Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Stellungnahme der Europäischen Kommission zu dem Beschluss des Bundesrates zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Gewährleistung der grenzüberschreitenden Portabilität von Online-Inhaltediensten im Binnenmarkt

C(2016) 5321 final

Brüssel, den 11.8.2016
C(2016) .5321. final

Herrn Stanislaw TILLICH
Präsident des Bundesrates
Leipziger Straße 3-4
10117 Berlin Deutschland

Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,
die Kommission dankt dem Bundesrat für seine Stellungnahme zum Vorschlag für eine Verordnung zur Gewährleistung der grenzüberschreitenden Portabilität von OnlineInhaltediensten im Binnenmarkt [COM (2015) 627 final).

Dieser Vorschlag ist Teil eines größeren Pakets aus ehrgeizigen Maßnahmen, die der Schaffung eines digitalen Binnenmarkts dienen. Er zielt darauf ab, die Hindernisse, f iir die grenzüberschreitende Portabilität zu beseitigen, um den Bedürfnissen der Nutzer von OnlineInhaltediensten wirksamer gerecht zu werden. Er trägt gleichzeitig aber auch der Notwendigkeit Rechnung, Innovationen zu fördern, die den Verbrauchern, Diensteanbietern und Rechteinhabern zugutekommen.

Die Kommission begrüßt die Ansicht des Bundesrates, dass ein Vorgehen auf EU-Ebene, wie es der Vorschlag vorsieht, willkommen und erforderlich ist, damit die Bürgerinnen und Bürger ihre rechtmäßig erworbenen Online-Inhaltedienste bei vorübergehenden Aufenthalten in einem anderen Mitgliedstaat nutzen können. Die Kommission teilt die Auffassung des Bundesrates, dass bei der Modernisierung und Vereinheitlichung des europäischen Urheberrechts auf einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der verschiedenen Beteiligten, vor allem der Rechteinhaber, Nutzer und Verbraucher, geachtet werden muss.

Die Kommission nimmt auch die Bedenken des Bundesrates zu bestimmten Punkten des Vorschlags zur Kenntnis, so insbesondere in Bezug auf die Notwendigkeit einer Verordnung, die auch für bestehende Verträge gilt, anstelle einer Richtlinie, die nach ihrer Umsetzung nur auf neue Verträge Anwendung fände. Die Kommission begrüßt die Gelegenheit, mehrere Aspekte ihres Vorschlags klarstellen zu dürfen, und hofft, mit ihren Ausführungen die Bedenken des Bundesrats zerstreuen zu können.

Nach Ansicht der Kommission ist die Wahl einer Verordnung als Rechtsinstrument gerechtfertigt. Eine Verordnung garantiert, dass die Vorschriften über die grenzüberschreitende Portabilität in allen Mitgliedstaaten einheitlich angewandt werden und für alle Onlinedienste und Rechteinhaber gleichzeitig in Kraft treten. Eine Verordnung gewährleistet das Maß an Rechtssicherheit, das notwendig ist, damit die Verbraucher unionsweit in den vollen Genuss der grenzüberschreitenden Portabilität kommen können. Was die Anwendung auf bestehende Verträge betrifft, gilt es sicherzustellen, dass alle Verbraucher zur gleichen Zeit und ohne unnötige Verzögerungen in den Genuss der grenzüberschreitenden Portabilität von Online-Inhaltediensten kommen können. Verträge über die Erteilung von Lizenzen für Inhalte haben in der Regel eine lange Laufzeit. Sollte die Verordnung für diese bestehenden Verträge nicht gelten, so würden große Teile der Inhalte von der Portabilität ausgeschlossen, bis neue Verträge ausgehandelt werden. Für die Verbraucher wäre dies ein suboptimales Ergebnis. Außerdem könnte eine solche Situation zu großen Unterschieden zwischen Diensteanbietern führen, denn einige von ihnen wären in der Lage, solche neuen Verträge auszuhandeln und folglich die Portabilität der gesamten Inhalte ihres Dienstes anzubieten, wogegen andere nur fi'ir einen ausgewählten Teil davon Portabilität anbieten könnten. Der Vorschlag der Kommission gewährleistet in dieser Hinsicht gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Diensteanbieter, denn sie werden alle die Portabilität ihrer gesamten Inhalte gleichermaßen ermöglichen können - ungeachtet ihrer Verhandlungsmacht in Bezug auf neue Verträge.

Auf die anderen Fragen, die der Bundesrat angesprochen hat, geht die Kommission gern im beigefügten Anhang im Einzelnen ein.

Die Kommission hofict, dass die in der Stellungnahme des Bundesrats aufgeworfenen Fragen mit diesen Ausführungen geklärt werden können, und sieht der Fortsetzung unseres politischen Dialogs erwartungsvoll entgegen.

Mit vorzüglicher Hochachtung
Violeta Bulc
Mitglied der Kommission

Anhang

Die Kommission hat die in der Stellungnahme des Bundesrates angesprochenen Punkte sorgfältig geprüft und möchte dazu folgende Anmerkungen machen, die sie nach den betreffenden Absätzen in der Stellungnahme des Bundesrates gegliedert hat.

Absatz 7

Es war die Absicht der Kommission, dass die Verordnung durch die Begriffsbestimmung des "Online-Inhaltedienstes" auch nichtaudiovisuelle Dienste wie Musik-Streaming, Online-Spiele und E-Bücher erfassen soll.

