Gesetzesantrag des Freistaates Sachsen
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte

A. Problem und Ziel

Fernseh- und Hörfunkprogramme werden nicht nur individuell durch Einzelantennen oder gewerbliche Anbieter, sondern regelmäßig auch über privat organisierte Gemeinschaftsantennen weitergesendet. Diese können von Wohnungseigentümergemeinschaften oder auch örtlichen Antennengemeinschaften betrieben werden. Für Wohnungseigentümergemeinschaften hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass die zeitgleiche, unveränderte und vollständige Weitersendung über Satellit ausgestrahlter und mit einer Gemeinschaftsantenne empfangener Fernseh- oder Hörfunksignale durch ein Kabelnetz an die angeschlossenen Empfangsgeräte der einzelnen Wohnungseigentümer weder Schadensersatzansprüche oder Wertersatzansprüche noch Vergütungsansprüche der Rechteinhaber begründet (BGH, Urteil vom 17. September 2015 - I ZR 228/14 - Ramses). Für Antennengemeinschaften geht die obergerichtliche Rechtsprechung allerdings davon aus, dass diese Grundsätze nicht übertragbar sind und die Weiterleitung von Sendesignalen in Netze dieser Gemeinschaften urheberrechtliche Vergütungen auslöst.

Bei wertender Betrachtung unterscheidet sich der Empfang von Sendesignalen durch eine Gemeinschaftsantenne und deren Weiterleitung über ein Kabelnetz zu einzelnen Empfängern nicht von der Fallgestaltung, dass die Empfänger jeweils gesonderte Antennen installieren, um die Sendesignale in ihren Wohnungen zu empfangen. Deshalb sollten privat organisierte Gemeinschaftsantennenanlagen - wie beim Empfang durch Einzelantennen - ebenfalls von den urheberrechtlichen Gebühren befreit werden. Damit würde auch eine urheberrechtliche Gleichbehandlung von örtlichen Antennengemeinschaften und Wohnungseigentümergemeinschaften erfolgen. Mit dem Gesetz soll daher erreicht werden, dass dann, wenn Antennengemeinschaften nicht gewerbsmäßig agieren und lediglich einen Empfang von Hörfunk- und Fernsehprogrammen durch Gemeinschaftsantennen statt über Einzelantennen ermöglichen, die bloße Weitersendung von Fernseh- oder Hörfunksignalen durch eine Gemeinschaftsantennenanlage nicht mit zusätzlichen Abgaben verbunden ist.

B. Lösung

Daher ist eine gesetzliche Klarstellung in § 15 Absatz 3 UrhG erforderlich, dass die Weitersendung von Programmen durch eine Gemeinschaftsantennenanlage keine öffentliche Wiedergabe darstellt und ein urheberrechtsfreier Empfang vorliegt. Damit werden zukünftig die Anlagen von Wohnungseigentümergemeinschaften und von örtlichen Antennengemeinschaften urheberrechtlich gleich behandelt.

C. Alternativen

Keine

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

Belastungen des Bundes, der Länder und Gemeinden durch die Realisierung dieses Gesetzes mit zusätzlichen Kosten sind nicht ersichtlich.

E. Sonstige Kosten

Durch die Realisierung dieses Gesetzes entstehen keine zusätzlichen Kosten für die Wirtschaft. Auswirkungen können sich daraus ergeben, dass für die erlaubnisfreie Nutzung auch keine Vergütung an die Rechteinhaber zu zahlen ist. Für die privaten Haushalte, die sich zu einer Antennengemeinschaft zusammengeschlossen haben, entfallen diese Kosten. Eine Benachteiligung der Urheber und Leistungsschutzberechtigten ist damit nicht verbunden, da das von den Antennengemeinschaften versorgte Publikum von deren bestimmungsgemäßem Empfängerkreis umfasst ist und damit im Rahmen der an die Rechteinhaber gewährten Vergütung berücksichtigt werden kann.

F. Bürokratiekosten

Es werden keine zusätzlichen Informationspflichten geschaffen.

