Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über ein Gemeinschaftsverfahren für den Katastrophenschutz (Neufassung) KOM (2006) 29 endg.; Ratsdok. 5865/06

Übermittelt vom Bundesministerium der Finanzen am 6. Februar 2006 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (BGBl. I 1993 S. 313 ff.).

Die Vorlage ist von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 26. Januar 2006 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.

Das Europäische Parlament, der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen werden an den Beratungen beteiligt.


Hinweis: vgl.
Drucksache 676/00 = AE-Nr. 002954,
Drucksache 431/01 = AE-Nr. 011717,
Drucksache 312/05 (PDF) = AE-Nr. 051116,
Drucksache 318/05 (PDF) = AE-Nr. 051117 und
Drucksache 323/05 (PDF) = AE-Nr. 051145

Begründung

1) Kontext des Vorschlages

- Gründe und Ziele des Vorschlags

Das Gemeinschaftsverfahren für den Katastrophenschutz [nachstehend: das Verfahren] wurde im Jahr 2001 geschaffen, um die Mobilisierung und Koordinierung von Katastrophenschutzeinsätzen bei Katastrophen größeren Ausmaßes zu unterstützen und erleichtern. Es hat sich seither als einfaches, aber wirksames Instrument für eine engere Zusammenarbeit und bessere Koordinierung bei Katastrophenschutzeinsätzen erwiesen.

Die jüngsten Erfahrungen haben jedoch gezeigt, dass das Verfahren über seine bisherige Aufgabenstellung hinaus ausgeweitet werden muss. Die Hauptziele dieses Vorschlags sind die Stärkung des Verfahrens auf der Grundlage der bei vergangenen Katastrophenfällen gesammelten Erfahrungen und die Schaffung einer Rechtsgrundlage für zusätzliche Gemeinschaftsmaßnahmen, die angesichts der heutigen Herausforderungen im Rahmen von Katastrophenschutzeinsätzen erforderlich sind. Der Vorschlag basiert auf den in der Mitteilung der Kommission "Verbesserung des Gemeinschaftsverfahrens für den Katastrophenschutz" vom 20. April 20051 dargelegten Gedanken und berücksichtigt die vom Rat am 18. Juli 2005 angenommenen Schlussfolgerungen. Er basiert ferner auf der Mitteilung (EU - nur für den Dienstgebrauch) "Building solidarity through mutual assistance" vom 8. November 2005.2

In dem Vorschlag werden ferner eine Reihe von Erklärungen des Europäischen Rates und des Europäischen Parlaments berücksichtigt, in denen die politischen Leitlinien für die Weiterentwicklung der europäischen Zusammenarbeit beim Katastrophenschutz dargelegt werden. Der Europäische Rat forderte im Juni 2004, "die derzeitige Zusammenarbeit im Bereich Zivilschutz (solle) verbessert werden und den Willen der Mitgliedstaaten widerspiegeln, (...) solidarisch zu handeln". Der Europäische Rat vom Dezember 2004 bekräftigte die Notwendigkeit, "die Katastrophenschutzfähigkeiten, einschließlich gemeinsamer Übungen und der Koordinierung der Unterrichtung der Öffentlichkeit, weiter zu bewerten und auszubauen (sind)". Infolge der Tsunami-Katastrophe in Südasien nahm der Rat einen Aktionsplan an, der alle von der Union oder den Mitgliedstaaten eingeleiteten oder noch zu startenden Initiativen einschießlich möglicher Verbesserungen des Verfahrens und der Entwicklung eines Krisenreaktionsmechanismus der EU für den Katastrophenfall umfasst.3 Gleichzeitig rief das Europäische Parlament zur "Schaffung einer Reihe spezialisierter ziviler Zivilschutzeinheiten mit entsprechender Ausrüstung, die gemeinsam ausgebildet werden und bei (...) Katastrophen (...) in der Union oder in der übrigen Welt zur Verfügung stehen" auf. Im Juni 2005 forderte der Europäische Rat vorrangige Maßnahmen zum "Ausbau der Katastrophenschutzfähigkeiten (...) und (die) Entwicklung einer schnellen Reaktionsfähigkeit auf der Grundlage der Katastrophenschutzmodule der Mitgliedstaaten".

