Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Januar 2009 zum Iran: der Fall Shirin Ebadi

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 0918 - vom 4. Februar 2009.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 15. Januar 2009 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass die allgemeine Menschenrechtslage im Iran sich seit 2005 in allen Bereichen und in jeder Hinsicht, insbesondere in Bezug auf die Wahrnehmung der bürgerlichen Rechte und politischen Freiheiten, weiter verschlechtert hat, obwohl der Iran sich im Rahmen der verschiedenen einschlägigen internationalen Abkommen verpflichtet hat, die Menschenrechte und Grundfreiheiten zu fördern und zu schützen,

B. in der Erwägung, dass am 21. Dezember 2008 das von Shirin Ebadi geleitete Zentrum für die Verteidigung der Menschenrechte, das eine Feier zum 60-jährigen Jubiläum der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen geplant hatte, durch iranische Polizei und Sicherheitskräfte geschlossen wurde,

C. in der Erwägung, dass am 29. Dezember 2008 Shirin Ebadis Büro in Teheran durchsucht und Akten und Computer konfisziert wurden; in der Erwägung, dass sich am 1. Januar 2009 eine aufgebrachte Menschenmenge vor Shirin Ebadis Haus und Büro versammelte, gegen sie gerichtete Parolen skandierte, das Schild ihrer Anwaltskanzlei herunterriss und das Gebäude beschmierte,

D. in der Erwägung, dass sich die Hinweise dafür mehren, dass Shirin Ebadi inzwischen einer verstärkten Verfolgung durch die iranischen Behörden ausgesetzt ist, weil sie Kontakte zu Menschenrechtsbeauftragten der Vereinten Nationen unterhält und diese in einem UNO-Bericht vom 2. Oktober 2008 über die Lage der Menschenrechte im Iran auf von Ebadis Zentrum bereitgestellte Informationen zurückgreifen,

E. in der Erwägung, dass Shirin Ebadi im Anschluss an ihre Entscheidung, die Verteidigung der sieben im Mai 2008 verhafteten Würdenträger der Religionsgemeinschaft der Bahai zu übernehmen, Morddrohungen erhalten hat; in der Erwägung, dass das Zentrum für die Verteidigung der Menschenrechte auch dagegen protestiert hatte, dass die Behörden Studenten an der Fortsetzung des Studiums hindern,

F. in der Erwägung, dass die staatliche Nachrichtenagentur des Iran (IRNA) im August 2008 das Gerücht verbreitete, Shirin Ebadis Tochter Narges Tavasolian sei zum bahaischen Glauben konvertiert - eine Behauptung, die im Iran, wo die Anhänger dieser Religionsgemeinschaft stark verfolgt werden, ernste Folgen nach sich ziehen kann,

G. in der Erwägung, dass auch die Mitarbeiter eines weiteren bekannten Menschenrechtszentrums im Iran, der Menschenrechtsorganisation Kurdistans, massiv von Übergriffen der Behörden betroffen und von der ständigen Gefahr einer Inhaftierung bedroht sind; in der Erwägung, dass insbesondere der Gründer dieser Organisation, Mohammad Sadiq Kaboudvand, aufgrund des Vorwurfs, der Aufbau seiner Organisation stelle eine "Handlung gegen die nationale Sicherheit" dar, zu einer zehnjährigen Haftstrafe verurteilt wurde,

H. in der Erwägung, dass die Regierung und die Behörden des Iran zum Schutz von Verteidigern der Menschenrechte verpflichtet sind; und in der Erwägung, dass die Staaten nach der genannten von der Generalversammlung der Vereinten Nationen 1998 einvernehmlich angenommenen Erklärung zu den Verteidigern der Menschenrechte verpflichtet sind, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die zuständigen Behörden die Verteidiger der Menschenrechte vor jeder Gewalt, Bedrohung, Vergeltung, tatsächlicher oder rechtlicher Diskriminierung, jedem Druck sowie vor jeglichen anderen Willkürhandlungen schützen, die eine Folge ihres rechtmäßigen Engagements für die Menschenrechte sind,