Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung einer Maßnahme der Europäischen Union für das Europäische Kulturerbe-Siegel KOM (2010) 76 endg.

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Der Ausschuss der Regionen wird an den Beratungen beteiligt.


Hinweis: vgl.
Drucksache 325/07 (PDF) = AE-Nr. 070422


Europäische Kommission
Brüssel, den 9.3.2010
KOM (2010) 76 endgültig
2010/0044 (COD)

Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung einer Maßnahme der Europäischen Union für das Europäische Kulturerbe-Siegel {SEK(2010) 197} {SEK(2010) 198}

Begründung

1. Einleitung

Gegenstand dieses Vorschlags für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates ist die Einführung eines Europäischen Kulturerbe-Siegels, dessen allgemeine Ziele darin bestehen, das Zugehörigkeitsgefühl der europäischen Bürgerinnen und Bürger zur Europäischen Union anhand gemeinsamer Elemente der Geschichte und des Kulturerbes zu stärken, den Stellenwert der Vielfalt zu steigern und den interkulturellen Dialog zu fördern. Entsprechend sollen durch das Siegel Stätten, die in der Geschichte und beim Aufbau der Europäischen Union eine wesentliche Rolle gespielt haben, besser bekanntgemacht und aufgewertet und die europäischen Bürgerinnen und Bürger eingehender mit dem europäischen Aufbauwerk und mit ihrem gemeinsamen und zugleich vielfältigen Kulturerbe vertraut gemacht werden, insbesondere unter Bezugnahme auf die demokratischen Werte und die Menschenrechte, die das Fundament der europäischen Einigung bilden. Somit dürfte das Europäische Kulturerbe-Siegel die Bürgerinnen und Bürger auch näher an Europa heranführen.

Gegenüber anderen Initiativen im Bereich Kulturerbe (z.B. UNESCO-Liste des Welterbes und "Kulturwege Europas" des Europarates) hat das Europäische Kulturerbe-Siegel folgenden Mehrwert: Erstens stellt die Initiative nicht die Ästhetik der Stätten, sondern ihre europäische Aussagekraft und ihre Symbolwirkung für Europa in den Mittelpunkt. Zweitens wird nicht der Erhalt dieser Stätten im Vordergrund stehen, sondern ihre Bekanntmachung und die Verbesserung des Zugangs zu diesen Stätten, was bedeutet, dass ihre europäische Relevanz eingehend erläutert und pädagogische Aktivitäten, insbesondere für junge Menschen, organisiert werden sollen. Drittens soll auch die Vernetzung zwischen den mit dem Siegel ausgezeichneten Stätten intensiv gefördert werden, um vorbildliche Verfahren auszutauschen und gemeinsame Projekte anzustoßen.

Mit dem Vorschlag kommt die Kommission der Vorgabe des Rates der Europäischen Union nach, der sie in seinen Schlussfolgerungen vom 20. November 2008 aufgefordert hatte, "einen geeigneten Vorschlag für die Schaffung eines "Europäischen Kulturerbe-Siegels" durch die Europäische Union zu unterbreiten und die praktischen Modalitäten für die Durchführung dieses Projekts festzulegen".

2. Hintergrund

Die Idee eines Europäischen Kulturerbe-Siegels entstand im Jahr 2005 bei der Suche nach Instrumenten, um die Kluft zwischen der Europäischen Union und ihren Bürgerinnen und Bürgern zu verkleinern. Eine wesentliche Ursache dieser Kluft ist eine mangelnde Kenntnis der Geschichte Europas, der Rolle der Europäischen Union und der Werte, auf die sie sich gründet.

Das Siegel wurde im April 2006 von mehreren europäischen Ländern in Form einer zwischenstaatlichen Initiative ins Leben gerufen. Das Ziel bestand darin, insbesondere junge Menschen besser mit der gemeinsamen Geschichte und dem gemeinsamen Kulturerbe Europas vertraut zu machen und dadurch das Zugehörigkeitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger zu Europa zu stärken und die Entwicklung einer europäischen Identität zu fördern. Bislang wurde insgesamt 64 Stätten in 17 EU-Mitgliedstaaten sowie in der Schweiz das Siegel zuerkannt. Bei der praktischen Umsetzung dieser Initiative haben sich jedoch einige Schwächen gezeigt so dass das Potenzial des Siegels nicht voll ausgeschöpft werden konnte.

