Unterrichtung durch die Bundesregierung
Stellungnahme der Bundesregierung zu der Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung des Wahlrechts behinderter Menschen

Bundesministerium des Innern
Berlin, 14. April 2014
Parlamentarischer Staatssekretär

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Stephan Weil

Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,
zu der Entschließung 049/13 (PDF) des Bundesrates zur Verbesserung des Wahlrechts behinderter Menschen vom 22. März 2013 übermittle ich die nachfolgende Stellungnahme der Bundesregierung.

Die Bundesregierung hat im Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention beschlossen, eine Studie in Auftrag zu geben, in der die tatsächliche Situation behinderter Menschen bei der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts untersucht und Handlungsempfehlungen für eine verbesserte Partizipation von Menschen mit Behinderungen entwickelt werden.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium des Innern und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz nach einem europaweiten Vergabeverfahren im Dezember 2013 die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftler Prof. Dr. Heinrich Lang (Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Sozial- und Gesundheitsrecht, Universität Greifswald), Prof. Dr. Anke Kampmeier (Professur für Sozialpädagogik und Arbeit mit Menschen mit Behinderung, Hochschule Neubrandenburg), Prof. Dr. Kirsten Schmalenbach (Professur für Völker- und Europarecht, Universität Salzburg) und Prof. Dr. Gerd Strohmeier (Professur für Europäische Regierungssysteme, Technische Universität Chemnitz) in Kooperation mit Prof. Dr. Stephan Mühlig (Professur für Klinische Psychologie, Technische Universität Chemnitz) mit der Durchführung der Studie beauftragt.

Ziel der Studie ist zu erfahren, welche Personenkreise von den Wahlrechtsausschlüssen in § 13 Nummer 2 und 3 Bundeswahlgesetz betroffen sind und in welchem Ausmaß. Des Weiteren ist die Frage zu klären, ob die Anknüpfung von Wahlrechtsausschlüssen an die dauerhafte richterliche Anordnung der Betreuung in allen Angelegenheiten (§ 13 Nummer 2 Bundeswahlgesetz in Verbindung mit § 1896 Bürgerliches Gesetzbuch) bzw. an die richterliche Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus wegen einer im Zustand der Schuldunfähigkeit begangenen rechtswidrigen Tat und vom Täter aufgrund seines Zustandes ausgehenden Gefahr für die Allgemeinheit (§ 13 Nummer 3 Bundeswahlgesetz in Verbindung mit §§ 20, 63 Strafgesetzbuch) in praktischer und rechtlicher Hinsicht erforderlich und gerechtfertigt ist.

Da statistische Daten zu den betroffenen Fallgruppen nicht vorliegen, wird zunächst in einer quantitativen Erhebung die Zahl der bei der Bundestagswahl 2013 nach § 13 Nummer 2 und 3 Bundeswahlgesetz ausgeschlossenen Personen und die konkreten Ausschlussumstände ermittelt. Auf dieser Grundlage sollen durch eine interdisziplinäre sozialwissenschaftliche, sozialpädagogische und klinischpsychologische Untersuchung empirisch valide Aussagen darüber getroffen werden, welcher Anteil der zurzeit vom Wahlrecht ausgeschlossenen (Fall-) Gruppen entscheidungsfähig ist und welcher Anteil nicht. Parallel werden die maßgeblichen internationalen und nationalen Bestimmungen, die den Handlungsspielraum des Gesetzgebers ausgestalten, in völker- und verfassungsrechtlicher sowie wahl-, betreuungs- und sozialrechtlicher Hinsicht untersucht. Die maßgeblichen wissenschaftlichen Fachgesellschaften sowie die Verbände behinderter Menschen werden in die Erstellung der Studie kontinuierlich eingebunden.

Die Studie soll der Bundesregierung und dem Deutschen Bundestag als wissenschaftliche Grundlage für die Beantwortung der Frage dienen, ob es vor dem Hintergrund der UN-Behindertenrechtskonvention mit Blick auf die Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts bei bestimmten Gruppen von Menschen mit Behinderungen Handlungsbedarf gibt.

Mit Abschluss der Studie ist Ende 2015 zu rechnen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Günter Krings