Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes über einen nationalen Zertifikatehandel für Brennstoffemissionen
(Brennstoffemissionshandelsgesetz - BEHG)

Der Bundesrat hat in seiner 982. Sitzung am 8. November 2019 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zum Gesetzentwurf allgemein

Begründung:

Mit dem Vollzug des Brennstoffemissionshandelsgesetzes entstehen ein erheblicher zusätzlicher Bürokratieaufwand für die Unternehmen und ein großer Aufwand für die Umsetzung in der Verwaltung.

Das bisherige System von Steuern und Abgaben im Energiebereich ist äußerst heterogen. Durch die Vielzahl bestehender Fördermechanismen und Regulierungen sind in den verschiedenen Sektoren unterschiedliche, intransparente und sich häufig gegenseitig überlagernde CO₂-Preissignale entstanden. Dieses historisch gewachsene System entspricht nicht mehr den heutigen Anforderungen der Energiewende und des Klimaschutzes. Deshalb bedarf es im Sinne eines zukunftsfähigen und effizienten Systems - und im Zuge der Ergänzung um eine neue Komponente CO₂-Bepreisung - einer Reform des bestehenden Steuern- und Abgabesystems im Energiebereich.

Viele der im Rahmen der Diskussionen um eine CO₂-Bepreisung erstellten Studien haben bereits auf den grundsätzlichen Reformbedarf hingewiesen. Auch die Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung empfiehlt in ihrem Abschlussbericht, "das bestehende System der Entgelte, Abgaben und Umlagen im Energiesektor umfassend zu überarbeiten". Auch aus Wirtschaft und Verbänden war für diese Forderung breite Unterstützung zu vernehmen.

2. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der vorliegende Gesetzentwurf ist Bestandteil der Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030. Der Bundesrat weist darauf hin, dass über die finanziellen Auswirkungen der Maßnahmen des Klimapaketes keine Verständigung mit den Ländern und Gemeinden erzielt wurde.

In der Betrachtung aller Maßnahmen werden für den Bund erhebliche Mehreinnahmen prognostiziert, während Länder und Gemeinden ausschließlich finanzielle Mehrbelastungen tragen werden.

Für den Bundesrat stellen die Klimaschutzmaßnahmen ein Paket dar, aus dem nicht einzelne Maßnahmen isoliert betrachtet werden können, zumal Mehrsteuern für den Bund mit geringeren Steuereinnahmen von Ländern und Gemeinden korrespondieren können.

Der Bundesrat erwartet, dass die finanziellen Auswirkungen in einem einheitlichen Verfahren zwischen Bund und Ländern geklärt werden, bevor erste Gesetze verabschiedet werden.

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung daher, zeitnah in Gespräche über eine faire, sachgerechte und verhältnismäßige Verteilung der Mehr- und Mindereinnahmen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, die im Zusammenhang mit dem Klimaschutzprogramm 2030 zur Umsetzung des Klimaschutzplans 2050 stehen, zu treten.

Zu den einzelnen Vorschriften

3. Zu § 7 Absatz 5 BEHG

§ 7 Absatz 5 ist wie folgt zu fassen:

(5) Doppelbelastungen infolge des Einsatzes von Brennstoffen in einer dem EU-Emissionshandel unterliegenden Anlage sind zu vermeiden. Die Bundesregierung wird bis zum 31. Dezember 2020 durch Rechtsverordnung Anforderungen und Verfahren festlegen, wie der Verantwortliche insbesondere im Falle einer Direktlieferung von Brennstoffen an ein Unternehmen und deren Einsatzes in einer dem EU-Emissionshandel unterliegenden Anlage sowie auch der Inverkehrbringung von in einer dem EU-Emissionshandel unterliegenden Anlage eingesetzten Brennstoffen eine entsprechende Menge an Brennstoffemissionen von den nach Absatz 1 zu berichtenden Brennstoffemissionen ex ante abziehen kann, soweit durch den Emissionsbericht nach § 5 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes der Einsatz dieser Brennstoffe nachgewiesen ist."

Begründung:

Die Möglichkeit, Emissionen aus dem Brennstoffeinsatz in EU-emissionshandelspflichtigen Anlagen von den nach dem nationalen Emissionshandelssystem zu berichtenden Emissionen abzuziehen, ist zwingend erforderlich, um Doppelbelastungen zu vermeiden. Ein solcher Mechanismus muss gleichermaßen für alle Brennstoffe, also auch für Emissionen aus jenen Brennstoffen geschaffen werden, die nicht der Inverkehrbringer direkt an das EU-ETS-pflichtige Unternehmen liefert, sondern wo dies über Zwischenhändler geschieht.

Von herausragender Bedeutung ist, dass in diesem Zusammenhang eine Befreiung der EU-ETS-pflichtigen Anlagen bereits ex ante erfolgen kann, damit Unternehmen beim nationalen CO₂-Preis nicht in Vorleistung gehen müssen und zunächst doppelt belastet werden. Dies muss durch einen behördlichen Nachweis über die EU-Emissionshandelspflichtigkeit von Anlagen auf Basis des Emissionsberichtes bereits des Vorjahres erfolgen. Die finale Abrechnung der tatsächlichen Emissionen im Bezugsjahr kann dann nachträglich durch einen Glättungsmechanismus angepasst werden. Diese muss dabei vom Emissionsbericht unter dem EU-Emissionshandelssystem zeitlich angemessen entkoppelt werden, um die Unternehmen nicht zu überlasten.

