Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts und des Gesetzes über einen Ausgleich von Dienstbeschädigungen im Beitrittsgebiet

Der Bundesrat hat in seiner 819. Sitzung am 10. Februar 2006 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 9 Abs. 2 (Inkrafttreten)

In Artikel 9 Abs. 2 ist das Wort "tritt" durch die Wörter "bis 5 treten" zu ersetzen.

Begründung

Mit den Artikeln 2 bis 5 wird in Ausführung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein Versorgungsanspruch für Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, die nach dem gewaltsamen Tod des anderen Lebenspartners unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung des gemeinsamen Kindes bzw. der gemeinsamen Kinder ausüben, während der ersten drei Lebensjahre eines Kindes im Opferentschädigungsgesetz sowie, weil es in diesen Bereichen vergleichbare Fälle geben kann, im Soldatenversorgungsgesetz, im Zivildienstgesetz und im Infektionsschutzgesetz etabliert.

Wegen dieser Vergleichbarkeit ist es unter Beachtung des Gleichheitssatzes geboten die Regelungen der Artikel 3 bis 5 ebenfalls zum 1. November 1994 in Kraft zu setzen. In den nicht bestandskräftigen Fällen nach den Artikeln 2 bis 5 können die Berechtigten noch rückwirkend für die ersten drei Lebensjahre eines Kindes Anspruch auf Versorgungsleistungen beanspruchen. In den Fällen vorliegender bestandskräftiger Entscheidungen ist bei Neufeststellungen die vierjährige Verjährungsregelung des § 44 Abs. 4 des SGB X zu beachten.

Von der Neuregelung sind nur Einzelfälle betroffen, so dass mit keinen erheblichen finanziellen Mehrbelastungen der öffentlichen Haushalte, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten, zu rechnen ist.

2. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung,

wie im Koalitionsvertrag angekündigt, möglichst zeitnah ein Konzept zur Unterstützung für Opfer der SED-Diktatur vorzulegen damit sich die Gerechtigkeitslücke zwischen Verfolgten und Verfolgern zu Ungunsten der Opfer nicht weiter vergrößert.

Bei den Opfern des SED-Regimes handelt es sich um eine Opfergruppe, die im Gegensatz zu anderen Opfergruppen bis zum heutigen Tag keine ausreichende Anerkennung erhält.

Angesichts der Schwere der erlittenen Verfolgungsmaßnahmen bleiben die bisherigen Regelungen unzureichend. Die Gesellschaft bleibt weiterhin verpflichtet, sich solidarisch gegenüber den Menschen zu verhalten, die unter dem SED-Regime gelitten haben. Es muss Anliegen der Demokratie sein, den Einsatz und das Handeln dieser Menschen für eine rechtsstaatliche und freiheitliche Ordnung unter den Bedingungen einer Diktatur angemessen und sichtbar zu würdigen.

Als mögliche Maßnahmen, mit denen die Situation der SED-Opfer verbessert werden kann, sind im Koalitionsvertrag bereits einige benannt, u.a. die Einführung einer Opferpension, die Einrichtung eines effektiven Verfahrens zur Anerkennung verfolgungsbedingter Gesundheitsschäden oder die Aufstockung der Mittel für die Häftlingshilfestiftung.

Insbesondere die Gewährung einer Opferpension führt die wesentlichen heute noch bestehenden Probleme bei der Bewältigung des vom SED-Regime geschaffenen Unrechts einer befriedigenden Lösung für die am schwersten betroffenen Opfer politischer Verfolgung zu. Dadurch würde die gesellschaftliche Bedeutung des mutigen Einsatzes für eine rechtsstaatliche und freiheitliche Ordnung beispielgebend für die heutige Demokratie im wiedervereinigten Deutschland herausgestellt werden.

In diesem Sinne sollte die im Koalitionsvertrag angekündigte Unterstützung für Opfer der SED-Diktatur schnellstmöglich mit Leben erfüllt werden.