Beschluss des Bundesrates
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) KOM (2005) 650 endg.; Ratsdok. 5203/06

Der Bundesrat hat in seiner 822. Sitzung am 19. Mai 2006 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:

Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich das Bestreben der Kommission, das Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19. Juni 1980 in Gemeinschaftsrecht zu überführen und gleichzeitig zu modernisieren.

Die vorgeschlagenen Regelungen dürften in der Regel zu einer Vereinfachung der gerichtlichen Verfahren und damit letztlich zu einer Entlastung der Gerichte führen.

Die Umwandlung des Übereinkommens in die gemeinschaftsrechtliche Rechtsform einer Verordnung wird vom Bundesrat im Hinblick auf die erforderliche Einheitlichkeit bei der Anwendung von Kollisionsnormen befürwortet. Der Bundesrat weist jedoch darauf hin, dass durch die Transformation des Übereinkommens in eine Verordnung mit unmittelbarer rechtsverbindlicher Wirkung in allen Mitgliedstaaten diesen damit die Möglichkeit genommen wird, ihre jeweiligen nationalen Regelungen zum internationalen Privatrecht in einem einheitlichen Gesetzeswerk zu kodifizieren.

Artikel 61 Buchstabe c in Verbindung mit Artikel 67 EGV in der durch den Vertrag von Nizza geänderten Fassung bilden grundsätzlich eine ausreichende Rechtsgrundlage für die vorgesehene Maßnahme. Gemäß Artikel 65 Buchstabe b EGV schließen die "Maßnahmen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit" in Zivilsachen, soweit sie für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich sind die Förderung der Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden Kollisionsnormen ein. Der Gemeinschaftsgesetzgeber verfügt bei seiner Entscheidung, ob eine Maßnahme für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich ist, über einen gewissen Ermessensspielraum. Die Harmonisierung der Kollisionsnormen für vertragliche Schuldverhältnisse ist für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts grundsätzlich erforderlich.

Der Bundesrat weist jedoch darauf hin, dass die Förderung der Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden Kollisionsnormen im Unterschied zu den sonst in Artikel 65 EGV genannten Maßnahmen typischerweise einen grenzüberschreitenden Bezug aufweist, so dass der Verzicht auf eine ausdrückliche Regelung des den grenzüberschreitenden Bezug bestimmenden Anwendungsbereichs einer künftigen Verordnung kein Präjudiz für andere Maßnahmen auf der Grundlage des Artikels 65 EGV sein kann. Der Bundesrat befürwortet daher eine Klarstellung in den Erwägungsgründen, dass die Förderung der Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden Kollisionsnormen typischerweise grenzüberschreitende Bezüge aufweise, so dass eine gesonderte Erwähnung des grenzüberschreitenden Bezugs bei der Definition des Anwendungsbereichs ausnahmsweise entbehrlich ist.

Zu den einzelnen Bestimmungen nimmt der Bundesrat wie folgt Stellung:

1. Zu Artikel 1

Der Bundesrat spricht sich dafür aus, dass in Artikel 1 Abs. 1 der Begriff "Staaten" durch den Begriff "Mitgliedstaaten" ersetzt wird.

Gegen den Verordnungsvorschlag bestehen insoweit erhebliche kompetenzrechtliche Bedenken, soweit davon auch Schuldverhältnisse mit einer Verbindung zu Drittstaaten umfasst werden sollen. Gemäß Artikel 65 Buchstabe b EGV umfasst die Kompetenz der Gemeinschaft für das Kollisionsrecht nur Sachverhalte mit grenzüberschreitenden Bezügen, deren Regelung für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich ist. Der Begriff des Binnenmarkts sowie die systematische Stellung des Artikels 65 EGV im Kapitel über den freien Personenverkehr legen es nahe, dass davon die Bestimmungen des anwendbaren Rechts mit Bezug auf Drittstaaten nicht umfasst werden.

Der Bundesrat weist zu Artikel 1 Abs. 2 Buchstabe i des Vorschlags darauf hin, dass die dort formulierte Nichtanwendbarkeit der Verordnung für die Verpflichtungen aus einem vorvertraglichen Schuldverhältnis nur dann akzeptabel ist, wenn Regelungen zur Haftung aus diesem Rechtsgrund in einer künftigen Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht übernommen werden.