4. Zu § 8a - neu - BEHG

Nach § 8 ist folgender § 8a einzufügen:

" § 8a Anlagen im Anwendungsbereich des EU-Emissionshandels

Die Kosten für den Erwerb von Emissionszertifikaten werden durch die Inverkehrbringer und Lieferanten nur bei den durch das nationale Emissionshandelssystem umfassten Verbrauchern der Brennstoffe im Gebäudesektor, Verkehrsbereich und Anlagen außerhalb des EU-Emissionshandels in Rechnung gestellt. Dem EU-Emissionshandel unterliegende Anlagen sind davon auszunehmen. Inverkehrbringer und Lieferanten sind verpflichtet, in ihren Rechnungen die für den jeweiligen Verbraucher des Brennstoffes angefallenen Kosten für den Erwerb von Emissionszertifikaten einfach und verständlich auszuweisen."

Begründung:

Es muss vermieden werden, dass Inverkehrbringer und Lieferanten die Kosten aus dem Erwerb der Zertifikate des nationalen Emissionshandelssystems durch höhere Brennstoffpreise undifferenziert an alle Abnehmer weitergeben. In diesem Fall wären die Bemühungen um eine Abgrenzung der bereits dem EU-Emissionshandel unterliegenden Emissionen wirkungslos. Auch würde das durch das Handelssystem eigentlich intendierte Preissignal verzerrt. Vielmehr müssen durch die Inverkehrbringer und Lieferanten die jeweils verursachten Zertifikatekosten gezielt bei den durch das nationale Handelssystem adressierten Haushalten, Gebäuden und nicht dem EU-Emissionshandel unterliegenden Anlagenbetreibern in Rechnung gestellt werden. Dieser Grundsatz muss ausdrücklich im Gesetz festgehalten werden. Als Voraussetzung müssen die Zertifikatekosten nach dem Vorbild von §§ 40 ff. Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) ausdrücklich und transparent in der Brennstoffkosten-Rechnung ausgewiesen werden.

5. Zu § 11 Absatz 3 BEHG

§ 11 Absatz 3 ist wie folgt zu fassen:

(3) Die Bundesregierung wird für die Zeit ab dem 1. Januar 2021 durch Rechtsverordnung die erforderlichen Maßnahmen zur Vermeidung von Carbon-Leakage und zum Erhalt der EU-weiten und internationalen Wettbewerbsfähigkeit betroffener Unternehmen regeln. Die Maßnahmen sollen durch eine vollumfängliche kostenfreie Zuteilung der Emissionszertifikate oder Kompensationszahlungen im vergleichbaren Umfang erfolgen."

Begründung:

Die Regelungen zur Vermeidung von Carbon-Leakage und zum Erhalt der EU-weiten und internationalen Wettbewerbsfähigkeit sind von derart substanzieller Bedeutung, dass sie im Gesetz selbst getroffen werden müssen. Zumindest aber muss eine entsprechende Rechtsverordnung bereits bis Ende 2020 und mit Geltung ab dem 1. Januar 2021 erlassen werden. Denn die zusätzlichen Kosten aus dem Erwerb von Zertifikaten für die vollständigen Emissionen bisher nicht emissionshandelspflichtiger Unternehmen können sonst erhebliche Belastungen zur Folge haben, die auch nicht vorübergehend für die Dauer eines Jahres verkraftet werden können. Anstelle nur einer Verordnungsermächtigung muss die entsprechende Verordnung verpflichtend erlassen werden.

Ein entsprechender Carbon-Leakage-Schutz muss dabei vollumfassend berücksichtigt und ausgestaltet sein. Andernfalls würden die betroffenen Unternehmen sowohl inner- als auch außereuropäische Wettbewerbsnachteile erleiden. Zum Teil kann es sogar zu intrasektoralen Wettbewerbsverzerrungen kommen, wenn die Unternehmen einem im europäischen Emissionsrechtehandel als Carbon-Leakage bedroht eingestuftem Industriesektor zugehörig sind, jedoch beispielsweise aufgrund einer geringen Feuerungswärmeleistung am europäischen Emissionshandelssystem nicht teilnehmen.

Da es bei dem vorzusehenden Entlastungsmechanismus um die Wahrung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit geht, ist die vorgesehene Verbindung mit einer finanziellen Unterstützung für klimafreundliche Investitionen nicht zielführend und muss gestrichen werden.

6. Zu Anlage 1 (zu § 2 Absatz 2) Satz 1 Nummer 1, Satz 2 Nummer 1 BEHG

Anlage 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Das BEHG zielt in seinem Gesetzestext auf die CO₂-Vermeidung und stellt daher zu Recht explizit auf "Emissionen aus der Verbrennung fossiler Kraftoder Heizstoffe" ab.

§ 2 BEHG definiert den Anwendungsbereich und verweist im Absatz 1 auf die in Anlage 1 genannten Brennstoffe. Diese Anlage 1 wiederum bezieht sich auf Warenbestimmungen nach der Kombinierten Nomenklatur, welche allerdings keine Brennstoffe auf der Basis biologischer oder synthetischer (respektive CO₂-neutraler) Prozesse ausweist. Mit der jetzigen Formulierung im Satz 1, Nummer 1 und im Satz 2, Nummer 1 der Anlage 1 werden alle anderen Kraft- oder Heizstoffe, die nicht bereits in der Kombinierten Nomenklatur aufgeführt sind, vom Regelungsbereich des BEHG erfasst. Dies beträfe auch die CO₂-neutralen Kraft- oder Heizstoffe aus biologischen und synthetischen Produktionsprozessen und stünde damit im Widerspruch zur expliziten Intention des Gesetzes.