Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Stabilisierung des Finanzmarktes
(Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz - FMStErgG)

856. Sitzung des Bundesrates am 6. März 2009

Der federführende Finanzausschuss, der Rechtsausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 7 - neu - ( § 14 Absatz 3 FMStFG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 6 folgende Nummer 7 anzufügen:

Begründung

§ 14 Absatz 3 des Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetzes vom 17. Oktober 2008 regelt, dass § 8c Körperschaftsteuergesetz und § 10a Gewerbesteuergesetz beim Erwerb von Stabilisierungselementen durch den (deutschen) Stabilisierungsfonds oder die Rückübertragung durch den Fonds nicht anzuwenden ist.

Die genannten Ausnahmeregelungen stellen sicher, dass die zur Stabilisierung der Finanzmärkte vom Finanzmarktstabilisierungsfonds bereit gestellten Stützungsmaßnahmen nicht durch die Anwendung von § 8c KStG und § 10a GewStG (Einschränkung des Verlustabzugs bei Körperschaften) konterkariert werden.

Aus Gründen der Gleichbehandlung werden die Ausnahmeregelungen auf alle Stützungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Finanzmarktstabilisierung erweitert. Insbesondere werden durch die vorgeschlagene Änderung die Stützungsmaßnahmen der Länder mit den Stützungsmaßnahmen des Bundes gleichgestellt. Das gleiche gilt für Stützungsmaßnahmen anderer Staaten für der deutschen Steuerhoheit unterliegende unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtige Unternehmen, deren Muttergesellschaft oder Hauptniederlassung in ihrem Heimatstaat von vergleichbaren Stabilisierungsmaßnahmen Gebrauch macht.

Es würde den Intentionen des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes widersprechen, wenn Maßnahmen, die andere Regierungen im Rahmen der von den G 20-Staaten zur Stabilisierung des weltweiten Finanzmarktes getroffenen Absprachen ergriffen haben, steuerlich schlechter behandelt würden als Maßnahmen der Bundesregierung.

2. Zu Artikel 2 Nummer 4 (§ 7 Absatz 1 und 2 FMStBG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob der Anwendungsbereich der in § 7 Absatz 1 Satz 4 FMStBG-E vorgesehenen Regelung auf § 7 Absatz 2 bis 7 FMStBG-E erstreckt werden sollte.

Begründung

Durch § 7 Absatz 2 FMStBG-E wird die in § 182 Absatz 1 Satz 1 AktG vorgesehene Mehrheit von drei Vierteln des Grundkapitals für einen Beschluss über eine Kapitalerhöhung auf das Erfordernis einer einfachen Mehrheit herabgesenkt. Entsprechendes soll nach Absatz 6 für die Herabsetzung des Grundkapitals gelten. Durch § 7 Absatz 3 FMStBG-E werden Erleichterungen bei der Beschlussfassung über den Ausschluss von Bezugsrechten geschaffen.

Diese Regelungen sollen aber nur für Kapitalerhöhungen bzw. -herabsetzungen "im Zusammenhang mit einer Rekapitalisierung nach § 7" gelten. Dieser betrifft nur Maßnahmen des Finanzmarkstabilisierungsfonds. Durch die Ergänzung in § 7 Absatz 1 Satz 4 FMStBG-E gelten die "vorstehenden Regelungen", das heißt die Regelungen in § 7 Absatz 1 Satz 1 bis 3 FMStBG-E über die Einberufung der Hauptversammlung, entsprechend, wenn die Kapitalerhöhung nicht nur von dem Fonds, sondern auch von Dritten gezeichnet werden kann.

Es erscheint sachgerecht, die Erleichterungen und weiteren Regelungen auch in § 7 Absatz 2 bis 7 FMStBG-E, also auch bei Kapitalerhöhungen bzw. -herabsetzungen greifen zu lassen, die nicht nur vom Fonds, sondern auch von Dritten gezeichnet werden können. Die Entwurfsbegründung spricht dafür, dass dies auch von der Bundesregierung so gesehen wird, denn dort heißt es, dass die Neufassung von § 7 Absatz 1 FMStBG-E der Klarstellung dient, "dass die in § 7 statuierten Erleichterungen nicht nur für Rekapitalisierungen unter ausschließlicher Beteiligung des Fonds gelten, sondern auch bzw. erst recht, wenn Aktionäre oder Dritte die Möglichkeit erhalten, sich an der Kapitalerhöhung zu beteiligen" (vgl. Begründung, BR-Drs. 160/09 (PDF) , S. 20). Bei der derzeitigen Fassung der Änderungsvorschläge zu § 7 FMStBG-E würde dies jedoch nur für die in dessen Absatz 1 statuierten Erleichterungen gelten.

