Sie soll gleichzeitig ein hohes Maß an Rechtssicherheit gewährleisten und unternehmerische Entscheidungen möglichst wenig verzerren.

Mit § 8c KStG und § 8d - neu - KStG stehen künftig zwei sich ergänzende, eigenständige Regelungen zur Verfügung. Durch die gewählte Regelungstechnik entfällt das Bedürfnis, Aussagen zum Zusammenhang zwischen der substantiellen Anteilsübertragung und der strukturellen Veränderung auf Gesellschaftsebene zu treffen. Auf diese Weise wird gesichert, dass die Verlustvorträge immer dann systemgerecht entfallen, wenn zu einem Anteilseignerwechsel eine Änderung des Geschäftsbetriebs auf Gesellschaftsebene hinzutritt.

Antragserfordernis

Über die Anwendung des § 8d - neu - KStG auf einen Beteiligungserwerb i.S.v. § 8c KStG entscheidet die Körperschaft selbst, indem sie einen entsprechenden Antrag stellt. Im Ergebnis ergibt sich der gesetzliche Regeltatbestand - die Verlustnutzungsbeschränkung - weiterhin aus § 8c KStG. Unter den Voraussetzungen und Bedingungen des neu geschaffenen § 8d - neu - KStG kann die Körperschaft indessen für die bis zum Ende des Wirtschaftsjahres, in dem der schädliche Beteiligungserwerb i.S.v. § 8c KStG erfolgt, aufgelaufenen Verluste von der alternativen Verlustnutzungsmöglichkeit Gebrauch machen.

Der Antrag ist schriftlich, gemeinsam mit der Steuererklärung für den Veranlagungszeitraum einzureichen, für den erstmals die Verlustnutzungsregelung des § 8d - neu - KStG gelten soll. Von dem Antragsrecht kann für gewerbe- und körperschaftsteuerliche Zwecke nur einheitlich Gebrauch gemacht werden.

Verwendungsreihenfolge

Der infolge eines Antrags nach § 8d - neu - KStG als fortführungsgebunden zu qualifizierende Verlustvortrag ist vor dem nach § 10d Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes festgestellten Verlustvortrag zu verwenden. Gleiches gilt für die betroffenen fortführungsgebundenen gewerbesteuerlichen Fehlbeträge. Dieser Verlustvortrag bzw. diese Fehlbeträge sind gleichzeitig auch die älteren Verluste der Körperschaft.

Geschäftsbetrieb

Zentraler Anknüpfungspunkt des § 8d KStG ist der Geschäftsbetrieb. Eine sich § 8d - neu - KStG unterwerfende Körperschaft muss ein- und denselben Geschäftsbetrieb in den drei Wirtschaftsjahren vor Antragstellung, bzw. seit ihrer Gründung, ununterbrochen betrieben haben. Sie muss ihn nach dem Anteilseignerwechsel weiterhin aufrechterhalten, um die fortführungsgebundenen Verluste mit künftigen Gewinnen verrechnen zu können. Auf diese Weise wird gesichert, dass die Körperschaft und ihre Anteilseigner nicht in die Lage versetzt werden, Verluste aus nacheinander oder zeitgleich betriebenen verschiedenen Geschäftsbetrieben miteinander zu verrechnen.

