Unterrichtung durch die Bundesregierung
Stellungnahme der Bundesregierung zu der Entschließung des Bundesrates zur Vierten Verordnung zur Änderung der Fruchtsaft- und Erfrischungsgetränkeverordnung

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat mit Schreiben vom 15. Juni 2020 zu der o.g. Verordnung Folgendes mitgeteilt:

Der Bundesrat hat in seiner 989. Sitzung am 15. Mai 2020 der Vierten Verordnung zur Änderung der Fruchtsaft- und Erfrischungsgetränkeverordnung zugestimmt und eine Entschließung (BR-Drs. 141/20 (PDF) ) folgenden Inhalts gefasst:

Zu 1)

Die Vierte Verordnung zur Änderung der Fruchtsaft- und Erfrischungsgetränkeverordnung enthält aus Gründen der Rechtssicherheit eine abschließende Liste süßender Zutaten, die in Säuglings- oder Kleinkindertees zukünftig nicht verwendet werden dürfen. Hierzu zählen Zucker, Honig, Fruchtsaft (inkl. Fruchtsaftkonzentrat und -pulver), Fruchtnektar, Malzextrakt oder andere aus pflanzlichen Rohstoffen gewonnene Sirupe oder Dicksäfte.

Die in der Entschließung des Bundesrates genannten Süßstoffe gehören zu den Süßungsmitteln gemäß Nr. 2 in Teil B des Anhangs II der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 über Lebensmittelzusatzstoffe. Süßungsmittel sind jedoch für die Verwendung in Säuglings- und Kleinkindnahrung nach derselben Verordnung generell nicht zugelassen; daher bedarf es entgegen der Entschließung keiner Erweiterung des nationalen Verbots um diese Stoffe.

In der Entschließung wird konkret die "Substanz Stevia" genannt. Es geht dabei nicht hervor, ob hiermit die zu den Süßungsmitteln gehörenden Steviolglycoside (E960) oder die Blätter der Pflanze "Stevia rebaudiana" gemeint sind. Steviolglycoside sind chemisch definierte Extrakte aus Steviablättern, die zwar grundsätzlich als Lebensmittelzusatzstoffe zugelassen sind, jedoch nicht in Säuglings- und Kleinkindnahrung (s.o.). Die Blätter der Pflanze "Stevia rebaudiana" werden auch als Zutat in Kräutertees verwendet. Eine wissenschaftliche Bewertung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) hatte gezeigt, dass eine hohe und häufige Zufuhr von energiehaltigem Zucker u.a. im Zusammenhang steht mit der Entwicklung von Übergewicht bzw. Adipositas sowie der Entstehung von Zahnkaries. Da Blätter der Pflanze "Stevia rebaudiana" praktisch keine Energie enthalten und nicht kariogen sind, gibt es derzeit keinen wissenschaftsbasierten Grund eines Verbots der Verwendung in Säuglings- oder Kleinkindertees.

Bei dem ebenfalls genannten Maltodextrin handelt es sich um aus Stärke gewonnene Saccharide mit einem Dextroseäquivalent (DE) zwischen 3 und 19,9. Maltodextrine sind nahezu geschmacksneutral; solche mit höherer DE-Zahl schmecken höchstens leicht süß. Sie werden bei der Herstellung von Extrakten aus teeähnlichen Erzeugnissen üblicherweise zur Erhaltung der Rieselfähigkeit verwendet und nicht als süßende Komponente.

Zu 2)

Durch die Neuordnung des Diätrechts auf Ebene der Europäischen Union, mit der das Rahmenkonzept der Lebensmittel für eine besondere Ernährung ("diätetische Lebensmittel") aufgegeben und durch Vorschriften für Lebensmittel für spezielle Verbrauchergruppen ersetzt wurde, bedarf die Diätverordnung einer umfänglichen Revision. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft wird die Empfehlung der Länder gerne aufgreifen, im Rahmen der anstehenden Novelle der nationalen Diätverordnung zu prüfen, ob die neuen Vorgaben für Säuglings- oder Kleinkindertee in eine dann neu zu fassende Gesamtregelung überführt werden können.