3. Zu Artikel 2 Nummer 4 (§ 7 Absatz 7 FMStBG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob die Regelung des § 7 Absatz 7 FMStBG-E erforderlich ist oder einer Klarstellung dahingehend bedarf, dass der dem Kapitalerhöhungsbeschluss ablehnend gegenüberstehende Aktionär die Möglichkeit hat, seinerseits von der Gesellschaft Schadenersatz zu erlangen.

Begründung

Die vorgesehene Vorschrift greift sehr weitgehend in die Rechte der Aktionäre ein, um das angestrebte Ziel einer Verfahrensbeschleunigung zu erreichen.

Auch ein Aktionär, der weit über 5 Prozent der Anteile hält und damit nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschluss vom 30.05.2007 - 1 BvR 390/04, BB 2007, S. 1515 ff.) nicht nur eine vermögensrechtliche Position innehat, wäre daran gehindert, seine mitgliedschaftlichen Rechte, konkret sein Stimmrecht, in der Hauptversammlung nach seinem freien Ermessen auszuüben. Er müsste Schadensersatzansprüche der Gesellschaft fürchten.

Insgesamt lässt sich daher feststellen, dass der vorgesehene Eingriff erheblich ist.

Auch ist fraglich, ob es neben der Regelung in § 7c Satz 3 FMStBG-E der Regelung des § 7 Absatz 7 FMStBG-E überhaupt bedarf. Gemäß § 7c Satz 3 FMStBG-E stehen Klagen und Anträge auf Erlass von Entscheidungen im einstweiligen Anordnungsverfahren einer Eintragung und damit einer Wirksamkeit des Beschlusses ohnehin nicht entgegen. Damit sind die typischen Gefahren von Verzögerungen durch Minderheitsaktionäre, die das Wirksamwerden gefasster Kapitalerhöhungsbeschlüsse aus neben der Sache liegenden Interessen verhindern möchten, beseitigt. Zusätzlich dazu auch noch in die Stimmrechtsausübung einzugreifen, geht sehr weit.

Auch wenn man die Regelung des § 7 Absatz 7 FMStBG-E dennoch für erforderlich und angemessen erachten sollte, muss diese zumindest ergänzt werden. Ein Aktionär muss auch dann seinen Schaden aufgrund der Eintragung eines rechtswidrigen Beschlusses geltend machen können, wenn er unter dem Eindruck des § 7 Absatz 7 nicht gegen den Beschluss gestimmt hat und gegen diesen auch nicht im Wege der Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage vor Eintragung vorgegangen ist. Ein "dulde und liquidiere" muss hier ausdrücklich zugestanden werden. Es könnte beispielsweise auf § 246a Absatz 4 Satz 1 AktG verwiesen werden.

4. Zu Artikel 3 (§ 2 Absatz 1 Satz 1 RettungsG)

In Artikel 3 sind in § 2 Absatz 1 Satz 1 die Wörter "ohne Zustimmung des Bundesrates" durch die Wörter "mit Zustimmung des Bundesrates" zu ersetzen.

Begründung

Die Finanzmarktkrise hat erhebliche Auswirkungen auf den Bund und die Länder. So eilbedürftig Maßnahmen auch im Einzelfall sein mögen, so gravierend sind die Folgen für alle. Es ist daher das in solchen Fällen übliche Kontrollinstrument der Zustimmung des Bundesrates vorzusehen.

5. Zu Artikel 3 ( § 5 Absatz 4 RettungsG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob es in § 5 Absatz 4 RettungsG-E nicht einer klarstellenden Formulierung bedarf, an welche Behörde der Antrag auf Rückübertragung des Eigentums zu richten ist und ob diese Behörde nicht das Bundesministerium der Finanzen sein sollte.

Begründung

Hält das Bundesverwaltungsgericht die Rechtsverordnung nach § 2 Absatz 1 RettungsG-E für rechtswidrig und erklärt sie für unwirksam (§ 5 Absatz 3 Satz 2 RettungsG-E), folgt daraus nicht die Rückabwicklung der Enteignung.

Diese setzt nach § 5 Absatz 4 RettungsG-E vielmehr einen gesonderten Antrag des Enteigneten voraus. Dieser ist innerhalb eines Monats nach Veröffentlichung der Entscheidung über die Unwirksamkeitserklärung zu stellen (§ 5 Absatz 4 Satz 2 RettungsG-E). Ein Anspruch auf Rückübertragung ist nach § 5 Absatz 5 RettungsG-E ausgeschlossen, wenn die Frist versäumt wird oder ein innerhalb der Frist gestellter Antrag von dem Bundesverwaltungsgericht abgelehnt wurde.