Zusammen geben diese Erklärungen eine klare Ausrichtung der künftigen Zusammenarbeit beim Katastrophenschutz auf europäischer Ebene vor.

- Allgemeiner Kontext

In den vergangenen Jahren war ein deutlicher Anstieg der Häufigkeit, Schwere und Intensität von Naturkatastrophen zu verzeichnen, die Menschenleben forderten, die wirtschaftliche und soziale Infrastruktur zerstörten und zur Schwächung bereits fragiler Ökosysteme beitrugen. Durch neue technologische Gefahren wird der Katastrophenschutz stets komplexer. Terroranschläge in verschiedenen Teilen der EU haben gezeigt, wie wichtig eine effiziente Folgenbewältigung ist.

In den vergangenen drei Jahren ist die Zahl der Länder, die für Soforthilfe im Katastrophenfall auf das Verfahren zurückgegriffen haben, erheblich gestiegen. In den ersten zehn Monaten des Jahres 2005 ersuchten über zehn Länder um Hilfe durch das Verfahren. Das Verfahren wurde von Mitgliedstaaten, Beitrittsländern, Partnern in den Entwicklungsländern und einigen der wohlhabendsten Länder der Welt genutzt bei der Reaktion auf Katastrophen, die über die Kapazitäten der nationalen Behörden hinausgingen.

- Bestehende Rechtsvorschriften auf diesem Gebiet

Derzeit ist die Zusammenarbeit beim Katastrophenschutz auf Gemeinschaftsebene durch zwei Rechtsinstrumente geregelt:

Dieses Instrument ist nicht finanzieller Natur, sondern betrifft die Tätigkeitspflichten der Mitgliedstaaten und der Kommission.

Der vorliegende Vorschlag bezieht sich auf die Entscheidung 2001/792/EG, Euratom des Rates. Er ändert diese Entscheidung im Hinblick auf eine verbesserte Zusammenarbeit und Koordinierung.

- Übereinstimmung mit anderen Politikbereichen und Zielen der Europäischen Union

Besondere Aufmerksamkeit wurde der Vermeidung von Überschneidungen mit Maßnahmen im Rahmen anderer Gemeinschaftsinstrumente und -politiken, vor allem der humanitären Hilfe der EU, gewidmet.

2) Anhörung von interessierten Kreisen und Folgenabschätzung

- Anhörung von interessierten Kreisen

Anhörungsmethoden, angesprochene Sektoren und allgemeines Profil der Befragten

Bei der Ausarbeitung dieses Vorschlags hat die Kommission die Mitgliedstaaten, die fünf zusätzlich am Verfahren beteiligten Länder6 und weitere Interessengruppen im Rahmen einer öffentlichen Anhörung konsultiert. Ein Diskussionspapier und ein Fragebogen wurden ins Internet gestellt und eine Konsultationssitzung einberufen.

Zusammenfassung der Antworten und Art ihrer Berücksichtigung

Bei der Anhörung zeigte sich weitgehende Zustimmung für das Gesamtziel einer Stärkung der bestehenden Katastrophenschutzinstrumente. Die Befragten waren insgesamt einverstanden mit den im Konsultationspapier genannten Zielen und unterstützten das Konzept der Kommission, eher auf bestehenden Instrumenten aufzubauen als neue zu schaffen. Einige äußerten Zweifel daran, ob die vorgeschlagene Richtlinie die geeignete Rechtsform sei und betonten die Notwendigkeit, die Finanzielle Vorausschau einzuhalten und künftigen Entwicklungen eine gründliche Defizitanalyse vorausgehen zu lassen.

Einige der Befragten erklärten, die europäische Katastrophenhilfe müsse deutlicher sichtbar werden. Andere betonten die Notwendigkeit, das Subsidiaritätsprinzip einzuhalten und den Zusatznutzen auf EU-Ebene zu maximieren. Einige Mitgliedstaaten hoben ferner hervor, dass Koordinierung und Komplementarität von humanitärer Hilfe und Katastrophenschutz in Drittländern sichergestellt werden müssten. Einige Interessengruppen unterstrichen die Bedeutung von Frühwarnsystemen. Alle diese Antworten wurden berücksichtigt.

Im Internet wurde vom 20.01.2005 bis 01.06.2005 eine offene Konsultation durchgeführt. Die Ergebnisse können eingesehen werden unter: http://europa.eu.int/comm/environment/civil/consult_new_instrument.htm .