Der Begriff des Geschäftsbetriebs ist anhand qualitativer Merkmale zu bestimmen. Ein Geschäftsbetrieb umfasst die von einer einheitlichen Gewinnerzielungsabsicht getragenen, nachhaltigen, sich gegenseitig ergänzenden und fördernden Betätigungen der Körperschaft. Weder zugunsten noch zulasten der Körperschaft ist maßgeblich, ob und in welchem Umfang aus Anlass des Anteilseignerwechsels neues Betriebsvermögen zugeführt wird. Dieses Kriterium hatte sich in der Verwaltungspraxis zu § 8 Absatz 4 KStG a.F. als besonders gestaltungs- und streitanfällig erwiesen. Wirtschaftspolitisch wäre es im Übrigen auch nicht sinnvoll, die Vermehrung des Betriebsvermögens durch einen Neugesellschafter zu sanktionieren und insbesondere die Sanierung von Unternehmen durch steuerliche Zusatzlasten zu erschweren. Die zu § 8 Absatz 4 KStG a.F. strittigen Fragen, welcher zeitliche Zusammenhang zwischen Anteilsübertragung und Betriebsvermögenszuführung bestehen muss und ob darüber hinaus ein sachlicher Zusammenhang erforderlich ist, stellen sich für § 8d - neu - KStG nicht.

Fortführungserfordernis

Um eine zweckwidrige Inanspruchnahme zu verhindern, muss der Geschäftsbetrieb der Körperschaft für die Anwendung des § 8d - neu - KStG in den drei Wirtschaftsjahren vor Antragstellung unterhalten worden sein und auch in der Folgezeit durch die Körperschaft ununterbrochen und selbst geführt werden. Liegt der Gründungszeitpunkt der Körperschaft weniger als drei Wirtschaftsjahre vor Antragstellung zurück, genügt es, wenn diese Voraussetzungen seit Gründung ununterbrochen vorgelegen haben.

Maßgebliche Veränderungen des Geschäftsbetriebs, etwa dessen Einstellung oder ein Wechsel der Branche, lassen die fortführungsgebundenen Verlustvorträge nach § 8d Absatz 2 - neu - KStG untergehen, soweit nicht verrechnungsfähige stille Reserven bestehen.

Ein Geschäftsbetrieb wird eingestellt, wenn er nach den Grundsätzen der Betriebsaufgabe beendet wird. Erforderlich ist eine Willensentscheidung oder Handlung, die darauf gerichtet ist, den Betrieb als selbständigen Organismus nicht mehr in seiner bisherigen Form bestehen zu lassen. Die Körperschaft muss wirtschaftlich aufgehört haben, werbend tätig zu sein. Die Einstellung des Geschäftsbetriebs ist nicht erst dann gegeben, wenn von der Körperschaft überhaupt keine unternehmerische Tätigkeit mehr ausübt wird. Es reicht,

wenn die verbleibende Tätigkeit im Vergleich zur bisherigen nur noch "unwesentlich" ist. Nur wenn die verbleibende Tätigkeit weiterhin "ins Gewicht" fällt und die Gesellschaft insoweit "wirtschaftlich aktiv" bleibt, kann der Geschäftsbetrieb als (noch) nicht eingestellt angesehen werden.

Ein Wechsel der Branche oder die Aufnahme eines weiteren Geschäftsbetriebs sind ebenfalls antragsschädlich. Ein Branchenwechsel liegt in jedem Fall dann vor, wenn der satzungsmäßige Unternehmensgegenstand geändert wird. Aber auch wenn sich die tatsächliche wirtschaftliche Zweckbestimmung des Geschäftsbetriebs ändert, ist von einem Wechsel der Branche auszugehen.

Auf folgende Merkmale kann es für die Feststellung eines Branchenwechsels oder der Aufnahme eines weiteren Geschäftsbetriebes u.a. ankommen:

Auch das nur zeitweise Ruhendstellen des Geschäftsbetriebs ist schädlich. Denn das Gesetz fordert vom Steuerpflichtigen, dass er den Geschäftsbetrieb selbst und ununterbrochen fortführt. Anders als nach den Grundsätzen der Betriebsaufgabe wendet eine Verpachtung des Geschäftsbetriebs daher nicht dessen Einstellung i.S.v. § 8d Absatz 2 - neu - KStG ab. Um zweckwidrige Gestaltungen zu vermeiden, werden auch die Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft, die Stellung eines Organträgers oder die Aufnahme von Wirtschaftsgütern unterhalb des gemeinen Werts für schädlich erachtet.