Deshalb haben die Mitgliedstaaten die Kommission in den Schlussfolgerungen des Rates vom November 2008 dazu aufgefordert, das derzeit noch zwischenstaatliche Europäische Kulturerbe-Siegel nach dem Vorbild der Kulturhauptstädte Europas in eine förmliche Maßnahme der Europäischen Union umzuwandeln, um die praktische Umsetzung zu verbessern und langfristigen Erfolg zu gewährleisten.

Die Einbindung der Europäischen Union in das Europäische Kulturerbe-Siegel soll die Koordination unter den Mitgliedstaaten verbessern und damit zur Entwicklung und ordnungsgemäßen Anwendung gemeinsamer, eindeutiger und transparenter Auswahlkriterien sowie neuer Auswahl- und Kontrollverfahren für das Siegel beitragen so dass die Relevanz der Stätten mit Blick auf die Ziele der Initiative gewährleistet ist. Weitere Vorteile der Umwandlung in eine Maßnahme der Europäischen Union bestehen voraussichtlich darin, dass die Zahl der an der Initiative teilnehmenden Mitgliedstaaten gesteigert und das Problem des Sekretariats, das derzeit noch nach dem Rotationsprinzip arbeitet, gelöst wird.

Das Europäische Parlament sprach sich erstmals in seiner Entschließung vom 29. November 2007 "Eine neue EU-Tourismuspolitik: Wege zu mehr Partnerschaft für den europäischen Tourismus" (2006/2129(INI)) für die Entwicklung eines Siegels aus. Es schlägt darin vor, "die Schaffung eines Gütezeichens für das europäische Erbe zu fördern, durch das die europäische Dimension der Kulturstätten, Bauwerke und Denkmäler der Europäischen Union hervorgehoben wird". In seiner Entschließung vom 10. April 2008 zu der europäischen Kulturagenda im Zeichen der Globalisierung (2007/2211(INI)) bekräftigt das Parlament seine Unterstützung für "die Einführung eines Gütesiegels des europäischen Erbes, um die europäische Dimension der Kulturgüter, Denkmäler und Gedenkstätten hervorzuheben, die alle Zeugen der europäischen Geschichte und des europäischen Erbes sind".

3. Anhörung interessierter Kreise und Folgenabschätzung

Nach den Schlussfolgerungen des Rates hat die Kommission gemäß ihren Verfahren eine Folgenabschätzung einschließlich einer öffentlichen Konsultation durchgeführt.

Damit sollte festgestellt werden, ob eine Maßnahme der Europäischen Union in diesem Bereich tatsächlich gerechtfertigt ist, ob dadurch ein Mehrwert für das Europäische Kulturerbe-Siegel entstehen kann und - wenn beides zutrifft - welche Form von Maßnahme hierfür geeignet ist. Der Entwurf des Berichts über die Folgenabschätzung wurde am 25. November 2009 mit dem Ausschuss für Folgenabschätzung erörtert. Der Bericht wurde im Anschluss an diese Sitzung und nach Maßgabe der Stellungnahme des Ausschusses für Folgenabschätzung in mehreren Punkten abgeändert. Der endgültige Bericht über die Folgenabschätzung und die Stellungnahme des Ausschusses für Folgenabschätzung wurden unter folgender Adresse veröffentlicht:

[ http://ec.europa.eu/governance/impact/ia_carried_out/ia_carried_out_en.htm ].

3.1. Anhörung interessierter Kreise

Das Konsultationsverfahren lief im Mai 2009 an und bestand aus mehreren Phasen.

Es umfasste eine Online-Konsultation, eine öffentliche Versammlung für interessierte Bürgerinnen und Bürger und Stakeholder sowie eine Zusammenkunft mit von den 27 Mitgliedstaaten benannten Experten. Die Ergebnisse der verschiedenen Konsultationsphasen werden im Bericht über die Folgenabschätzung ausführlich beschrieben und wurden bei der Ausarbeitung des Vorschlags angemessen berücksichtigt.

3.2. Voraussichtliche Auswirkungen

Die Wirkungsanalyse hat ergeben, dass die primären, unmittelbaren Auswirkungen des Europäischen Kulturerbe-Siegels sozialer bzw. gesellschaftlicher Natur sind.

Hierzu zählen ein verbesserter Zugang zu kulturellen Stätten (insbesondere für junge Menschen), gesteigertes Interesse am gemeinsamen europäischen Kulturerbe und Erweiterung der Kenntnisse auf diesem Gebiet, größeres Verständnis für die kulturelle Vielfalt in Europa, Intensivierung des interkulturellen Dialogs und stärkeres Zugehörigkeitsgefühl zur Europäischen Union.

