Beschluss des Bundesrates
Entschließung des Bundesrates zur EEG-Reform: Ausbau der Erneuerbaren Energien voranbringen

Der Bundesrat hat in seiner 992. Sitzung am 3. Juli 2020 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst

Anlage
Entschließung des Bundesrates zur EEG-Reform: Ausbau der Erneuerbaren Energien voranbringen

Begründung:

Zu Nummer 1

Infolge des Corona-Geschehens wird es erforderlich sein, Impulse zur Stärkung der heimischen Wirtschaft zu setzen und Innovation und Beschäftigung zu unterstützen. Dies betrifft auch die Branche der Erneuerbaren Energien, deren Entwicklung bereits vor dem Corona-Geschehen durch unzureichende Rahmenbedingungen rückläufig war. Diesen Trend gilt es nun durch eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes umzukehren, um eine neue Dynamik in dieser Zukunftsbranche zu erzeugen und damit neue, zukunftsorientierte Arbeitsplätze zu schaffen und bestehende Arbeitsplätze zu erhalten. Gleichzeitig soll damit ein Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele des Bundes und der Länder geleistet werden.

Zu Nummer 2

Der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist gemäß den vereinbarten Ausbauzielen fortzuführen. Bei der Bemessung des Stromverbrauchs sind innovative Zukunftstechnologien wie die Erzeugung von Grünem Wasserstoff und die Elektromobilität explizit zu berücksichtigen, da diese einen wertvollen Beitrag zum Gelingen der Energiewende leisten und neue, innovative Geschäftsmodelle hervorbringen, gleichzeitig aber zu einem Anstieg des Stromverbrauchs in Deutschland führen können.

Zu Nummer 3

Eine attraktivere Ausgestaltung der Rahmenbedingungen für die Eigenversorgung mit erneuerbarem Strom würde erheblich zum weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien beitragen. Mit der Einigung des Vermittlungsausschusses zur Teilfinanzierung der EEG-Umlage durch die Einnahmen aus der CO₂(Bepreisung in den Sektoren Wärme und Verkehr ist zudem ein geeignetes Instrument gefunden worden, um den Strompreis zu senken, dass nun zügig umgesetzt werden muss. Darüber hinaus ist es erforderlich das EEG-Konto durch direkte Haushaltszuschüsse kurzfristig zu entlasten, da aufgrund der in Folge der Corona Krise niedrigen Börsenstrompreise ein unverhältnismäßiger Anstieg der EEG-Umlage droht.

Zu Nummer 4

Es bedarf eines bundesweiten Ausbaus der Erneuerbaren Energien. Mit Blick auf den Netzausbau ist dieser im Süden anzureizen, ohne den Ausbau im Norden zu blockieren. Regionale Verhinderungsplanungen sind auszuschließen.

Zu Nummer 5

Das Instrument Nutzen statt Abregeln mit dem Ziel einer "doppelten Dividende" wird im Netzausbaugebiet in Schleswig-Holstein und Niedersachsen nicht genutzt. Wo die Kopplung von KWK und PtH-Anlagen wirtschaftlich interessant war, wurden diese schon vor Inkrafttreten des Instruments etabliert. In anderen Fällen ist es unter den aktuellen Rahmenbedingungen nicht wirtschaftlich. Um die Potenziale zuschaltbarer Lasten zu heben, ist eine Ausdehnung auf weitere PtX-Anwendungen erforderlich.

Die Regelungen nach § 36c EEG greifen für das Netzausbaugebiet. Um kurzfristig bundesweite Potenziale heben zu können, bietet sich eine Ausweitung der Regelungen in § 14a EnWG für steuerbare Verbrauchseinrichtungen in Niederspannung auf die Mittelspannungsebene an. Auf diese Weise können zum Beispiel moderne Schnellladesäulen und Wärmepumpen schnell integriert werden.

Gleichzeitig ist zukünftig durch geeignete Maßnahmen ein deutschlandweiter Ausbau der Erneuerbaren Energien sicherzustellen, bei dem Netzengpässe vermieden werden sollen.

Zu Nummer 6

Biogasanlagen, die bedarfsgerecht Strom erzeugen, sind als "Ausgleichsenergie", als regenerative Speicherkraftwerke für die Energiewende unentbehrlich und können eine Brückenfunktion übernehmen. Biogas in effizienten stromgeführten KWK-Anlagen kann als Flexibilitätsoption die schwankende Energieproduktion aus den volatilen Energiequellen Wind und Sonne ausgleichen. Um die vorhandenen wirtschaftlich verfügbaren Potenziale biogener Rest- und Abfallstoffe auch aus der Landwirtschaft besser zu erschließen, sind Regelungen erforderlich, die zumeist einen klima- und umweltrelevanten Zusatznutzen aufweisen: eine möglichst vollständige energetische Verwertung der Gülle aus der Tierhaltung sowie Biogassubstrate aus Blühstreifen, Blühmischungen, (mehrjährigen) Blütenpflanzen, Zwischen-/Folgefrüchten, Fruchtfolgen usw., die Monokulturen vorbeugen und das Spektrum des landwirtschaftlichen Ackerbaus erweitern.