Der Bundesrat merkt an, dass die in Artikel 1 vorgesehene Erweiterung des Anwendungsbereichs auf Versicherungsverträge einschließlich Rückversicherungsverträge sinnvoll erscheint, wenngleich Artikel 22 Buchstabe a in Verbindung mit Anhang I vorsieht, dass der Verordnung die in der zweiten Richtlinie "Schadensversicherung" und in der zweiten Richtlinie "Lebensversicherung" geregelten Kollisionsnormen vorgehen. Diese beiden Bereiche des Versicherungsvertragsrechts werden nach dem derzeitigen Stand der vorgeschlagenen Verordnung somit nicht unterfallen. Der Bundesrat bittet um Überprüfung, ob dieses Ergebnis so gewollt ist.

2. Zu Artikel 3

Der Bundesrat kritisiert, dass bei der in Absatz 1 Satz 3 vorgesehenen Vermutung für die Wahl des Rechts des gewählten Gerichtsstandes nicht erkennbar wird aus welchen Gründen sich diese Vermutung nur auf das Recht von Mitgliedstaaten beschränken soll. Der Bundesrat spricht sich daher dafür aus, in Absatz 1 Satz 3 jeweils das Wort "Mitgliedstaat" durch das Wort "Staat" zu ersetzen. Anders als bei Artikel 2 geht es hier lediglich um die Wahl des Rechts eines Drittstaats, so dass insoweit auch keine kompetenzrechtlichen Bedenken bestehen.

Der Bundesrat hat unter verschiedenen Gesichtspunkten Bedenken gegen die in Artikel 3 Abs. 2 Satz 1 den Parteien eingeräumte Möglichkeit, als anzuwendendes Recht auch auf internationale oder auf Gemeinschaftsebene anerkannte Grundsätze und Regeln des materiellen Vertragsrechts zurückzugreifen. Mit dieser Regelung wird den Parteien ein hohes Maß an vertraglicher Gestaltungsfreiheit eingeräumt. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen. Gegen die vorgeschlagene Regelung ist allerdings einzuwenden, dass es an einer konkreten Aussage dazu fehlt, wann Grundsätze international anerkannt im Sinne dieser Vorschrift sein sollen und durch wen sie anerkannt werden sollen oder anerkannt worden sind. Der Bundesrat spricht sich daher im Interesse der Gewährleistung einer hinreichenden Rechtssicherheit dafür aus, dass die Wahl von nichtstaatlichen Regeln ausdrücklich auf schriftlich niedergelegte Prinzipien begrenzt wird.

Der Bundesrat weist darauf hin, dass die in Artikel 3 Abs. 2 Satz 2 gewählte Formulierung für den bei Vorliegen von Regelungslücken vorgesehenen Rückgriff auf "die ihnen zugrunde liegenden allgemeinen Grundsätze" unklar ist. So könnte sich das Wort "ihnen" sowohl auf die "Grundsätze oder Regeln" beziehen als auch auf den Begriff der "Rechtsgebiete". Die Formulierung sollte daher klargestellt werden.

Der Bundesrat weist in diesem Zusammenhang in kompetenzrechtlicher Hinsicht darauf hin, dass der von der Kommission erstrebte "gemeinsame Referenzrahmen" (vgl. Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat: Ein kohärentes europäisches Vertragsrecht - ein Aktionsplan, KOM (2003) 68 endg. und Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat: Europäisches Vertragsrecht und Überarbeitung des gemeinschaftlichen Besitzstands - weiteres Vorgehen, KOM (2004) 651 endg.) nicht über den Umweg einer Deklarierung als ein auf Gemeinschaftsebene anerkannter Grundsatz und als eine Regelung des materiellen Vertragsrechts zu einer Art "Europäisches Zivilgesetzbuch" aufgewertet werden darf. Eine solche Vorgehensweise wäre von der gemeinschaftsrechtlichen Kompetenzgrundlage nicht gedeckt. Der Bundesrat spricht sich dafür aus, dies in den Erwägungsgründen der Verordnung klarzustellen.

Zu Artikel 3 Abs. 4 merkt der Bundesrat an, dass der Begriff der "Sachverhaltselemente" einer näheren Definition bedarf, um justiziablen Inhalt zu haben.