- Einholung und Nutzung von Expertenwissen

Externes Expertenwissen war nicht erforderlich. In den Vorschlag flossen die bei früheren Katastrophen mit dem Verfahren gesammelten Erfahrungen ein.

- Folgenabschätzung

Bei der Ausarbeitung dieses Vorschlags wurden drei Optionen erwogen.

Die erste Option war die Ablehnung eines Legislativvorschlags. Diese Option würde es der Gemeinschaft unmöglich machen, die vom Europäischen Rat und vom Europäischen Parlament vorgegebenen politischen Ziele zu erreichen.

Die ehrgeizigste verfügbare Option zum Erreichen dieser Ziele ist der Aufbau einer ständigen europäischen Katastrophenschutztruppe. Diese aus Mitgliedern der Katastrophenschutzteams der Mitgliedstaaten bestehende Truppe würde auf europäischer Ebene in Bereitschaft gehalten, um im Katastrophenfall rasch einsatzbereit zu sein. Obwohl diese Option zahlreiche Vorteile bietet, vor allem in Bezug auf Geschwindigkeit, Effizienz, Sichtbarkeit und Koordination, gilt sie angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes des Verfahrens wegen der damit verbundenen finanziellen und administrativen Herausforderungen als unrealistisch.

Die dritte Option ist die Einfügung einer begrenzten Zahl von Verbesserungen in die für das Verfahren geltende Entscheidung des Rates. Dieser Ansatz ermöglicht es der Gemeinschaft, bei der Zusammenarbeit im Katastrophenschutz ehrgeizigere Ziele pragmatisch und kostenwirksam zu verfolgen. Die Gemeinschaft kann sich so weiterhin auf die Katastrophenschutzressourcen der Mitgliedstaaten als wichtigstes Instrument zur Durchführung der Katastrophenhilfe stützen und diese durch zusätzliche Ressourcen ergänzen. Durch den Vorschlag werden die mit Option 2 verbundenen Kosten vermieden und ein angemessenes Gleichgewicht zwischen unterstützenden und ergänzenden Maßnahmen gewährleistet, das es der Gemeinschaft ermöglicht, Katastrophenopfern Hilfe zu leisten.

3) Rechtliche Aspekte

- Zusammenfassung der vorgeschlagenen Maßnahme

Dieser Vorschlag ist eine Neufassung der Entscheidung 2001/792/EG, Euratom des Rates in Einklang mit der Interinstituionellen Vereinbarung über die systematische Neufassung von Rechtsakten. Er enthält in einem einzigen Text sowohl die wesentlichen Änderungen der Entscheidung 2001/792/EG, Euratom des Rates als auch die unverändert bleibenden Bestimmungen. Durch den Vorschlag wird diese Entscheidung ersetzt und aufgehoben. Dies wird dazu beitragen, das Gemeinschaftsrecht besser zugänglich und transparenter zu gestalten.

- Rechtsgrundlage

Gemäß Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe u EG-Vertrag umfasst die Tätigkeit der Gemeinschaft Maßnahmen im Bereich des Katastrophenschutzes. Da der Katastrophenschutz auch bei radiologischen Notfällen erforderlich sein kann, muss dieser Vorschlag auch auf dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft basieren.

In Ermangelung einer besonderen Rechtsgrundlage für den Katastrophenschutz stützt sich dieser Vorschlag auf Artikel 308 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und Artikel 203 des Euratom-Vertrags. Diese beiden Rechtsgrundlagen sehen das gleiche Entscheidungsverfahren vor, d.h. der Rat trifft auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments einstimmig die erforderlichen Maßnahmen.

- Subsidiaritätsprinzip

Das Subsidiaritätsprinzip gelangt zur Anwendung, da der Vorschlag nicht unter die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft fällt.

Die Ziele des Vorschlags können von den Mitgliedstaaten aus folgendem Grund (aus folgenden Gründen) nicht ausreichend verwirklicht werden:

Das Verfahren wurde geschaffen, weil die Katastrophenschutzkapazitäten der einzelnen Mitgliedstaaten durch eine Katastrophe größeren Ausmaßes überlastet sein können. Ist dies der Fall, so ist die gegenseitige Unterstützung im Katastrophenfall eine notwendige Ergänzung zu den nationalen Katastrophenschutzkapazitäten.