Auch ein wirtschaftlicher Nutzen ist zu erwarten, da das Europäische Kulturerbe-Siegel über das Potenzial verfügt, den lokalen Tourismus anzukurbeln und so unter anderem die Zahl der in der Tourismusbranche beschäftigten Arbeitskräfte zu steigern. Die Wirkung auf die Zahl der Besucher einer Stätte wird jedoch in hohem Maße davon abhängen, inwieweit sich das Siegel zu einem glaubwürdigen Zeichen für Qualität entwickelt, d. h. welches Prestige es über die Jahre hinweg gewinnt.

3.3. Wahl des Instruments

Im Rahmen der Folgenabschätzung für das Europäische Kulturerbe-Siegel wurden drei politische Optionen geprüft. Die erste Option bestand darin, das Siegel ohne Eingreifen der Europäischen Union als zwischenstaatliche Initiative weiterzuführen.

Die zweite Option sah ebenfalls vor, das Siegel als zwischenstaatliche Initiative weiterzuführen jedoch mit finanzieller Unterstützung durch die Europäische Union.

Als dritte Option wurde - nach dem Vorbild der Maßnahme "Kulturhauptstädte Europas" aus dem Jahr 1999 - die Umwandlung des Siegels in eine Maßnahme der Europäischen Union mittels eines Beschlusses des Europäischen Parlaments und des Rates geprüft. Die letztgenannte Option umfasste drei Unteroptionen, die sich auf die verschiedenen Auswahlverfahren bezogen: Auswahl durch die Mitgliedstaaten anhand gemeinsamer europäischer Kriterien, Auswahl nur auf europäischer Ebene ohne Berücksichtigung des nationalen Ursprungs der Stätten und Vorauswahl auf nationaler Ebene mit anschließender endgültiger Auswahl auf europäischer Ebene.

Optionen, die eine umfassende finanzielle Unterstützung für den Ausbau der Stätten implizierten wurden nicht weiter geprüft, da unter den Mitgliedstaaten und im Konsultationsverfahren Einigkeit darüber herrschte, dass die neue Initiative die Haushalte der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten nur in begrenztem Umfang belasten sollte.

Der Vergleich der drei Optionen ergab, dass von einer Umwandlung des Europäischen Kulturerbe-Siegels in eine Maßnahme der Europäischen Union mittels eines Beschlusses des Europäischen Parlaments und des Rates ein eindeutiger Mehrwert ausgeht. Dieser Mehrwert könnte durch die Mitgliedstaaten allein selbst mit finanzieller Unterstützung durch die Europäische Union nicht erreicht werden.

Ferner zeigte sich, dass als Auswahlverfahren das zweistufige Verfahren (Kombination von nationaler und europäischer Ebene) am besten geeignet ist.

4. Rechtliche Aspekte

4.1. Rechtsgrundlage

Die Rechtsgrundlage für das Europäische Kulturerbe-Siegel ist Artikel 167 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Diesem Artikel zufolge leistet die Europäische Union "einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten unter Wahrung ihrer nationalen und regionalen Vielfalt sowie gleichzeitiger Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes." Ferner sieht der Artikel Folgendes vor: Die Europäische Union fördert "die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten" im Kulturbereich und "unterstützt und ergänzt erforderlichenfalls deren Tätigkeit".

4.2. Subsidiaritätsprinzip

Dieser Vorschlag steht im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip. Die Teilnahme der Mitgliedstaaten beruht auf Freiwilligkeit, und die Einbindung der Europäischen Union in das Europäische Kulturerbe-Siegel wird im Einklang mit Artikel 167 AEUV darauf abzielen, die Koordination unter den Mitgliedstaaten zu verbessern und ihre Aktivitäten durch die Entwicklung und ordnungsgemäße Anwendung neuer gemeinsamer eindeutiger und transparenter Auswahlkriterien sowie neuer Auswahl- und Kontrollverfahren zu unterstützen. Darüber hinaus macht die Folgenabschätzung deutlich dass der durch die Maßnahme der Europäischen Union erzielte Nutzen durch die Mitgliedstaaten allein nicht erreicht werden könnte.

4.3. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Die vorgeschlagene Vorgehensweise wird nur sehr geringe Auswirkungen auf den Haushalt der Europäischen Union sowie auf die nationalen Haushalte haben. Auch werden keine unverhältnismäßigen administrativen Anforderungen an die mit der Umsetzung der Maßnahme befassten Behörden gestellt.