Gesetzesantrag des Freistaates Sachsen
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte

Freistaat Sachsen Dresden, 24. April 2018
Ministerpräsident

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Regierenden Bürgermeister
Michael Müller

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Sächsische Staatsregierung hat am 24. April 2018 beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage beigefügten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte mit dem Ziel zu übersenden, die Zuleitung gemäß Artikel 76 Absatz 1 Grundgesetz an die Bundesregierung zu beschließen.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der 967. Sitzung des Bundesrates am 27. April 2018 zu setzen und den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Michael Kretschmer

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Urheberrechtsgesetzes

Dem § 15 Absatz 3 des Urheberrechtsgesetzes vom 9. September 1965 (BGBl. I S. 1273), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 1. September 2017 (BGBl. I S. 3346) geändert worden ist, wird folgender Satz angefügt:

"Die Weitersendung eines gesendeten Werkes im Rahmen eines zeitgleich, unverändert und vollständig übertragenen Programms durch eine Gemeinschaftsantennenanlage gilt nicht als öffentliche Wiedergabe, wenn

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung:

A. Allgemeiner Teil

:

I. Zielsetzung

Fernseh- und Hörfunkprogramme werden nicht nur individuell durch Einzelantennen oder gewerbliche Anbieter, sondern regelmäßig auch über privat organisierte Gemeinschaftsantennen weitergeleitet. Diese können von Wohnungseigentümergemeinschaften oder auch von örtlichen Antennengemeinschaften betrieben werden. Gerade in den östlichen Bundesländern, aber nicht nur hier, sind solche örtlichen Antennengemeinschaften bereits in den 80er Jahren in großer Zahl mit dem Ziel entstanden, westdeutsche Rundfunk- und Fernsehsender zu empfangen. Diese Antennengemeinschaften sind oftmals im ländlichen Raum und insbesondere auch an Orten angesiedelt, an denen ein Empfang aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nur schwer möglich war. Daher haben sich die dort ansässigen Bewohner teilweise unter großem persönlichen Einsatz - oftmals in Vereinen - zusammengeschlossen und ein privates Kabelnetz errichtet, das durch die Verbindung zur Gemeinschaftsantenne einen Empfang von Rundfunk- und Fernsehprogrammen ermöglicht.

Finanzielle oder gewerbsmäßige Interessen werden in diesen Antennengemeinschaften regelmäßig nicht verfolgt. Vielmehr werden gegenüber den Mitgliedern der Antennengemeinschaften Beiträge in Höhe der Unkosten erhoben, die für das Betreiben der Gemeinschaftsantenne notwendig sind. Diese Antennengemeinschaften prägen noch heute den ländlichen Raum in den ostdeutschen Bundesländern, da deren Mitglieder die Empfangsmöglichkeit über die Gemeinschaftsantenne weiterhin nutzen, anstatt Einzelantennen an das Haus oder die Wohnung zu installieren. Mit der Gewährleistung des Empfangs von Fernseh- und Hörfunkprogrammen leisten die örtlichen Antennengemeinschaften auch einen wichtigen Beitrag für eine gute Infrastruktur im ländlichen Raum.

Ebenso wie im ländlichen Raum Antennengemeinschaften bestehen, die den Empfang von Fernseh- und Hörfunkprogrammen durch eine Gemeinschaftsantenne anstatt von Einzelantennen gewährleisten, existieren auch in urbanen Räumen Gemeinschaftsantennen, wie beispielsweise in Wohnungseigentümergemeinschaften. Auch hier wird durch ein entsprechendes Hausnetz der Empfang sichergestellt, so dass keine Einzelantennen an den einzelnen Wohnungen erforderlich sind. Für Wohnungseigentümergemeinschaften hat der Bundesgerichtshof bereits für das geltende Recht entschieden, dass die zeitgleiche, unveränderte und vollständige Weitersendung über Satellit ausgestrahlter und mit einer Gemeinschaftsantenne empfangener Fernseh- oder Hörfunksignale durch ein Kabelnetz an die angeschlossenen Empfangsgeräte der einzelnen Wohnungseigentümer weder Schadensersatzansprüche oder Wertersatzansprüche noch Vergütungsansprüche der Rechteinhaber begründet (BGH, Urteil vom 17. September 2015 - I ZR 228/14 - Ramses). Der Bundesgerichtshof hat dabei den dem Kabelweitersenderecht zugrunde liegenden Begriff der "öffentlichen Wiedergabe" im Sinne des § 15 Absatz 3 UrhG unionsrechtskonform ausgelegt und betont, dass sich der Empfang mittels einer gemeinsamen Satellitenschüssel und die Weiterleitung über ein Kabelnetz in die einzelnen Wohnungen nicht von der Fallgestaltung unterscheidet, dass jeder einzelne Eigentümer für seine eigene Wohnung eine gesonderte Antenne installiert.