Der Bundesrat kritisiert die in Artikel 3 Abs. 5 vorgesehene Einschränkung der Freiheit der Parteien, eine Rechtswahlvereinbarung zu treffen. Die Dispositionsbefugnis der Parteien wird zu stark eingeschränkt. Gerade im unternehmerischen Rechtsverkehr ist die Möglichkeit, durch eine Rechtswahl gezielt "neutrales" Recht zu wählen, das für beide Vertragsparteien akzeptabel ist, bedeutsam.

Eine Einschränkung der Rechtswahl sollte daher nur bei den Fällen vorgesehen werden bei denen eine Partei gegenüber der anderen strukturell benachteiligt und wirtschaftlich eindeutig unterlegen ist, also insbesondere bei solchen Vertragsverhältnissen, bei denen ein Verbraucher oder ein Arbeitnehmer Vertragspartei ist.

Darüber hinaus stößt die gewählte Formulierung auf Bedenken:

Unmittelbar geltende zwingende Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts im Bereich des zivilen Vertragsrechts sind selten. In der Regel dürfte es sich um Richtlinienvorgaben handeln, die in das nationale Recht umgesetzt werden müssen. Die zwingenden Bestimmungen, die auf Grund einer solchen Kollisionsregel trotz einer abweichenden Rechtswahl zur Anwendung kommen, können sich in dieser Fallkonstellation nur aus dem Recht der Mitgliedstaaten ergeben.

Es müsste daher zusätzlich durch Anfügung einer Kollisionsnorm bestimmt werden welches mitgliedstaatliche Umsetzungsrecht im Einzelfall zur Anwendung gelangen soll. Der Bundesrat spricht sich daher im Interesse der Rechtsklarheit und der Justiziabilität dafür aus, einen Katalog derjenigen Rechtsvorschriften des Gemeinschaftsrechts anzufügen, die - entsprechend ihrer Umsetzung in das Recht der Mitgliedstaaten - zwingend durchgesetzt werden sollen.

3. Zu Artikel 4

Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich die in Artikel 4 für die Rechtswahl vorgesehene Regelung. Die nunmehr gewählte "Aufzählungslösung" für bestimmte häufig gewählte Vertragstypen schafft mehr Rechtsicherheit. Für die Parteien wird in der Regel klar festgelegt, welches Recht zur Anwendung gelangt. Den Parteien steht es frei, durch eine entsprechende Vereinbarung das Recht eines anderen Staats zu wählen. Der Bundesrat begrüßt insbesondere, dass nunmehr unwiderlegliche Vermutungen in die Verordnung aufgenommen werden sollen, weil bei unterlassener Rechtswahl durch die Parteien die jeweils anwendbaren Vorschriften weithin voraussehbar bestimmt werden können, so dass die Parteien sich bewusst entscheiden können, ob sie von der freien Rechtswahl Gebrauch machen wollen oder nicht.

Der Bundesrat weist jedoch darauf hin, dass weiterhin unklar bleibt, auf welche Weise hier gemischttypische und atypische Verträge einzuordnen sind, da Artikel 4 Abs. 2 seinem Wortlaut nach als Auffangnorm nur die nicht unter Absatz 1 aufgeführten Verträge erfasst. Ein solcher gemischttypischer Vertrag, der sich aus verschiedenen Elementen zusammensetzt, die in Absatz 1 genannt sind könnte entweder nach dem jeweiligen Schwerpunkt entsprechend der Regelung in Absatz 1 beurteilt oder unter Absatz 2 subsumiert werden. Der Bundesrat regt daher für die Fallgruppe der gemischttypischen Verträge eine Klarstellung an.

Darüber hinaus regt der Bundesrat zu Absatz 1 Buchstabe b an, den Begriff der "Dienstleistungsverträge" näher zu konkretisieren.