In den letzten Jahren haben Einspeisereduzierungen (Abregelungen) von EE-Anlagen im Rahmen des Einspeisemanagements erheblich zugenommen. Von den Abregelungen sind auch biogasbefeuerte Blockheizkraftwerke betroffen. Nach § 14 EEG dürfen Netzbetreiber die Einspeisung von Strom aus EE- sowie KWK-Anlagen bei Netzüberlastungen nur nachrangig reduzieren. Für den Fall einer solchen Einspeisereduzierung (Abregelung) sieht § 15 EEG als Rechtsfolge eine Entschädigung vor. Im Hinblick auf die detaillierte operative Umsetzung von Einspeisemanagementmaßnahmen wurde der Bundesnetzagentur mit § 85 Absatz 2 Nummer 2 EEG eine Festlegungskompetenz übertragen. Danach kann die Bundesnetzagentur insbesondere Kriterien für eine Reihenfolge der abzuregelnden EE- und KWK-Anlagen festlegen. Die Bundesnetzagentur hat dazu einen Leitfaden zum Einspeisemanagement entwickelt, der zugleich nur sehr allgemeine Kriterien zur Abschaltreihenfolge beinhaltet.

Zu Nummer 7

Die Erfahrungen beim Ausbau der Windenergieanlagen auf See haben gezeigt, dass eine strukturierte und verlässliche Planung die Umsetzung der Ausbauziele ermöglicht. Mit Einführung des Ausschreibungsverfahrens und der im WindSeeG festgelegten Flächenentwicklungsplanung durch das BSH wird es erforderlich, längerfristige Planungszeiträume für die Flächenplanung, Flächenvorentwicklung und Ausschreibung sowie die dazugehörige Netzentwicklungsplanung des see- und landseitigen Stromnetzes in den Blick zu nehmen. Dies ist erforderlich, damit die für die Planung zuständigen Behörden (BSH, BNetzA) die dazugehörigen Verfahren zeitgerecht durchführen können. Mit der Aufnahme der Offshore-Anbindungsleitungen in das Bundesbedarfsplangesetz wird das überwiegende öffentliche Interesse festgestellt und die energiewirtschaftliche Notwendigkeit der Prüfung im einzelnen Planfeststellungsverfahren entzogen.

Um die Technologieentwicklung im Bereich der Produktion von Offshore-Wasserstoff voranzutreiben, sollten gerade am Anfang flexible Kombinationsmöglichkeiten eröffnet werden, die die Wirtschaftlichkeit entsprechender Projekte verbessern und eine Integration in die regionale Energieinfrastruktur befördern.

Zu Nummer 8

Wie für andere Industrieanlagen auch gelten für Windkraftanlagen die einschlägigen Abstandsregelungen entsprechend der immissionsschutzrechtlichen Vorgaben bundesweit. Die Länder können darüber hinaus eigene Regelungen treffen. Neue bundesweit geltende Mindestabstände würden nicht nur die Planungshoheit der Länder empfindlich einschränken, sondern auch dringend benötigte Flächen für den Zubau zur Erreichung des 65-Prozent-Ziels blockieren.

Zu Nummer 9

Der 52 GW PV-Deckel wird gemäß aktueller Prognosen voraussichtlich bereits im Frühjahr 2020 erreicht werden. Daher ist eine gesetzliche Anpassung dringend erforderlich, um Planungssicherheit zu gewährleisten und einen Markteinbruch für den Zubau von Solaranlagen zu verhindern. Gleichzeitig gilt es, eine Perspektive für die künftige Finanzierung der Förderung Erneuerbaren Energien zu erarbeiten.

Zu Nummer 10

Bürgerenergieprojekte benötigen besondere Unterstützung, da sich die Akteure, auch wenn sie mit professionellen Projektierern kooperieren, in der Regel kaum oder nur wenig Erfahrungen mit Ausschreibungsverfahren haben, häufig nur ein oder wenige Male im Leben mit diesen Rahmenbedingungen auseinandersetzen müssen und zumeist größerer Abstimmungsbedarf besteht. Daher sind entsprechende Aktivitäten zumindest bis zur Gebotsabgabe mit sinnvollen Maßnahmen zu unterstützen. So hat zum Beispiel Schleswig-Holstein mit einem Bürgerenergiefonds bereits positive Erfahrungen gemacht und bittet den Bund, eine Förderung vor Gebotsabgabe bundesweit zu prüfen.

Zu Nummer 11

Ab dem nächsten Jahr werden die ersten EE-Anlagen das Ende ihrer Förderdauer nach dem EEG erreichen. Während der Weiterbetrieb größerer Anlagen oftmals im Wege der sonstigen Direktvermarktung außerhalb des EEG möglich ist, beispielweise über den Abschluss sogenannter Power-Purchase-Agreements, stellt dies für den Großteil von Kleinanlagenbetreiber keine realistische Option dar. Für Betreiber kleinerer Anlagen besteht ein dringender Regelungsbedarf, so dass der Anspruch auf kaufmännische Abnahme des Stroms für diese Anlagenbetreiber weiterhin gesichert ist bzw. der Eigenverbrauch ermöglicht wird. Andernfalls steht zu befürchten, dass eine Vielzahl von Anlagen mangels Wirtschaftlichkeit abgebaut werden wird, auch wenn deren Weiterbetrieb technisch möglich wäre. Einen derartigen Verlust von Erzeugungskapazitäten gilt es zur Erreichung des 65 Prozent Ziels dringend zu verhindern.

Zu Nummer 12

Gerade in urbanen Räumen mit einem höheren Anteil von Mietwohnungen besteht ein hoher Bedarf dafür, den Photovoltaikausbau auf Dachflächen verstärkt voranzutreiben. Der Mieterstrombericht 2019 hat verdeutlicht, dass das bisherige Mieterstrommodell im EEG 2017 zu viele wesentliche Restriktionen aufweist, wodurch es bisher nicht die erforderliche Anreizwirkung entfalten konnte. Hier sind zügig grundlegende Anpassungen im EEG 2017 vorzunehmen.