Für eine österreichische Antennengemeinschaft hat der Europäische Gerichtshof - vor dem Hintergrund konkreter Regelungen im österreichischen Recht - dies ebenfalls so entschieden (EuGH, Urteil vom 16. März 2017 - C-138/16 - AKM/Zürs.net). Erfolgt die Verbreitung urheberrechtlich geschützter Werke mit Hilfe von Leitungen im Inland und wurden die betroffenen Personen daher von den Rechteinhabern bei der Erteilung der Erlaubnis zur ursprünglichen Ausstrahlung dieser Werke durch die nationale Rundfunkanstalt berücksichtigt, könne das Publikum, für das die Antennengemeinschaft die Werke verbreitet, nicht als neues Publikum angesehen werden und die Übermittlung von Sendungen an diese Personen keine "öffentliche Wiedergabe" sein. Stellt das Recht eines Mitgliedstaates eine solche Verbreitung von der Vergütungspflicht frei, ist dies mit den Vorgaben des Europarechts vereinbar.

Im geltenden deutschen Urheberrecht wird die Weiterleitung von Sendungen durch örtliche Antennengemeinschaften durch die Gerichte bislang allerdings als vergütungspflichtig eingeordnet (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 22. November 2016 - 14 U 530/16, juris; LG Halle, Urteil vom 8. August 2016 - 4 O 335/15 (PDF) , juris; LG Potsdam, Urteil vom 7. April 2016 - 2 O 436/14 (PDF) , juris; LG Leipzig, Urteil vom 24. März 2016 - 5 O 3478/13, juris; LG Leipzig, Urteil vom 10. März 2015 - 5 O 3641/13, juris). Diese Frage sollte bei Wohnungseigentümergemeinschaften aber nicht anders als bei Antennengemeinschaften beurteilt werden, wenn das gesendete Programm für den Empfang in dem Gebiet, in dem es weitergesendet wird, bestimmt ist, die Gemeinschaftsantenne anstelle von Einzelantennen installiert wurde, die empfangenen Sendesignale durch ein Kabelnetz an die Empfangsgeräte einzelner Haushalte weitergeleitet werden und die Gemeinschaftsantennenanlage nicht gewerbsmäßig betrieben wird. Daher sollte gesetzlich klargestellt werden, dass eine solche zeitgleiche, unveränderte und vollständige Weiterleitung der Sendesignale von Fernseh- und Hörfunkprogrammen (auch) durch eine Gemeinschaftsantenne keine öffentliche Wiedergabe darstellt und damit insoweit ein urheberrechtsfreier Empfang vorliegt.

Der Gesetzgeber selbst hat bislang keine eigenen Kriterien für die Kabelweitersendung durch Gemeinschaftsantennen getroffen. Das Europarecht enthält insoweit keine entgegenstehenden Vorgaben. Die Rechte und Ansprüche der Urheber und Leistungsschutzberechtigten wegen einer öffentlichen Wiedergabe ihrer Werke und Leistungen durch Kabelweitersendung werden auf der Grundlage von Richtlinien der Europäischen Union näher konkretisiert (Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft; Art. 8 Absatz 1 und 2 Satz 1 der Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Vermietrecht und Verleihrecht). Eine öffentliche Wiedergabe liegt nach dem Europäischen Gerichtshof dann vor, wenn ein gesendetes Werk für ein "neues Publikum", d.h. ein Publikum übertragen wird, das von den Inhabern der Rechte an den geschützten Werken nicht berücksichtigt wurde, als sie deren Nutzung durch Wiedergabe an das ursprüngliche Publikum zugestimmt haben (EuGH, Urteil vom 16. März 2017 - C-138/16, Rn. 25; EuGH, Urteil vom 31. Mai 2016 - C-117/15, Rn. 45). Ist das gesendete Programm für den Empfang in dem Gebiet, in dem es weitergesendet wird, bestimmt, wurde das Publikum, welches dieses Programm durch Einzel- oder Gemeinschaftsantennen empfangen kann, bei der Zustimmung zur Nutzung berücksichtigt. Eine öffentliche Wiedergabe liegt daher nicht vor, weshalb die europarechtlichen Regelungen einer solchen gesetzlichen Klarstellung nicht entgegenstehen.

