COM (2018) 94 final; Ratsdok. 7064/18
968. Sitzung des Bundesrates am 8. Juni 2018
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union und der Finanzausschuss empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt das Paket der Kommission zur Mindestharmonisierung gedeckter Schuldverschreibungen, das einen prinzipienbasierten Ansatz verfolgt und sich an bereits funktionierenden Märkten orientiert. Das Paket bietet eine Chance in allen Teilen der EU, den Kreditinstituten mit gedeckten Schuldverschreibungen ein Refinanzierungsmittel zu eröffnen und somit die Finanzierung der Realwirtschaft zu fördern.
- 2. Grundsätzliche Anforderungen an die Harmonisierung
- a) Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission im Zuge der Harmonisierung die reibungslose und kontinuierliche Entwicklung schon derzeit funktionierender Märkte, die in einigen Mitgliedstaaten bestehen, gewährleisten will.
- b) Dies erfordert aus Sicht des Bundesrates, dass
- - der in diesen Mitgliedstaaten bestehende Rechtsrahmen - wie das deutsche Pfandbriefgesetz - unter der vorgeschlagenen Richtlinie ungehindert fortbestehen kann;
- - neue Möglichkeiten für gedeckte Schuldverschreibungen, die über diesen bestehenden Rechtsrahmen hinausgehen, nicht die hohe Wertigkeit der bestehenden Produkte verwässern dürfen (Spill-Over-Effekte).
- 3. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf sicherzustellen, dass das funktionierende, im Finanzmarkt anerkannte und europäisch als vorbildlich geltende Instrument des deutschen Pfandbriefs durch die vorgeschlagene Richtlinie keinerlei Schaden nimmt, und zwar weder in seiner gesetzlichen Grundlage (Pfandbriefgesetz) noch in seiner Wertigkeit.
- 4. Änderungsbedarf wegen mangelnder Qualitätssicherung
Der Bundesrat ist der Auffassung, dass der Vorschlag insbesondere an folgenden Punkten die Qualität der gedeckten Schuldverschreibung nicht hinreichend sicherstellt:
- a) Der Vorschlag lässt neben den in Artikel 129 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 (Kapitaladäquanzverordnung (CRR)) privilegierten Deckungswerten gedeckter Schuldverschreibungen "andere Vermögenswerte hoher Qualität" als Deckungswerte zu, ohne hierfür hinreichende Kriterien zu definieren (vergleiche Artikel 6 des Richtlinienvorschlags). Hierdurch droht eine Situation, in der sich unter dem einheitlichen Gütesiegel "europäische gedeckte Schuldverschreibung" (vergleiche Artikel 27 des Richtlinienvorschlags) Deckungswerte nicht ähnlich hoher Qualität wie in Artikel 129 CRR verbergen.
- b) Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, an diesem für die Qualitätssicherung wesentlichen Merkmal für eine Präzisierung durch den europäischen Gesetzgeber (Level 1) - etwa im Wege einer enumerativen Aufzählung - zu sorgen.
- c) Neben der Frage, welche Forderungen taugliche Deckungswerte darstellen, sollte auch bei der Deckungsrechnung und der ihr zugrundeliegenden Bestimmung des Wertes des Deckungspools dem hohen Qualitätsanspruch gedeckter Schuldverschreibungen Rechnung getragen werden. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, auf dementsprechende Regelungen hinzuwirken. Denn beispielsweise nach dem deutschen Pfandbriefgesetz müssen bestimmte Beleihungsgrenzen eingehalten werden. Es werden zudem strenge Anforderungen an den Wert des Gegenstandes (Beleihungswert) gestellt.
- d) Der Bundesrat hält es weiterhin für sinnvoll, ein Konzept zu forcieren, in dem - orientiert an der Aufzählung gewisser Deckungswerte in Artikel 129 CRR - zwei unterschiedliche Abstufungen des Gütesiegels eingeführt werden, so wie es das EU-Parlament in seiner Entschließung vom 4. Juli 2017 zur Festlegung eines EU-weiten Rahmens für gedeckte Schuldverschreibungen (2017/2005 (INI), Ziffer 3) vorgeschlagen hat.
