Unterrichtung durch die Bundesregierung
Stellungnahme der Bundesregierung zu der Entschließung des Bundesrates: Klimaschutz in der Marktwirtschaft - Für ein gerechtes und effizientes System der Abgaben und Umlagen im Energiebereich

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Berlin, 3. Februar 2020
Parlamentarischer Staatssekretär

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Dietmar Woidke

Sehr geehrter Herr Präsident,
namens der Bundesregierung übersende ich Ihnen in der Anlage die Antwort der Bundesregierung zur Entschließung des Bundesrates vom 11. Oktober 2019: Klimaschutz in der Marktwirtschaft - Für ein gerechtes und effizientes System der Abgaben und Umlagen im Energiebereich (BR-Drs. 047/19-B).

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Bareiß

Antwort der Bundesregierung zur Entschließung des Bundesrates vom 11. Oktober 2019: Klimaschutz in der Marktwirtschaft - Für ein gerechtes und effizientes System der Abgaben und Umlagen im Energiebereich (BR-Drs. 047/19-B)

Zu Ziff. 1-2:

Die Bundesregierung hat in ihrem Klimaschutzprogramm 2030 im Herbst 2019 beschlossen, eine CO₂-Bepreisung ab 2021 über einen Brennstoffemissionshandel einzuführen und Teile der Einnahmen zu verwenden, um die EEG-Umlage zu senken. Mit steigendem CO₂-Preis steigt dabei auch die Entlastung bei der EEG-Umlage. Die Bundesregierung hat im Rahmen der Einigung des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat im Dezember 2019 u.a. eine wesentliche Ambitionssteigerung gegenüber dem bisherigen Preispfad vorgesehen. Die daraus resultierenden zusätzlichen Mehreinnahmen sollen vollständig zur Senkung der EEG-Umlage ab dem 1. Januar 2021 und ab dem 1. Januar 2024 auch zur Anhebung der zusätzlichen Entfernungspauschale für Fernpendler verwendet werden. Wie vom Bundesrat hier erbeten, wird dadurch ein Einstieg in den Abbau von Belastungsunterschieden zwischen Strom und fossilen Energieträgern geleistet. In den Jahren 2021 und 2022 wird der Brennstoffemissionshandel auf Hauptbrennstoffe fokussiert, ab 2023 werden alle weiteren Brennstoffe aus dem EnergieStG (z.B. Kohle) vom Brennstoffemissionshandel erfasst.

Zu Ziff. 3:

Die EEG-Vergütung wird nach dem EEG für den erzeugten Strom gezahlt (direkte Förderung). Die EEG-Umlage wird hingegen grundsätzlich beim Stromverbrauch erhoben und nicht bei der Stromerzeugung. Eine Reduzierung der EEG-Umlage oder eine Befreiung von derselben (dies wäre jeweils eine indirekte Förderung) kann daher nur bei Verbrauchergruppen und nicht bei Erzeugergruppen erfolgen. Jede Form von Privilegierung, etwa durch eine Ausweitung der Eigenversorgungsprivilegien, führt dabei zu einer höheren EEG-Umlage für die nichtprivilegierten Stromverbraucher. Das gilt auch bei den ausgeförderten Anlagen, die während der Förderperiode nach dem EEG eine umfangreiche finanzielle Unterstützung erhalten haben. Zudem profitieren sämtliche EE-Anlagen, die nicht direkt vom EEG gefördert werden, durch die erreichten Kostendegressionen indirekt von den durch das EEG finanzierten Kostensenkungen.

Strom aus Erneuerbaren Energieanlagen profitiert bereits heute von umfangreichen Privilegierungen bei der Stromsteuer. So ist Strom aus EE-Anlagen bis 2 Megawatt vollständig von der Stromsteuer befreit, sofern er selbst verbraucht oder im räumlichen Zusammenhang an Dritte geliefert wird. Auch größere Anlagen ab 2 Megawatt können unter bestimmten Voraussetzungen für den selbstverbrauchten Strom eine vollständige Stromsteuerbefreiung in Anspruch nehmen.