Angesichts der uneinheitlichen Handhabung in Wohnungseigentümergemeinschaften und örtlichen Antennengemeinschaften erscheint eine nähere Bestimmung der Grenzen einer nichtöffentlichen Wiedergabe durch den Gesetzgeber selbst angezeigt, um Rechtssicherheit für die Antennengemeinschaften zu schaffen und eine Gleichstellung von Wohnungseigentümergemeinschaften und örtlichen Antennengemeinschaften hinsichtlich der Kabelweitersendung zu erreichen.

II. Wesentlicher Inhalt

Der Entwurf trifft eine Regelung zum urheberrechtlich geschützten Recht der Kabelweitersendung. Die Rechteinhaber können Urheber und Leistungsschutzberechtigte wie Sendeunternehmen, ausübende Künstler und Filmhersteller sein. Bei dem Recht zur Kabelweitersendung handelt es sich um einen besonderen Fall des Senderechts und damit um einen besonderen Fall der öffentlichen Wiedergabe (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2015 - I ZR 228/14 - Ramses). Eine Kabelweitersendung setzt eine öffentliche Wiedergabe voraus.

§ 15 Absatz 3 UrhG regelt, wann eine öffentliche Wiedergabe vorliegt. Der Begriff der öffentlichen Wiedergabe in § 15 Absatz 3 UrhG wird mit der Neuregelung konkretisiert. Es wird klargestellt, unter welchen Voraussetzungen die Weiterleitung der Sendesignale von Fernseh- und Hörfunkprogrammen durch Gemeinschaftsantennen nicht als öffentliche Wiedergabe im Sinne des § 15 Absatz 3 UrhG zu betrachten ist.

Nach der ergänzenden Regelung soll eine öffentliche Wiedergabe bei Weitersendung eines gesendeten Werkes im Rahmen eines zeitgleich, unverändert und vollständig übertragenen Programms durch eine Gemeinschaftsantennenanlage dann nicht vorliegen, wenn die gesendeten Signale der Fernseh- und Hörfunkprogramme für den Empfang in dem Gebiet, in dem sie weitergesendet werden, bestimmt sind, die Gemeinschaftsantenne anstelle von Einzelantennen installiert wurde und die durch diese Gemeinschaftsantenne empfangenen Sendesignale durch ein Kabelnetz an die Empfangsgeräte einzelner Haushalte weitergeleitet werden, die sich zum Betrieb dieser Gemeinschaftsantennenanlage zusammengeschlossen haben. Zudem darf die Gemeinschaftsantennenanlage nicht gewerbsmäßig betrieben werden.

III. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Änderungen folgt aus Artikel 73 Absatz 1 Nummer 9 GG.

IV. Vereinbarkeit mit Verfassungsrecht

Der Gesetzentwurf ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Insbesondere verstößt die Regelung nicht gegen den in Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 Grundgesetz normierten grundrechtlichen Eigentumsschutz. Die Regelung regelt lediglich Inhalt und Schranken des Urheberrechts. Urheber und Leistungsschutzberechtigte werden damit nicht unangemessen benachteiligt, da das von den Antennengemeinschaften versorgte Publikum von deren bestimmungsgemäßem Empfängerkreis umfasst ist und damit im Rahmen der an die Rechteinhaber gewährten Vergütung berücksichtigt werden kann.

V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union

Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar. Bei öffentlicher Wiedergabe der Werke und Leistungen der Urheber und Leistungsschutzberechtigten durch Kabelweitersendung werden deren Rechte und Ansprüche durch Richtlinien der Europäischen Union näher bestimmt. Eine öffentliche Wiedergabe im Sinne der Richtlinien der Europäischen Union liegt bei der Weiterleitung von Programmen durch Gemeinschaftsantennen indes nicht vor.

