Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen
Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten sowie den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen

Punkt 2 der 943. Sitzung des Bundesrates am 18. März 2016

Der Bundesrat möge beschließen, dass der Vermittlungsausschuss gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes aus folgendem Grund einberufen wird:

Zu Artikel 1 (§ 41 ZKG)

Der Bundesrat hält es für erforderlich, das mögliche Entgelt für Basiskonten auf den Betrag zu begrenzen, den der jeweilige Zahlungsdienstleister für anderweitige Girokonten mit entsprechenden Funktionen üblicherweise verlangt.

Begründung:

§ 41 Absatz 2 ZKG stellt die Entgelte für das Basiskonto unter den Vorbehalt einer Angemessenheitsprüfung. Angemessen sind danach "insbesondere die marktüblichen Entgelte sowie das Nutzerverhalten".

Der Bundesrat hat bereits am 18. Dezember 2015 in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf kritisiert, dass sich die Entgelte für das Basiskonto an den "marktüblichen Entgelten" orientieren sollen. Nach der Begründung im Gesetzentwurf soll es sich der Höhe nach um ein Entgelt handeln, das "im Durchschnitt die Kosten der Institute deckt und ihnen einen angemessenen Gewinn sichert" (BT-Drucksache 18/7204 S. 90). Dabei wird übersehen, dass günstige, wenn nicht sogar kostenlose Girokonten oft als "Türöffner" dienen und nicht zwingend die tatsächlichen Kosten erwirtschaften, die sie verursachen. Sich an diesen "Kosten" zu orientieren und damit "marktübliche Entgelte" als angemessen zu definieren, erscheint als ein falscher Ansatz. Darüber hinaus dürfte die am marktüblichen Entgelt orientierte Erhebung von Kosten gerade solche Personen finanziell überbelasten, denen nach dem Gesetzeszweck der Rechtsanspruch auf Einrichtung eines Basiskontos zugutekommen sollte. Hierzu dürften neben Wohnungslosen und Flüchtlingen diejenigen Menschen gehören, die über äußerst geringe finanzielle Mittel verfügen und für die ein Entgelt von 40,00 Euro oder 50,00 Euro im Jahr zu hoch sein könnte. Der Begriff "marktüblich" birgt das Risiko, dass Entgelte zu hoch kalkuliert werden und damit der Zugang zum Basiskonto insbesondere für nichterwünschte Kunden faktisch verhindert wird.

Die Frage, welche Entgelte als angemessen anzusehen sind, dürfte eher von der Struktur der Kontenmodelle des jeweiligen Instituts abhängig sein. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Regelung sinnvoll, nach der der Zahlungsdienstleister für die Führung des Girokontos höchstens das Entgelt verlangen darf, das der Höhe entspricht, die er üblicherweise für Zahlungskonten mit diesem Leistungsumfang vereinbart.

Der Gesetzgeber ist diesem Vorschlag nicht gefolgt. In ihrer Gegenäußerung (BT-Drucksache 18/7204 S. 136 f.) hält die Bundesregierung dem Vorschlag entgegen, dass bereits schwer zu ermitteln sei, wann es sich um "üblicherweise verlangte Entgelte" handele und diese Regelung daher zur Schaffung von Rechtssicherheit nicht geeignet sei. Zudem seien unter Umständen und im Einzelfall "marktübliche" Entgelte niedriger als "üblicherweise verlangte Entgelte".

Diese Argumentation vermag nicht zu überzeugen. Der vom Bundesrat eingebrachte Vorschlag zur Entgeltregelung orientiert sich an rein objektiven Kriterien, nämlich an den Entgelten, die das Institut üblicherweise für vergleichbare Konten verlangt. Dieses Kriterium ist damit nicht nur juristisch überprüfbar. Es gibt dem Verbraucher - anders als bei der Überprüfung eines marktüblichen Entgelts - sogar die Möglichkeit, die Entgelthöhe vor Ort im Institut zu vergleichen und zu kontrollieren. Diese Transparenz und die verbraucherschützende Wirkung sind höher einzustufen als die unter Umständen eintretenden Einzelfälle, in denen das marktübliche Entgelt günstiger ist.

Dies gilt umso mehr, als der Gesetzgeber nun als weiteres Kriterium das "Nutzerverhalten" zur Prüfung der Angemessenheit normiert hat. Laut Begründung (BT-Drucksache 18/7691, S. 83) sollen die Banken bei der Entgeltgestaltung nun berücksichtigen können, ob "Konten nur in geringem Umfang oder nur über bestimmte Medien genutzt werden". Der Bundesrat befürchtet allerdings, dass dieses Kriterium nicht nur im oben genannten Sinne seitens der Institute ausgelegt wird.

Denn nach wörtlicher Auslegung lässt gerar Begriff "Nutzerverhalten" eine individuelle, nicht an objektive Kriterien gebundene und damit missbräuchliche Preisgestaltung zu. Insbesondere Verbrauchergruppen, die beispielsweise durch fehlende Sprachkenntnisse oder ohne Internetzugang persönliche Beratungen seitens der Banken in Anspruch nehmen müssen, könnten durch ihr "Nutzerverhalten" eine Preissteigerung erfahren. Je nach Auslegung dieses Kriteriums können Entgelte für das Basiskonto deutlich nach oben steigen, sich im Laufe des Vertragsverhältnisses zu Lasten der Kunden ändern und für jeden Kunden neu und anders berechnet werden. Die gewünschte Transparenz, Rechtssicherheit, Verlässlichkeit sowie eine Obergrenze von Entgelten werden damit faktisch ausgehebelt. Den Banken wird die Möglichkeit eröffnet, individuelle Preise zu vereinbaren und nichterwünschte Kunden durch zu hohe Entgelte auszuschließen.

Damit ist die Bezahlbarkeit dieser Konten - gerade für wirtschaftlich schwache Verbraucherinnen und Verbraucher - nicht sichergestellt.