Zu Ziff. 4:

Die von Deutschland und Frankreich eingerichtete Meseberger Klima-AG hat am 6. September 2019 in Paris in ihrem Arbeitsprogramm u.a. beschlossen, die EU-Klimaziele gemeinsam umzusetzen und bei Instrumenten und Anreizen zusammenzuarbeiten. CO₂-Bepreisung ist dabei beispielhaft als mögliches Instrument genannt, bei dem auch in Kooperation mit möglichen internationalen Allianzen (z.B. in der G20), die Auswirkungen auf Energiepreise untersucht werden sollen.

Zu Ziff. 5-8:

Die Bundesregierung hat in ihrem Klimaschutzprogramm 2030 beschlossen, ab 2021 eine CO₂-Bepreisung für die Sektoren Verkehr und Wärme einzuführen. Dafür wird ein nationales Emissionshandelssystem eingeführt (vgl. auch Kommentar zu den Ziffern 12). Darüber hinaus hat die Bundesregierung, wie hier vom Bundesrat erbeten, beschlossen, sich in enger Zusammenarbeit mit der EU-Kommission dafür einzusetzen, einen europaweiten übergreifenden Zertifikatehandel für alle Sektoren einzuführen. In einem ersten Schritt soll der bestehende europäische Emissionshandel für Energie und Industrie um einen moderaten europäischen Mindestpreis ergänzt werden. Zudem werden wir in Allianz mit weiteren Mitgliedsstaaten darauf hinwirken, die Non-ETS-Sektoren in einen europäischen CO₂-Zertifikatehandel zu integrieren. Im Rahmen des Vermittlungsausschusses zu den Umsetzungsgesetzen zum Klimaschutzprogramm 2030 wurde eine faire Lastenteilung zwischen Bund und Ländern beschlossen.

Zu Ziff. 9:

Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) können mit KWK-Betreibern im Rahmen der Maßnahme "Nutzen statt Abregeln" Verträge schließen, in denen sich letztere zur Einsenkung der KWK-Einspeisung und Abnahme von Strom zur Wärmeerzeugung durch Powerto-Heat (PtH)-Anlagen verpflichten (§ 13 Abs. 6a EnWG). Diese Regelung schafft eine doppelte Netzentlastung, indem nördlich des innerdeutschen Netzengpasses gleichzeitig KWK-Stromerzeugung reduziert wird und zusätzlich Strombedarf zur Wärmeerzeugung entsteht. Auf Basis der Regelung wurden erste Verträge zwischen Übertragungsnetzbetreibern und KWK-Anlagen abgeschlossen. Weitere Vertragsabschlüsse sind zu erwarten. Die Bundesregierung weist darauf hin, dass abgeregelte Strommengen insgesamt begrenzt sind und keinen kontinuierlichen Stromfluss darstellen, sondern insbesondere in Abhängigkeit von der Wettersituation, der Stromnachfrage und dem Stand des Netzausbaus entstehen. Ein dauerhafter und vergünstigter regionaler Strombezug, wie er beispielsweise für den wirtschaftlichen Betrieb einer Wasserstoffelektrolyse erforderlich wäre, kann daher mit abgeregeltem Strom nicht dargestellt werden. Die Bundesregierung weist auch darauf hin, dass der Netzausbau weiterhin höchste Priorität hat. Er ist die Voraussetzung dafür, dass Strom weiterhin ohne Einschränkung bundesweit vermarktet werden kann (Erhalt der einheitlichen Stromgebotszone). Bei dauerhaften strukturellen Netzengpässen läuft Deutschland Gefahr, auf Anordnung der EU-Kommission in mehrere Preiszonen aufgeteilt zu werden.

Zu Ziff. 10:

Das mit dem Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende (GDEW) in Kraft getretene Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) regelt den Einbau und den Betrieb von modernen Messeinrichtungen und intelligenten Messsystemen. Moderne Messeinrichtungen sind seit Anfang 2017 verfügbar und werden inzwischen in größeren Stückzahlen installiert. Laut aktuellem Monitoring-Bericht der Bundesnetzagentur hat sich im Haushaltskundenbereich die Zahl der modernen Messeinrichtungen von 558.574 im Jahr 2017 auf 2.547.165 Stück im Jahr 2018 erhöht.