Die Ziele des Vorschlags können aus folgendem Grund (aus folgenden Gründen) besser durch Maßnahmen der Gemeinschaft erreicht werden:

Die Stärkung der Fähigkeit der Gemeinschaft, einen wirksamen Katastrophenschutz bei Katastrophen größeren Ausmaßes zu leisten, ist sowohl ein politischer Imperativ als auch eine praktische Notwendigkeit. Der Europäische Rat und das Europäische Parlament haben den Bedarf an einer stärkeren Zusammenarbeit im Bereich des Katastrophenschutzes auf europäischer Ebene erkannt. Der Vorschlag wird es den Mitgliedstaaten ermöglichen, einen wirksameren Beitrag zum Katastrophenschutz der Gemeinschaft zu leisten und aus der verbesserten Koordinierung und Zusammenarbeit innerhalb eines stärkeren Rechtsrahmens Nutzen zu ziehen. Gleichzeitig gibt er den Mitgliedstaaten die Sicherheit einer wirksamen, gut koordinierten Hilfe von seiten anderer Mitgliedstaaten im Katastrophenfall.

Der Vorschlag ermöglicht es den Mitgliedstaaten ferner, in bestimmten Bereichen, beispielsweise Logistik und Transport, Einsparungen zu erzielen und knappe Ressourcen besser zu nutzen.

Kurz gesagt: der Vorschlag dient der Verbesserung der Zusammenarbeit auf Gemeinschaftsebene, um die Anstrengungen der Mitgliedstaaten, deren nationale Kapazitäten bei einer Katastrophe größeren Ausmaßes überlastet sind, zu unterstützen und ergänzen.

Der Vorschlag steht daher mit dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang.

- Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Der Vorschlag entspricht aus folgendem Grund (aus folgenden Gründen) dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit:

Die Maßnahme geht nicht über das hinaus, was notwendig ist, um das Ziel zu erreichen. Er bezieht sich auf Mängel, die bei Einsätzen in der Vergangenheit festgestellt wurden, und basiert auf den vom Europäischen Rat und vom Europäischen Parlament erteilten Mandaten.

Die verwaltungstechnische Belastung der Gemeinschaft und der nationalen Behörden ist begrenzt und geht nicht über das zur Gewährleistung einer wirksamen Reaktion der Gemeinschaft auf Hilfsersuchen im Katastrophenfall erforderliche Maß hinaus.

- Wahl des Instruments

Vorgeschlagene Instrumente: Entscheidung des Rates Andere Instrumente wären aus folgendem Grund (aus folgenden Gründen) nicht angemessen:

Eine Neufassung der Entscheidung 2001/792/EG, Euratom des Rates kann nur durch eine Entscheidung des Rates erfolgen.

4) Auswirkungen auf den Haushalt

Der Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den Gemeinschaftshaushalt.

5) Weitere Angaben

- Vereinfachung

Mit dem Vorschlag werden Rechtsvorschriften vereinfacht.

Die Neufassung erlaubt es der Gemeinschaft, die vorgeschlagenen grundlegenden Änderungen der Entscheidung des Rates und die nicht geänderten Bestimmungen in einem einzigen Rechtstext zusammenzufassen. Darüber hinaus wurde der ursprüngliche Wortlaut der Entscheidung verbessert und im Interesse einer besseren Regelung präzisiert. Dies führte zu einer Reihe von Streichungen und Änderungen, die sich nicht auf die Substanz der Entscheidung auswirken.

- Aufhebung geltender Rechtsvorschriften

Durch die Annahme des Vorschlags werden bestehende Rechtsvorschriften aufgehoben.

- Überprüfungs-/Revisions-/Verfallsklausel

Der Vorschlag enthält eine Überprüfungsklausel.

- Neufassung

Der Vorschlag beinhaltet die Neufassung von Rechtsvorschriften.

- Europäischer Wirtschaftsraum

Der vorgeschlagene Rechtsakt ist von Bedeutung für den Europäischen Wirtschaftsraum und sollte deshalb auf den EWR ausgeweitet werden.

- Einzelerläuterung zum Vorschlag

Nachstehend folgt eine Zusammenfassung der wichtigsten Vorschläge.