Gemäß Art. 3 Absatz 1 der Richtlinie 2001/29 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft sehen die Mitgliedstaaten vor, dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten. Nach Art. 8 Absatz 1 der Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums sehen die Mitgliedstaaten für ausübende Künstler das ausschließliche Recht vor, drahtlos übertragene Rundfunksendungen und die öffentliche Wiedergabe ihrer Darbietungen zu erlauben oder zu verbieten, es sei denn, die Darbietung ist selbst bereits eine gesendete Darbietung oder beruht auf einer Aufzeichnung. Nach Art. 8 Absatz 2 Satz 1 der Richtlinie 2006/115/EG sehen die Mitgliedstaaten ein Recht vor, das bei Nutzung eines zu Handelszwecken veröffentlichten Tonträgers oder eines Vervielfältigungsstücks eines solchen Tonträgers für drahtlos übertragene Rundfunksendungen oder eine öffentliche Wiedergabe die Zahlung einer einzigen angemessenen Vergütung durch den Nutzer und die Aufteilung dieser Vergütung auf die ausübenden Künstler und die Tonträgerhersteller gewährleistet.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist der Begriff der öffentlichen Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Absatz 1 der Richtlinie 2001/29 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft und im Sinne von Art. 8 Absatz 2 der Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums nach denselben Kriterien zu beurteilen, um widersprüchliche und miteinander unvereinbare Auslegungen zu vermeiden (EuGH, Urteil vom 31. Mai 2016 - C-117/15, Rn. 33). Danach vereint der Begriff der öffentlichen Wiedergabe zwei kumulative Tatbestandsmerkmale, nämlich eine "Handlung der Wiedergabe" eines Werks und dessen "öffentliche" Wiedergabe (EuGH, Urteil vom 16. März 2017 - C-138/16, Rn. 22; EuGH, Urteil vom 31. Mai 2016 - C-117/15, Rn. 37).

Die Wiedergabehandlung ist jede Übertragung geschützter Werke unabhängig vom eingesetzten technischen Mittel oder Verfahren. Jede Übertragung, die nach einem spezifischen technischen Verfahren erfolgt, muss grundsätzlich vom Urheber des betreffenden Werks einzeln erlaubt werden (EuGH, Urteil vom 16. März 2017 - C-138/16, Rn. 23; EuGH, Urteil vom 31. Mai 2016 - C-117/15, Rn. 38 und 39). Weiterhin ist für die Subsumtion unter den Begriff der öffentlichen Wiedergabe in diesem Sinne erforderlich, dass die geschützten Werke tatsächlich "öffentlich" wiedergegeben werden, wobei der Begriff "öffentlich" auf eine unbestimmte Zahl möglicher Adressaten abstellt und zudem recht viele Personen voraussetzt (EuGH, Urteil vom 16. März 2017 - C-138/16, Rn. 24; EuGH, Urteil vom 31. Mai 2016 - C-117/15, Rn. 40 und 41). Dazu muss ein gesendetes Werk, um unter den Begriff "öffentliche Wiedergabe" fallen zu können, für ein "neues Publikum" übertragen werden, d.h. ein Publikum, das von den Inhabern der Rechte an den geschützten Werken nicht berücksichtigt wurde, als sie deren Nutzung durch Wiedergabe an das ursprüngliche Publikum zugestimmt haben (EuGH, Urteil vom 16. März 2017 - C-138/16, Rn. 25; EuGH, Urteil vom 31. Mai 2016 - C-117/15, Rn. 45).

Eine "öffentliche" Wiedergabehandlung liegt bei der Weitersendung eines gesendeten Werkes im Rahmen eines zeitgleich, unverändert und vollständig übertragenen Programms durch eine Gemeinschaftsantennenanlage nicht vor, wenn das gesendete Programm für den Empfang in dem Gebiet, in dem es weitergesendet wird, bestimmt ist. Das Publikum, an welches diese Sendesignale durch Einzeloder Gemeinschaftsantennen weitergeleitet werden, wurde von den Inhabern der Rechte an den geschützten Werken berücksichtigt. Die gesendeten Werke werden daher nicht an ein "neues Publikum" übertragen. Die europarechtlichen Vorgaben in diesen Richtlinien der Europäischen Union stehen einer solchen gesetzlichen Klarstellung damit nicht entgegen.

VI. Auswirkungen des Gesetzgebungsentwurfs

Auswirkungen auf den Bundeshaushalt wie auch die Haushalte von Ländern und Gemeinden sind nicht zu erwarten.

Durch die Realisierung dieses Gesetzes entstehen keine zusätzlichen Kosten für die Wirtschaft.