4. Zu Artikel 5

Der Bundesrat begrüßt die in Artikel 5 vorgesehene Regelung. Auf der Grundlage des früheren Artikels 5 des Übereinkommens stellte sich häufig die Frage nach der gleichzeitigen Anwendung des Rechts des Unternehmers und der zwingenden Bestimmungen des Rechts des Verbrauchers. Dies brachte nicht selten komplizierte rechtliche Auseinandersetzungen mit sich. Auch der nach Artikel 5 Abs. 2 des Übereinkommens bislang erforderliche Vergleich zweier Rechtsordnungen wäre nach der nun vorgeschlagenen Regelung entbehrlich, so dass die Rechtsanwendung vereinfacht würde. Durch die nunmehr vorgeschlagene pauschale Geltung des Rechts des Verbrauchers wird der Unternehmer auch in seiner inhaltlichen Vertragsgestaltungsfreiheit nicht beschränkt, da die einzelnen Vertragsklauseln der Parteiautonomie unterliegen und somit nach den Vorstellungen der Parteien ausgestaltet werden können.

Der Bundesrat begrüßt auch die in Artikel 5 Abs. 2 vorgesehenen Präzisierungen.

Jedoch weist er darauf hin, dass es für die Anwendbarkeit der Kollisionsnorm des Absatzes 2 nach den Erläuterungen zu Absatz 2 nicht genügen soll dass eine Internetseite des Unternehmens von einem Verbraucher in einem anderen Mitgliedstaat aufgerufen werden kann; vielmehr muss auch ein Vertragsabschluss erfolgen. In der Sache erscheint diese Regelung sachgerecht; jedoch weist der Bundesrat darauf hin, dass dies aus dem Wortlaut des Absatzes 2 nicht hinreichend deutlich hervorgeht. Es wäre daher wünschenswert, wenn dies korrigiert und klargestellt werden würde.

Der Bundesrat weist darauf hin, dass Artikel 5 des Verordnungsvorschlags keine Aussagen zu Dauerschuldverhältnissen trifft. Bei Dauerschuldverhältnissen stellt sich die Frage, nach welchem Vertragsstatut sich diese beurteilen, wenn der Verbraucher nach Vertragsschluss seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort ändert. Der Bundesrat sieht es als mögliche Regelungsvariante an, in die Norm eine Ergänzung dahin gehend aufzunehmen, dass das Recht des Mitgliedstaats gelten soll, in dem der Verbraucher zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Der Bundesrat weist zu Artikel 5 Abs. 3 Buchstabe c des Verordnungsvorschlags darauf hin, dass hier eine Diskrepanz mit Artikel 22 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 044/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EUGVVO) besteht: Mietverträge über Grundstücke sollen aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift ausgenommen werden.

Damit ist in diesem Bereich auch eine freie Rechtswahl zu Gunsten des Rechts eines Drittstaats möglich. Das Verfahrensrecht sieht jedoch in Artikel 22 Abs. 1 EUGVVO einen ausschließlichen Gerichtsstand vor. Damit wird u. a. das Ziel verfolgt die in der Regel zwingenden Mieterschutzvorschriften am Belegenheitsort durchzusetzen. Im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit wird daher angeregt, hier eine freie Rechtswahl im Rahmen von Verbrauchermietverträgen auszuschließen und grundsätzlich dem Recht des Staates, in dem das Grundstück gelegen ist, Geltung zu verschaffen.

Der Bundesrat weist darauf hin, dass die in Artikel 5 vorgesehenen Regelungen nicht im Widerspruch zu dem Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaft für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Verbraucherkreditverträge und zur Änderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates, KOM (2005) 483 endg., stehen dürfen. Der Bundesrat fordert daher, dass die in Artikel 5 niedergelegten Grundsätze uneingeschränkte Geltung auch im Anwendungsbereich des Artikels 21 des o. g. Richtlinienvorschlags haben.

5. Zu Artikel 6

Der Bundesrat befürwortet die vorgesehenen Regelungen, die zu einer Stärkung der Rechtssicherheit der in verschiedenen Mitgliedstaaten der EU tätigen Arbeitnehmer führen.

Der Bundesrat weist jedoch darauf hin, dass die Formulierung in Artikel 6 Abs. 2 Buchstabe a Satz 3 zumindest missverständlich ist: Der Begriff des "Wiederaufnehmens" deutet darauf hin, dass der Arbeitnehmer die Arbeit vor dem Auslandseinsatz schon einmal im Herkunftsland aufgenommen haben muss. Nach dem derzeitigen Meinungsstand zu Artikel 6 des Schuldvertragsübereinkommens bzw. zu Artikel 30 EGBGB genügt es jedoch für die Einordnung einer Auslandstätigkeit als vorübergehende Entsendung in das Ausland, wenn der Arbeitnehmer für einen Arbeitsplatz im Herkunftsland eingestellt worden ist. Der Bundesrat bittet um eine sprachliche Klarstellung.