1. Beförderung
a) Aktueller Stand

Derzeit ist jeder Mitgliedstaat für die Beförderung seiner Katastrophenschutzressourcen verantwortlich. Der Mangel an verfügbaren Verkehrsmitteln war das größte Problem, durch das die Wirksamkeit der europäischen Katastrophenschutzeinsätze behindert wurde. Bei allen Einsätzen in der jüngsten Vergangenheit berichteten die Mitgliedstaaten, dass sie in der Lage gewesen wären,

Hilfe zu leisten, jedoch keine Beförderungsmöglichkeiten vorhanden waren.

Die Gründe hierfür sind vielfältig. Nicht alle Katastrophenschutzbehörden der Mitgliedstaaten verfügen über Flugzeuge oder Hubschrauber, die sie jederzeit nutzen können. In einigen Fällen gibt es keine Verfahren für die Nutzung militärischer Verkehrsmittel für den Katastrophenschutz. Oft ist es umständlich und zeitintensiv, die Beförderung mit gewerblichen Flugzeugen in die Wege zu leiten. Die Mitgliedstaaten konkurrieren zuweilen um die gleichen Verkehrsmittel. Darüber hinaus stehen die Transportkosten mitunter in keinem Verhältnis zum finanziellen Wert der Hilfe.

Wie in der Folgenabschätzung dargelegt führen diese Probleme oft dazu, dass dringend benötigte Hilfe verspätet oder gar nicht eintrifft. Selbst wenn die Mitgliedstaaten bereit sind die finanzielle Belastung der Beförderung zu tragen, wirken sich diese Kosten oft negativ auf Umfang oder Dauer des Einsatzes aus, wodurch die positiven Auswirkungen der Katastrophenhilfe geschmälert werden.

b) Vorschläge

Die Gemeinschaft sollte in diesem Bereich enger zusammenarbeiten. Durch die finanzielle und praktische Unterstützung der Gemeinschaft für die Beförderung der Katastrophenschutzressourcen kann mehr Hilfe geleistet werden. Dadurch wird die Zusammenarbeit erhöht und unsere gemeinsame Solidarität mit hilfesuchenden Ländern deutlicher demonstriert. Jeder Mitgliedstaat hat die Sicherheit, dass er sich auf die Katastrophenhilfe der Gemeinschaft verlassen kann, auch wenn die Beförderungsmittel der anderen Mitgliedstaaten erschöpft, unzureichend oder nicht verfügbar sind. Ganz besonders wichtig ist, dass die Gemeinschaft mehr Leben retten sowie Katastrophenopfer rasch und gezielt unterstützen kann.

Die Entscheidung des Rates sollte daher ein neues Konzept für die Beförderung der Katastrophenschutzressourcen im Rahmen des Verfahrens umfassen. Die wichtigsten Grundsätze sind folgende :

2. Aufbau eines europäischen Krisenreaktionsinstruments
a) Aktueller Stand

Für Katastrophenschutzeinsätze der Gemeinschaft stellen die Mitgliedstaaten freiwillig Teams, Experten und Ausrüstung zur Verfügung. Zu diesem Zweck müssen die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 3 der Entscheidung vorab Teams und Experten ermitteln die für Einsätze im Rahmen des Gemeinschaftsverfahrens verfügbar sein könnten. Gemäß Artikel 4 Absatz 2 muss die Kommission ein Ausbildungsprogramm erstellen das sich auf Kursen, Übungen und dem Austausch von Experten zusammensetzt damit die Einsatzkräfte besser vorbereitet sind.

Diese Bestandteile sind zwar sinnvoll, für den Aufbau eines europäischen Krisenreaktionsinstruments, wie es der Europäische Rat gefordert hat, jedoch unzureichend. Dies wird bekräftigt durch die Bewertung der Reaktionsfähigkeit, die sich schwerpunktmäßig mit dem verfügbaren Katastrophenschutz im Fall von Terroranschlägen in der Europäischen Union befasste. Die Bewertung zeigt mangelnde Reaktionsfähigkeit in mehreren Bereichen auf, in denen voraussichtlich um gegenseitige Unterstützung ersucht werden wird.8 Diese Bereiche müssen behandelt werden damit gemeinsame Unterstützung durch die Gemeinschaft im Bedarfsfall gewährleistet ist.