Auswirkungen können sich daraus ergeben, dass für die erlaubnisfreie Nutzung auch keine Vergütung an die Urheber und Leistungsschutzberechtigten zu zahlen ist. Für die privaten Haushalte, die sich zu einer Antennengemeinschaft zusammengeschlossen haben, entfallen diese Kosten. Eine Benachteiligung der Rechteinhaber ist damit nicht verbunden, da das von den Antennengemeinschaften versorgte Publikum vom bestimmungsgemäßen Empfängerkreis umfasst ist und damit im Rahmen der an die Rechteinhaber gewährten Vergütung berücksichtigt werden kann.

Der Entwurf hat keine spezifischen Auswirkungen auf die Lebenssituation von Frauen und Männern. Diese sind von den Vorschriften des Entwurfs in gleicher Weise betroffen.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Urhebergesetzes)

Mit der Regelung soll festgelegt werden, unter welchen Voraussetzungen die Kabelweitersendung mittels Gemeinschaftsantennen nicht als öffentliche Wiedergabe im Sinne des § 15 Absatz 3 UrhG zu betrachten ist. Damit wird keine neue Schranke für die Rechte und Ansprüche der Urheber und Leistungsschutzberechtigten generiert, sondern lediglich der Begriff der öffentlichen Wiedergabe weiter konkretisiert. Es soll klargestellt werden, unter welchen Voraussetzungen die Weitersendung von Programmen mittels Gemeinschaftsantennen nicht als öffentliche Wiedergabe im Sinne des § 15 Absatz 3 UrhG zu betrachten ist.

Die Rechte und Ansprüche der Urheber und Leistungsschutzberechtigten beruhen auf Richtlinien der Europäischen Union, weshalb der Begriff der öffentlichen Wiedergabe nach § 15 Absatz 3 UrhG in Übereinstimmung mit diesen Richtlinien und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auszulegen ist (BGH, Urteil vom 17. September 2015 - I ZR 228/14 - Ramses). Der Europäische Gerichtshof hat in mehreren Entscheidungen - zuletzt ausdrücklich für eine österreichische Antennengemeinschaft im Urteil vom 16. März 2017 (AKM/Zürs.net, C-117/15) - die Voraussetzungen und Grenzen der öffentlichen Wiedergabe nach Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft definiert. Die gesetzliche Klarstellung in § 15 Absatz 3 UrhG greift die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs geltenden Kriterien auf.

Nach § 15 Absatz 3 Satz 1 UrhG ist die Wiedergabe öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist.

§ 15 Absatz 3 Satz 2 UrhG bestimmt abstrakt, wer zur Öffentlichkeit gehört. In § 15 Absatz 3 UrhG soll nunmehr zudem explizit geregelt werden, dass die Weitersendung von Werken im Rahmen eines zeitgleich, unverändert und vollständig übertragenen Programms durch Gemeinschaftsantennenanlagen unter bestimmten - in Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH geltenden - Kriterien nicht als öffentliche Wiedergabe gilt. Unter den festgelegten Voraussetzungen soll die Weitersendung damit nicht der Erlaubnis der Rechteinhaber bedürfen. Die Folge davon ist, dass für diese erlaubnisfreie Nutzung auch keine Vergütung zu zahlen ist.