6. Zu Artikel 7

Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich die Einführung einer Sonderregelung für Vertreterverträge. Jedoch wird darauf hingewiesen, dass die vorliegende Regelung einige systematische Unklarheiten aufweist: Es stellt sich die Frage, was gelten soll, wenn der Vertretene, der Vertreter oder der Dritte Verbraucher im Sinne von Artikel 5 ist. Es ist unklar, ob die Regelung über die Verbraucherverträge in Artikel 5 in diesem Fall Vorrang haben soll. Das Verhältnis zwischen Artikel 5 und 7 muss daher klargestellt werden.

Der Bundesrat weist weiter darauf hin, dass nach dem Wortlaut in Artikel 7 Abs. 1 lediglich "Verträge" zwischen Vertretenem und Vertreter erfasst sein sollen. Nach dem Recht des BGB wäre dann die Vollmachtserteilung im Sinne des § 167 BGB als ein vom zu Grunde liegenden Innenverhältnis abstraktes einseitiges Rechtsgeschäft (vgl. Palandt/Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl., Einf. v. § 164 Rnr. 2) nicht erfasst. Dies sollte im weiteren Verlauf des Beratungsverfahrens beachtet werden.

Darüber hinaus weist der Bundesrat darauf hin, dass auch das Verhältnis zwischen Artikel 7 und 3 des Verordnungsvorschlags unklar ist: Artikel 3 Abs. 1 suggeriert für Vertreterverträge komme eine Rechtswahl nicht in Betracht.

Artikel 7 Abs. 1 enthält dagegen Vorgaben, die mangels einer Rechtswahl nach Artikel 3 maßgeblich sein sollen. Dies legt die Schlussfolgerung nahe, dass sich Artikel 7 als Auffangregelung für den Fall versteht, dass eine an sich zulässige freie Rechtswahl unterbleibt. Artikel 7 Abs. 3 trifft wiederum Bestimmungen für die Rechtswahl, die auf eine gegenüber Artikel 3 abschließende Sonderregelung deuten. Der Bundesrat fordert auch hier die Bundesregierung auf, sich für die Beseitigung dieser systematischen Unklarheiten einzusetzen.

Ebenso ist im Verhältnis zwischen Artikel 7 und 4 unklar, ob, sofern der Vertreter für den Vertretenen auf der Grundlage eines Dienstleistungsvertrages tätig wird die Regel des Artikels 4 Abs. 1 Buchstabe b oder die des Artikels 7 Abs. 1 gilt. Auch dies muss klargestellt werden.

Der Bundesrat spricht sich dafür aus, dass sich das mangels einer Rechtswahl anzuwendende Recht umfassend nach Artikel 4 und 5 und nicht nach dem "Recht am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Vertreters im Zeitpunkt seines Handelns" bestimmt, wenn der Vertreter namens und mit Vollmacht für den Vertretenen mit einem Dritten einen Vertrag schließt. Der Bundesrat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass zwischen dem Erwägungsgrund 12 und Artikel 7 Abs. 2 insoweit ein Widerspruch besteht.

Der Bundesrat regt darüber hinaus an zu überdenken, ob die Ausnahmeanknüpfung in Absatz 2 Satz 2 (Ort des Handelns) zur Regel gemacht und die Regelanknüpfung gemäß Satz 1 (gewöhnlicher Aufenthalt des Vertreters) als Ausnahme definiert werden sollte. Das vorgeschlagene Regel-Ausnahme-Verhältnis begegnet insoweit Bedenken, als die maßgebliche Regelanknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Vertreters den Bedürfnissen des Rechtsverkehrs nicht ausreichend Rechnung trägt. Der Verordnungsvorschlag geht offenbar davon aus, dass der Vertreter als die schwächste am Vertretungsgeschäft beteiligte Person durch die Anwendung des Heimatrechts geschützt werden soll. Der Bundesrat weist jedoch darauf hin, dass der Vertreter in der Regel derjenige ist, auf dessen Initiative es zu einem Geschäftsabschluss mit dem Dritten kommt.

