Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Stellungnahme der Europäischen Kommission zu dem Beschluss des Bundesrates zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 994/2010

C(2016) 3969 final
Brüssel, 28.6.2016

Herrn Stanislaw TILLICH
Präsident des Bundesrates
Leipziger Straße 3-4
10117 Berlin
Deutschland

Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,

Die Kommission dankt dem Bundesrat für seine Stellungnahme zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 994/2010 [COM (2016) 52 final].

Die Kommission begrüßt die Unterstützung des Bundesrates für die Ziele des Vorschlags und möchte die Gelegenheit wahrnehmen, folgende Punkte klarzustellen.

Um gut auf Krisen vorbereitet zu sein und im Notfall effektiver und koordinierter reagieren zu können, umfasst der Vorschlag der Kommission für eine Verordnung über die sichere Gasversorgung die Einführung einer obligatorischen regionalen Zusammenarbeit bei der Durchführung von Risikobewertungen und der Erstellung von Präventions- und Notfallplänen. Die bestehende Verordnung (EU) Nr. 994/2010 sieht eine freiwillige regionale Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten vor. Mit der Einführung einer obligatorischen Zusammenarbeit in vorab festgelegten Regionen im Bereich der Versorgungssicherheit beabsichtigt die Kommission, Unzulänglichkeiten der Verordnung (EU) Nr. 994/2010 zu beseitigen, aufgrund derer die Risikovorsorge der Mitgliedstaaten für den Fall einer Gasversorgungsstörung zu wünschen übrig ließ.

Darüber hinaus beinhaltet die Verordnung über die sichere Gasversorgung ausdrücklich einen Grundsatz der Solidarität zwischen Mitgliedstaaten, die direkt vernetzt sind. Dieser Solidaritätsgrundsatz gilt in extremen Krisensituationen, in denen die Gesundheit der Bevölkerung unmittelbar gefährdet ist.

Ein weiteres wichtiges neues Element der Verordnung über die sichere Gasversorgung ist die Gewährleistung der Transparenz bestimmter Gaslieferverträge mit möglichen Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit Europas. Erdgasunternehmen werden verpflichtet, Verträge mit Lieferanten mit einer Laufzeit von mindestens einem Jahr und über mindestens 40 % des jährlichen Erdgasverbrauchs in einem Mitgliedstaat zu melden. Die zuständigen Behörden und die Kommission werden zudem befugt sein, auch andere Lieferverträge anzufordern, die diese Kriterien zwar nicht erfüllen, aber eine Gefahr für die Versorgungssicherheit darstellen könnten.

Im Zuge der Gasversorgungskrise in der Ukraine mussten die zuständigen Behörden und die Kommission feststellen, dass es keine geeignete Rechtsgrundlage gibt, um von Gasunternehmen Informationen über Gaslieferungen zu verlangen, wenn keine Notsituation vorliegt; dabei geht es insbesondere um Marktverhältnisse, die nicht durch übliches kommerzielles Verhalten erklärt werden können. Der Vorschlag der Kommission enthält nun eine entsprechende Rechtsgrundlage.

Einige Gasunternehmen und Mitgliedstaaten haben der Kommission außerdem berichtet, dass große Gasproduzenten Verhandlungen über Gaslieferverträge mit kleineren Gasunternehmen zum Anlass nehmen könnten, Klauseln in die Gaslieferverträge aufzunehmen, die womöglich die Versorgungssicherheit gefährden. Dies betrifft insbesondere Gasunternehmen in Mitgliedstaaten, die ihre Gasversorgungsquellen noch nicht diversifiziert haben. Durch mehr Transparenz kann solchen Praktiken ein Ende gesetzt werden.

Gleichzeitig ist sich die Kommission bewusst, dass die Offenlegung von Geschäftsinformationen die Geschäftstätigkeiten der Gasunternehmen schwer schädigen könnte. Die Kommission möchte dem Bundesrat versichern, dass sie über Erfahrung im Umgang mit wirtschaftlich sensiblen Informationen verfügt, insbesondere in den Bereichen Wettbewerb und Kernenergie. Die gleichen Regeln und Verfahren werden auch zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen in Gaslieferverträgen eingeführt.

Die vorstehenden Ausführungen stützen sich auf den von der Kommission vorgelegten Vorschlag, mit dem sich das Europäische Parlament und der Rat, in dem die deutsche Bundesregierung vertreten ist, derzeit im Gesetzgebungsverfahren befassen.

Die Kommission hofft, dass die in der Stellungnahme des Bundesrates aufgeworfenen Fragen mit diesen Ausführungen geklärt werden konnten, und sieht der Fortsetzung des politischen Dialogs erwartungsvoll entgegen.

Mit freundlichen Grüßen