Rechtsfolge - Untergang nicht genutzter Verluste

Die Einstellung oder die tatbestandserhebliche Veränderung eines Geschäftsbetriebs führt zum Untergang eines nach § 8d - neu - KStG gebildeten sog. fortführungsgebundenen Verlustvortrags. Erfasst sind neben den körperschaftsteuerlichen Verlustvorträgen auch die gewerbesteuerlichen Fehlbeträge nach § 10a GewStG. Die Abzugsbeschränkung erfasst diese Verluste unabhängig von der Verlustursache. Das Eingreifen der Verlustnutzungsbeschränkung als solches führt nicht zur Aufdeckung der stillen Reserven des eingestellten Geschäftsbetriebs. Allerdings sind der fortführungsgebundene Verlustvortrag und die entsprechenden gewerbesteuerlichen Fehlbeträge bei Eintritt eines schädlichen Ereignisses i.S.v. § 8d Absatz 2 - neu - KStG in Höhe etwa vorhandener stiller Reserven geschützt. Soweit Verluste nicht durch stille Reserven gedeckt sind, gehen sie mit dem schädlichen Ereignis unter. Bei der Berücksichtigung der stillen Reserven ist die in § 8a Absatz 1 Satz 3 KStG vorgegebene Reihenfolge zu berücksichtigen. Stille Reserven können für Zwecke des § 8d - neu - KStG nur nachrangig verwendet werden.

Zu Nummer 4 § 34 Absatz 6a - neu -

Ein Antrag nach § 8d - neu - KStG kann erstmals für Beteiligungserwerbe, die die Rechtsfolgen des § 8c KStG auslösen, gestellt werden, die nach dem 31. Dezember 2015 erfolgen. Ein sog. "fortführungsgebundener Verlustvortrag" ist damit frühestens auf den 31. Dezember 2016 gesondert festzustellen.

Zu Artikel 2 (Änderung des Gewerbesteuergesetzes)

Zu Nummer 1 § 10a Satz 10

Die Änderung des § 10a GewStG reflektiert die Änderung der Verlustnutzungsmöglichkeiten im Körperschaftsteuerrecht.

§ 8d - neu - KStG ist damit uneingeschränkt auch auf die gewerbesteuerlichen Fehlbeträge anzuwenden. Dabei knüpft die Neuregelung nahtlos an bereits bestehende gewerbesteuerliche Grundsätze im Umgang mit steuerlichen Fehlbeträgen an. Denn die Rechtsprechung leitet aus dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer ab, dass die Geltendmachung von Gewerbeverlusten nach § 10a GewStG bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal voraussetzt, dass die Verluste bei demselben Unternehmen entstanden sind, dessen Gewerbeertrag gekürzt werden soll (Erfordernis der Unternehmensgleichheit bzw. Unternehmensidentität).

Zu den für die "Bestimmung der wirtschaftlichen Eigenart" eines Gewerbebetriebs laut Auffassung des Bundesfinanzhofes (Entscheidung vom 12. Januar 1978, IV R 26/73, BStBl II 1978 S. 348 Rz. 23) anzuwendenden Kriterien gehören im allgemeinen die Art der gewerblichen Betätigung, der Kundenkreis und Lieferantenkreis, die Arbeitnehmerschaft, die Geschäftsleitung, die Betriebsstätten, der Umfang und die Zusammensetzung des Aktivvermögens und die Finanzierung des Aktivvermögens durch Eigenkapital oder Fremdkapital. Nach den gleichen Kriterien beurteilt die Rechtsprechung, ob eine natürliche Person mehrere selbständige oder nur einen einheitlichen Gewerbebetrieb unterhält. Diese Grundsätze gelten fortan auch für Körperschaften.

Zu Nummer 2 § 36 Absatz 2a - neu -

Vgl. Begründung zu § 34 Absatz 6a - neu - KStG (Artikel 1 Nummer 4).