Dieses "Anspruchsmodell" soll einerseits Rechtsklarheit schaffen, auf wen im Fall von gesellschaftsrechtlichen Änderungen des Enteigneten seit der Enteignung der Enteignungsgegenstand zurück übertragen wird, zum anderen soll es die Rückübertragung in die Disposition des Enteigneten stellen und einvernehmliche Lösungen ermöglichen (Begründung, BR-Drs. 160/09 (PDF) , S. 31 f.).

Wo der Antrag auf Rückübertragung zu stellen ist, erschließt sich weder aus dem Wortlaut der Norm noch aus der Begründung. Lediglich § 5 Absatz 5 a.E. RettungsG-E lässt den Rückschluss zu, dass das Bundesverwaltungsgericht auch hierfür zuständig ist. Eine solche Zuständigkeitsregelung ist allerdings nicht nur dem Verwaltungsrecht fremd, sondern auch ineffizient.

Vorzugswürdig wäre es, das Bundesministerium der Finanzen als Enteignungsbehörde (vgl. § 3 Absatz 1 RettungsG-E) zum Adressaten des Rückabwicklungsanspruchs zu machen. Ein ablehnender Bescheid des Bundesministeriums der Finanzen wäre seinerseits rechtsmittelfähig. Ob Rechtsmittelgericht das Bundesverwaltungsgericht sein soll, steht in der Entscheidung des Gesetzgebers.

In § 5 Absatz 4 RettungsG-E sollte klargestellt werden, an welche Stelle der Antrag auf Rückabwicklung zu richten ist.

6. Zu Artikel 3 (§ 6 Absatz 2 Satz 1a - neu - RettungsG)

In Artikel 3 ist in § 6 Absatz 2 nach Satz 1 der folgende Satz 1a einzufügen: "Die nachhaltige Stabilisierung der enteigneten Unternehmen ist zu evaluieren; eine erste Evaluation ist vor Ablauf von zwei Jahren nach Durchführung der Enteignung, weitere erforderliche Evaluationen im Abstand vor Ablauf jeweils eines weiteren Jahres unverzüglich dem Deutschen Bundestag vorzulegen."

Begründung

Eine in diesem Gesetz vorgesehene Enteignung hat es in der Bundesrepublik bisher nicht gegeben. Sie wird von weiten Kreisen der Wirtschaft und des Auslands als systemfremd angesehen. Es ist daher geboten, diese Enteignung auf den unabweisbar notwendigen Umfang und Zeitraum zu beschränken. Dem genügt der vorliegende Gesetzentwurf nicht. Die Begründung zu § 6 Absatz 2 RettungsG-E selbst spricht zutreffend nur von dem "Grundsatz der Reprivatisierung". Das Kriterium der "nachhaltigen Stabilisierung" der enteigneten Unternehmen eröffnet einen über das gebotene Maß weit hinausgehenden Interpretationsspielraum und unterliegt keiner automatischen parlamentarischen Kontrolle. Zur Überprüfung der Maßnahmen sind daher feste Evaluationszeiträume und eine Befassung des Deutschen Bundestages mit den Evaluationsergebnissen vorzuschreiben.

Zum Gesetzentwurf allgemein

16. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob bei Unternehmen des Finanzsektors der Erhalt von Verlustvorträgen bei Umstrukturierungsmaßnahmen im Sinne des Umwandlungssteuergesetzes möglich ist, sofern diese eine notwendige Vorbereitung von Stabilisierungsmaßnahmen i. S. der §§ 6 bis 8 des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes darstellen.

Begründung

Bei Umstrukturierungsmaßnahmen im Sinne des Umwandlungssteuergesetzes kann es zum Wegfall oder zur Reduzierung von Verlustvorträgen kommen (z.B. nach § 12 Absatz 3 i. V. m. § 4 Absatz 2 UmwStG sowie § 15 Absatz 3 UmwStG). Beim Erwerb von Stabilisierungselementen durch den Finanzmarktstabilisierungsfonds bleiben dagegen nach § 14 Absatz 3 FMStG bestehende Verlustvorträge erhalten: § 8c KStG und § 10a letzter Satz GewStG sind in diesen Fällen nicht anzuwenden. Nach der Gesetzesbegründung zum FMStG soll durch diese Regelung das Ziel des Gesetzes unterstützt werden, die Finanzmärkte zu stabilisieren (BT-Drucks. 16/10600 Seite 18). Diese Überlegungen treffen gleichermaßen für Umstrukturierungsmaßnahmen im Sinne des Umwandlungssteuergesetzes zu, die beispielsweise im Rahmen der Landesbankenkonsolidierung notwendige Vorbereitungshandlungen für eine Inanspruchnahme von Finanzmarktstabilisierungsmaßnahmen i. S. der §§ 6 bis 8 des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes darstellen. Es sollte deshalb geprüft werden, ob in diesen Fällen der Verlustvortrag in voller Höhe erhalten bleiben kann.