Darüber hinaus haben die Erfahrungen inn der Vergangenheit gezeigt, dass jedes freiwillige System der gegenseitigen Unterstützung Grenzen hat, vor allem wenn ähnliche Gefahren mehrere Länder gleichzeitig betreffen (z.B. gleichzeitige Terroranschläge innerhalb der Union, Waldbrände, Überschwemmungen). Die Unterstützung der Mitgliedstaaten könnte also zur Gewährleistung der raschen Krisenreaktion in allen Katastrophenfällen unzureichend sein.

b) Vorschläge

Mit diesem Vorschlag werden vier Innovationen eingeführt, die Ausdruck der Absicht der Europäischen Union sind, auf der Grundlage der Katastrophenschutzmodule der Mitgliedstaaten ein Krisenreaktionsinstrument der EU aufzubauen.

Erstens werden die Vorkehrungen bekräftigt, die der Rat am 18. Mai 2004 bei der Annahme der Modalitäten für die Verfügbarmachung des Inhalts der militärischen Datenbanken für das Gemeinschaftsverfahren bereits vereinbart hat. In Einklang mit diesen Modalitäten werden die Mitgliedstaaten in dem Vorschlag aufgefordert, in ihrer Reaktion auf ein Hilfeersuchen Angaben zu den verfügbaren militärischen Mitteln zu machen.

Zweitens werden die Mitgliedstaaten, wie vom Europäischen Rat gefordert, aufgefordert an der Entwicklung von Katastrophenschutzmodulen zu arbeiten. Diese Module sind spezielle, vorab getroffene Vorkehrungen der Katastrophenschutzkräfte der Mitgliedstaaten, die eine wirksame Reaktion auf im Rahmen des Verfahrens übermittelte Hilfeersuchen ermöglichen. Es kann sich dabei um Ausrüstung, Einsatzkräfte oder beides handeln. Sie müssen vollständig interoperabel, schnell einsatzbereit und entsprechend ausgerüstet sein, um Unterstützungsfunktionen zu übernehmen oder den vorrangigen Bedarf im Katastrophenfall zu decken. Bei der Entwicklung dieser Module können mögliche Synergien mit anderen Arten von Expertenwissen zur Reaktion auf Katastrophen größeren Ausmaßes ermittelt werden.

Wichtig ist auch, dass Module von einem oder mehreren Mitgliedstaaten gemeinsam entwickelt werden können. Im letzteren Fall gäbe es zusätzliche Möglichkeiten der Zusammenarbeit, vor allem für kleinere Länder, und die Mitgliedstaaten könnten einzeln oder gemeinsam ihren Beitrag zu Katastropheneinsätzen der Gemeinschaft leisten. Sobald die Module ein wichtiger Bestandteil der Datenbank über die verfügbare Hilfe geworden sind, kann das MIC nach Eingang eines Hilfeersuchens die am dringendsten benötigten Module ermitteln und ihre sofortige Mobilisierung durch den/die zuständigen Mitgliedstaat(en) veranlassen.

Drittens hat die Bewertung der Reaktionsfähigkeit gezeigt, dass Bedarf an weiteren Maßnahmen im Bereich der Logistik besteht. Die Gemeinschaft sollte Einsparungsmöglichkeiten in diesem Bereich prüfen und gewährleisten, dass zentrale Unterstützungsfunktionen (Kommunikation, Pkw-Bestand am Einsatzort, Lieferungen, Workshops usw.) von speziellen, für die Einsatzteams aus allen Mitgliedstaaten tätigen Einheiten wahrgenommen werden. Dadurch können sich die Einsatzteams auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren, wodurch deren Wirksamkeit gesteigert wird und die europäische Katastrophenhilfe voll zum Tragen kommt. Die Unterstützungsmodule setzen sich aus Ressourcen der Mitgliedstaaten zusammen, die vom jeweiligen Mitgliedstaat in Absprache mit der Kommission entsandt werden.

Schließlich soll sich der Katastrophenschutz der Gemeinschaft zwar weiterhin in erster Linie auf freiwillige Beiträge aus den Mitgliedstaaten stützen, doch enthält dieser Vorschlag den Rahmen für eine neue Politik, die es der Gemeinschaft ermöglicht, die Hilfe der Mitgliedstaaten durch zusätzliche Unterstützung und Ressourcen kostenwirksam zu ergänzen. Dabei handelt es sich um Hilfe, die nicht von den am Verfahren beteiligten Ländern geleistet werden kann. Es kann sich beispielsweise um die vorübergehende Anmietung spezieller Ausrüstung handeln (MedEvac-Flugzeuge, Hochleistungspumpen bei Überschwemmungen, Löschflugzeuge bei Waldbränden usw.).

