Beschluss des Bundesrates:
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Vorschriften über den Kleinen Grenzverkehr an den Landaußengrenzen der Mitgliedstaaten sowie zur Änderung des Übereinkommens von Schengen und der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion

KOM (2005) 56 endg.; Ratsdok. 6766/05

Der Bundesrat hat in seiner 810. Sitzung am 29. April 2005 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:

1. Der Bundesrat begrüßt die Bemühungen der Kommission, die Vorschriften über den Kleinen Grenzverkehr zu vereinheitlichen, so dass die neuen EU-Außengrenzen die wirtschaftlichen Beziehungen, das kulturelle und soziale Leben oder die regionale Zusammenarbeit in den Grenzregionen nicht behindern.

2. Gegen den Verordnungsvorschlag bestehen allerdings Bedenken. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung vorbehaltlich weiterer Ergänzungen und Präzisierungen, dafür Sorge zu tragen, dass bei den Beratungen des Rates die folgenden Standpunkte Berücksichtigung finden:

3. Die Formulierung in Artikel 3 Buchstabe b lässt die Interpretation zu, dass der gesamte, gegebenenfalls weit ins Hinterland reichende Verwaltungsbezirk in das Grenzgebiet einbezogen werden kann, sofern er nur eine auf 35 km ausgedehnte Grenzzone schneidet. Dies kann dazu führen, dass das Grenzgebiet sich überproportional weit über den örtlichen Grenzbereich ausdehnt. Es sollte daher klargestellt werden, dass sich der räumliche Anwendungsbereich der Verordnung lediglich auf einen maximal 35 km breiten Streifen auf beiden Seiten der Grenze beziehen kann.

4. Die Mitgliedstaaten sollten nur dann den Angehörigen eines benachbarten Drittstaats Erleichterungen im Kleinen Grenzverkehr nach Artikel 14 gewähren, wenn mit dem Drittstaat ein Rückübernahmeabkommen besteht (z.B. Ukraine, Weißrussland). Ansonsten bestünde das Risiko einer erhöhten illegalen Einwanderung.

5. Darüber hinaus ermöglichen die Regelungen über die Erleichterung des Kleinen Grenzverkehrs, dass die Außengrenzen der Mitgliedstaaten unkontrolliert überschritten werden. Nach Artikel 17 Abs. 1 Buchstabe c können die Mitgliedstaaten und Drittstaaten in gegenseitigen Abkommen Regelungen treffen, die es den Grenzbewohnern in bestimmten Fällen ermöglichen, die Grenze außerhalb der zugelassenen Grenzübergangsstellen und außerhalb der festgesetzten Verkehrsstunden zu überschreiten. Die Regelung in Artikel 17 Abs. 1 Buchstabe c verhindert damit eine wirksame Außengrenzkontrolle.

6. Die berechtigte Ausnutzung der Bestimmungen zum Kleinen Grenzverkehr muss überprüfbar sein. Soweit Artikel 7 Ausnahmen von der Verpflichtung zum Anbringen von Einreise- und Ausreisestempeln zulässt, ist eine Überprüfung der zulässigen Aufenthaltsdauer nicht möglich.

7. Auch beim nicht visumspflichtigen Grenzbewohner muss eine wirksame Kontrolle über den Aufenthalt in den Mitgliedstaaten möglich sein. Dem steht Artikel 5 Buchstabe b Nr. ii entgegen, wonach dem Grenzbewohner, für den keine Visumspflicht besteht, eine Wahl zwischen den Dokumenten eingeräumt wird, die ihn zum Überschreiten der Landesaußengrenze im Rahmen des Kleinen Grenzverkehrs berechtigen. Nur wenn die Wahlmöglichkeit nicht besteht, ist ein ausreichender Schutz gewährleistet.

8. Zudem ist für die Genehmigungspapiere nach dem Verordnungsvorschlag die erforderliche Dokumentensicherheit nicht gewährleistet.

9. Es sollte überprüft werden, ob die Einführung einer neuen Visumkategorie "L" überhaupt erforderlich ist. Die Visumkategorie "C (C 4)" könnte gleichfalls geeignet sein, um den Bedürfnissen für den Kleinen Grenzverkehr zu entsprechen. In diesem Falle könnte der bestehende Schengen-Besitzstand gewahrt bleiben.

10. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, bei den Beratungen des Verordnungsvorschlags sicherzustellen, dass das Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Tschechischen Republik über den Kleinen Grenzverkehr auf Wanderwegen und in Touristenzonen sowie über den Grenzübertritt in besonderen Fällen vom 3. November 1994 sowie ein entsprechendes Abkommen mit der Republik Polen zumindest für den Zeitraum, bis das Schengener Durchführungsübereinkommen auch für die Tschechische Republik und die Republik Polen volle Anwendung findet, unverändert, d.h. ohne Anpassung an die vorgeschlagene Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Vorschriften über den Kleinen Grenzverkehr an den Landaußengrenzen der Mitgliedstaaten, beibehalten werden können.