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Artikel 3 bestimmt, dass die Änderungen durch dieses Gesetz mit Wirkung vom 1. Januar 2016 in Kraft treten.

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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKRG: NKR-Nr. 3879:
Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf des oben genannten Regelungsvorhabens geprüft.

I. Zusammenfassung

Bürgerinnen und BürgerKeine Auswirkungen
Wirtschaft Jährlicher Erfüllungsaufwand Davon Bürokratiekosten214.000 Euro 214.000 Euro
Verwaltung Jährlicher Erfüllungsaufwand Davon LänderanteilEinmaliger Erfüllungsaufwand Davon Länderanteil285.000 Euro 285.000 Euro 360.000 Euro 360.000 Euro
"One in one out"-RegelIm Sinne der "One in one out-Regel" der Bundesregierung stellt der jährliche Erfüllungsaufwand der Wirtschaft in diesem Regelungsvorhaben ein "In" in Höhe von 214.000 Euro dar.
Das Ressort hat die Auswirkungen des Regelungsvorhabens detailliert und nachvollziehbar abgeschätzt und in den Ausführungen zum Regelungsvorhaben dargestellt. Im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags erhebt der Nationale Normenkontrollrat keine Einwände gegen die Darstellung der Gesetzesfolgen in dem vorliegenden Regelungsentwurf.

II. Im Einzelnen

II.1 Regelungsinhalt

Mit der Regelung werden steuerliche Hemmnisse bei der Unternehmensfinanzierung durch Neueintritt oder Wechsel von Anteilseignern beseitigt. Zukünftig soll es für Körperschaften möglich sein, nicht genutzte Verluste trotz eines qualifizierten Anteilseignerwechsels weiterhin nutzen zu können, wenn

Wird eine der Bedingungen nicht mehr erfüllt, entfällt der noch bestehende Verlustvortrag zum Zeitpunkt des Wegfalls.

II.2 Vorgaben, Erfüllungsaufwand und Weitere Kosten

Für Bürgerinnen und Bürger entsteht kein Erfüllungsaufwand.

Da die Inanspruchnahme nicht genutzter Verluste trotz eines qualifizierten Anteilseignerwechsels einen Antrag erfordert, entsteht für die Wirtschaft ein jährlicher Erfüllungsaufwand in Höhe von 214.000 Euro. Das Ressort schätzt die Fallzahl auf 2.000 pro Jahr bei einem Zeitaufwand von rund 194 Minuten pro Fall. Positiv hervorzuheben ist, dass das Ressort das ERBEX-Tool zur Berechnung des Erfüllungsaufwands verwendet hat. ERBEX ist ein Excelbasiertes Werkzeug, das der einfacheren Erfassung und Darstellung des Erfüllungsaufwands und der Erleichterung eines strukturierten Informationsaustauschs mit den Regeladressaten dienen soll.

Bei der Finanzverwaltung der Länder wird durch das Regelungsvorhaben ein neues Antragsverfahren eingerichtet. Hierdurch entsteht ein jährlicher Erfüllungsaufwand in Höhe von 285.000 Euro. Drüber hinaus entsteht länderseitig ein einmaliger Erfüllungsaufwand in Höhe von 360.000 Euro. Dieser resultiert aus automationstechnischen Umstellungen, die das neue Antragsverfahren erforderlich macht.

II.3 "One in one out"

Im Sinne der "One in one out-Regel" der Bundesregierung stellt der jährliche Erfüllungsaufwand der Wirtschaft in diesem Regelungsvorhaben ein "In" in Höhe von 214.000 Euro dar.

Der Nationale Normenkontrollrat macht im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrages keine Bedenken gegen die Darstellung der Gesetzesfolgen im vorliegenden Regelungsvorhaben geltend.

Dr. Ludewig Funke
Vorsitzender Berichterstatter