4.4. Aufbau des Vorschlags

4.4.1. Ziele

Das zwischenstaatliche Europäische Kulturerbe-Siegel wurde entwickelt, um Europa den Bürgerinnen und Bürgern näher zu bringen. Auf diese umfassende, komplexe Thematik sind bereits verschiedene, sich gegenseitig ergänzende Initiativen der Europäischen Union in den Bereichen Kommunikation, Bildung, Kultur und Bürgerschaft ausgerichtet. Um diesem Gesamtprozess und dem konkreten Beitrag Rechnung zu tragen, den das Europäische Kulturerbe-Siegel leisten kann, schlägt die Kommission für die Initiative in ihrer neuen Form Ziele auf drei Ebenen vor.

Auf allgemeiner Ebene werden die Ziele darin bestehen, das Zugehörigkeitsgefühl der europäischen Bürgerinnen und Bürger zur Europäischen Union anhand gemeinsamer Elemente der Geschichte und des Kulturerbes zu stärken, den Stellenwert der Vielfalt zu steigern und den interkulturellen Dialog zu fördern. Diese Ziele spiegeln die allgemeinen Beweggründe für die Schaffung des Europäischen Kulturerbe-Siegels wider und verknüpfen sie mit den globalen politischen Strategien und Vorhaben der Europäischen Union.

Auf mittlerer Ebene geht es darum, mit dem Siegel Stätten, die in der Geschichte und beim Aufbau der Europäischen Union eine wesentliche Rolle gespielt haben, besser bekanntzumachen und aufzuwerten und die europäischen Bürgerinnen und Bürger eingehender mit dem europäischen Aufbauwerk und mit ihrem gemeinsamen und zugleich vielfältigen Kulturerbe vertraut zu machen, insbesondere unter Bezugnahme auf die demokratischen Werte und die Menschenrechte, die das Fundament der europäischen Einigung bilden. Dies ist die höchste Wirkungsebene, die das Europäische Kulturerbe-Siegel für sich genommen erreichen kann.

Auf der praktischen Ebene werden sich die konkreten Ziele darauf beziehen, welche unmittelbaren Verbesserungen die Aktivitäten, die mit der Verleihung des Siegels in den Stätten (individuell oder insgesamt) angestoßen werden, bzw. die neuen praktischen Umsetzungsmodalitäten bewirken sollen.

4.4.2. Teilnahme an der Aktion

Aufgrund des Charakters des Europäischen Kulturerbe-Siegels und seiner Ziele schlägt die Kommission vor, die Maßnahme zunächst auf die 27 Mitgliedstaaten zu beschränken. Die Teilnahme der Mitgliedstaaten sollte freiwillig sein.

Erforderlichenfalls könnte in einer künftigen Evaluierung des Europäischen Kulturerbe-Siegels die Frage untersucht werden, ob eine Ausweitung der Initiative auf die Drittländer, die am Programm "Kultur" teilnehmen, sinnvoll ist.

4.4.3. Auswahlverfahren

Die Folgenabschätzung für das Europäische Kulturerbe-Siegel hat aufgezeigt, dass eine der größten Schwächen der derzeitigen zwischenstaatlichen Initiative darin besteht, dass die Teilnehmerländer die Stätten unabhängig voneinander und ohne Koordination auf europäischer Ebene auswählen. Dieses Verfahren lässt zu viel Spielraum für unterschiedliche Auslegungen und hat dazu geführt, dass die Länder die Kriterien nicht einheitlich anwenden, worunter wiederum die Gesamtkohärenz und -qualität des Siegels leidet.

Daher ist ein neues Auswahlverfahren erforderlich, bei dem die nationale und die europäische Ebene miteinander kombiniert werden. Die Kommission schlägt ein Vorgehen in zwei Phasen vor: In der ersten Phase erfolgt eine Vorauswahl der Stätten auf Ebene der Mitgliedstaaten; in der zweiten Phase findet auf EU-Ebene mit Unterstützung einer Jury aus unabhängigen Experten die endgültige Auswahl statt.

Dies würde eine konsequente Anwendung der festgelegten Kriterien und eine hinreichende Berücksichtigung der europäischen Dimension sicherstellen und zugleich eine ausgewogene Verteilung der mit dem Siegel ausgezeichneten Stätten in der Europäischen Union gewährleisten.