Voraussetzung ist zunächst, dass das Programm für das Gebiet, in dem es weitergesendet wird, bestimmt ist (§ 15 Absatz 3 Satz 3 Nummer 1 UrhG-E). Nach dem Europäischen Gerichtshof liegt eine "öffentliche Wiedergabe" im Sinne der aufgeführten Richtlinienbestimmungen vor, wenn die geschützten Werke für ein neues Publikum übertragen werden, das heißt ein Publikum, das von den betreffenden Rechteinhabern bei Erteilung der ursprünglichen Erlaubnis zur Nutzung ihrer Werke nicht berücksichtigt wurde (EuGH, Urteil vom 16. März 2017 - C138/16, Rn. 25; Urteil vom 31. Mai 2016 - C-117/15, Rn. 45). Mit der Voraussetzung, dass das Programm für das Gebiet, in dem es weitergesendet wird, bestimmt ist, wird gesichert, dass die Werke nur an ein Publikum weitergegeben werden, an welches die Rechteinhaber gedacht haben, als sie die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubt haben. Auch nach dem Bundesgerichtshof unterscheidet sich bei wertender Betrachtung der Empfang mittels einer gemeinsamen Satellitenschüssel und die Weiterleitung über ein Kabelnetz an einzelne Empfänger nicht von der Fallgestaltung, dass jeder eine gesonderte Antenne installiert und die empfangenen Sendesignale über Kabel an die Empfangsgeräte in seiner Wohnung bzw. seinen Haushalt weiterleitet (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2015 - I ZR 228/14 - Ramses, juris, Rn. 67). Daher soll in § 15 Absatz 3 Satz 3 UrhG-E nun ausdrücklich für nicht gewerblich handelnde Antennengemeinschaften klargestellt und im Hinblick auf die europarechtlichen Vorgaben sichergestellt werden, dass eine Übertragung an ein neues Publikum als dasjenige, auf die sich die Erlaubnis der Rechteinhaber bezogen hat, nicht privilegiert ist. Demnach ist für jedes einzelne Sendeprogramm zu ermitteln, für welches Publikum es durch das Sendeunternehmen bestimmt ist. Dies kann für von deutschen Sendeunternehmen produzierte Programme anders zu beurteilen sein, als für im Ausland hergestellte Programme; für private Sender (z.B. Pay-TV) anders als für öffentlichrechtliche.

Der Empfang von Sendesignalen durch eine Gemeinschaftsantenne soll dem Empfang durch jeweilige Einzelantennen der einzelnen Haushalte gleichgestellt werden. Gemeinschaftsantennenanlagen werden daher nur insoweit privilegiert, als dass diese dazu bestimmt sind, den Empfang anstelle der bei den angeschlossenen Haushalten möglichen Einzelantennen zu gewährleisten (§ 15 Absatz 3 Satz 3 Nummer 2 UrhG-E).

Zudem dürfen durch die Gemeinschaftsantenne empfangene Sendesignale von Programmen durch ein Kabelnetz nur an die Haushalte weitergeleitet werden, die sich zum Betrieb der Gemeinschaftsantenne zusammengeschlossen haben (§ 15 Absatz 3 Satz 3 Nummer 3 UrhG-E). Das werden regelmäßig Haushalte sein, die in einer solchen räumlichen Nähe zueinander liegen, welche einen Anschluss an das gemeinsame Kabelnetz ermöglicht. Damit soll der Begriff der Öffentlichkeit klar abgegrenzt werden, da diese Sendesignale von einer Gemeinschaftsantenne ausschließlich in Haushalte übermittelt werden, die sich zum Betrieb dieser Gemeinschaftsantenne zusammengeschlossen haben. Nicht ausgeschlossen ist dabei, dass in diese Antennengemeinschaften jederzeit auch neue Mitglieder in räumlicher Nähe zum Kabelnetz aufgenommen werden können, die sich am Betrieb der Gemeinschaftsantennenanlage beteiligen. Maßgeblich ist letztlich, dass Haushalte, die sich nicht zum Betrieb der Gemeinschaftsantenne zusammengeschlossen haben, grundsätzlich keinen Zugang haben und die Antennengemeinschaft selbst eine Gesamtheit von Personen bildet, deren Zusammensetzung weitgehend stabil ist und somit eine bestimmte Gesamtheit potentieller Empfänger darstellt (in diesem Sinn EuGH, Urteil vom 15. März 2012 - C-135/10, Rn. 95).

Letztlich ist erforderlich, dass die Gemeinschaftsantenne nicht gewerbsmäßig betrieben wird (§ 15 Absatz 3 Satz 3 Nummer 4 UrhG-E). Nicht entscheidend ist dabei, in welcher Rechtsform die Antennengemeinschaften organisiert sind, sondern ob diese mit Gewinnerzielungsabsicht handeln. Nach dem Europäischen Gerichtshof ist der gewerbliche Charakter der Verbreitung eines geschützten Werks für die Einstufung der Verbreitung als "öffentliche Wiedergabe" nicht unerheblich (EuGH, Urteil vom 31. Mai 2016 - C-117/15, Rn. 49; EuGH, Urteil vom 8. September 2016 - C-160/15, Rn. 38). Zudem wird durch diese Einschränkung sichergestellt, dass kommerzielle Anbieter nicht in den Genuss dieser Privilegierung kommen.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Artikel 2 regelt das Inkrafttreten.