Die Verpflichtung zur Ausstattung mit intelligenten Messsystemen greift, soweit die technische Möglichkeit und wirtschaftliche Vertretbarkeit gegeben ist (§ 29 Absatz 1 MsbG). Die technische Möglichkeit liegt vor, wenn mindestens drei voneinander unabzu hängige Unternehmen intelligente Messsysteme am Markt anbieten, die den am Einsatzbereich des Smart-Meter-Gateways (SMGW) orientierten Vorgaben entsprechen und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) dies festgestellt hat (§ 30 Satz 1 MsbG). Seit dem 19. Dezember 2019 sind drei Hersteller zertifiziert; weitere Smart-Meter-Gateway-Hersteller befinden sich beim BSI im Zertifizierungsverfahren. Der Rollout startet, wenn auf Basis einer Marktanalyse des BSI die Feststellung der technischen Möglichkeit erklärt wird. Diese Analyse wird aktuell vom BSI erstellt und soll Anfang 2020 abgeschlossen werden. Darin werden die besonderen Anforderungen unterschiedlicher Einsatzbereiche den technischen Möglichkeiten gegenübergestellt. Bereits jetzt ist der freiwillige Einbau von zertifizierten Geräten möglich.

Zu Ziff. 11:

Das EU-Legislativpaket "Saubere Energie für alle Europäer" stellt den aktiven Verbraucher in den Vordergrund. Als Teil des Pakets enthält die neugefasste EU-Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinie (Richtlinie (EU) Nr. 2019/944 vom 5. Juni 2019) einen neuen Regelungsrahmen für den Elektrizitätsmarkt der EU. Dieser soll wettbewerbsfähig, verbraucherfreundlich und flexibler werden. Die Neufassung der Richtlinie stärkt die Rechte für Verbraucherinnen und Verbraucher und deren Teilnahme am Strommarkt in Europa. BMWi bereitet derzeit die Umsetzung der Strombinnenmarktrichtlinie vor. Die Umsetzungsfrist endet am 31. Dezember 2020.

Zu Ziff. 12:

Nach Artikel 11 Absatz 1 der Neufassung der EU Strombinnenmarkt-Richtlinie vom 5. Juni 2019 stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Stromversorger nach dem nationalen Regelungsrahmen Verträge mit dynamischen Stromtarifen anbieten können. Zudem muss jeder Endkunde mit einem intelligenten Messsystem die Möglichkeit haben, mit mindestens einem Versorger einen Vertrag mit dynamischen Stromtarifen abzuschließen. Ein Vertrag mit dynamischen Stromtarifen ist dabei als ein Stromliefervertrag zwischen einem Versorger und einem Endkunden definiert, der die Preisschwankungen auf den Spotmärkten, einschließlich der Day-Ahead- und Intraday-Märkte, in den Intervallen widerspiegelt, die mindestens den Abrechnungsintervallen des jeweiligen Marktes entsprechen. Die Mitgliedsstaaten sind verpflichtet den Artikel bis zum 31. Dezember 2020 in nationales Recht zu überführen.

Mit dem Rollout intelligenter Messsysteme wird es künftig möglich sein, dass Versorger variable Tarife anbieten. Mit dem nun anlaufenden Rollout steht daher die erforderliche Infrastruktur zur Verfügung, auf deren Basis die Marktakteure entsprechende Angebote machen können.

Mit Blick auf die Netzentgelte hat das BMWi ein Gutachten erstellen lassen zu der Frage, wie Anreize für ein flexibles Verbrauchsverhalten auf Verteilernetzebene gestärkt werden können. Die Gutachter schlagen ein Instrument zur "Spitzenglättung" auf Grundlage des § 14a EnWG vor. Hierdurch könnte die zunehmende Anzahl neuer, flexibler Verbraucher wie etwa Elektromobile, Wärmepumpen und Speicher besser in die Verteilernetze, insbesondere in der Niederspannungsebene, integriert werden. Ladezeiten von E-Autos könnten dadurch zum Beispiel intelligent über Nacht verteilt werden, um einer zu starken Auslastung des Stromnetzes durch seltene Lastspitzen vorzubeugen. Unter dem Dach der AG "Intelligente Netze und Zähler" findet derzeit ein umfassender und ergebnisoffener Stakeholder-Prozess dazu statt. Dabei wird diskutiert, ob und gegebenenfalls wie die gutachterlichen Vorschläge umgesetzt werden sollen. Einen Entwurf für eine eventuell erforderliche Rechtssetzung würde das BMWi im Laufe des Jahres 2020 vorlegen.