Er wird in der Regel derjenige sein, der auch den Umfang seiner Vollmacht genau kennt. Das Prinzip des Schutzes der schwächeren Vertragspartei kann daher den vorgeschlagenen Anknüpfungspunkt nicht hinreichend rechtfertigen.

Anstelle des Vertreters erscheint der Dritte schutzbedürftig, da er den maßgeblichen Informationen am fernsten steht, insbesondere über den Umfang der Vollmacht möglicherweise nur unzureichend informiert ist. Im Interesse des Geschäftsgegners und des Verkehrsschutzes sollte daher grundsätzlich auf denjenigen Ort abgestellt werden, an dem von der Vollmacht Gebrauch gemacht wird.

Der Bundesrat ist daher der Auffassung, dass es nicht nachvollziehbar ist, dass hier in Durchbrechung der in Artikel 4 aufgestellten Grundregel eine Fixierung auf den Vertreter, also auf eine am Vertrag als Partei überhaupt nicht beteiligte Person stattfinden soll. Die vorgeschlagene Anknüpfung an den Aufenthaltsort des Vertreters kann nur in Fällen überzeugen, in denen es für den Geschäftspartner erkennbar ist, dass der Vertreter unter einer fremden Rechtsordnung handelt. Dies kann etwa bei kaufmännischen Bevollmächtigten, Handelsvertretern, Agenten und ähnlichen Mittelspersonen gelten, die erkennbar von einer eigenen ständigen Geschäftsniederlassung aus handeln.

Darüber hinaus bittet der Bundesrat die Bundesregierung, sich auch für eine Überprüfung einzusetzen, ob es zweckmäßig ist, dass für alle drei Rechtsbeziehungen ein einheitliches Statut gelten soll oder ob nicht das Verhältnis zwischen dem Vertretenen und dem Dritten als solches dem nach Artikel 3 und 4 des Verordnungsvorschlags zu bestimmenden sachnäheren Statut des zustande gekommenen Vertrags unterstellt werden soll. In diesem Zusammenhang ist - wie bereits oben ausgeführt - auch darauf hinzuweisen, dass in Nummer 12 der Erwägungsgründe ausdrücklich davon die Rede ist, dass für den Vertrag zwischen dem Vertretenen und dem Dritten die "allgemeinen Bestimmungen dieser Verordnung" gelten sollen, obwohl in Artikel 7 Abs. 2 auch das Verhältnis zwischen dem Vertretenen und dem Dritten, das dadurch entsteht dass der Vertreter in Ausübung seiner Vertretungsmacht gehandelt hat, geregelt wird. Eine Klarstellung erscheint hier dringend geboten.

7. Zu Artikel 8

Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich die in Absatz 1 vorgenommene Definition der Eingriffsnorm. Im Interesse der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit erscheint eine solche Definition zweckmäßig. Der Bundesrat weist jedoch darauf hin dass bei der praktischen Anwendung dieser Norm Schwierigkeiten bei der Feststellung, welche ausländischen Vorschriften Eingriffsnormen sind, nicht gänzlich beseitigt werden. Der Bundesrat regt daher an, eine Regelung zu schaffen, nach welcher die Mitgliedstaaten gegenüber der EU erklären, welche Normen für sie jeweils den Charakter einer Eingriffsnorm haben.

Der Bundesrat weist darüber hinaus zu Artikel 8 Abs. 3 auf folgende Unklarheit hin:

In der Begründung der Kommission zu Artikel 8 Abs. 3 wird ausgeführt, dass diese Norm Kriterien enthalte, die das Gericht heranziehen könne, um zu entscheiden ob es Eingriffsnormen eines anderen Mitgliedstaats anwenden solle. Nach dem Wortlaut des Artikels 8 Abs. 3 ("zu einem anderen Staat") ist eine Beschränkung auf Mitgliedstaaten jedoch nicht erkennbar, sondern es werden auch Drittstaaten einbezogen. Eine gewollte Begrenzung auf Mitgliedstaaten sollte im Gesetzestext deutlich zum Ausdruck gebracht werden.

8. Zu Artikel 10

Der Bundesrat begrüßt die Erweiterung der Anknüpfungsmöglichkeiten für die einzuhaltende Form auch um den gewöhnlichen Aufenthalt des Erklärenden.

