Empfehlungen der Ausschüsse
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 93/13/EWG /EWG des Rates vom 5. April 1993, der Richtlinie 98/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der EU-Verbraucherschutzvorschriften

COM (2018) 185 final; Ratsdok. 7876/18

969. Sitzung des Bundesrates am 6. Juli 2018

Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz (AV), der Rechtsausschuss (R) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:

Zur Vorlage insgesamt

Zum Richtlinienvorschlag im Einzelnen

Zur Änderung der Richtlinie 2011/83/EU

Hinsichtlich der Erweiterung der vorvertraglichen Informationspflichten für Online-Plattformen und Online-Marktplätze (Artikel 6a der Richtlinie 2011/83/EU) teilt der Bundesrat die Einschätzung der Kommission, dass die Online-Marktplätze nicht verpflichtet werden sollten, den Rechtsstatus von Drittanbietern zu überprüfen, sondern lediglich verpflichtet werden sollten, den Status als Unternehmer oder Nichtunternehmer für die Zwecke des Verbraucherrechts zu erfragen und auf dem Online-Marktplatz zur Verfügung zu stellen.

Der Bundesrat ist allerdings der Ansicht, dass (zumindest in den Erwägungsgründen) klargestellt werden sollte, dass sich die Folgen bei Nichterfüllung der Informationspflichten von Online-Plattformen und Online-Marktplätzen nach nationalem Recht bestimmen.

19. Hauptempfehlung

Der Bundesrat lehnt jedoch Änderungen zum Nachteil deutscher Verbraucherinnen und Verbraucher ab. Dies gilt insbesondere für die in Artikel 13 - neu - der Richtlinie 2011/83/EU vorgeschlagenen Änderungen der Widerrufsrechte im Fernabsatzgeschäftsverkehr. Weder sollte das uneingeschränkte, 14-tägige Widerrufsrecht eingeschränkt noch sollte das Rücktransportrisiko bei einer Rücksendung von im Online-Handel bestellter Ware abweichend von den bisherigen nationalen Regelungen auf Verbraucherinnen und Verbraucher abgewälzt werden.

20. Hilfsempfehlung

Der Bundesrat sieht das Bemühen der Kommission, eine missbräuchliche Nutzung des Widerrufsrechts im Fernabsatz und bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen zu verhindern. Er weist allerdings darauf hin, dass die Möglichkeit der Rückabwicklung ein wesentlicher Baustein für den Erfolg des Online-Handels ist. Wenn nach dem Richtlinienvorschlag künftig der Verkäufer im Falle des Widerrufs die Rückzahlung des Kaufpreises bis zum tatsächlichen Erhalt der Ware verweigern kann, werden im Ergebnis die Verbraucherinnen und Verbraucher mit dem Transportrisiko belastet. Ob diese ihr Geld zurückerhalten, würde künftig von Unwägbarkeiten abhängen, auf die sie keinen Einfluss haben und gegen die sie sich weniger leicht als große Unternehmen auf Verkäuferseite absichern können. Hinzu kommt, dass die Rücksendung künftig für die Verbraucherin bzw. den Verbraucher noch aufwendiger und kostenintensiver wird, da sie bzw. er den Nachweis der Warenübergabe sicherstellen muss und daher gezwungen sein wird, einen Versanddienst mit Annahmebestätigung zu wählen. Der Bundesrat bittet daher darum, die wirtschaftlichen Auswirkungen der vorgeschlagenen Neuverteilung des Rücksenderisikos und die mit ihr einhergehende Verschiebung des Missbrauchsrisikos noch einmal sorgfältig abzuwägen.

Zur Änderung der Richtlinie 2005/29/EG

Der Richtlinienvorschlag der Kommission lässt offen, welche Voraussetzungen für das einseitige Beendigungsrecht gelten sollen. Nach dem Wortlaut des Artikels 11a Absatz 1 des Richtlinienvorschlags sollen jegliche Wirkungen unlauterer Geschäftspraktiken beseitigt werden, indem vertragliche und außervertragliche Rechtsbehelfe geschaffen werden. Absatz 1 fordert daher ausdrücklich nur, dass eine Verbraucherin bzw. ein Verbraucher durch eine unlautere Geschäftspraktik verletzt wird ("consumers harmed by commercial practices"). Nicht näher ausgeführt ist, ob die Verbraucherin bzw. der Verbraucher auch einen bestimmten Schaden im Sinne eines Vermögensschadens, eine Rechtsgutsverletzung oder ähnliches erlitten haben muss, ob eine gewisse Qualität des unlauteren Verhaltens vorliegen muss (zum Beispiel strafbares unlauteres Verhalten) oder ob bereits das reine Vorliegen einer unlauteren Geschäftspraktik zur Lösung vom Vertrag berechtigen soll. Auch ist nicht beschrieben, ob es sich um eine unlautere Geschäftspraktik bei Vertragsschluss handeln muss und ob ein Verschulden des Vertragsgegners vorausgesetzt ist. Schließlich wird offenbar keine Kausalverbindung zwischen unlauterer Geschäftspraktik und Vertragsschluss vorausgesetzt. Der Bundesrat fordert die Kommission daher auf, die in Artikel 11a Absatz 2 des Richtlinienvorschlags vorgeschlagene Regelung zu präzisieren und die aufgeworfenen Fragen eindeutig zu klären.

Zur Verpflichtung, außervertragliche Rechtsbehelfe zu schaffen (Absatz 3), enthält der Vorschlag der Kommission lediglich die Vorgabe, dass die Verbraucherin bzw. der Verbraucher Ersatz für die von ihr beziehunsweise ihm erlittenen Schäden verlangen können soll. Unklar ist dagegen, ob es sich um eine verschuldensabhängige Haftung handelt und ob der Schaden kausal durch die unlautere Geschäftspraktik verursacht worden sein muss. Der Bundesrat fordert die Kommission daher auf, die in Artikel 11a Absatz 3 des Richtlinienvorschlags vorgeschlagene Regelung zu präzisieren und die aufgeworfenen Fragen klarzustellen.

Direktzuleitung der Stellungnahme