Die Jury aus unabhängigen Experten sollte aus 12 Mitgliedern bestehen, die - nach dem Vorbild der Auswahljury für die Kulturhauptstädte Europas - vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission benannt werden. Die Experten sollten über umfassende Erfahrungen und Fachkenntnisse auf den Gebieten Kultur, Kulturerbe, europäische Geschichte oder in anderen für die Ziele des Europäischen Kulturerbe-Siegels relevanten Bereichen verfügen.

Die Kommission schlägt vor, dass jeder Mitgliedstaat in jedem Jahr, in dem ein Auswahlverfahren stattfindet, bis zu zwei Stätten vorschlagen kann. So wird die Zahl der Stätten auf ein überschaubares Maß begrenzt, und die Mitgliedstaaten, deren Auswahl an potenziell geeigneten Stätten recht unterschiedlich ist, verfügen über eine gewisse Flexibilität.

Die Jury aus unabhängigen Experten sollte wiederum die Möglichkeit haben, in jedem Jahr, in dem ein Auswahlverfahren stattfindet, aus den Ergebnissen der Vorauswahl höchstens eine Stätte pro Mitgliedstaat auszuwählen. Ferner wird vorgeschlagen Stätten mit besonders ausgeprägter länderübergreifender Dimension Priorität einzuräumen. Somit entsteht auf EU-Ebene ein gewisser Wettbewerb zwischen den Stätten, was dem allgemeinen Qualitätsniveau zugute kommt und damit auch zur Glaubwürdigkeit und zum Ansehen der Initiative beiträgt.

Außerdem schlägt die Kommission Folgendes vor: Nachdem drei Jahre in Folge das Verfahren zur Auswahl neuer Stätten durchgeführt wurde, sollte jedes vierte Jahr einem Kontrollverfahren vorbehalten sein. Dies dürfte den Verwaltungsaufwand sowohl für die Mitgliedstaaten als auch für die Kommission auf ein vertretbares Maß begrenzen. Der Zeitplan im Anhang veranschaulicht die vorgeschlagene Vorgehensweise.

4.4.4. Kontrolle und Aberkennung des Siegels

Das Siegel sollte im Prinzip auf unbegrenzte Zeit verliehen werden, da sich der symbolische Wert der ausgewählten Stätten mit der Zeit nicht verringert; außerdem sollen die Stätten auf diese Weise dazu angehalten werden, einen langfristigen Ansatz zu verfolgen und in ihre Weiterentwicklung zu investieren. Um jedoch dauerhaft ein hohes Maß an Qualität und Glaubwürdigkeit sicherzustellen, muss ein leistungsfähiges Kontrollsystem eingerichtet werden, das gewährleistet, dass die ausgezeichneten Stätten die Verpflichtungen erfüllen, die sie mit ihrer Bewerbung eingegangen sind. Die Kommission schlägt vor, diese Kontrollfunktion den Mitgliedstaaten zu übertragen, die der europäischen Jury alle 4 Jahre Bericht erstatten sollten. Für den Fall, dass eine Stätte ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllt sollte die Möglichkeit bestehen, ihr das Siegel abzuerkennen.

4.4.5. Praktische Modalitäten

Die Kommission sollte die Maßnahme unterstützen, um für mehr Stabilität zu sorgen als das mit den bisherigen Modalitäten möglich war, und um den Aufbau von Fachkompetenz zu fördern. Mit der vorgeschlagenen Lösung könnte man auf den Erfahrungen aufbauen, die beispielsweise im Rahmen der Maßnahmen "Kulturhauptstadt Europas" und "Preis der Europäischen Union für das Kulturerbe / Europa Nostra-Wettbewerb" gesammelt wurden. Allerdings müssen hierfür auch zusätzliche Ressourcen bereitgestellt werden (eine Verwaltungsrätin/ein Verwaltungsrat und eine Assistentin/ein Assistent). Um die praktischen Modalitäten so einfach und flexibel wie möglich zu gestalten, könnten bestimmte Verwaltungsaufgaben extern ausgeführt werden (Auftragsvergabe mittels Ausschreibungen).