Dieser letztgenannte Vorschlag erfordert die Ausarbeitung strenger Kriterien oder Schwellenwerte, die in Einklang mit dem Verfahren des Artikels 13 festzulegen sind.

Es ist nicht geplant, die nationalen Vorsorgemaßnahmen zu ersetzen oder Finanzmittel der Gemeinschaft für die Anschaffung der Katastrophenschutzausrüstung auf Ebene der Mitgliedstaaten bereitzustellen. Ziel ist lediglich ein zusätzliches Sicherheitsnetz, auf das unter außergewöhnlichen Umständen zur Ergänzung der von den Mitgliedstaaten bereitgestellten Hilfe zurückgegriffen werden kann. Wenn die Hilfe von seiten der Mitgliedstaaten unzureichend, nicht verfügbar oder unwirksam ist, ist die Gemeinschaft in der Lage, humanitären Bedarf zu decken oder irreparable Umweltschäden zu verhindern.

Dieser Vorschlag ist auf die Steigerung der Sicherheit der Bürger Europas ausgerichtet und erfüllt so die Anforderungen hinsichtlich Notwendigkeit und Subsidarität. Er ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass die Gemeinschaft jederzeit auf ein Hilfeersuchen eines ihrer Mitgliedstaaten reagieren kann, auch wenn die benötigte Hilfe in keinem der übrigen Mitgliedstaaten verfügbar ist oder wenn die nationale Hilfe der übrigen Mitgliedstaaten unzureichend oder nicht verfügbar ist. Er sorgt für zusätzlichen Schutz und Sicherheit, die durch die einzelnen Mitgliedstaaten nicht gewährleistet werden können.

3. Frühwarnsystem

Die Fähigkeit der Gemeinschaft, auf Naturkatastrophen rasch zu reagieren, hängt von der Verfügbarkeit von Frühwarnsystemen ab, die es den Mitgliedstaaten und dem Beobachtungs- und Informationszentrum ermöglichen, die notwendigen Maßnahmen schnellstmöglich zu ergreifen. Diese Systeme sollten bestehende Informationsquellen berücksichtigen beispielsweise das Global Disaster Alert and Coordination System (GDACS) und das UNDAC-Warnsystem. Durch den Beitrag zur Entwicklung dieser Systeme wird die Gemeinschaft einen Beitrag leisten zur Minimierung der Reaktionszeit bei Naturkatastrophen und zur Verbesserung der Fähigkeit der EU, gemeinsam rasch zu handeln. Der Rat hat sein starkes Interesse an der Fortsetzung dieser Arbeiten zum Ausdruck gebracht. Für die Fortsetzung dieser Arbeit im Rahmen des Verfahrens muss in der Entscheidung des Rates eine geeignete Rechtsgrundlage geschaffen werden.

Das Hauptziel der vorgeschlagenen Gemeinschaftsmaßnahme zur Frühwarnung ist es, die europäischen Bürger besser vor den Folgen von Naturkatastrophen zu schützen.

Einschlägige Maßnahmen in diesem Bereich sind beispielsweise: Bewertung und gegebenenfalls Ausbau bestehender Frühwarnsysteme, bessere Verknüpfung von Erfassungssystemen und Warnmechanismen, Feststellung von Synergien zwischen verschiedenen Systemen und deren Verknüpfung, damit Entscheidungsträger leichter Zugang zu ihnen haben.

4. Koordinierung von Einsätzen in Drittländern
a) Aktueller Stand

Hilfseinsätze außerhalb der Gemeinschaft können entweder eigenständig oder als Beitrag zu einer Operation unter Leitung einer internationalen Organisation durchgeführt werden.

In einigen Notsituationen interveniert der Katastrophenschutz entsprechend den humanitären Erfordernissen und trägt zur humanitären Hilfe im weiteren Sinne bei.