9. Zu Artikel 13

Der Bundesrat schlägt zu der in Absatz 3 vorgesehenen Regelung eine andere Konzeption vor: Bei der Frage, welches Recht maßgeblich sein soll, wenn die Abtretung einer Forderung Dritten entgegengehalten werden soll, soll sich dies nach der derzeitigen Regelung anhand des Rechts des Staates beurteilen, in dem der Zedent zum Zeitpunkt der Übertragung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Der Bundesrat schlägt vor, dass sich das anwendbare Recht entgegen dem unterbreiteten Vorschlag nach dem auf die abgetretene Forderung anwendbaren Recht, entsprechend Artikel 13 Abs. 2 für das Verhältnis zwischen Zessionar und Schuldner, bestimmt. Andernfalls würde sich die Antwort auf die Frage, ob die Abtretung dem Schuldner und ob sie einem Dritten entgegengehalten werden kann nach unterschiedlichem Recht bestimmen. Es erscheint aber nicht zweckmäßig die rechtliche Behandlung von Dritten im Allgemeinen - wie etwa Gläubiger des Zedenten - von derjenigen des Schuldners abzukoppeln. Der Bundesrat regt an, dass sich die Frage, ob die Abtretung Dritten entgegengehalten werden kann, in allen Fällen nach dem gleichen Recht beantwortet.

Der vorliegende Verordnungsvorschlag würde hingegen gegebenenfalls zu der Anwendung mehrerer Rechtsordnungen führen. Der Rechtssicherheit würde dies nicht dienen.

10. Zu Artikel 16

Der Bundesrat macht darauf aufmerksam, dass der in dem Verordnungsvorschlag verwendete Begriff der "gesetzlichen Aufrechnung" missverständlich ist, da nach der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland eine wirksame Aufrechnung stets eine rechtsgeschäftliche Erklärung des Aufrechnenden voraussetzt.

Die Begründung des Verordnungsvorschlags verweist lediglich darauf, dass für die "vertragliche Aufrechnung die allgemeinen Bestimmungen der Artikel 3 und 4" maßgeblich seien. Der Bundesrat kritisiert, dass der vorliegende Entwurf für die "gesetzliche Aufrechnung" keine Aussage trifft, aus welchen Gründen es hierfür einer Sonderregelung bedarf. Aus Artikel 16 in der vorliegenden Fassung ergibt sich daher nicht eindeutig, ob sich die Regelung auch auf die durch einseitige Willenserklärung erklärte Aufrechnung oder auf den Aufrechnungsvertrag bezieht.

Der Bundesrat befürwortet anstelle des jetzt vorgeschlagenen Artikels 16 eine Regelung, nach der das Recht der Hauptforderung maßgeblich sein soll. Der Gläubiger der Forderung, gegen die aufgerechnet wird, ist grundsätzlich schutzwürdiger als der Gläubiger der Forderung, mit der aufgerechnet wird, weil ersterer die Aufrechnung und damit das Erlöschen seiner Forderung hinnehmen muss.

11. Zu Artikel 22

Der Bundesrat spricht sich dafür aus, dass diese Regelung grundlegend überarbeitet wird. Es ist nicht zweckmäßig, wenn in Buchstabe a ein genereller Vorbehalt zu Gunsten anderer Rechtsakte des Gemeinschaftsgesetzgebers gemacht wird. Ziel sollte vielmehr sein, das gesamte auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht in einer Verordnung zu konzentrieren, um den Rechtsanwendern den Zugang zu erleichtern.

Zu Artikel 22 Buchstabe c weist der Bundesrat darauf hin, dass die Norm in der

vorliegenden Form unverständlich formuliert ist und Rechtsunsicherheiten bei der Anwendung geradezu provoziert.

12. Zu den Artikeln 23 und 24

Der Bundesrat regt an, in den Artikeln 23 oder 24 ausdrücklich aufzunehmen, dass die Verordnung für die Mitgliedstaaten an die Stelle des Übereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19. Juni 1980 tritt. Nach der jetzigen Fassung könnte - was offenbar nicht gewollt ist - dieses Übereinkommen auch als ein Übereinkommen im Sinne des Artikels 23 Abs. 1 des Vorschlags verstanden werden.