- e) In Artikel 16 Absatz 4 des Richtlinienvorschlags ist vorgesehen, die Liquiditätsanforderungen an den Deckungspool zugunsten anderer Liquiditätsvorschriften (zum Beispiel der 30-Tage-Liquiditätspuffer nach der "Liquidity Coverage Ratio", LCR) zu suspendieren. Da aber gerade die Liquiditätsanforderungen an den Deckungspool den Investoren ein hohes Schutzniveau bieten, ist allenfalls ein umgekehrter Regelungsansatz (Suspendierung von allgemeinen Liquiditätsanforderungen) sinnvoll.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, auf eine entsprechende Änderung der Vorlage hinzuwirken.
- 5. Änderungsbedarf zur Sicherung des Pfandbriefs
Der Bundesrat ist der Auffassung, dass der Vorschlag insbesondere an folgenden Punkten ungerechtfertigt in das funktionierende System des Pfandbriefs eingreift bzw. eingreifen könnte:
- a) Die Forderung nach einer hinreichenden Homogenität des Deckungspools (vergleiche Artikel 10 des Richtlinienvorschlags) könnte je nach Lesart eine Mischung von Gewerbe- und Wohnimmobilien in den Deckungspools - wie beim Hypothekenpfandbrief gängig und wegen Mischimmobilien oder auch für kleinere Emittenten häufig nicht vermeidbar - sowie einen Austausch von Sicherheiten im Deckungspool unmöglich machen. Ein zu strenger Homogenitätsansatz könnte auch die Mischung von Deckungswerten aus verschiedenen Mitgliedstaaten, die ja unter anderem von der Kommission erstrebt wird, verhindern. Weiterhin widerspricht ein zu enges Homogenitätsverständnis auch dem Interesse an einer gewissen Risikostreuung im Deckungspool.
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf, auf eine gesetzgeberische Konkretisierung in der Formulierung des Artikels 10 des Richtlinienvorschlags oder gegebenenfalls auf dessen Streichung hinzuwirken.
- b) Eine Anlegerinformation auf Einzelkreditbasis (vergleiche Artikel 14 Absatz 2 Unterabsatz 2 des Richtlinienvorschlags) konkurriert mit berechtigten Interessen der Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer und wäre für Emittenten mit einem hohen praktischen Aufwand verbunden, ohne dass für Anlegerinnen und Anleger eine wirklich verbesserte Informationslage erreicht werden könnte. Unterschiede in der nationalen Handhabung könnten sich zudem negativ auf die Märkte auswirken.
Der Bundesrat spricht sich dafür aus, sich europaweit auf eine einheitliche Anlegerinformation auf aggregierter Basis zu beschränken.
- c) Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, dafür zu sorgen, dass eine Trennung der Vermögenswerte (vergleiche Artikel 12 des Richtlinienvorschlags) im Zeitpunkt des Insolvenzfalls - wie im Pfandbriefgesetz vorgesehen - als ausreichende Umsetzung der Richtlinie angesehen werden kann und nicht bereits vorher eine Absonderung erforderlich wäre.
- a) Die Forderung nach einer hinreichenden Homogenität des Deckungspools (vergleiche Artikel 10 des Richtlinienvorschlags) könnte je nach Lesart eine Mischung von Gewerbe- und Wohnimmobilien in den Deckungspools - wie beim Hypothekenpfandbrief gängig und wegen Mischimmobilien oder auch für kleinere Emittenten häufig nicht vermeidbar - sowie einen Austausch von Sicherheiten im Deckungspool unmöglich machen. Ein zu strenger Homogenitätsansatz könnte auch die Mischung von Deckungswerten aus verschiedenen Mitgliedstaaten, die ja unter anderem von der Kommission erstrebt wird, verhindern. Weiterhin widerspricht ein zu enges Homogenitätsverständnis auch dem Interesse an einer gewissen Risikostreuung im Deckungspool.
B
- 6. Der Rechtsausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.