4.4.6. Evaluierung

Eine regelmäßige Evaluierung der Maßnahme für das Europäische Kulturerbe-Siegel ist entscheidend, um die Wirksamkeit und die Glaubwürdigkeit der Initiative zu gewährleisten. Bei dieser Evaluierung müssen sowohl die zur Umsetzung der Maßnahme angewandten Verfahren als auch die tatsächliche Gesamtwirkung des Europäischen Kulturerbe-Siegels untersucht werden. Es sollte ermittelt werden, inwieweit die Maßnahme gut funktioniert, ob sie weitergeführt werden sollte, wo es Verbesserungsbedarf gibt und - ein entscheidender Punkt - wie sich diese Verbesserungen am besten verwirklichen lassen. Selbstverständlich würden die Ergebnisse der oben beschriebenen Kontrolle der mit dem Siegel ausgezeichneten Stätten in die Evaluierung einfließen. Es wird vorgeschlagen, die Evaluierung alle 6 Jahre in Form einer externen Evaluierung unter der Zuständigkeit der Kommission durchzuführen.

4.4.7. Übergangsbestimmungen

Es müssen Übergangsmaßnahmen getroffen werden, um den Status der Stätten zu klären denen bereits im Rahmen der zwischenstaatlichen Initiative das Europäische Kulturerbe-Siegel verliehen wurde. Um die notwendige Gesamtkohärenz der Maßnahme zu gewährleisten, müssten diese Stätten anhand der neuen Kriterien erneut bewertet werden. Aus Gründen der Gleichbehandlung aller Mitgliedstaaten schlägt die Kommission außerdem vor, allen Mitgliedstaaten, die nicht an der zwischenstaatlichen Initiative beteiligt waren, die Möglichkeit zu geben, noch vor Beginn des ersten regulären Auswahlverfahrens Vorschläge für erste geeignete Stätten vorzulegen.

5. Ressourcen

Die jährlichen Mittel für das Europäische Kulturerbe-Siegel werden von der Haushaltsbehörde in den Grenzen des mehrjährigen Finanzrahmens bewilligt. Diese Mittel decken die Kosten für Folgendes ab: europäische Expertenjury, europäische Öffentlichkeitsarbeit für die Initiative, bestimmte Aktivitäten zur Vernetzung der Stätten sowie Humanressourcen der Europäischen Kommission zur Unterstützung der Maßnahme. Genaueres ist dem Finanzbogen im Anhang zum Vorschlag zu entnehmen der den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2013 abdeckt der in den laufenden mehrjährigen Finanzrahmen fällt.

Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung einer Maßnahme der Europäischen Union für das Europäische Kulturerbe-Siegel

Das Europäische Parlament und Der Rat der europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 167, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen1, nach Übermittlung des Vorschlags an die nationalen Parlamente, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:

Haben folgenden Beschluss erlassen:

Artikel 1
Gegenstand

Artikel 2
Definition

Artikel 3
Ziele

Artikel 4
Teilnahme an der Maßnahme

Artikel 5
Komplementarität mit anderen Initiativen

Artikel 6
Zugang zur Maßnahme

Artikel 7
Kriterien

Artikel 8
Europäische Jury aus unabhängigen Experten

Artikel 9
Bewerbungsformular

Artikel 10
Vorauswahl auf nationaler Ebene

Artikel 11
Endgültige Auswahl auf Unionsebene

Artikel 12
Länderübergreifende Stätten

Artikel 13
Zuerkennung

Artikel 14
Kontrolle

Artikel 15
Aberkennung des Siegels

Artikel 16
Praktische Modalitäten

Artikel 17
Evaluierung

Artikel 18
Übergangsbestimmungen

Artikel 19
Finanzbestimmungen

Artikel 20
Inkrafttreten


Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
Im Namen des Rates
Der Präsident

Anhang
Zeitplan

Zeitplan für das Europäische Kulturerbe-Siegel
[Jahr n] Annahme des Beschlusses
Vorarbeiten
[Jahr n+1] Erneute Bewertung der Stätten, denen bereits im Rahmen der zwischenstaatlichen Initiative das Europäische Kulturerbe-Siegel verliehen wurde
[Jahr n+2] Einreichung von Bewerbungen durch die Mitgliedstaaten, die nicht an der zwischenstaatlichen Initiative teilgenommen haben
[Jahr n+3] Auswahl
[Jahr n+4] Kontrolle
[Jahr n+5] Auswahl
[Jahr n+6] Auswahl
Evaluierung des Europäischen Kulturerbe-Siegels
[Jahr n+7] Auswahl
[Jahr n+8] Kontrolle
[Jahr n+9] Auswahl
[Jahr n+10] Auswahl
[Jahr n+11] Auswahl
[Jahr n+12] Kontrolle
Evaluierung des Europäischen Kulturerbe-Siegels
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Finanzbogen

Der Finanzbogen befindet sich im PDF-Dokument.