Absätze 8-9

Nach Ansicht der Kommission sollten Anbieter von Online-Inhaltediensten, die unentgeltlich bereitgestellt werden, nur dann von der vorgeschlagenen Verordnung erfasst werden, wenn sie den Wohnsitzmitgliedstaat ihrer Abonnenten überprüfen. Da solche Dienste den Wohnsitzmitgliedstaat ihrer Abonnenten in der Regel nicht überprüfen, könnten nach Meinung der Kommission unverhältnismäßig hohe Kosten entstehen, wenn sie in den Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Verordnung einbezogen würden, ohne dass dabei ihre Fähigkeit zur Durchführung einer solchen Überprüfung berücksichtigt würde. Andererseits würde ein Ausschluss dieser Dienste aus dem Anwendungsbereich der Verordnung bedeuten, dass diesen Diensten auch die Vorteile des in der Verordnung festgelegten rechtlichen Mechanismus vorenthalten würden, dass nämlich Anbieter von Online-Inhaltediensten ihre Dienste auf portabler Grundlage in der gesamten Union anbieten können, selbst wenn sie beschließen sollten, in Mittel zur Überprüfung des Wohnsitzmitgliedstaats der Abonnenten zu investieren.

Die Unterscheidung zwischen Diensten, die gegen Zahlung eines Geldbetrags bereitgestellt werden, und Diensten, die ohne Zahlung eines Geldbetrags bereitgestellt werden, beruht darauf dass Zahlungsdetails wie Kontonummern und Kreditkartenangaben wichtige Mittel zur Überprüfung des Wohnsitzmitgliedstaats sind, die Anbietern von Diensten, die unentgeltlich bereitgestellt werden, nicht zur Verfügung stehen.

Die Kommission stimmt dem zu, dass als maßgebliche Zahlung nur die Zahlung für den Online-Inhaltedienst in Betracht kommen sollte. Diese Zahlung muss aber nicht unbedingt direkt an den Anbieter des Online-Inhaltedienstes erfolgen, sondern kann auch an eine andere Partei geleistet werden, zum Beispiel den Anbieter eines Pakets, das aus einem Telekommunikationsdienst und einem von einem anderen Anbieter betriebenen OnlineInhaltedienst besteht.

Absätze 10-12

Die Kommission möchte hervorheben, dass der Begriff des "vorübergehenden Aufenthalts" in Artikel 2 Buchstabe d des Verordnungsvorschlags definiert ist als Aufenthalt des Abonnenten in einem anderen Mitgliedstaat als dem Wohnsitzmitgliedstaat. Das bedeutet, dass solange der Abonnent seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat hat, sein Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat vorübergehend ist. Die von der Kommission vorgeschlagene Begriffsbestimmung enthält (über die Bezugnahme auf den gewöhnlichen Aufenthalt hinaus) keine zeitliche Befristung. Der Vorschlag zielt ja gerade darauf ab, die Portabilität von Online-Inhaltediensten in allen Situationen zu ermöglichen, in denen Abonnenten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat haben und sich in einem anderen Mitgliedstaat aufhalten. Dabei kann es sich um einen gelegentlichen oder auch einen täglichen Aufenthalt handeln (wenn sich z.B. ein Abonnent jeden Tag zur Arbeit in einen anderen Mitgliedstaat begibt). Die Kommission stimmt dem zu, dass der maßgebliche Begriff der vorgeschlagenen Verordnung der Begriff des "gewöhnlichen Aufenthalts" und dessen Überprüfung ist.

Absatz 14

Nach Auffassung der Kommission wird die Verpflichtung der Diensteanbieter in Artikel 3 Absatz 3 des Verordnungsvorschlags eindeutig bestimmt (denn diese werden verpflichtet, ihren Abonnenten mitzuteilen, in welcher Qualität der Online-Inhaltedienst portabel bereitgestellt wird), aber die Kommission nimmt die Vorschläge des Bundesrats zu dieser Bestimmung zu Kenntnis. Es ist wichtig, keine aufwendigen oder gar unmöglichen Anforderungen an Diensteanbieter zu stellen, denen möglicherweise die Kenntnis über technische Infrastrukturen in anderen Mitgliedstaaten fehlt.

Absatz 15

Die Kommission erkennt an, dass die betroffenen Parteien bestimmte Vorkehrungen treffen müssen, um sich auf die neue Situation einzustellen und schlägt daher eine sechsmonatige Übergangsfrist vor, damit entsprechende Regelungen getroffen werden können. Die Kommission hält diesen Zeitraum für angemessen.

Absatz 16

Die Kommission ist davon überzeugt, dass die vorgeschlagene Verordnung auf alle einschlägigen Verträge (bestehende wie neue) anwendbar wäre, unabhängig von dem dafür geltenden Recht und der Tatsache, dass eine Vertragspartei außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums niedergelassen sein kann. Der im Verordnungsvorschlag vorgesehene Rechtsmechanismus ähnelt in dieser Hinsicht der Regelung für die Satellitenübertragung in der Richtlinie 093/93/EG. Bezüglich der Lizenzgebühren für Online-Inhaltedienste ist die vorgeschlagene Verordnung neutral.