Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Stellungnahme der Europäischen Kommission zu dem Beschluss des Bundesrates zum Grünbuch der Kommission: Schaffung einer Kapitalmarktunion C(2015) 8083 final

Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsident Stanislaw TILLICH
Leipziger Straße 3-4
D-10117 Berlin

Europäische Kommission
Brüssel den 17.11.2015 C(2015) 8083final

Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,
Die Kommission dankt dem Bundesrat für seine Stellungnahme zum Grünbuch "Schaffung einer Kapitalmarktunion" {COM (2015) 63 final} und ist erfreut, dass der Bundesrat dieses Kommissionsvorhaben unterstützt.

Ziel der Kommission ist es, von Grund auf einen Kapitalbinnenmarkt aufzubauen.

Zu diesem Zweck hat sie das Grünbuch vorgelegt, mit dem die bestehenden Hürden und Hindernisse ermittelt werden sollen. Für eine gründliche Analyse ist die Kommission auf Beiträge aller interessierten Kreise und damit auch der Mitgliedstaaten, der Abgeordneten, der Verbraucher, der Wirtschaft und anderer angewiesen. Die Stellungnahme des Bundesrates ist in den von uns im September vorgestellten Aktionsplan zur Kapitalmarktunion eingeflossen, der darauf abzielt, bis 2019 die Voraussetzungen für eine voll funktionierende Kapitalmarktunion zu schaffen.

Die Kommission teilt die Auffassung des Bundesrates, dass eine einheitliche Ausgestaltung der regulatorischen Anforderungen in Bezug auf die Wettbewerbsbedingungen und eine gründliche Analyse der verbleibenden Hindernisse für die Kapitalverkehrsfreiheit von großer Bedeutung sind. Hierfür wird sie das gesamte verfügbare Instrumentarium prüfen und auch Alternativen zu Rechtsvorschriften in Betracht ziehen. Erst kürzlich hat sie ihre Agenda für bessere Rechtsetzung vorgestellt ein neues Konzept, das die Transparenz der Beschlussfassung in der EU erhöhen, die Qualität neuer Rechtsvorschriften durch bessere Folgenabschätzungen verbessern und eine effektivere Überprüfung der geltenden EU-Rechtsvorschriften fördern soll.

Zur Ermittlung der besten Praktiken hat die Kommission ein Interesse daran, mehr über gut funktionierende Finanzierungsinstrumente wie Privatplatzierungen zu erfahren. Auch hofft sie, auf den Erfolgen nationaler Modelle, wie den deutschen Schuldscheinmärkten aufbauen zu können.

Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass der Bundesrat Umwelt-, Sozial- und Governance-Investitionen sowie marktgeführten Initiativen zur Ausarbeitung von Grundsätzen für "grüne Anleihen" große Bedeutung beimisst. Ebenfalls zur Kenntnis nimmt die Kommission die Bedenken des Bundesrates hinsichtlich IFRS-gestützter oder etwaiger anderer neuer Bilanzierungsvorschriften für KMU sowie die Tatsache, dass der Bundesrat der Verhältnismäßigkeit und der Subsidiarität einen hohen Stellenwert beimisst. Die Kommission teilt die Auffassung, dass jeder etwaige Beschluss über EU-weite Maßnahmen in den Bereichen Insolvenzrecht, Gesellschaftsrecht oder Wertpapierrecht sorgfältig abgewogen werden muss, da jede Ånderung des etablierten nationalen Rechts in den genannten Bereichen mit speziellen Problemen verbunden ist. Sie wird deshalb dafür sorgen, dass jede Initiative durch angemessene Konsultationen vorbereitet und durch Folgenabschätzungen untermauert wird.

Auch das Anliegen des Bundesrates, nicht die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen, sowie das klare Bekenntnis zur weiteren Förderung der Finanzstabilität wurden von der Kommission positiv vermerkt. Die Kommission teilt die Auffassung des Bundesrates, dass die Kapitalmarktunion notwendige Strukturreformen in den Mitgliedstaaten nicht ersetzen kann. Vielmehr wird sie die zur Steigerung der Wirtschaftsleistung eingeleiteten Reformen ergänzen.

Die Kommission weiß um die Bedeutung kleiner regionaler Banken für die KMUFinanzierung und teilt die Auffassung des Bundesrates, dass die Kapitalmarktunion die Bankenfinanzierung nicht zugunsten der Kapitalmärkte einschränken sollte. Für viele unserer Kleinst- und Kleinunternehmen werden Bankkredite auch künftig eine wichtige Form der Finanzierung bleiben. Die Kapitalmarktunion soll in erster Linie all den Unternehmen, die andere Finanzierungswege beschreiten wollen, ein breiteres Spektrum an Möglichkeiten bieten. Die Kommission merkt ebenfalls an, dass der Ausbau der marktbasierten Finanzierung nicht automatisch auch eine Einschränkung der Bankenfinanzierung bedeutet - so könnte beispielsweise die Wiederbelebung des Markts für Verbriefungen unter dem Gesichtspunkt größerer Nachhaltigkeit den Banken mehr Spielraum für Ausleihungen verschaffen, da sie ihre Bilanzen so auf sicherem Wege von Risiken befreien können. Auch werden viele Banken eine wichtige Rolle als Vermittler auf den Kapitalmärkten spielen.

Die Kommission wird die Anmerkungen des Bundesrates bei der Ausarbeitung ihres Aktionsplans für die Kapitalmarktunion berücksichtigen und sieht der Fortsetzung des Dialogs zu diesen und anderen Themen erwartungsvoll entgegen. Die Schaffung einer Kapitalmarktunion ist ein langfristiges Vorhaben, das sich über die gesamte Amtszeit der aktuellen Kommission erstrecken wird, und die Kommission freut sich darauf, im Laufe der Arbeiten auch weiterhin mit dem Bundesrat und nationalen Parlamenten zusammenzuarbeiten.

1 Lord Hill Erster Vizepräsident Mitglied der Kommission