Empfehlungen der Ausschüsse
Gesetz zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat sowie zur Änderung weiterer aufenthalts- und asylrechtlicher Vorschriften

882. Sitzung des Bundesrates am 15. April 2011

A

Der Ausschuss für Frauen und Jugend empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetz zu verlangen, dass der Vermittlungsausschuss gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes aus folgendem Grund einberufen wird:

In Artikel 1 Nummer 5 sind Buchstabe a und Buchstabe b Doppelbuchstabe aa zu streichen.

Begründung:

Die in dem vom Deutschen Bundestag beschlossenen Gesetz vorgesehene Verlängerung der Frist für das Bestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft vor Erteilung einer eigenständigen Aufenthaltserlaubnis von derzeit zwei auf drei Jahre ist kein geeignetes Instrument zur Ermittlung und Bekämpfung von Scheinehen und damit zu streichen.

Ausweislich der Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung soll mit der Verlängerung der Mindestehebestandszeit der Anreiz zum Eingehen einer Scheinehe verringert und die Wahrscheinlichkeit erhöht werden, eine Scheinehe nachzuweisen, bevor durch sie ein eigenständiges Aufenthaltsrecht begründet wird. Dem ist entgegenzuhalten, dass ein durch eine Scheinehe und damit unter Vorspiegelung falscher Tatsachen erwirkter Aufenthaltstitel auch nach Erhalt eines eigenständigen Aufenthaltsrechts widerrufen werden kann. Die Möglichkeit, Scheinehen sowohl strafrechtlich als auch durch Ausweisung zu sanktionieren, besteht somit bereits nach derzeitiger Rechtslage.

Von der Fristverlängerung wären insbesondere Frauen in Gewaltbeziehungen hart betroffen. Sie erdulden selbst massive häusliche Gewalt oft ganz bewusst bis zum Ende der gesetzlichen Frist und wagen es nicht, ihren gewalttätigen Ehemann früher unter Berufung auf die Ausnahmeregelung für Härtefälle zu verlassen. Bei innerfamiliärer Gewalt ist es nämlich häufig schwierig, die Voraussetzungen für einen Härtefall nachzuweisen. Das gilt gerade auch für Fälle von Zwangsverheiratung. Zudem kann die Anerkennungspraxis der Ausländerbehörden im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidungen differieren. Deshalb sind auch die Beratungs- und Hilfeeinrichtungen nicht selten in der schwierigen Situation, diesen Frauen nicht guten Gewissens zu einer Trennung vor Ablauf der Mindestbestandsfrist raten zu können. Vor diesem Hintergrund erklären sich viele Trennungen auffallend kurze Zeit nach Ablauf von zwei Jahren, die das Bundesinnenministerium in seinem Bericht zur Evaluierung des Zuwanderungsgesetzes im Juli 2006 feststellte.

Die vorstehenden Bedenken und die ablehnende Haltung gegen eine Verlängerung der Mindestehebestandszeit für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht sind auch von zahlreichen Expertinnen und Experten im Rahmen der öffentlichen Anhörung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages am 14. März 2011 sowie in vielen Verbändestellungnahmen bis hin zu einem Schreiben der Prälaten der Evangelischen Kirche Deutschlands und des Kommissariats der deutschen Bischöfe vom 11. März 2011 deutlich zum Ausdruck gebracht worden.

B