Katastrophenschutz und humanitäre Hilfe betreffen bei den unmittelbaren Bedarf nach einer Katastrophe größeren Ausmaßes. Während Katastrophenschutzeinsätze typischerweise von kürzerer Dauer sind, werden humanitäre Einsätze auch über die akute Phase einer Katastrophe hinaus fortgesetzt.9 Die Kommission hat Vorkehrungen für eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Verfahren und ECHO sowie im Hinblick auf eine umfassende Reaktion auf Katastrophen getroffen. Die Arbeitsverfahren der Kommission werden weiterhin zur Stärkung der Synergien zwischen der humanitären Hilfe der EU und dem Katastrophenschutz beitragen, aufbauend auf ihren jeweiligen Rollen und komparativen Vorteilen. Dadurch wird eine genauere Berichterstattung über humanitäre Beiträge der Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten ermöglicht.

Besondere Anstrengungen galten ferner der ordnungsgemäßen Koordinierung mit den Vereinten Nationen. Die Kommission und das Büro der Vereinten Nationen zur Koordinierung der humanitären Hilfe (UNOCHA) haben im Oktober 2004 eine Vereinbarung unterzeichnet, in der die Grundsätze für die weitere Zusammenarbeit und Koordinierung im Hinblick auf die Vermeidung von Doppelarbeit festgelegt sind. Die Kommission wird die Koordinierung mit den Vereinten Nationen und anderen internationalen Akteuren im Hinblick auf eine bestmögliche Nutzung der verfügbaren Ressourcen fortsetzen.

b) Vorschläge

Die verbesserte Koordinierung auf Gemeinschaftsebene ist eine Voraussetzung für die Gesamtkoordination und die Gewährleistung eines umfassenden europäischen Beitrags zu den Hilfsmaßnahmen insgesamt. In Artikel 6 der Entscheidung sollten daher die Rollen und Zuständigkeiten - wie sie sich in der Praxis ergeben haben - des Mitgliedstaats, der die Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union innehat, des Koordinierungsteams für den Katastrophenschutz am Einsatzort und der Kommission klargestellt werden.

Der Vorsitz koordiniert die politische Reaktion in enger Abstimmung mit der Kommission. Er hält vor allem Kontakt zu dem betroffenen Land, insbesondere in der Frühphase einer Katastrophe, um die Bereitstellung der Katastrophenhilfe der Gemeinschaft zu erleichtern. Mit diesem Vorschlag wird ferner für das Land, das den Vorsitz innehat, die Möglichkeit geschaffen, einem anderen Mitgliedstaat die Zuständigkeit für die politische Koordinierung ganz oder teilweise zu übertragen. Dies kann sich als nützlich erweisen, wenn beispielsweise eine Katastrophe während des Vorsitzes eines Landes ihren Ausgang nimmt, aber in den Vorsitz eines anderen Landes hineinreicht, wenn sich mehrere Katastrophen gleichzeitig ereignen oder wenn der Vorsitz keine bilateralen Beziehungen zu dem betroffenen land unterhält.

Desgleichen sollte es dem Vorsitz möglich sein, unter diesen Umständen die Kommission um Hilfe zu ersuchen.

Über das MIC koordiniert die Kommission den europäischen Katastrophenschutz auf operativer Ebene in enger Abstimmung mit den Hilfe leistenden Mitgliedstaaten, dem betroffenen Land und, wo sie vertreten sind, den Vereinten Nationen. Sobald ein Hilfeersuchen über das MIC verbreitet wurde, sollten alle Hilfe leistenden Mitgliedstaaten Kontakt zum MIC halten, damit die Kommission in der Lage ist, einen umfassenden und kohärenten europäischen Beitrag zu den Hilfsmaßnahmen insgesamt zu gewährleisten. Gegebenenfalls entscheidet die Kommission entscheidet in Absprache mit dem Vorsitz über die Mobilisierung und Entsendung eines Evaluierungs- und/oder Koordinierungsteams, das sich aus Experten aus den Mitgliedstaaten zusammensetzt. Das Evaluierungs- und/oder Koordinierungsteam sollte ein klares Mandat erhalten und Weisungsbefugnis zur Koordinierung der Katastrophenschutzteams im Rahmen des Gemeinschaftsverfahrens besitzen. Das Team sollte über grundlegende logistische Unterstützung verfügen, vor allem Kommunikationsgeräte, die eine wirksame Koordinierung der europäischen Katastrophenhilfe ermöglichen.